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Reiserücktrittversicherung – Ausschluss bekannter Vorerkrankungen zum Zeitpunkt der Reisebuchung

Der Traumurlaub war gebucht, doch dann machten akute Rückenschmerzen alle Pläne zunichte. Auf die Reisekostenrücktrittsversicherung wollte sich eine Urlauberin verlassen – doch ein Gericht in Dortmund machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Denn wer mit einer Vorerkrankung reist, muss genau auf das Kleingedruckte achten.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 13/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Dortmund
  • Datum: 28.04.2022
  • Aktenzeichen: 2 S 13/21
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht (Reiserücktrittsversicherung)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Partei, die Erstattung von Stornierungskosten verlangt.
  • Beklagte: Partei (Versicherung), deren Leistungspflicht zur Erstattung von Stornierungskosten geprüft wird.

Worum ging es in dem Fall?

  • Kern des Rechtsstreits: Anspruch auf Erstattung von Stornierungskosten aus einer Reiserücktrittsversicherung; Frage, ob eine akute Verschlimmerung einer bekannten chronischen Erkrankung (Rückenschmerzen) eine „unerwartet schwere Erkrankung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellt und ob die Leistungspflicht der Versicherung ausgeschlossen ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Urteil des Amtsgerichts Dortmund (Az. 427 C 9569/19) vom 26.05.2021 wird aufgehoben und die Klage der Klägerin wird abgewiesen.
  • Begründung: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Stornierungskosten. Obwohl die akute Verschlimmerung einer bekannten chronischen Erkrankung (hier: Rückenschmerzen) grundsätzlich als „unerwartet schwere Erkrankung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gelten kann, ist die Leistungspflicht der beklagten Versicherung gemäß Ziffer 7.1 der Versicherungsbedingungen (VB-RKS 2014) ausgeschlossen.
  • Folgen: Die Klägerin erhält keine Erstattung der Stornierungskosten und muss die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden.

Der Fall vor Gericht


Reisekostenrücktrittsversicherung: Kein Geld bei Stornierung wegen behandelter Vorerkrankung – Urteil LG Dortmund

Das Landgericht (LG) Dortmund hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass eine Reisekostenrücktrittsversicherung nicht für Stornierungskosten aufkommen muss, wenn die Reise aufgrund einer Vorerkrankung abgebrochen wird, die zum Zeitpunkt der Buchung bekannt war und in den letzten sechs Monaten davor behandelt wurde.

Frau plant Reiseversicherung: Reiserücktritt & Vorerkrankung.
Ausschluss der Reiserücktrittversicherung bei Vorerkrankungen | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht wies die Klage einer Reisenden ab, die von ihrer Versicherung die Erstattung von Stornokosten verlangt hatte, nachdem sie eine Reise wegen akuter Rückenschmerzen nicht antreten konnte. Die Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund wurde damit aufgehoben (Az.: 2 S 13/21).

Worum ging es im Streitfall vor dem Landgericht Dortmund?

Eine Frau hatte eine Reise gebucht und eine Reisekostenrücktrittsversicherung abgeschlossen. Später musste sie die Reise stornieren, da sie unter einer akuten Verschlimmerung ihrer chronischen Rückenschmerzen litt. Sie forderte daraufhin die Erstattung der angefallenen Stornierungskosten von ihrer Versicherung, gestützt auf die Versicherungsbedingungen (hier: Teil B Ziffer 3.1 i.V.m. Ziffer 7.1. VB-RKS 2014). Die Versicherung lehnte die Zahlung jedoch ab und verwies auf eine Ausschlussklausel in ihren Bedingungen.

Das Amtsgericht Dortmund hatte der Reisenden in erster Instanz noch Recht gegeben. Die Versicherung legte daraufhin Berufung beim Landgericht Dortmund ein, welches den Fall neu bewertete und zu einem anderen Ergebnis kam.

Reise wegen akuter Rückenschmerzen storniert: Gilt das als unerwartete Erkrankung?

Das Landgericht prüfte zunächst, ob die gesundheitlichen Probleme der Reisenden überhaupt als versichertes Ereignis im Sinne der Police gelten könnten. Die Versicherungsbedingungen sahen eine Leistungspflicht bei einer „unerwartet schweren Erkrankung“ (gemäß Teil B Ziffer 3.1 VB-RKS 2014) vor.

Das Gericht bestätigte, dass auch die akute Verschlimmerung (Exazerbation) einer bereits bestehenden chronischen Erkrankung – hier die Rückenschmerzen – grundsätzlich eine solche unerwartet schwere Erkrankung darstellen kann. Entscheidend sei dabei die subjektive Sicht der versicherten Person: War die Verschlimmerung aus ihrer Sicht unerwartet? Selbst eine bekannte Krankheit kann als „unerwartet“ gelten, wenn die Person vernünftigerweise davon ausgehen durfte, reisefähig zu sein. Ob eine Verschlechterung wahrscheinlich war, ist dabei ein wichtiger Faktor. Das Gericht folgte hier der Einschätzung eines Sachverständigen, der eine akute Schmerzexazerbation festgestellt hatte, und sah diese Bedingung prinzipiell als erfüllbar an.

