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Reiserücktritts-Versicherung – ärztlichen Attestes aufgrund telefonischer Befunderhebung

Reiserücktrittsversicherung: Kein Anspruch bei fehlendem ärztlichen Nachweis

Der vorliegende Rechtsstreit drehte sich um Ansprüche aus einer Reiserücktrittsversicherung und einen Feststellungsantrag. Ein Kläger hatte für sich und seine Ehefrau zwei Reisen gebucht, musste jedoch aufgrund eines Sturzes vorzeitig die Rückreise antreten. Er argumentierte, dass er aufgrund von erheblichen Schmerzen die Reise nicht fortsetzen konnte und Anspruch auf die nicht genutzten Teilleistungen der Pauschalreise sowie die geleistete Anzahlung für das Hotel habe. Zusätzlich machte er geltend, dass er aufgrund der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes und des Reiseverbots von der Zahlung der Versicherungsbeiträge befreit sein sollte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 174 C 6951/20 >>>

Das Gericht wies die Klage ab, da der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung hatte. Es fehlte ein ärztlicher Nachweis für eine schwere Erkrankung, die die Fortführung der Reise unzumutbar gemacht hätte. Obwohl das Gericht den Sturz und die damit verbundenen Schmerzen als glaubhaft erachtete, konnte der Kläger keinen ärztlichen Nachweis vorlegen. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung basierte lediglich auf einer telefonischen Beratung ohne tatsächliche Untersuchung. Zudem war der Kläger in der Lage, die Heimreise anzutreten, und es war nicht ersichtlich, warum die weitere Reise nicht angetreten werden konnte.

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass der Kläger seine Obliegenheitspflicht verletzt hatte, da er keinen Arzt vor Ort aufgesucht hatte. Trotz der COVID-19-Pandemie wäre ein Arztbesuch möglich gewesen und die Entscheidung, keinen Arzt aufzusuchen, beruhte auf einer persönlichen Entscheidung, nicht auf objektiven Umständen. Auch nach der Rückkehr nach Deutschland hatte der Kläger keinen Arzt aufgesucht, was ebenfalls als Obliegenheitspflichtverletzung gewertet wurde.

Der Feststellungsantrag des Klägers wurde als unzulässig abgewiesen, da kein Feststellungsinteresse dargelegt wurde. Das Gericht stellte zudem fest, dass der Versicherungsschutz weltweit galt und eine Reisewarnung kein Reiseverbot darstellte. Auch Reiseverbote in bestimmten Gebieten Deutschlands führten nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Insgesamt hatte der Kläger somit keinen Anspruch auf die geforderte Zahlung aus der Reiserücktrittsversicherung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und der Streitwert wurde auf 1.985,00 € festgesetzt.

Kein Anspruch ohne ärztlichen Nachweis

Das Gericht wies die Klage auf Zahlung aus einer Reiserücktrittsversicherung ab. Der Kläger konnte keine schwere Erkrankung nachweisen, die die Fortführung der Reise unzumutbar gemacht hätte. Obwohl der Sturz und die Schmerzen glaubhaft waren, fehlte ein ärztlicher Nachweis. Der Kläger hatte keinen Arzt vor Ort aufgesucht und auch nach der Rückkehr nach Deutschland keinen Arztbesuch vorgenommen. Zudem verletzte er seine Obliegenheitspflicht. Der Feststellungsantrag wurde als unzulässig abgewiesen, da kein Feststellungsinteresse bestand. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes führte nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Kläger hatte somit keinen Anspruch auf Zahlung.

Fazit: Kein Anspruch auf Zahlung der Reiserücktrittsversicherung

In diesem Rechtsstreit wurde entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung aus der Reiserücktrittsversicherung hatte. Es fehlte ein ärztlicher Nachweis für eine schwere Erkrankung, die die Fortführung der Reise unzumutbar gemacht hätte. Der Kläger hatte zudem seine Obliegenheitspflicht verletzt, indem er keinen Arzt vor Ort aufgesucht hatte. Auch der Feststellungsantrag wurde abgewiesen. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes führte nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Das vorliegende Urteil

AG München – Az.: 174 C 6951/20 – Urteil vom 29.10.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.985,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klagepartei macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer Reiserücktrittsversicherung sowie einen Feststellungsantrag geltend.

Die Parteien sind über eine Reiserücktrittsversicherung (…) vertraglich verbunden.

Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau zwei Reisen in S., zum einen eine Pauschalreise vom 01.03.2020 bis 08.03.2020 (Langlauftouren von Hotel zu Hotel in den D.) zum Preis von 1.770,00 €, zum anderen einen Aufenthalt im Hotel … vom 08.03.2020 bis 15.03.2020, für das der Kläger einen Betrag 850,00 € angezahlt hatte. Am 06.03.2020 trat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau die Rückreise nach Deutschland an. Mit Schadensmeldung vom 17.03.2020 machte der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche aus der Reiserücktrittsversicherung geltend (Anlage K1). Eine Zahlung seitens der Beklagten erfolgte nicht.

Der Kläger trägt vor, er sei am 05.03.2020 auf der Langlaufloipe so schwer auf den Rücken gestürzt, dass er aufgrund der erheblichen Schmerzen die Reise nicht habe fortsetzen können. Er habe am 06.03.2020 mit seinem Hausarzt in Deutschland telefonisch Kontakt aufgenommen. Dieser habe ihm aufgrund der zwischenzeitlich für S. erfolgten Reisewarnung des Auswärtigen Amtes wegen der Covid-19-Pandemie davon abgeraten, einen Arzt vor Ort aufzusuchen. Er habe ihm vielmehr geraten, das Schmerzmittel Ibuprofen 800 einzunehmen, sich nach Hause und dort in häusliche Quarantäne zu begeben. Sollte es sich um eine starke Prellung oder einfache Fraktur handeln, würden die Schmerzen mit der Zeit abnehmen. Andernfalls müsse eine Klinik in Deutschland aufgesucht werden. Der Kläger habe sich für die Heimreise und Quarantäne entschieden. Das Hotel … habe er wegen der Erkrankung storniert. Die weitere Behandlung in Deutschland sei telefonisch erfolgt. Die Schmerzen hätten insgesamt ca. 2 Wochen angehalten, dabei aber nach und nach abgenommen.

Er ist der Auffassung, ihm stünden aufgrund seines Unfalls die nicht genutzten Teilleistungen der Pauschalreise in Höhe von 835,00 € sowie die geleistete Anzahlung für das Hotel … in Höhe von 850,00 € zu.

Die AVV der Beklagten seien wegen § 7 VVG nicht Vertragsbestandteil geworden.

Darüber hinaus könne er wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Feststellung verlangen, dass er für den Zeitraum der erfolgten Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sowie der innerdeutschen Reiseverbote von seiner Pflicht zur Zahlung der Versicherungsbeiträge befreit sei und die Beklagte zur angemessenen Reduzierung der Versicherungsbeiträge verpflichtet sei.

Der Kläger beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.685,00 € nebst gesetzlicher Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, für den Zeitraum vom Beginn der weltweiten Reisewarnung des deutschen Außenministeriums am 17.03.2020 und des bestehenden touristischen Reiseverbots in Deutschland bis zum Ende der weltweiten Reisewarnung des deutschen Außenministeriums und des bestehenden touristischen Reiseverbots in Deutschland Versicherungsbeiträge zu den Reiserücktritts- und Reiseunterbrechungsversicherungen zu bezahlen. Wird die weltweite Reisewarnung und das deutsche touristische Reiseverbot teilweise eingeschränkt, ist die Beklagte verpflichtet, die Versicherungsbeträge angemessen zu reduzieren.

Das Gericht hat den Kläger angehört. Ein Beweis wurde nicht erhoben.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Eine unerwartete schwere Erkrankung liege nicht vor. Zudem habe der Kläger seine Obliegenheitspflicht verletzt, indem er vor Ort keinen Arzt aufgesucht habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2020 angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Ein Beweis wurde nicht erhoben.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich gem. §§ 12, 17 ZPO, sachlich gem. §§ 23, 71 GVG zuständig.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages vom 1.685,00 €.

Von einer wirksamen Einbeziehung der Versicherungsbedingungen gem. § 7 VVG ist auszugehen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe bei Vertragsschluss verschiedene Unterlagen erhalten. Ein substantiierter Vortrag, welche Unterlagen er nicht erhalten haben will, fehlt. Unabhängig davon, ob dem Kläger die Versicherungsbedingungen übergeben wurden, geht er jedenfalls auch selbst davon aus, dass der Versicherungsfall nur dann eingetreten wäre, wenn ihm die Fortführung der ersten Reise und der Antritt der weiteren Reise auf Grund einer schweren Erkrankung (§ 13 bzw. § 19 AVG) unzumutbar gewesen wäre.

