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Hausratsversicherung – Anforderungen an Sicherheitsbehältnis bei Bargeldverlust

LG Bielefeld – Az.: 6 O 60/12 – Urteil vom 04.10.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Hausratsversicherungsvertrag.

Der Kläger unterhielt seit dem 11.02.2011 bei der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen, eine Hausratsversicherung, wonach der Hausrat des Klägers zum Neuwert mit Unterversicherungsverzicht versichert war. In den allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB 2010) zu dem Versicherungsvertrag der Parteien heißt es unter anderem:

„B2.9 Erhöhung der Entschädigungsgrenzen für Wertsachen

1. In Abänderung von § 13 Nr. 2 aa) VHB 2010 ist die Entschädigung für Wertsachen und Bargeld je Versicherungsfall auf insgesamt 100 Prozent der Versicherungssumme begrenzt. (…)

2. Ferner ist die Entschädigung für folgende Wertsachen je Versicherungsfall ( … ) begrenzt, wenn sich diese außerhalb verschlossener Wertschutzschränke gem. § 13 Nr. 1 b) VHB 2010 befinden, auf

a) 3.000,00 EUR für Bargeld ( … ).

§ 13 Entschädigungsgrenzen für Wertsachen, Wertschutzschränke

1. b) Wertschutzschränke ( … ) sind Sicherheitsbehältnisse, die

ba) durch die VdS Schadenverhütung GmbH oder durch eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt sind und

bb) als freistehende Wertschutzschränke ein Mindestgewicht von 200 kg aufweisen oder bei geringerem Gewicht nach den Vorschriften des Herstellers fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen sind (Einmauerschrank).“

Am 19. Februar 2011 meldete der Kläger bei der Polizei einen Wohnungseinbruchsdiebstahl in seiner Wohnung, woraufhin ein polizeiliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Hausratsversicherung - Anforderungen an Sicherheitsbehältnis bei Bargeldverlust
Symbolfoto: Von Zhuravlev Andrey /Shutterstock.com

Am 21.02.2011 meldete der Kläger in diesem Zusammenhang ferner bei der Beklagten den Eintritt eines Versicherungsfalls und erstellte eine Liste mit Gegenständen, die er bei der Beklagten als gestohlen meldete, unter anderem einen Bargeldbetrag in Höhe von 37.000,00 Euro und einen Möbeltresor. Ein Mitarbeiter der Beklagten suchte den Kläger daraufhin auf und besprach mit ihm die Liste der Gegenstände, die der Kläger als gestohlen angemeldet hatte, und kam zu einem von dem Kläger angegebenen Gesamtschaden in Höhe von 52.328,00 Euro. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Posten:

– ca. 37.000,00 Euro Bargeld

– Herrenarmbanduhr Rolex, 4.000,00 Euro

– Herrenarmbanduhr Festina, 150,00 Euro

– Fernglas, 1.000,00 Euro

– Nachtsichtgerät, 3.000,0 Euro

– Jagdmesser, 250,00 Euro

– Bettwäsche, 50,00 Euro

– Laptop, 609,00 Euro

– CD-Sammlung, 3.000,00 Euro

– Rasierapparat, 220,00 Euro

– Werkzeug, 100,00 Euro

– Kristallfigur, Hirsch „Swarovski“, 200,00 Euro

– Fahrrad, 800,00 Euro

– Maulkorb, 20,00 Euro

– Halsband, 50,00 Euro

– Teletaktgerät, 200,00 Euro

– Lederjacken, 700,00 Euro

– Whiskey, 50,00 Euro

– Zigaretten, 110,00 Euro

Im Folgenden regulierte die Beklagte hiervon insgesamt 14.907,20 Euro, der sich aus der Erstattung von Bargeld in Höhe von 3.000,00 Euro und den übrigen geltend gemachten Schadenspositionen abzüglich eines Pauschalbetrages in Höhe von 20 Prozent sowie der Erstattung des Tresors zusammensetzt.

Der Kläger behauptet, in seiner Wohnung habe tatsächlich zu dem angegebenen Zeitpunkt ein Einbruchsdiebstahl stattgefunden, bei dem die geltend gemachten Gegenstände entwendet worden seien. Insbesondere habe er Bargeld in Höhe von mindestens 37.000,00 Euro in dem ebenfalls entwendeten Möbeltresor in seiner Wohnung aufbewahrt, die bei dem Einbruchsdiebstahl gestohlen worden seien. Bei dem Möbeltresor habe es sich um einen Tresor der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 Stand 05/1995 gehandelt, der den Herstellervorgaben entsprechend fest in der Zimmerwand verankert gewesen sei.