Ausschlussklausel entscheidend: Keine Leistung bei behandelten Vorerkrankungen (Ziffer 7.1 VB-RKS 2014)

Der entscheidende Punkt für die Abweisung der Klage war jedoch eine spezifische Ausschlussklausel in den Versicherungsbedingungen (Ziffer 7.1 VB-RKS 2014). Diese Klausel schließt die Leistungspflicht der Versicherung für bestimmte Fälle aus.

Was besagt die Ausschlussklausel für Vorerkrankungen?

Die Klausel besagt sinngemäß: Versicherungsschutz besteht nicht für Erkrankungen, die zum Zeitpunkt der Reisebuchung bereits bestanden (Vorerkrankungen), der versicherten Person bekannt waren UND in den letzten sechs Monaten vor der Reisebuchung ärztlich behandelt wurden.

Wichtig dabei: Reine Kontrolluntersuchungen gelten nicht als Behandlung im Sinne dieser Klausel. Es muss also eine aktive medizinische Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Erkrankung stattgefunden haben.

Im konkreten Fall war unstrittig, dass die chronischen Rückenschmerzen der Reisenden eine Vorerkrankung darstellten, die ihr bei der Buchung bekannt war. Zudem war diese Erkrankung innerhalb der letzten sechs Monate vor der Buchung behandelt worden. Daher griff nach Ansicht des Landgerichts Dortmund der Leistungsausschluss. Die Versicherung war somit von ihrer Leistungspflicht befreit.

Ist die Ausschlussklausel für Vorerkrankungen wirksam? Prüfung nach § 307 BGB

Die Reisende bzw. das erstinstanzliche Gericht hatten offenbar argumentiert, die Ausschlussklausel sei unwirksam, da sie die Versicherungsnehmerin unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Eine solche unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie den Versicherungsbedingungen, mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung unvereinbar ist.

Das Landgericht Dortmund widersprach dieser Ansicht jedoch entschieden: Die Klausel Ziffer 7.1 VB-RKS 2014 ist wirksam. Sie benachteilige die Versicherungsnehmerin nicht unangemessen.

Abgrenzung zur Anzeigepflicht: Warum § 19 VVG die Klausel nicht unwirksam macht

Das Amtsgericht hatte seine (später aufgehobene) Entscheidung möglicherweise darauf gestützt, dass die Klausel mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nicht vereinbar sei. § 19 VVG regelt die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers vor Vertragsschluss. Demnach muss der Antragsteller dem Versicherer alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände mitteilen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Dies soll dem Versicherer ermöglichen, das Risiko einzuschätzen und zu entscheiden, ob und zu welchen Konditionen er den Vertrag schließt. Der Versicherungsnehmer soll dadurch auch Klarheit über den Umfang des Versicherungsschutzes erhalten.

Das Landgericht Dortmund stellte jedoch klar, dass die Ausschlussklausel (Ziffer 7.1) und die Anzeigepflicht (§ 19 VVG) unterschiedliche Regelungsbereiche betreffen:

  • § 19 VVG bezieht sich auf die Pflichten des Versicherungsnehmers vor Vertragsschluss, insbesondere auf die wahrheitsgemäße Beantwortung von Gesundheitsfragen, wenn der Versicherer danach fragt.
  • Die Ausschlussklausel Ziffer 7.1 definiert hingegen den Umfang des Versicherungsschutzes innerhalb des bestehenden Vertrages. Sie legt von vornherein fest, dass bestimmte Risiken (hier: Stornierung wegen behandelter Vorerkrankungen) nicht abgedeckt sind, unabhängig davon, ob der Versicherer danach gefragt hat oder nicht.

Das Gericht argumentierte, dass die Klausel Ziffer 7.1 nicht von § 19 VVG abweicht, sondern neben dieser Regelung steht. Sie beschränkt den Versicherungsschutz für ein klar definiertes Risiko, was grundsätzlich zulässig ist. Eine unangemessene Benachteiligung oder ein Widerspruch zu wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken liegt daher nicht vor. Die Klausel ist somit wirksam.

Urteil des Landgerichts Dortmund: Versicherung muss Stornokosten nicht zahlen

Da die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses gemäß Ziffer 7.1 VB-RKS 2014 erfüllt waren (bekannte Vorerkrankung, die in den letzten sechs Monaten vor Buchung behandelt wurde) und die Klausel wirksam ist, hatte die Reisende keinen Anspruch auf Erstattung der Stornierungskosten.

Das Landgericht Dortmund gab der Berufung der Versicherung statt, hob das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Klage der Reisenden vollständig ab.

Kostenentscheidung: Reisende trägt die Kosten des Rechtsstreits

Als unterlegene Partei muss die Reisende die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen, sowohl für die erste Instanz vor dem Amtsgericht als auch für das Berufungsverfahren vor dem Landgericht. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Versicherung die Kostenerstattung von der Reisenden verlangen kann, auch wenn theoretisch noch weitere Rechtsmittel eingelegt werden könnten (wobei die Zulassung einer Revision hier nicht ersichtlich ist).


