Skip to content

Tierhalterhaftpflichtversicherung – Bestreiten der Tierhaltereigenschaft des Versicherungsnehmers

Tierhalterhaftpflicht: Streit um Versicherungsschutz für Pferdeunfall

Der vorliegende Fall dreht sich um einen Streit zwischen einem Kläger und einem Versicherungsunternehmen, dem Beklagten. Der Kläger fordert die Bestätigung, dass der Beklagte ihm aufgrund eines bestehenden Tierhalter-Haftpflichtversicherungsvertrags für ein Pferd Versicherungsschutz gewähren muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 202/19 >>>

Hintergrund des Falles

Tierhalterhaftpflichtversicherung - Bestreiten der Tierhaltereigenschaft des Versicherungsnehmers
OLG Hamm bestätigt: Versicherung muss Schutz gewähren. Besitzer wird für Pferdeunfall haftbar gemacht, trotz Komplexität des Tierhalter-Haftpflichtvertrags. (Symbolfoto: anjajuli/Shutterstock.com)

Der Kläger schloss 2012 mit dem Beklagten einen Vertrag über eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung für sein Pferd „D“. Allerdings wurde das Pferd im Versicherungsschein nicht namentlich erwähnt, sondern lediglich als „Reit- und Kutschpferd“ bezeichnet. Der Kläger wird von den Miteigentümern eines anderen Pferdes, „W“, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie behaupten, dass „D“ auf die Weide von „W“ gesprungen sei und dieses verletzt habe, sodass es nicht mehr für den Sport geeignet sei.

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht Bielefeld verurteilte den Beklagten, dem Kläger den Versicherungsschutz zu gewähren. Es argumentierte, dass klar sei, dass der Kläger der Halter von „D“ war. Dies basierte auf einem Kaufvertrag und verschiedenen Rechnungen, die der Kläger vorgelegt hatte. Das Gericht stellte fest, dass die Bestreitung des Schadensereignisses durch den Beklagten für den Deckungsprozess irrelevant sei. Es wurde auch festgestellt, dass ein bestimmter Haftungsausschluss nicht zutraf.

Berufung des Beklagten

Der Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein und behauptete, es gebe viele objektive Anzeichen dafür, dass der Kläger zum relevanten Zeitpunkt nicht der Halter von „D“ gewesen sei. Er argumentierte auch, dass ein spezieller Verwahrungsvertrag mit dem Kläger existiert habe, was einen Leistungsausschluss rechtfertigen würde.

Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm wies die Berufung des Beklagten zurück. Es stellte fest, dass für den Deckungsprozess nur relevant sei, dass der Kläger von den Miteigentümern von „W“ mit der Behauptung in Anspruch genommen werde, er hafte als Halter von „D“. Es wurde auch festgestellt, dass der Leistungsausschluss nicht zutraf, da kein besonderes Verwahrungsverhältnis bestanden habe.

Schlussbemerkungen

Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und stellte fest, dass der Beklagte dem Kläger den Versicherungsschutz gewähren muss. Der Fall unterstreicht die Komplexität von Versicherungsverträgen und die Bedeutung klarer Vertragsbedingungen, insbesondere im Bereich der Tierhalterhaftpflicht.

Sind Sie wirklich der Halter? Rechtliche Klarheit bei Tierhalterhaftpflichtversicherungen

Die Tierhalterhaftpflichtversicherung ist ein essenzieller Schutz für Tierbesitzer. Doch was, wenn die Versicherung Ihre Tierhaltereigenschaft bestreitet? Ein aktueller Fall des OLG Hamm zeigt, wie komplex solche Streitigkeiten werden können. Als Fachanwalt für Versicherungsrecht biete ich Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung zu Ihrem individuellen Fall. Gemeinsam klären wir, ob und wie Sie Ansprüche geltend machen können und wie Sie sich optimal gegenüber Ihrer Versicherung positionieren. Lassen Sie uns gemeinsam für Ihr Recht kämpfen. Kontaktieren Sie mich noch heute für eine Beratung. jetzt anfragen!


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 202/19 – Beschluss vom 12.02.2020

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.09.2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Beklagten aus einem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung für ein Pferd zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes verpflichtet ist.