Der Kläger ist der Ansicht, die von der Beklagten vorgenommenen Abzüge seien nicht gerechtfertigt gewesen. Im Übrigen sei ihm auch eine Damenuhr der Marke „Fossil“ im Neuwert von 129,00 Euro entwendet und seine Bürotür bei dem Einbruchdiebstahl beschädigt worden, wobei hierfür Kosten in Höhe von 572,03 Euro entstanden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.892,83 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass unbekannte Täter bei dem Kläger haben sollen und Bargeld in Höhe von 37.000,00 Euro und die weiteren von dem Kläger angeführten Gegenstände entwendet haben sollen. Ferner habe es sich bei dem entwendeten Tresor nicht um ein qualifiziertes Wertbehältnis im Sinne von § 19 VHB gehandelt, der auch nicht fachmännisch in der Wand verankert gewesen sei. Überdies bestreite die Beklagte den Wert der jeweiligen vorgetragenen gemachten Wertgegenstände.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Schriftwechsel der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.06.2012 ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin und Mutter des Klägers, L. S..

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere Zahlungen aus dem vorgetragenen Versicherungsfall vom 19.02.2011 über die bereits regulierten 14.907,20 Euro hinaus.

Es kann dahinstehen, ob in die Wohnung des Klägers tatsächlich eingebrochen worden ist und ob hierbei die von ihm behaupteten Gegenstände entwendet worden sind. Denn der Kläger hätte auch dann keinen höheren, ersetzbaren Schaden dargelegt, als bereits von der Beklagten erstattet worden ist, wenn der Vortrag des Klägers hinsichtlich des Einbruchs und der entwendeten Gegenstände als wahr unterstellt wird:

1. Dem Kläger stünde über die bereits gezahlten 3.000,00 Euro kein Ersatz für den vorgetragenen Verlust von Bargeld in Höhe von 37.000,00 Euro zu.

Voraussetzung für den Ersatz von Bargeld über 3.000,00 Euro hinaus wäre gem. § 13 1. b) VHB 2010, dass der Kläger sein Bargeld in einem Sicherheitsbehältnis aufbewahrt hätte, das durch die VdS Schadensverhütung GmbH oder durch eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt ist und als freistehender Wertschutzschrank ein Mindestgewicht von 200 kg aufweist oder bei geringerem Gewicht nach den Vorschriften des Herstellers fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen ist (Einmauerschrank).

Bei dem Tresor des Klägers handelt es sich bereits nicht um ein durch die VdS Schadensverhütung GmbH oder eine gleichermaßen qualifizierte und anerkannte Prüfstelle geprüftes Behältnis.

Der Kläger hat vorgetragen, dass es sich bei dem Tresor, in dem er das Geld aufbewahrt habe, um einen Tresor der Firma Burgwächter mit der Bezeichnung C1 gehandelt habe, der die Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 Stand 05/1995 aufgewiesen habe, dem Europäischen Normenwerk, das vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. entwickelt worden sei und noch heute für die Sicherheitsstufen von Waffenschränken nach dem WaffG angewendet werde, und der Tresor ferner ein VdS geprüftes Schloss gehabt habe.

Nach dem Vorbringen des Klägers handelt es sich bei dem Tresor nicht um einen VdS geprüften Tresor. Dass lediglich das Schloss VdS geprüft sein soll, ist nach Auffassung des Gerichts nicht hinreichend, um das Kriterium „VdS-geprüft“ zu erfüllen. Denn es handelt sich hierbei um ein Minus zu einem insgesamt VdS geprüften Sicherheitsbehältnis, das mehr als ein Schloss umfasst.

Auch das Zertifikat „Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 Stand 05/1995“ ist kein Siegel, das eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle darstellt wie die VdS Schadensverhütung GmbH. Denn diese Behältnisse wurden in Eigenverantwortung der Hersteller geprüft und gekennzeichnet. Es erfolgte keine Typprüfung der Behältnisse und keine Überwachung der Hersteller. Zudem ist das diesen Produkten zugrunde liegende Regelwerk zum 31.12.2003 ersatzlos gestrichen worden und sind die früher vorhandenen Kontrollmöglichkeiten ersatzlos weggefallen (vgl. http://vds.de/fileadmin/vds_publikationen/vds_3134_web.pdf). Bei der „Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 Stand 05/1995“ handelt es sich demnach also nicht um ein objektives Siegel, das Gewähr für die geprüfte Sicherheit eines Behältnisses bietet. Das aber wäre nach Auffassung des Gerichts Voraussetzung dafür, dass ein Behältnis den Bestimmungen in § 13 1. b) VHB 2010 genügt und eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Bargeldentschädigung über 3.000,00 hinaus begründen würde.