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass Reiserücktrittsversicherungen bestehende Erkrankungen vom Versicherungsschutz ausschließen dürfen, wenn diese bei Buchung bekannt waren und in den letzten sechs Monaten behandelt wurden. Diese Ausschlussklauseln sind rechtlich zulässig und keine unangemessene Benachteiligung für Versicherungsnehmer, da sie klar erkennen lassen, welche Erkrankungen nicht versichert sind. Eine Verschlimmerung bestehender Grundleiden kann zwar grundsätzlich ein versicherter „unerwarteter“ Krankheitsfall sein, der Anspruch scheitert jedoch am Ausschluss für kürzlich behandelte Vorerkrankungen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Vorerkrankung“ im Zusammenhang mit einer Reiserücktrittsversicherung?

Eine Vorerkrankung im Kontext einer Reiserücktrittsversicherung ist eine Krankheit oder gesundheitliche Beschwerde, die bereits vor dem Abschluss der Versicherung oder vor Reisebuchung bestand oder ärztlich behandelt wurde. Entscheidend ist dabei oft ein bestimmter Zeitraum vor Reiseantritt, der in den Versicherungsbedingungen festgelegt ist (häufig sechs Monate).

Was zählt als Vorerkrankung?

Es geht nicht nur um fest diagnostizierte Krankheiten. Auch Beschwerden, wegen derer Sie in dem relevanten Zeitraum vor der Reise ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch genommen haben, können als Vorerkrankung gelten. Das kann zum Beispiel die Behandlung von Rückenschmerzen, Allergien oder auch psychischen Belastungen umfassen.

  • Beispiel: Wenn Sie einige Monate vor der Reisebuchung wegen starker Kniebeschwerden beim Arzt waren und behandelt wurden, gilt dies in der Regel als Vorerkrankung für Ihr Knie.

Wann ist eine Vorerkrankung für die Versicherung relevant?

Nicht jede Vorerkrankung führt automatisch dazu, dass die Versicherung bei einem Reiserücktritt nicht zahlt. Relevant wird eine Vorerkrankung meist erst dann, wenn die Reise wegen einer unerwarteten Verschlechterung dieser bekannten Erkrankung abgesagt werden muss.

  • Unerwartet bedeutet: Mit der Verschlechterung oder dem Wiederauftreten der Erkrankung in dieser Form oder zu diesem Zeitpunkt musste nicht ernsthaft gerechnet werden. Bestand die Erkrankung stabil und ohne akute Probleme, kann eine plötzliche, unvorhersehbare Verschlimmerung oft versichert sein.
  • Erwartbar bedeutet: Wenn aufgrund des bisherigen Verlaufs oder ärztlicher Einschätzung mit einer Verschlechterung oder dem Wiederauftreten der Beschwerden während der geplanten Reisezeit zu rechnen war, gilt dies meist als nicht unerwartet. In solchen Fällen greift der Versicherungsschutz oft nicht.
  • Beispiel: Jemand mit stabilem, gut eingestelltem Bluthochdruck erleidet unerwartet eine schwere hypertone Krise – dies könnte als unerwartet gelten. Hatte dieselbe Person jedoch in den Wochen vor der Reise bereits mehrfach schwere Blutdruckschwankungen und instabile Werte, war eine erneute Krise möglicherweise erwartbar.

Was ist mit Bagatellerkrankungen?

Leichte, vorübergehende und folgenlos ausgeheilte Beschwerden, die vor der Reisebuchung behandelt wurden, gelten in der Regel nicht als relevante Vorerkrankung im Sinne eines Leistungsausschlusses.

  • Beispiel: Ein einfacher Schnupfen oder eine leichte Magenverstimmung, die Wochen vor der Reisebuchung auftrat und schnell wieder abklang, ist normalerweise keine Vorerkrankung, die den Versicherungsschutz gefährdet, wenn Sie später wegen einer ganz anderen, schweren Erkrankung die Reise absagen müssen.

Die genauen Definitionen und Fristen, was als relevante Vorerkrankung gilt und wann eine Verschlechterung als „unerwartet“ angesehen wird, finden sich in den jeweiligen Versicherungsbedingungen (AVB) des abgeschlossenen Vertrages. Diese Bedingungen sind maßgeblich für die Beurteilung im Einzelfall.


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Wann gilt eine Vorerkrankung als „bekannt“ im Sinne der Versicherungsbedingungen?

Ob eine Vorerkrankung im Sinne der Bedingungen Ihrer Reiserücktrittsversicherung als „bekannt“ gilt, hängt nicht allein davon ab, ob Sie eine genaue medizinische Diagnose kannten. Es kommt vielmehr auf Ihren Kenntnisstand bezüglich Ihres Gesundheitszustandes an und darauf, ob mit einer Verschlechterung oder Behandlungsnotwendigkeit gerechnet werden musste.