Eine solche schwere Erkrankung hat der Kläger vorliegend nicht nachgewiesen. Zwar glaubt das Gericht der Darstellung des Klägers, wonach dieser am 05.03.2020 auf einer Langlaufloipe in S. auf den Rücken gestürzt ist und in der Folge starke Schmerzen hatte und hoch dosierte Schmerzmittel einnehmen musste. Allerdings hat der Kläger nicht bewiesen, dass es sich hierbei um eine schwere Erkrankung gehandelt hat, die die Fortführung der ersten Reise und den Antritt der weiteren Reise unzumutbar machte. Denn einen Arzt hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgesucht. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Dr. …, die auch die Unzumutbarkeit impliziert, beruhte auf einer Einschätzung im Rahmen einer telefonischen Erörterung der Sachlage, ohne dass eine tatsächliche Untersuchung stattgefunden hat. Sie hat daher hinsichtlich der Diagnose „starke Prellung und/oder Fraktur“ allenfalls einen eingeschränkten, bezüglich der Frage der Unzumutbarkeit der Fortführung der Reise keinen Aussagewert. Auch später erfolgte weder in S. noch nach der Rückkehr nach Deutschland ein Arztbesuch, so dass die Art der Erkrankung sowie ihre Folgen nicht beurteilt werden können. Immerhin war der Kläger – wenn auch unter der Einnahme von Schmerzmitteln – in der Lage, die Heimreise von S. nach B. anzutreten, weshalb nicht ohne weiteres nachzuvollziehen ist, weshalb die Reise nicht vor Ort fortgeführt bzw. die weitere Reise, Aufenthalt im Hotel T., nicht angetreten werden konnte.

Es spricht vielmehr vieles dafür, dass der Kläger nach dem Unfall den Aufenthalt abbrach und nach der Rückkehr nach Deutschland die weitere Reise im Hotel …nicht antrat, weil S. zwischenzeitlich vom R.-K.-Institut zum Risikogebiet erklärt worden war, der Kläger keinesfalls eine Behandlung in einem Krankenhaus oder Arztpraxis vor Ort wünschte und er zudem die Sorge hatte, dass die Grenzen geschlossen werden würden, wie er sowohl schriftlich als auch mündlich vorgetragen hat. Dieser Umstand ist aber von der streitgegenständlichen Versicherung nicht gedeckt.

Darüber hinaus ist die Beklagte auch wegen der Obliegenheitsverletzung des Klägers, eine ärztliche Bescheinigung eines (Fach-)Arztes vor Ort vorzulegen (§ 19 bzw. 27 AVG), von der Leistungspflicht hinsichtlich des Abbruchs der ersten Reise befreit. Unstreitig erfolgte ein Arztbesuch in S. nicht, wobei dem Beklagten grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Denn es ist nicht erklärbar, warum der Besuch eines Krankenhauses oder einer Arztpraxis in S. auch im Rahmen der Covid 19- Pandemie nicht möglich gewesen sein soll. Das Gericht geht davon aus, dass in S. vergleichbare Standards hinsichtlich Schutz und Hygiene bestehen wie in Deutschland und bei der Untersuchung von Patienten Vorkehrungen getroffen werden, um ein Ansteckung zu vermeiden. Der Umstand, dass der Kläger vor Ort keinen Arzt aufsuchte, erfolgte daher aufgrund einer persönlichen Entscheidung, nicht aufgrund objektiver Umstände.

Auch nach der Rückkehr nach Deutschland erfolgte keine Vorstellung bei einem Arzt mehr, so dass auch hierin eine Obliegenheitspflichtverletzung zu sehen ist, denn der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung kommt aufgrund der bloßen telefonischen Beratung und fehlenden Untersuchung nur wenig Aussagekraft zu.

Der Feststellungsantrag ist unzulässig, da ein Feststellungsinteresse nicht dargetan ist. Soweit die Feststellung einer „angemessenen“ Reduzierung begehrt wird, ist er auch unbestimmt. Darüber hinaus ist der Feststellungsantrag auch unbegründet. Der Versicherungsschutz gilt weltweit und für jede Art von Reise. Selbst eine weltweit ausgesprochene Reisewarnung stellt kein Reiseverbot dar, weshalb der Vertrag auch bei Reisen in Gebiete, für die eine Reisewarnung ausgesprochen ist, Schutzwirkung entfalten würde. Soweit vereinzelt Reiseverbote innerhalb Deutschlands für bestimmte Zeiträume ausgesprochen wurden, führt dies nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage, da – wie dargelegt – Reisen grundsätzlich möglich bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde nach freiem Ermessen festgesetzt, § 3 ZPO. Das Feststellungsinteresse hat das Gericht mit 300,00 € bewertet.

 

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