Im Versicherungswesen werden die sogenannten Telematik-Tarife immer beliebter, da sie aus der Sicht des Versicherungsgebers zahlreiche Vorteile mit sich bringen. Den wenigsten Versicherungsnehmern ist jedoch genau bekannt, was sich hinter diesen Tarifen verbirgt und welche rechtlichen Grundlagen davon tangiert werden. Die wichtigsten Informationen zu dieser Thematik bieten wir in diesem Artikel.
Übersicht
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Telematik-Tarife nutzen Fahrverhalten zur Prämienberechnung
- Erfassung durch technische Hilfsmittel wie Apps oder Telematik-Boxen.
- Rechtliche Grundlagen beinhalten VVG und DSGVO
- Transparenz und nachvollziehbare Tarifgestaltung sind vorgeschrieben.
- Datenschutzrichtlinien müssen streng eingehalten werden.
- Rechte der Versicherungsnehmer
- Datenschutz und Transparenz über Datennutzung.
- Auskunfts- und Löschungsrecht der eigenen Daten.
- Pflichten der Versicherungsnehmer
- Korrekte Datenübermittlung und Nutzung der Überwachungstechnik.
- Einhaltung der Obliegenheiten laut Versicherungsbedingungen.
- Datenschutzaspekte betonen Transparenz und Datenminimierung
- Versicherer müssen über Datenerhebung informieren und dürfen Daten nur zweckgebunden nutzen.
- Herausforderungen durch Datenschutz und technische Sicherheit
- Risiko von Bewegungsprofilen und Notwendigkeit sicherer Datenübermittlung.
- Vorteile umfassen geringere Prämien für vorsichtige Fahrer und potenzielle Reduzierung von Verkehrsunfällen
- Anreizsystem für sichereres Fahrverhalten.
- Aktuelle Rechtsprechung sieht Telematik-Tarife grundsätzlich als zulässig an
- Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen ist entscheidend.
- Ausblick deutet auf wachsende Akzeptanz und Anwendung von Telematik-Tarifen hin
- Datenschutzrechtliche Herausforderungen müssen weiterhin adressiert werden.
Grundlagen der Telematik in der Kfz-Versicherung
Als Telematik-Tarife werden diejenigen Versicherungstarife definiert, die als Grundlage das jeweilige individuell tatsächlich vorliegende Fahrverhalten von dem Versicherungsnehmer haben.
Um die entsprechenden Daten von dem Versicherungsnehmer zu erhalten ist es zwingend erforderlich, dass technische Hilfsmittel zur Anwendung gebracht werden. Ohne technische Hilfsmittel kann das Fahrverhalten des Versicherungsnehmers nicht erfasst werden.
In der gängigen Praxis kommen entweder Smartphone-Apps oder auch die sogenannte Telematik-Box zur Anwendung. Die Höhe der Versicherungsprämie wird dann auf der Grundlage des Fahrverhaltens von dem Versicherungsnehmer errechnet. Um die Berechnung vornehmen zu können ist es erforderlich, dass der Versicherungsgeber eine wahre Vielzahl von unterschiedlichen Daten des Fahrverhaltens auswertet. Diese Vorgehensweise bringt in der gängigen Praxis einige Herausforderungen mit sich. Zudem müssen auch rechtliche Grundlagen beachtet werden.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Den Telematik-Tarifen in der KfZ-Versicherung liegen unterschiedliche rechtliche Grundlagen zugrunde. Zu nennen sind hier sowohl das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) als auch datenschutzrechtliche Bestimmungen. Der Gesetzgeber hat in Deutschland mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein eigenes Gesetz ins Leben gerufen. Während der Versicherungsvertrag, den der Versicherungsnehmer mit dem Versicherungsgeber abschließt, als Grundlage für die geschäftliche Beziehung angesehen wird, kommen für die Telematik-Tarife zusätzlich zu dem VVG auch die Bestimmungen der DSGVO zur Anwendung. Maßgeblich hierfür ist der Artikel 6 Abs. 1 DSGVO.
Das VVG schreibt vor, dass die Tarifgestaltung der Versicherungstarife für den Versicherungsnehmer transparent und nachvollziehbar ausgestaltet sein muss. Diese Vorschrift hat selbstverständlich auch für die Telematik-Tarife Gültigkeit, allerdings müssen bei diesem speziellen Kfz-Tarif auch die Vorschriften der DSGVO betrachtet werden. Diese Vorschriften beziehen sich allerdings primär darauf, in welchem Umfang und zu welchem Zweck der Versicherungsgeber Daten erhebt und wie diese Daten letztlich verwendet werden.