Was bedeutet „bekannt“ genau?

Eine Vorerkrankung ist nicht nur dann „bekannt“, wenn Ihnen ein Arzt eine spezifische Diagnose mitgeteilt hat. Entscheidend ist, ob Ihnen Tatsachen zu Ihrem Gesundheitszustand bekannt waren, aus denen sich ergibt, dass die Reise möglicherweise gefährdet sein könnte.

Dazu zählen:

  • Eine diagnostizierte Erkrankung: Wenn Sie wissen, dass Sie an einer bestimmten Krankheit leiden.
  • Deutliche Symptome: Auch wenn keine Diagnose vorliegt, können eindeutige oder wiederkehrende Beschwerden, die auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten, dazu führen, dass der Zustand als „bekannt“ gilt.
  • Laufende oder kürzlich erfolgte Behandlungen: Wenn eine Erkrankung in einem bestimmten Zeitraum vor Versicherungsabschluss oder Reiseantritt behandelt wurde (z. B. ärztliche Konsultationen, Medikamenteneinnahme, Therapien), gilt sie in der Regel als bekannt. Die genauen Zeiträume sind in den Versicherungsbedingungen festgelegt (häufig die letzten sechs Monate vor Reisebuchung oder -antritt).

Wann war die Behandlungsbedürftigkeit erkennbar?

Hier kommt es nicht nur darauf an, was Sie persönlich dachten oder wussten. Maßgeblich ist oft ein objektiver Maßstab: Hätte eine durchschnittlich verständige Person in Ihrer Situation aufgrund der bekannten Umstände (Symptome, ärztliche Aussagen, bisheriger Krankheitsverlauf) erkennen müssen, dass die Erkrankung (erneut) behandlungsbedürftig werden könnte und die Reise dadurch gefährdet ist?

Beispiel: Wenn Sie kurz vor der Reisebuchung wegen starker Magenschmerzen beim Arzt waren und dieser weitere Untersuchungen empfohlen hat, könnte die Behandlungsbedürftigkeit als erkennbar gelten – auch wenn Sie hofften, dass es bis zur Reise besser wird.

Der Zusammenhang mit „unerwarteter schwerer Erkrankung“

Reiserücktrittsversicherungen leisten in der Regel nur bei einer „unerwarteten schweren Erkrankung“. Eine Erkrankung gilt als „unerwartet“, wenn sie nach Abschluss der Versicherung und vor Reiseantritt erstmalig auftritt oder wenn sich eine bestehende Erkrankung völlig überraschend und unvorhersehbar so verschlechtert, dass die Reise nicht angetreten werden kann.

Eine Verschlechterung oder das Wiederauftreten von Symptomen einer „bekannten“ Vorerkrankung wird oft nicht als unerwartet angesehen, wenn mit einer solchen Entwicklung aufgrund des bisherigen Verlaufs oder ärztlicher Einschätzungen gerechnet werden musste.

Für Sie bedeutet das: Ausschlaggebend sind immer die konkreten Formulierungen in Ihren Versicherungsbedingungen. Dort ist genau festgelegt, was als bekannte Vorerkrankung gilt, welche Zeiträume relevant sind und unter welchen Umständen eine Erkrankung als „unerwartet“ eingestuft wird. Lesen Sie diese Bedingungen sorgfältig durch.


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Welche Rolle spielt der Zeitpunkt der Behandlung einer Vorerkrankung für den Versicherungsschutz?

Der Zeitpunkt, zu dem eine bekannte Vorerkrankung zuletzt ärztlich behandelt wurde, spielt eine entscheidende Rolle für den Versicherungsschutz Ihrer Reiserücktrittsversicherung. Viele Versicherungsverträge enthalten Klauseln, die den Versicherungsschutz einschränken oder ausschließen, wenn der Grund für den Reiserücktritt mit einer Vorerkrankung zusammenhängt, die kurz vor der Reisebuchung oder dem Reiseantritt behandelt wurde.

Der „kritische Zeitraum“

Die Versicherungsbedingungen (oft als AVB – Allgemeine Versicherungsbedingungen – bezeichnet) legen in der Regel einen bestimmten Zeitraum fest, der für die Beurteilung relevant ist. Häufig handelt es sich dabei um die letzten sechs Monate vor der Reisebuchung oder manchmal auch vor dem geplanten Reiseantritt.

  • Fand innerhalb dieses festgelegten Zeitraums eine Behandlung wegen der Vorerkrankung statt, kann dies dazu führen, dass die Versicherung im Falle einer Stornierung aufgrund genau dieser Erkrankung nicht leistet.
  • Die genaue Länge dieses Zeitraums kann von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich sein. Ein Blick in die spezifischen Bedingungen Ihres Vertrages ist hier aufschlussreich.

Was zählt als relevante „Behandlung“?