Mit Versicherungsbeginn 00.05.2012 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Vertrag über eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung. Der Kläger gab bei Antragstellung gegenüber dem auf Seiten des Beklagten tätigen Versicherungsvertreter an, das Pferd „D“ versichern zu wollen. Der Versicherungsvertreter übernahm jedoch die namentliche Bezeichnung des Tieres nicht, weshalb im Versicherungsschein als versichertes Risiko ausgewiesen ist (Bl. 20 der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I; für die zweite Instanz im Folgenden: eGA-II):

„Reit- und Kutschpferd

Menge 1 Tier“

Dem Vertrag liegen die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung“ (eGA-I 72 ff., im Folgenden: AHB) sowie die ergänzenden Bestimmungen „F. Pferdehalterhaftpflicht“ (eGA-I 57 ff., im Folgenden: AVB Pferdehalterhaftpflicht“) zugrunde.

Beim Reitsportdachverband ist die Ehefrau des Klägers als Besitzerin des Pferdes „D“ eingetragen.

Der Kläger wird von den Miteigentümern des Pferdes „W“ auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Miteigentümer machen geltend, das Pferd „D“ sei auf die Weide des Pferdes „W“ gesprungen und habe es so verletzt, dass es auf Dauer sportuntauglich sei.

Vor dem Unfall war das Pferd „W“ aufgrund eines Vertrages zwischen einer Miteigentümerin und der Ehefrau des Klägers in einer von der Ehefrau des Klägers angemieteten Box untergestellt gewesen. Der Kläger hatte es trainiert und für die Teilnahme an Turnieren genutzt.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es stehe fest, dass der Kläger Halter des Pferdes „D“ gewesen sei. Er habe einen Kaufvertrag für das Pferd und diverse Rechnungen bezüglich der Unterhaltung eines Pferdes vorgelegt, wobei nicht ersichtlich sei, für welches andere Pferd diese Aufwendungen hätten entstanden sein sollen. Soweit die Beklagte das angebliche Schadensereignis bestreite, sei dies für den Deckungsprozess ohne Bedeutung. Schließlich greife auch der Haftungsausschluss in Nr. 7.6 AHB nicht ein. Weder habe sich das Pferd W im Zeitpunkt seiner Verletzung im Besitz des Klägers befunden, noch habe ein besonderer Verwahrungsvertrag bestanden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (eGA-I 387 ff.).

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Er macht geltend, dass es eine Vielzahl objektiver Anhaltspunkte gebe, welche dagegen sprächen, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich Halter des Pferdes „D“ gewesen sei. Dem habe das Landgericht nachgehen müssen. Im Übrigen greife der Ausschluss Nr. 7.6 AHB, weil entgegen der Annahme des Landgerichts ein Verwahrungsvertrag mit dem Kläger bestanden habe. Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz des Beklagten vom 05.12.2019 (eGA-II 32 ff.).

Der Beklagte beantragt in Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 18.12.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger im Zeitpunkt des angeblichen Verletzungsgeschehens tatsächlich Halter des Pferdes „D“ gewesen sei, weil dies nur im Haftungsverhältnis zu prüfen sei. Im Deckungsverhältnis genüge es hingegen, dass der Kläger von den Miteigentümern des Pferdes „W“ mit der Behauptung in Anspruch genommen werde, er hafte als Halter des Pferdes „D“. Der Leistungsausschluss in Nr. 7.6 AHB greife nicht, weil der Kläger das Pferd „W“ im maßgeblichen Zeitpunkt weder geliehen noch ein besonderes Verwahrungsverhältnis bestanden habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom 02.01.2019 (eGA-II 55 ff.) verwiesen.

Der Beklagte hat sich gegen die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gewandt. Entgegen der Auffassung des Senats sei auch für einen Anspruch des Klägers im Deckungsverhältnis erforderlich, dass er den Nachweis erbringe, im maßgeblichen Zeitpunkt Halter des Pferdes „D“ gewesen zu sein. Ferner greife entgegen der Bewertung des Senats der Leistungsausschluss gemäß Nr. 7.6 AHB, weil sich das Pferd W vor dem angeblichen Schadensfall über einen Zeitraum von mehreren Monaten in der Obhut des Klägers und seiner Ehefrau befunden habe. Während dieser Zeit seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Eigentümer vollständig ausgeschlossen gewesen. Aus dieser Vertragskonstellation eines „Vollberitts“ ergebe sich das Vorliegen eines besonderen Verwahrungsverhältnisses im Sinne des Leistungsausschlusses. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 31.01.2020 (eGA-II 110 ff.) verwiesen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat der auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus einer Tierhalterhaftpflichtversicherung zu gewähren, und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage zu Recht stattgegeben. Die Berufungsangriffe des Beklagten aus der Berufungsbegründung vom 05.12.2019 (Bl. 32 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz) greifen, auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 31.01.2020, nicht durch.

1.

Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren.

a)

Es ist ein Versicherungsfall eingetreten.