Für die Telematik-Tarife gibt es spezielle Regelungen, die allerdings als Ländersache gelten. Dies bedeutet, dass die Regelungen von Bundesland zu Bundesland variieren können. Dem reinen Grundsatz nach haben die jeweiligen gesetzlichen Regelungen jedoch eine gemeinsame Basis, sodass sich die Unterschiede eher auf die Details beziehen. Zu den spezifischen Regelungen der Telematik-Tarife zählen insbesondere die Aspekte des Datenschutzes.
Rechte und Pflichten der Versicherungsnehmer
Rechte der Versicherungsnehmer:
- Recht auf Datenschutz: Die erhobenen Telematik-Daten unterliegen strengen Datenschutzbestimmungen. Versicherer dürfen die Daten nur zweckgebunden für den Telematik-Tarif nutzen und nicht an Dritte wie die Polizei weitergeben. Die Daten werden pseudonymisiert, so dass kein direkter Personenbezug hergestellt werden kann.
- Recht auf Transparenz: Versicherer müssen in den Versicherungsbedingungen transparent darlegen, welche Daten erhoben werden und wie sich das Fahrverhalten auf die Prämie auswirkt. Nur so kann der Versicherungsnehmer die Tragweite abschätzen und eine informierte Entscheidung treffen.
- Recht auf Auskunft und Löschung: Versicherungsnehmer haben ein Recht auf Auskunft, welche Daten gespeichert sind. Die Allianz beispielsweise löscht die persönlichen Telematik-Daten 3 Jahre nach Vertragsende.
Pflichten der Versicherungsnehmer:
- Pflicht zur korrekten Datenübermittlung: Versicherungsnehmer müssen sicherstellen, dass die Telematik-Daten korrekt erfasst und übermittelt werden, z.B. durch ordnungsgemäße Installation der App und Erteilung der nötigen Berechtigungen.
- Pflicht zur bestimmungsgemäßen Nutzung: Die Überwachungstechnik darf nicht manipuliert oder ausgetrickst werden. Bei reinen Smartphone-Lösungen muss der Versicherungsnehmer jede Fahrt aufzeichnen, auch wenn ein anderer fährt.
- Obliegenheiten laut Versicherungsbedingungen: Die genauen Pflichten ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen des jeweiligen Tarifs. Darin müssen die Rechte und Pflichten klar benannt sein.
Insgesamt ist es wichtig, dass Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Telematik-Tarifs genau prüfen, ob sie mit der umfassenden Datenerhebung einverstanden sind und die Bedingungen erfüllen können. Transparenz seitens der Versicherer und ein sensibler Umgang mit den Daten sind Grundvoraussetzungen für die Akzeptanz solcher Tarife.
Datenschutzaspekte
Die DSGVO schreibt gewisse Rahmenbedingungen vor, die von den Versicherungsgebern im Hinblick auf Telematik-Tarife und die damit verbundenen Daten erfüllt werden müssen. Zu diesen Rahmenbedingungen zählt die Transparenz des Versicherungsgebers über den Umfang sowie die Art der erhobenen Daten. Zudem muss der Versicherungsgeber den Versicherungsnehmer auch über den Zweck der erhobenen Daten informieren. Hierbei gilt das Prinzip der Zweckbindung. Dies bedeutet, dass die erhobenen Daten lediglich zu dem Zweck der Tarifberechnung verwendet werden dürfen.
Ein weiteres Prinzip, das bei den Telematik-Tarifen auf der Grundlage der DSGVO zur Anwendung kommt, ist die sogenannte Datenminimierung. Dies bedeutet, dass der Versicherungsgeber sich bei der Datenerhebung auf diejenigen Daten beschränken muss, die dem Zweck entsprechen. Daten, die als überflüssig gelten, hat der Versicherungsgeber zu vermeiden. Zudem muss der Versicherungsgeber einen Datenschutzbeauftragten stellen, der für Fragen des Versicherungsnehmers zur Verfügung steht.