Entscheidend ist nicht nur, dass eine Behandlung stattfand, sondern auch, welcher Art diese Behandlung war. Die Versicherungsbedingungen unterscheiden hier oft:

  • Intensive oder akute Behandlungen: Gemeint sind ärztliche Maßnahmen, die wegen einer unerwarteten Verschlechterung der bekannten Erkrankung, wegen neu aufgetretener Symptome oder zur erstmaligen Diagnose und Behandlung notwendig wurden. Beispiele hierfür können Krankenhausaufenthalte, die Einleitung einer neuen Therapie oder eine deutliche Anpassung der Medikation aufgrund akuter Beschwerden sein. Solche Behandlungen innerhalb des kritischen Zeitraums führen häufig zum Leistungsausschluss.
  • Routineuntersuchungen: Reine Kontrolltermine oder Routineuntersuchungen bei einer seit längerer Zeit bekannten und stabilen chronischen Erkrankung werden oft nicht als ausschlaggebende Behandlung im Sinne der Ausschlussklauseln gewertet. Wenn Sie beispielsweise regelmäßig zur Blutdruckkontrolle gehen und Ihr Zustand stabil ist, gilt dies meist nicht als Ausschlussgrund, selbst wenn der Termin im kritischen Zeitraum lag.

Die Abgrenzung kann im Detail schwierig sein. Maßgeblich ist meist, ob die Behandlung aufgrund eines stabilen Zustands (Routine) oder wegen einer akuten Veränderung bzw. Instabilität der Erkrankung (relevante Behandlung) erfolgte.

Bedeutung für Ihren Versicherungsschutz

Müssen Sie Ihre Reise wegen einer gesundheitlichen Verschlechterung absagen, wird die Versicherung prüfen, ob diese Verschlechterung mit einer Vorerkrankung zusammenhängt.

  • Stellt die Versicherung fest, dass diese Vorerkrankung innerhalb des in den AVB definierten Zeitraums nicht nur routinemäßig, sondern aufgrund einer Verschlechterung oder akuter Beschwerden behandelt wurde, kann sie die Übernahme der Stornokosten ablehnen.
  • Grundlage für die Entscheidung der Versicherung sind immer die konkreten Formulierungen in Ihrem Versicherungsvertrag. Dort ist genau festgelegt, welcher Zeitraum relevant ist und welche Art von Behandlungen zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führen kann.

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Kann eine chronische Erkrankung, die sich verschlimmert, trotzdem unter den Versicherungsschutz fallen?

Ja, grundsätzlich kann auch eine unerwartete Verschlimmerung einer bekannten chronischen Erkrankung unter den Schutz einer Reiserücktrittsversicherung fallen. Entscheidend sind jedoch die genauen Umstände und die Versicherungsbedingungen Ihres Vertrages.

Was bedeutet „unerwartete Verschlimmerung“?

Versicherungen unterscheiden oft zwischen dem normalen Verlauf einer chronischen Erkrankung und einer plötzlichen, unvorhersehbaren Verschlechterung (medizinisch Exazerbation genannt). Nur eine solche unerwartete Verschlimmerung wird in der Regel als versichertes Ereignis angesehen.

  • Beispiel: Wenn Sie stabiles Asthma haben und kurz vor der Reise einen völlig unerwarteten, schweren Asthmaanfall erleiden, der die Reise unmöglich macht, könnte dies versichert sein.

Der Ausschluss bei Vorerkrankungen

Die meisten Reiserücktrittsversicherungen enthalten Klauseln, die den Versicherungsschutz für Erkrankungen ausschließen, die bereits bei Reisebuchung bekannt waren oder in einem bestimmten Zeitraum davor (oft sechs Monate) behandelt wurden.

Dieser Ausschluss kann auch greifen, wenn sich eine bekannte chronische Erkrankung verschlimmert. Der entscheidende Punkt ist hier oft, ob diese Verschlimmerung als „unerwartet“ galt oder ob mit ihr aufgrund des Krankheitsbildes oder ärztlicher Einschätzungen gerechnet werden musste.

  • Wenn die Verschlimmerung also eine erwartbare Folge der Grunderkrankung darstellt oder die Erkrankung schon bei Buchung als instabil galt, wird die Versicherung die Kostenübernahme wahrscheinlich ablehnen und sich auf den Ausschluss berufen.

Die Rolle Ihrer Einschätzung zur Reisefähigkeit

Ihre eigene Einschätzung Ihrer Gesundheit und Reisefähigkeit zum Zeitpunkt der Reisebuchung kann ebenfalls eine Rolle spielen. Wenn Ihnen bei der Buchung bereits bewusst war, dass Ihre chronische Erkrankung sehr instabil ist und eine Reise möglicherweise nicht angetreten werden kann, könnte die Versicherung argumentieren, dass der Rücktrittsgrund nicht „unerwartet“ eingetreten ist.

Wichtig ist: Die genauen Formulierungen in Ihren Versicherungsbedingungen (Allgemeine Versicherungsbedingungen, AVB) sind maßgeblich. Dort ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Verschlimmerung einer Vorerkrankung versichert ist und wann der Ausschluss greift. Lesen Sie diese Bedingungen sorgfältig durch.