Gemäß Nr. 1.1 AHB (Bl. 72 ff. der elektronischen Gerichtsakte 1. Instanz, im Folgenden: eGA-I) liegt der Versicherungsfall darin, dass der Versicherungsnehmer wegen eines Schadensereignisses, das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hat, auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Nr. 1.1 AVB Pferdehalterhaftpflicht (Bl. 57 ff. eGA-I) konkretisiert das für die hier in Rede stehende Tierhalterhaftpflicht dahingehend, dass der Grund der Inanspruchnahme in der gesetzlichen Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Halter des versicherten Tieres liegen muss.

Für die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes ist sein Bestreiten, dass der Kläger tatsächlich Halter des Pferdes „D“ sei, ohne Belang. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass sich der Beklagte zu dem Vorfall vom 00.04.2018, bei dem das Pferd „W“ verletzt worden sein soll, insgesamt mit Nichtwissen erklärt hat. Denn all das sind Fragen des Haftungsprozesses. Für das Deckungsverhältnis ist demgegenüber allein entscheidend, ob der Kläger von einem Dritten gerade deshalb in Anspruch genommen wird, weil dieser Dritte sich eines Anspruchs aus einer Haftung des Klägers als Halter eines versicherten Tieres berühmt (zur Trennung zwischen Haftpflicht- und Deckungsverhältnis vgl. z.B. Prölss/Martin-Lücke, VVG, 30. Aufl. 2018, § 100 Rn. 45 ff.; BGH, Urteil vom 30.09.1992 – IV ZR 314/91, r+s 1992, 406).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Es ist unstreitig, dass der Kläger durch die Miteigentümer des Pferdes „W“ mit der Begründung in Anspruch genommen wird, das vom Kläger gehaltene Pferd D habe ihr Pferd verletzt (eGA-I 293). Dass der Kläger erst mit Schriftsatz vom 01.03.2019 konkretisiert haben mag, welches Pferd nach den Behauptungen der Miteigentümer den Schaden verursacht haben soll, ist ohne Belang.

Auch unter Berücksichtigung des Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 31.01.2020 kommt es auf die Frage, ob der Kläger tatsächlich Halter des Pferdes D ist und demgemäß gegenüber den Anspruchstellern gemäß § 833 BGB haftet, nicht an. Die Beklagte tritt weiterhin dem Vortrag des Klägers, er habe D gegenüber dem Vertreter der Beklagten als zu versicherndes Pferd angegeben, woraufhin dieser das Pferd ohne Angabe von dessen Namen versichern lassen habe (eGA-I 220), nicht entgegen. Sie bestreitet – auch nach dem Hinweisbeschluss des Senats – lediglich weiterhin pauschal, dass der Kläger das Pferd „D“ tierhalter-haftpflichtversicherte (Schriftsatz vom 07.05.2019, dort S. 4, eGA-I 267). Angesichts des konkreten Vortrages des Klägers zum Ablauf des Vertragsschlusses und vor dem Hintergrund, dass die Beklagte selbst nicht behauptet, dass der Kläger mehr als ein Pferd gehabt hätte, hätte es ihr gemäß § 138 Abs. 2 ZPO oblegen, näher dazu vorzutragen, auf welches andere Pferd sich der zwischen den Parteien unstreitig bestehende Versicherungsvertrag bezogen haben sollte. Damit steht fest, dass sich der Versicherungsvertrag auf das Pferd D bezog, und zweitens ist unstreitig, dass die Miteigentümer den Kläger als vermeintlichen Halter eben dieses Pferdes auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 31.01.2020 daran fest, dass damit ein Versicherungsfall eingetreten ist und die Beklagte im Deckungsverhältnis Versicherungsschutz zu gewähren hat. Nr. 1.1 der AVB Pferdehalterhaftplicht ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Versicherungsnehmer auch im Deckungsprozess nur dann einen Anspruch auf die Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes hätte, wenn er tatsächlich Halter des versicherten Tieres ist. Vielmehr genügt es, dass er als (angeblicher) Halter dieses Tieres von einem Dritten in Anspruch genommen wird. Etwas anderes mag gelten, wenn der Versicherungsvertrag ganz allgemein die Tierhalterhaftung des Versicherungsnehmers absichert; dann kann schon im Deckungsprozess zu prüfen sein, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich Halter eines Tieres ist, das angeblich einen Schaden verursacht haben soll (vgl. Senat, Urteil vom 23.02.2005 – 20 U 109/14, VersR 2005, 1678). Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn sich der Versicherungsvertrag auf ein ganz bestimmtes Tier bezieht und dann ein Dritter den Versicherungsnehmer mit der Behauptung in Anspruch nimmt, der Versicherungsnehmer als Halter eben dieses Tieres hafte ihm auf Schadensersatz.

