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Kaskoversicherung –  Überschwemmung – Eindringen von Starkregen in Fahrzeug

KG Berlin – Az.: 6 U 71/16 – Beschluss vom 01.07.2016

1.

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers vom 20. Mai 2016 gegen das am 13. April 2016 verkündete Urteil der Zivilkammer 42 des Landgerichts Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Leistungen aus der Vollkaskoversicherung mit der Begründung abgewiesen, ein bedingungsgemäßer Überschwemmungsschaden sei nicht eingetreten. Die gegen diese Entscheidung vorgebrachten Berufungsangriffe greifen nicht durch.

Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Berufungsbegründung zeigt weder Fehler in der Tatsachenfeststellung noch in der Rechtsanwendung auf.

a) Über A.2.2.3. der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen (AKB) war das Fahrzeug des Klägers versichert gegen die “unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung, Lawinen oder Muren auf das Fahrzeug”. Bereits daraus ergibt sich auch aus der Sicht eines durchschnittlich verständigen und versicherungsrechtlich nicht vorgebildeten Versicherungsnehmers, dass allein das Einwirken von (Stark-)Regenwasser – anders z.B. als bei Hagel – auf das versicherte Fahrzeug noch keinen Versicherungsfall in diesem Sinne begründen kann. Zutreffend stellt das Landgericht deshalb fest, dass über A.2.2.3. nicht jedes Eindringen von Wasser in das versicherte Fahrzeug einen bedingungsgemäßen Überschwemmungsschaden darstellt; dafür erforderlich ist vielmehr die unmittelbare Einwirkung einer – bereits vorher eingetretenen – Überschwemmung auf das versicherte Fahrzeug. Deshalb trifft die Ansicht des Klägers, es reiche aus, dass Starkregenwasser auf das Fahrzeug einwirke und dieses dadurch “überschwemme”, nicht zu.

Überschwemmung - Eindringen von Starkregen in Fahrzeug
(Symbolfoto: mkfilm /Shutterstock.com)

Nach allgemeinem Sprachgebrauch liegt eine Überschwemmung im Sinne einer Klausel in der Fahrzeugversicherung, die Schäden durch unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung auf das Fahrzeug umfasst, dann vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet (BGH VersR 2006, 966 Rn. 9; VersR 1964). Eine solche vorherige Überflutung des Geländes, auf dem der Wagen abgestellt war, trägt der Kläger jedoch nicht vor; er hat vielmehr in der ersten Instanz stets nur auf einen direkten Regenwassereintritt in das Fahrzeug abgestellt, indem er vorgetragen hat, sein Fahrzeug sei “überschwemmt” worden, weil es dem Starkregen nicht habe standhalten können. Wenn Regenwasser unmittelbar in das Fahrzeuginnere gelangt, ohne zuvor zu einer Überflutung des Geländes geführt zu haben, handelt es sich nach allgemeinem Sprachgebrauch aber, wie ausgeführt, um keine Überschwemmung.

Soweit der Kläger mit der Berufung nunmehr die Ansicht vertritt, für den Eintritt einer bedingungsgemäßen Überschwemmung genüge es bereits, dass der Schaden durch Wasser entstanden sei, das über nicht vorgesehene Wege in das Fahrzeug eingedrungen und dieses damit “überschwemmt” habe, kann dem aus den vorgenannten Gründen erst recht nicht gefolgt werden. Denn die Versicherungsbedingung unterscheidet auch für einen juristisch nicht versierten Versicherungsnehmer deutlich zwischen Schäden, die direkt durch das Eindringen von Wettererscheinungen wie Sturm, Hagel und Blitzschlag eingetreten sind, und solchen Schäden, die durch die unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung, einer Lawine oder einer Mure auf das Fahrzeug verursacht wurden. Da bei der ersten Fallgruppe weder Regen noch Starkregen genannt ist, reicht ein Eindringen von Regenwasser, selbst wenn sich dieses anschließend im Fahrzeuginneren stauen und Teile des Fahrzeuginneren, wie hier die Elektronik, überfluten sollte, nicht aus, um den Eintritt des Versicherungsfalls “Überschwemmung” zu bejahen. Notwendig dafür ist vielmehr, dass sich zunächst außerhalb des Fahrzeugs eine Überschwemmung des Geländes im oben dargestellten Sinne gebildet hat, die dann als solche unmittelbar auf das versicherte Fahrzeug einwirkt und Schäden verursacht. Eine solche vorherige Überschwemmung des Geländes, auf dem das Fahrzeug abgestellt war, trägt der für den Eintritt des Versicherungsfalls darlegungs- und beweisbelastete Kläger jedoch nicht vor. Soweit er mit der Berufungsbegründung die Möglichkeit aufzeigt, dass sich Regenwasser auch zunächst unterhalb des Fahrzeugs aufgestaut haben und erst dann in das Fahrzeuginnere eingedrungen sein könnte, stellt dies – auch aus seiner Sicht – lediglich eine (ohnehin auch nicht zu beweisende) Vermutung dar, die den Anforderungen an einen substantiierten Klagevortrag nicht genügt.

b) Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe die Leistungen unabhängig davon zu erbringen weil sein Versicherungsvertreter, der Zeuge P…  , im Namen des Beklagten bereits eine Schadensregulierung zugesagt habe, verhilft auch dies seiner Klage nicht zum Erfolg.

Gemäß § 59 Abs. 2 VVG sind Versicherungsvertreter Personen, die von dem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut sind, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Hierauf bezieht sich die in den §§ 69 ff. VVG geregelte Vertretungsbefugnis. Die Vertretung des Versicherers im Rahmen der Regulierung eines Versicherungsfalls, zumal die Bearbeitung von Schadensfällen intern anderen Personen – regelmäßig der Schadensabteilung – zugewiesen ist, ist von dieser Vertretungsbefugnis nicht umfasst. Insbesondere ist der Versicherungsvertreter regelmäßig nicht bevollmächtigt, dem Versicherungsnehmer Regulierungszusagen zu machen, die den Versicherer binden (vgl. Dörner in Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 71 Rn. 5; Schwintowski in Bruck/Möller, VVG 9. Auflage 2010, § 71 Rdnr. 10). Dass der Zeuge P…  über das in § 59 Abs. 2 VVG vorgegebene Tätigkeitsfeld seitens des Beklagten auch dahingehend bevollmächtigt war, verbindliche Regulierungszusagen abzugeben, behauptet der Kläger nicht.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind erfüllt. Weder kommt der Rechtssache nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzliche Bedeutung zu (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorliegend eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO), weshalb auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

2.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen oder – schon aus Kostengründen – eine Berufungsrücknahme zu erwägen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich im Falle der Berufungsrücknahme die Gerichtskosten auf die Hälfte reduzieren würden (vgl. KV 1222 zum GKG, dort Anlage 2).

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