Nach dem gefundenen Ergebnis kann dahinstehen, ob der Tresor des Klägers fachmännisch eingebaut war oder nicht.

2. Der Kläger hat auch hinsichtlich seiner weiteren vorgetragenen entwendeten Gegenstände gegen die Beklagte keinen Anspruch über den bereits regulierten Betrag in Höhe von 11.607,20 Euro hinaus, der auf den Ersatz der entwendeten Gegenstände entfällt. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht selbst dann, wenn die nunmehr begehrte zusätzliche Erstattung für die „Fossil“ Damenuhr über 129,00 Euro und die Beschädigung der Bürotür über 572,03 Euro in die von dem Kläger dargelegte und beweisbare Schadenshöhe vollständig einbezogen wird.

Denn die geltend gemachten Schadenspositionen sind zumindest zum Teil für die Wertermittlung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder eines Zeugenbeweises nicht hinreichend dargelegt, so dass lediglich die gerichtliche Schätzung eines Mindestschadens in Betracht käme.

a. Der Kläger begehrt Ersatz für eine entwendete CD-Sammlung in Höhe von 3.000,00 Euro. Hierbei handele es sich um Alben, Maxis und Singles aus den Musikrichtungen Schlager, Rock, 80’er und 90’er Jahre.

Das Gericht vermag allerdings mangels genauerer Angabe, CDs welcher Interpreten oder Titel entwendet worden sein sollen und wie das Verhältnis zwischen Alben und Maxi-CDs gewesen sein soll, nicht zu schätzen, welchen Betrag der Kläger aufbringen müsste, um Ersatz für den heutigen Neuwert der Sammlung zu erlangen. Das Gericht würde daher lediglich einen Mindestschaden in Höhe von 600,00 Euro für den Ersatz der CDs ansetzen.

b. Hinsichtlich des begehrten Ersatzes für die Rolex „Submariner“ Herrenuhr über 4.000,00 Euro fehlt es bereits an einem Nachweis der Echtheit dieser Uhr. Auch nachdem die Beklagte die Echtheit der Uhr in Zweifel gezogen hat, erfolgten hierzu kein weiterer Vortrag. Vielmehr beschränkte sich das erweiterte Vorbringen des Klägers in seiner Replik vom 16.07.2012 darauf, das Aussehen der Uhr näher zu beschreiben und hierfür Zeugen anzubieten. Dass die angebotenen Zeugen auch die Echtheit der Uhr bestätigen könnten, ist nicht vorgetragen und es erfolgte hierzu auch kein anderweitiges Beweisangebot, so dass der Kläger nicht darlegen und beweisen konnte, eine echte Rolex „Submariner“ Herrenuhr besessen zu haben, die ihm entwendet worden sei. Das Gericht geht nach dem Vortrag des Klägers, die Uhr habe ein silberfarbenes Edelstahlarmband und ein schwarzes Ziffernblatt sowie eine analoge Zeitaussage daher nach § 287 ZPO von einem Mindestschaden in Höhe von 300,00 Euro aus.

c. Ferner ist der Vortrag zu den Manschettenknöpfen nicht hinreichend substantiiert. Der Kläger trug vor, er könne hierzu keine genaueren Angaben machen. Die Knöpfe seien aus Silber und viereckig mit einem diagonalen Mittelstreifen, wobei die Seitenteile glänzend poliert und der Mittelstreifen matt gehalten gewesen sei. Insgesamt hätten die Manschettenknöpfe einen Wert 150,00 Euro gehabt. Da der Kläger weder Hersteller noch Größe/Gewicht näher bezeichnen kann, scheidet die Einholung eines Sachverständigengutachtens zwecks Wertermittlung aus. Das Gericht nimmt daher einen Mindestschaden in Höhe von 25,00 Euro an.

3. Vor diesem Hintergrund bliebe – auch wenn im Übrigen alle geltend gemachten Positionen des Klägers in voller Höhe bewiesen werden könnten – ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von höchstens 8.400,03 Euro, also weniger als der bereits von der Beklagten regulierte Betrag, der nicht zu einem weiteren Zahlungsanspruch des Klägers führen kann. Insgesamt bedurfte es daher auch keiner weiteren Prüfung und Beweiserhebung hinsichtlich der restlichen Gegenstände nicht.

II.

Mangels Hauptforderung hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Zinsanspruch.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 37.892,83 Euro

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