Auf die weiteren Umstände, welche der Beklagte – zuletzt im Schriftsatz vom 31.01.2020 – gegen eine Haltereigenschaft des Klägers anführt, kommt es daher nicht an.

b)

Der Leistungsausschluss in Nr. 7.6 AHB steht der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes nicht entgegen.

aa)

Das Bestehen eines Verwahrungsvertrages zwischen dem Kläger und den Geschädigten hinsichtlich des Pferdes „W“ lässt sich nicht feststellen. Dies geht zu Lasten des darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.

Der Kläger hat eine Beteiligung an einem Verwahrungsverhältnis bestritten und behauptet, ein dahingehender Vertrag bestehe nur zwischen seiner Ehefrau und der (nach deren Behauptung) Geschädigten Miteigentümerin O (eGA-I 222).

Der Verweis des Beklagten darauf, dass der Kläger – insoweit unstreitig – mit dem Pferd „W“ an Turnieren teilnahm und mit diesem womöglich deshalb auch trainierte, rechtfertigt aus den im Hinweisbeschluss des Senats genannten Gründen nicht die Annahme eines besonderen Verwahrungsvertrages mit dem Kläger. Aber auch der Vortrag im Schriftsatz vom 31.01.2020, wonach die Eigentümer das Pferd „vollumfänglich in die Obhut des Klägers sowie der Ehefrau gegeben“ hätten, die „unter anderem auch den Weidegang des Pferdes am Tag des angeblichen Schadens veranlasst und durchgeführt“ hätten, führt zu keiner anderen Beurteilung. In der Klageerwiderung vom 17.01.2019 hat der Beklagte in erster Instanz selbst nicht in Abrede gestellt, dass das „formelle Vertragsverhältnis“ nur mit der Ehefrau des Klägers geschlossen worden sei (eGA-I 186) und jene die Pferdeboxen auf der Reitanlage Sonntag angemietet habe (Seite 3 Mitte, eGA-I 184). Angesichts dessen ergibt sich aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 31.01.2020, das Pferd habe sich über Monate in der Obhut des Klägers und seiner Ehefrau befunden, nicht das Vorliegen eines Verwahrungsvertrages im Sinne von Nr. 7.6 AHB gerade – auch – mit dem Kläger. Wenn, was der beweisbelastete Beklagte selbst nicht in Abrede stellt, das „formelle Vertragsverhältnis“ nur mit der Ehefrau bestand, trafen im Verhältnis zum Vertragspartner auch nur diese die aus einem solchen Vertragsverhältnis resultierenden Obhutspflichten. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass konkludent etwas anderes – auch mit dem Kläger – vereinbart worden wäre als das „formelle Vertragsverhältnis“ mit dessen Ehefrau. Der Leistungsausschluss aus Nr. 7.6 AHB greift aber nur dann ein, wenn gerade den Versicherungsnehmer eine Verwahrung als Hauptpflicht trifft; es genügt nicht, wenn sich die Verwahrung nur als Nebenpflicht aus einem anderen Vertrag ergibt (OLG Brandenburg, Urteil vom 11.06.2008 – 4 U 139/07, r+s 2008, 328, juris; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 16.04.2008 – 15 U 154/07, r+s 2010, 510). Vorliegend ist aber auch unter Berücksichtigung des – im Übrigen nicht unter Beweis gestellten, siehe dazu noch unten – Vorbringens des Beklagten im Schriftsatz vom 31.01.2020 weiterhin nicht feststellbar, ob zwischen dem Kläger und den Miteigentümern von W eine Verwahrung durch den Kläger als Hauptpflicht vereinbart war. Der pauschale Verweis darauf, dass nur der Kläger und dessen Ehefrau die Zugriffsmöglichkeiten auf das Pferd hatten und über die Haltung, die Bewegung, den Weidegang, die Fütterung, den Beritt und die Turniervorstellung des Pferdes entschieden, genügt dafür angesichts des auch nach dem Vortrag des Beklagten nur mit der Ehefrau bestehenden „formellen Vertragsverhältnisses“ nicht.