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Was kann ich tun, um mich trotz Vorerkrankungen bestmöglich abzusichern?

Wenn Sie eine Reise planen und bereits bestehende gesundheitliche Beschwerden (Vorerkrankungen) haben, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Sie versuchen können, Ihren Versicherungsschutz im Rahmen einer Reiserücktrittsversicherung bestmöglich zu gestalten. Hier sind einige allgemeine Punkte, die Sie beachten können:

Versicherungsbedingungen genau prüfen

Das Wichtigste ist, die Versicherungsbedingungen (oft auch „AVB“ oder „das Kleingedruckte“ genannt) vor dem Abschluss der Versicherung sorgfältig zu lesen. Hier steht genau drin, was versichert ist und was nicht. Achten Sie besonders auf Abschnitte, die sich mit Vorerkrankungen beschäftigen.

Viele Versicherungen leisten nur dann, wenn eine Reise wegen einer unerwarteten und schweren Verschlimmerung einer bekannten Erkrankung abgesagt werden muss. Entscheidend ist oft, ob die Verschlimmerung aus medizinischer Sicht nicht vorhersehbar war. Die genaue Definition, was als „unerwartet“ gilt, finden Sie in den jeweiligen Bedingungen Ihres Versicherungsvertrages.

Gezielte Versicherungswahl

Einige Versicherungsanbieter haben spezielle Tarife oder Zusatzbausteine, die unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Vorerkrankungen greifen. Manchmal ist dies mit einem höheren Beitrag (Aufpreis) verbunden. Es kann sich lohnen, gezielt nach solchen Angeboten zu suchen und die Leistungen genau zu vergleichen. Prüfen Sie auch hier die Bedingungen: Welche Vorerkrankungen sind wie abgedeckt? Gibt es Wartezeiten oder besondere Voraussetzungen?

Ärztliche Bestätigung der Reisefähigkeit

Vor der Buchung einer Reise kann es sinnvoll sein, mit Ihrem Arzt über Ihre Reisepläne zu sprechen. Eine ärztliche Bescheinigung, die Ihre grundsätzliche Reisefähigkeit zum Zeitpunkt der Buchung bestätigt, kann unter Umständen hilfreich sein. Sie kann später als ein Anhaltspunkt dafür dienen, dass eine spätere Absage aufgrund der Vorerkrankung zum Buchungszeitpunkt nicht absehbar war. Beachten Sie jedoch: Eine solche Bescheinigung ist keine Garantie dafür, dass die Versicherung im Fall einer Stornierung leisten muss. Die Entscheidung hängt immer von den genauen Umständen und den Versicherungsbedingungen ab.

Korrekte Angaben beim Abschluss

Wenn beim Abschluss der Versicherung Gesundheitsfragen gestellt werden, ist es wichtig, diese wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben können dazu führen, dass der Versicherungsschutz gefährdet ist.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berufung

Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei die Entscheidung eines Gerichts (hier: Amtsgericht Dortmund) von der nächsthöheren Instanz (hier: Landgericht Dortmund) überprüfen lassen kann. Das höhere Gericht prüft das Urteil auf Rechts- und gegebenenfalls auch auf Tatsachenfehler. Im konkreten Fall legte die Versicherung Berufung ein, weil sie mit dem Urteil des Amtsgerichts nicht einverstanden war und eine andere rechtliche Bewertung anstrebte.
Beispiel: Sie verlieren einen Prozess und sind überzeugt, dass das Gericht falsch entschieden hat. Mit der Berufung können Sie erreichen, dass ein anderes, höheres Gericht den Fall erneut prüft.


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Ausschlussklausel

Eine Ausschlussklausel ist eine vertragliche Regelung, die bestimmte Fälle oder Risiken von der Leistungspflicht des Vertragspartners (hier: der Versicherung) ausnimmt. In diesem Fall enthielten die Versicherungsbedingungen (VB-RKS 2014, Ziffer 7.1) eine Klausel, die den Versicherungsschutz für Stornierungen wegen Vorerkrankungen ausschloss, wenn diese bei Buchung bekannt waren und in den letzten sechs Monaten behandelt wurden. Solche Klauseln definieren die Grenzen des Versicherungsschutzes.
Beispiel: Eine Hausratversicherung könnte in einer Ausschlussklausel festlegen, dass Schäden durch grobe Fahrlässigkeit, wie eine brennende Kerze unbeaufsichtigt zu lassen, nicht versichert sind.


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Leistungspflicht

Die Leistungspflicht bezeichnet die vertragliche Hauptverpflichtung einer Partei, die vereinbarte Leistung zu erbringen. Bei einer Versicherung ist das typischerweise die Pflicht, im Versicherungsfall (z.B. Krankheit bei einer Reiserücktrittsversicherung) die vereinbarte Summe zu zahlen oder Kosten zu erstatten. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Versicherung trotz der Stornierung wegen der Rückenschmerzen zur Zahlung (also zur Leistung) verpflichtet war oder ob die Ausschlussklausel sie von dieser Pflicht befreite.
Beispiel: Wenn Sie einen Handwerker beauftragen, eine Wand zu streichen, besteht seine Leistungspflicht darin, die Wand fachgerecht zu streichen.