Risiken und Herausforderungen
In der gängigen Praxis stellen die Telematik-Tarife die Versicherungsgesellschaften vor Herausforderungen. Insbesondere der Datenschutzaspekt ist hierbei die größte Herausforderung, da sich anhand des individuellen Fahrverhaltens von dem Versicherungsnehmer technisch problemlos ein sogenanntes Bewegungsprofil ableiten lässt. Ein derartiges Bewegungsprofil stellt jedoch in gewisser Weise rechtlich ein Paradoxon dar, da der Versicherungsgeber auf der einen Seite das individuelle Fahrverhalten des Versicherungsnehmers zur Berechnung der Versicherungsprämie benötigt und auf der anderen Seite lediglich das Datenminimum verwendet werden soll.
Es ist rechtlich strittig, ob ein Bewegungsprofil datenschutzrechtlich als konform anzusehen wäre. In diesem Zusammenhang muss auch der technische Aspekt berücksichtigt werden, da der Versicherungsgeber auf jeden Fall sicherstellen muss, dass die erhobenen Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Dies setzt jedoch eine absolut sicherere Datenübermittlung von der Smartphone-App des Versicherungsnehmers respektive der Telematik-Box voraus. Eine Weitergabe der Daten an Dritte ist lediglich mit einer ausdrücklichen Erlaubnis des Versicherungsnehmers rechtlich zulässig.
Verbraucherschutz bei Telematik-Tarifen
Vorteile und Chancen
Sowohl für die Versicherungsgesellschaft als auch für den Versicherungskunden haben die Telematik-Tarife Vorteile. Für die Versicherungsunternehmen bietet dieser spezielle Kfz-Versicherungstarif den Vorteil, dass der Verwaltungsaufwand minimiert wird. Bedingt durch den Umstand, dass der Kunde für sein vorausschauendes Fahrverhalten mit einer günstigeren Versicherungsprämie belohnt wird, verringert sich die Anzahl der Schadensregulierungen.
Hier liegt letztlich auch der große Vorteil für den Versicherungsnehmer, da er die Höhe der Versicherungsprämie durch sein eigenes Verhalten maßgeblich beeinflussen kann. Diejenigen Autofahrer, die Zeit ihres Lebens stets sehr vorsichtig und verkehrskonform fahren, zahlen einen geringeren Preis für die Versicherung.
Für die Sicherheit im Straßenverkehr können Telematik-Tarife eine Chance darstellen. Die Anzahl der Verkehrsunfälle könnte durch die Telematik-Tarife verringert werden, da der Autofahrer schon aus dem wirtschaftlichen Eigennutz heraus verstärkt darauf achten würde, Autounfälle zu vermeiden. Hierbei muss jedoch gesagt werden, dass diejenigen Autounfälle, die durch einen kurzen Augenblick der Unachtsamkeit heraus entstehen, durch Telematik-Tarife sicherlich nicht minimiert werden. Eine Reduzierung der Kfz-Verkehrsunfälle im öffentlichen Straßenverkehr auf den Wert Null dürfte als äußerst unrealistisch gelten, da immer noch der Faktor Mensch die Fahrzeuge lenkt.
Aktuelle Rechtsprechung und Praxisbeispiele
Die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hat betont, dass die Telematik-Tarife dem reinen Grundsatz nach als rechtlich zulässig anzusehen sind. Die Zulässigkeit wurde jedoch seitens des VGH an den Umstand geknüpft, dass die Versicherungsgeber die strengen rechtlichen Regularien im Hinblick auf den Datenschutz zwingend einhalten.
In der gängigen Praxis setzen bereits einige Versicherungen diese speziellen Tarife um und bieten sie ihren Kunden an. Es hat sich gezeigt, dass bei diesen Versicherungen die Anzahl der Schadensfälle signifikant zurückgegangen ist. Statistisch relevante und belastbare Langzeitdaten existieren jedoch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht.
Ausblick und Fazit
In Anbetracht der Vorteile, die sich durch die Telematik-Tarife im Bereich der Kfz-Versicherungen sowohl für den Versicherungsgeber als auch für den Versicherungsnehmer ergeben, kann künftig von einer größeren Anzahl an Versicherungsunternehmen ausgegangen werden, die derartige Tarife für ihre Kunden anbieten. Einzig die datenschutzrechtlichen Herausforderungen müssen zum Teil noch bewältigt werden.