Auch aus dem Vortrag des Beklagten zu den angeblichen Angaben des Klägers gegenüber der von ihm beauftragten Gutachterin X, wonach die „Eheleute T […] vorprozessual als Einheit dargestellt“ worden seien, ergeben sich keine konkreten Umstände, die für die Beteiligung des Klägers an einem Verwahrungsvertrag sprächen. Deshalb bedurfte es entgegen dem Vorbringen im Schriftsatz vom 31.01.2020 insoweit keiner Beweisaufnahme durch Vernehmung der als Zeugen benannten Gutachterin X und der Miteigentümerin O.

bb)

Der Kläger hat das Pferd „W“ auch nicht im Sinne von Nr. 7.6 AHB geliehen.

(1)

Der Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, der Kläger habe das angeblich verletzte Pferd W selbst erfolgreich auf Turnieren in Springprüfungen vorgestellt (eGA-I 185). So habe der Kläger am 00.03.2018, mithin nur ca. drei Wochen vor dem angeblichen Unfallgeschehen – mit W den dritten Platz bei einer Prüfung in I belegt (a.a.O). Daraus folge, dass er das Pferd zuvor auch trainiert habe, weil die Annahme einer Teilnahme an einer Prüfung ohne vorheriges Training abwegig sei (a.a.O.). Zudem habe die angeblich geschädigte Miteigentümerin gegenüber einer Gutachterin erklärt, der Kläger habe das Pferd W seit Anfang 2018 geritten (eGA-I 186 f.).

Entsprechend dem Hinweis des Senats in seinem Beschluss vom 18.12.2019 ergibt sich daraus aber keine „Leihe“ im Sinne von Nr. 7.6 AHB. Dabei kann dahinstehen, ob den – als solches unstreitigen – Nutzungen des Pferdes durch den Kläger bei der Teilnahme an Turnieren und beim Training jeweils ein Leih- oder lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis zugrunde lag (vgl. zur Anwendbarkeit von Nr. 7.6 AHB auf Gefälligkeitsverhältnisse Prölss/Martin-Lücke, a.a.O., Ziff. 7 AHB Rn. 42). Denn selbst wenn jeweils eine Leihe vorgelegen haben sollte, ergibt sich unter Berücksichtigung des zum Verwahrungsvertrag Gesagten nicht, dass gerade im Zeitpunkt des angeblichen Schadenseintritts, als sich W auf einer Weide befunden haben und vom Kläger weder geritten noch trainiert worden sein soll, ein solches Leihverhältnis bestand.

(2)

Im Schriftsatz vom 31.01.2020 trägt der Beklagte nunmehr auf den Hinweisbeschluss des Senats hin vor, der Kläger habe das Pferd W nicht nur für einzelne Trainingseinheiten oder Turnierstarts ausgeliehen, sondern er sei über einen Zeitraum von mehreren Monaten durchgängig im Rahmen eines Vollberittvertrages vollständig für die Haltung des Pferdes, auch für den Weidegang, verantwortlich gewesen (a.a.O.). Während der gesamten Vertragslaufzeit hätten die Eigentümer des Pferdes dieses in die Obhut des Klägers sowie seiner Ehefrau gegeben, und diese hätten unter anderem auch den Weidegang des Pferdes am Tag des angeblichen Schadens veranlasst (a.a.O.).

Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei diesem Vortrag um neue Tatsachen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO handelt oder lediglich um eine Konkretisierung des Vortrags aus erster Instanz, und ob die Voraussetzung einer Zulassung neuen Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 ZPO vorlägen.

Denn der Beklagte hat für seinen – wie dargelegt vom Kläger bestrittenen – Vortrag im Schriftsatz vom 31.01.2020 keinen Beweis angetreten, obwohl der Senat im Hinweisbeschluss vom 18.12.2019 ausdrücklich auch auf die Beweislast des Beklagten für das Vorliegen der Voraussetzungen des Leistungsausschlusses hingewiesen hat (S. 7 des Beschlusses, eGA-II 61) und der Beklagte ausweislich seiner Stellungnahme im Schriftsatz vom 31.01.2020 zutreffend selbst von einer solchen Beweislastverteilung ausgegangen ist.

Die Beweisantritte aus erster Instanz (Vernehmung der Miteigentümerin O und der Gutachterin X) erfassen nicht die im Schriftsatz vom 31.01.2020 aufgestellte Behauptung, der Kläger sei im Rahmen eines „Vollberittvertrages“ umfassend für W verantwortlich gewesen und habe auch – zusammen mit seiner Ehefrau – dessen Weidegang am Schadenstag veranlasst.

2.

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht unter Verzugsgesichtspunkten die vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Dem Vorbringen des Klägers, dass die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten erst nach der Leistungsablehnung durch die Beklagte und daher nach Verzugseintritt erfolgte, ist der Beklagte nicht entgegen getreten.

II.

Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!