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Vorerkrankung

Eine Vorerkrankung ist eine Krankheit, die bereits vor einem bestimmten Zeitpunkt – hier der Reisebuchung bzw. dem Abschluss der Versicherung – bestand. Im Versicherungsrecht, besonders bei Reise- oder Krankenversicherungen, kann das Bestehen von Vorerkrankungen den Versicherungsschutz einschränken. Entscheidend im konkreten Fall war die spezifische Definition in der Ausschlussklausel: Nicht jede Vorerkrankung führte zum Ausschluss, sondern nur solche, die der Reisenden bekannt waren und in den letzten sechs Monaten vor Buchung behandelt wurden (ausgenommen Kontrolluntersuchungen).
Beispiel: Wenn jemand wegen Bluthochdrucks regelmäßig Medikamente nimmt und kurz vor der Reisebuchung deswegen beim Arzt war, um die Medikation anzupassen, gilt dies als behandelte Vorerkrankung im Sinne vieler Versicherungsbedingungen.


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§ 307 BGB (Prüfung von AGB)

§ 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine wichtige Schutzvorschrift bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie es Versicherungsbedingungen typischerweise sind. Diese Vorschrift besagt, dass Klauseln unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders (hier: die Reisende) entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das Gericht prüfte hier, ob die Ausschlussklausel für Vorerkrankungen (Ziffer 7.1 VB-RKS 2014) die Reisende unfair benachteiligte, verneinte dies jedoch, weil sie den Umfang des Versicherungsschutzes klar definierte.
Beispiel: Eine Klausel in den AGB eines Fitnessstudios, die eine automatische Vertragsverlängerung um zwei Jahre vorsieht, ohne den Kunden rechtzeitig und deutlich darauf hinzuweisen, könnte als unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB unwirksam sein.


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Sachverständigen

Ein Sachverständiger ist eine unabhängige Fachperson mit besonderem Wissen auf einem bestimmten Gebiet (z.B. Medizin, Technik), die vom Gericht hinzugezogen wird, um bei der Klärung von Sachverhalten zu helfen. Gerichte benötigen Sachverständige, wenn zur Entscheidung spezifisches Fachwissen erforderlich ist, über das die Richter selbst nicht verfügen. Im vorliegenden Fall half ein medizinischer Sachverständiger dem Gericht bei der Beurteilung der gesundheitlichen Situation der Reisenden und der Frage, ob eine unerwartete schwere Erkrankung bzw. eine akute Verschlimmerung vorlag.
Beispiel: Bei einem Bauprozess wegen Baumängeln bestellt das Gericht oft einen Bausachverständigen, um zu klären, ob die Arbeiten fachgerecht ausgeführt wurden und welche Mängel vorliegen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • VB-RKS 2014 Teil B Ziffer 7.1: Diese Klausel in den Versicherungsbedingungen der Reiserücktrittsversicherung schließt Leistungen für Vorerkrankungen aus, wenn diese bei Reisebuchung bekannt waren und innerhalb der letzten sechs Monate vor Buchung behandelt wurden. Kontrolluntersuchungen sind hiervon ausgenommen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat entschieden, dass diese Klausel wirksam ist und im Fall der Klägerin greift, da ihre chronischen Rückenschmerzen als bekannte Vorerkrankung galten und innerhalb des relevanten Zeitraums behandelt wurden, wodurch der Versicherungsschutz ausgeschlossen wurde.
  • BGB § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1: Diese Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch schützt Verbraucher vor unangemessenen Benachteiligungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), zu denen Versicherungsbedingungen zählen. Eine Klausel ist unangemessen benachteiligend, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob die Ausschlussklausel für Vorerkrankungen in den Versicherungsbedingungen gemäß § 307 BGB unwirksam ist, kam aber zu dem Schluss, dass sie den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligt und somit wirksam ist.
  • VB-RKS 2014 Teil B Ziffer 3.1: Diese Klausel definiert den Versicherungsfall in der Reiserücktrittsversicherung als unerwartete schwere Erkrankung. Auch eine unerwartete Verschlimmerung einer bestehenden Krankheit kann unter Umständen als unerwartete schwere Erkrankung gelten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bestätigte, dass die akute Verschlimmerung der chronischen Rückenschmerzen der Klägerin grundsätzlich als unerwartete schwere Erkrankung im Sinne dieser Klausel angesehen werden kann, was den Versicherungsschutz dem Grunde nach hätte auslösen können.
  • VVG § 19 Abs. 1: Diese Norm im Versicherungsvertragsgesetz regelt die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers. Danach muss der Versicherungsnehmer dem Versicherer bekannte gefahrerhebliche Umstände anzeigen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht setzte sich mit der Argumentation des Amtsgerichts auseinander, welches eine Unvereinbarkeit der Ausschlussklausel mit dem Grundgedanken des § 19 VVG sah, verwarf diese Ansicht jedoch und betonte, dass es Aufgabe des Versicherers ist, durch Fragen die relevanten Risiken zu ermitteln.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Reisende mit Vorerkrankungen bei Reiserücktrittsversicherungen

Sie planen eine Reise, leiden aber unter einer chronischen Erkrankung oder hatten kürzlich gesundheitliche Beschwerden? Eine Reiserücktrittsversicherung soll Sicherheit geben, falls Sie die Reise krankheitsbedingt nicht antreten können. Doch gerade bei Vorerkrankungen gibt es oft Fallstricke im Kleingedruckten.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Versicherungsbedingungen genau prüfen – Fokus auf Ausschlüsse
Lesen Sie die Versicherungsbedingungen (das „Kleingedruckte“) Ihrer Reiserücktrittsversicherung extrem sorgfältig, bevor Sie sich darauf verlassen. Achten Sie gezielt auf Klauseln, die Leistungen bei Vorerkrankungen ausschließen oder einschränken. Der allgemeine Begriff „unerwartet schwere Erkrankung“ hilft Ihnen nicht, wenn spezielle Ausschlüsse greifen.


Tipp 2: „Unerwartet“ reicht bei bekannter Vorerkrankung nicht immer
Selbst wenn eine akute Verschlimmerung Ihrer bekannten chronischen Erkrankung (wie z.B. Rückenschmerzen) plötzlich und unerwartet auftritt und zur Reiseunfähigkeit führt, kann die Versicherung die Leistung verweigern. Entscheidend ist, ob die Bedingungen Ansprüche im Zusammenhang mit dieser spezifischen, bereits bekannten Vorerkrankung ausschließen.

⚠️ ACHTUNG: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Versicherung zahlt, nur weil die Verschlimmerung unerwartet kam. Die Existenz der Vorerkrankung und die Ausschlussklauseln sind oft entscheidend.


Tipp 3: Behandlungszeiträume vor Reiseantritt beachten
Viele Versicherungspolicen schließen Leistungen für Erkrankungen aus, die in einem bestimmten Zeitraum vor Reisebuchung oder Reiseantritt (z.B. in den letzten 6 Monaten) ärztlich behandelt wurden. Prüfen Sie genau, welche Zeiträume in Ihren Versicherungsbedingungen genannt werden und ob Ihre Vorerkrankung darunterfällt.

Beispiel: Wenn Sie wegen chronischer Rückenschmerzen innerhalb der letzten 6 Monate vor Reiseantritt in ärztlicher Behandlung waren und die Police dies ausschließt, erhalten Sie bei einer Stornierung wegen akuter Rückenschmerzen möglicherweise kein Geld, auch wenn die akute Phase unerwartet kam.

⚠️ ACHTUNG: Eine Behandlung kurz vor der Reise kann den Versicherungsschutz für diese spezielle Erkrankung gefährden, selbst wenn sie zum Zeitpunkt der Buchung stabil war.


Tipp 4: Risiko realistisch einschätzen – Bin ich wirklich versichert?
Machen Sie sich bewusst, dass eine Reiserücktrittsversicherung bei bekannten Vorerkrankungen möglicherweise keinen umfassenden Schutz bietet. Wägen Sie ab, ob die gewählte Police Ihr spezifisches Risiko (z.B. eine bekannte chronische Erkrankung) tatsächlich abdeckt oder ob Sie im Falle einer krankheitsbedingten Stornierung das finanzielle Risiko selbst tragen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Der zentrale Punkt ist die Wirkung von Ausschlussklauseln in den Versicherungsbedingungen. Selbst wenn eine Erkrankung formal als „unerwartet schwer“ gelten könnte, hebeln spezifische Ausschlüsse für vorbehandelte oder chronische Leiden diesen Schutz oft aus. Entscheidend ist nicht nur die Unerwartetheit des Akutereignisses, sondern ob die Grunderkrankung von vornherein vom Versicherungsschutz ausgenommen war (z.B. wegen Behandlung in einem bestimmten Zeitraum vor Reiseantritt).

Checkliste: Reiserücktrittsversicherung bei Vorerkrankungen

  • Habe ich die Ausschlussklauseln für Vorerkrankungen in meiner Police gelesen und verstanden?
  • Wurde meine Vorerkrankung in dem in der Police genannten Zeitraum vor Reisebuchung/-antritt behandelt?
  • Ist mir bewusst, dass eine akute, unerwartete Verschlimmerung meiner bekannten Krankheit eventuell nicht versichert ist?
  • Deckt die Versicherung das finanzielle Risiko meiner spezifischen gesundheitlichen Situation wirklich ab oder gibt es relevante Ausschlüsse?
  • Habe ich geprüft, ob es alternative Policen mit besserer Abdeckung für chronische Leiden gibt?

Das vorliegende Urteil


LG Dortmund – Az.: 2 S 13/21 – Urteil vom 28.04.2022


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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