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Regressanspruch Kfz-Haftpflichtversicherung gegen Versicherungsnehmer – § 72a Abs. 1 Nr. 4 GVG

Ein harmloser Blechschaden – oder Versicherungsbetrug in großem Stil? Eine Versicherung witterte einen vorgetäuschten Unfall und fordert nun das Geld zurück. Doch bevor der Fall überhaupt vor Gericht verhandelt werden kann, entbrennt ein Streit um die Zuständigkeit.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 UH 9/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: KG Berlin
  • Datum: 03.04.2025
  • Aktenzeichen: 2 UH 9/25
  • Verfahrensart: Beschluss zur Bestimmung des zuständigen Gerichts (Spruchkörperbestimmung nach § 36 ZPO)
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht (Kfz-Haftpflicht), Zivilprozessrecht (Gerichtszuständigkeit)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Kfz-Haftpflichtversicherung. Sie fordert Geld vom Beklagten zurück, das sie wegen eines angeblich von ihm vorgetäuschten Unfalls an einen Dritten gezahlt hat.
  • Beklagte: Der Versicherungsnehmer der Klägerin. Er wehrt sich gegen die Rückzahlungsforderung und hat Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid eingelegt.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Kfz-Versicherung (Klägerin) zahlte Geld (5.002,15 Euro) an einen angeblichen Unfallgegner ihres Versicherungsnehmers (Beklagter). Die Versicherung glaubt, der Unfall war nur vorgetäuscht (fingiert) und verlangt das Geld vom Beklagten zurück. Nachdem der Beklagte Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid einlegte, landete der Fall beim Landgericht Berlin II. Dort stritten sich zwei verschiedene Kammern (Abteilungen des Gerichts – Zivilkammer 23 und Zivilkammer 50) darum, wer für den Fall zuständig ist: die Kammer für Versicherungssachen oder die Kammer für Verkehrsunfallsachen (speziell für vorgetäuschte Unfälle laut Geschäftsverteilungsplan). Dieser Zuständigkeitsstreit wurde dem Kammergericht Berlin zur Entscheidung vorgelegt.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging nicht um die Frage, ob der Unfall tatsächlich vorgetäuscht war, sondern darum, welche Abteilung (Zivilkammer) des Landgerichts Berlin II für die Verhandlung dieses Falles zuständig ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass die allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Berlin II für den Fall zuständig sind (Funktionelle Zuständigkeit).
  • Begründung: Das Kammergericht musste entscheiden, weil sich zwei Kammern des Landgerichts für unzuständig erklärt hatten (§ 36 ZPO). Der Streit drehte sich darum, ob der Fall unter die spezielle Zuständigkeit für Versicherungssachen oder für (vorgetäuschte) Verkehrsunfallsachen fällt, wie im Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts geregelt. Das Kammergericht bestimmte die allgemeinen Zivilkammern als zuständig.
  • Folgen: Der Rechtsstreit über die Rückzahlung des Geldes wird nun vor einer der allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Berlin II weitergeführt.

Der Fall vor Gericht


Zuständigkeit bei Klage wegen fingiertem Unfall: Versicherer gegen Versicherungsnehmer

In einem Beschluss vom 03. April 2025 (Az.: 2 UH 9/25) hat das Kammergericht Berlin eine wichtige Entscheidung zur internen Zuständigkeit am Landgericht Berlin II getroffen.

Kfz-Haftpflicht: Geringe Kollision. Auto stößt parkendes Kfz. Unspektakuläre Szene, Wohnstraße.
Zuständigkeit bei Rückgriff der Kfz-Versicherung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Es ging um die Frage, welche Abteilung (Kammer) des Gerichts für einen Streit zwischen einer Kfz-Haftpflichtversicherung und ihrem Versicherungsnehmer zuständig ist, wenn die Versicherung Geld zurückfordert, weil sie von einem vorgetäuschten Verkehrsunfall ausgeht. Das Gericht entschied, dass hierfür die allgemeinen Zivilkammern und nicht spezialisierte Kammern zuständig sind.

Ausgangslage: Streit um Rückzahlung nach behauptetem Versicherungsbetrug

Der Fall begann damit, dass eine Kfz-Haftpflichtversicherung von ihrem Kunden, dem Versicherungsnehmer, einen Betrag von 5.002,15 Euro zurückforderte. Die Versicherung hatte diese Summe zuvor an den angeblichen Unfallgegner des Versicherungsnehmers gezahlt. Grundlage der Zahlung war ein Verkehrsunfall, den der Versicherungsnehmer gemeldet hatte.

Nachträglich kam die Versicherung jedoch zu dem Schluss, dass der Unfall nur vorgetäuscht war. Sie warf dem Versicherungsnehmer vor, das Unfallgeschehen in betrügerischer Absicht fingiert zu haben, um eine Versicherungsleistung zu erschleichen. Deshalb verlangte sie das ausgezahlte Geld zurück und erwirkte zunächst einen Vollstreckungsbescheid über die Summe von 5.002,15 Euro. Der Grund für die Forderung wurde im Mahnverfahren als „Rückgriff aus Versicherungsvertrag wegen Unfall/Vorfall gemäß Mahnung vom 28.04.24“ bezeichnet.

Der Weg durch die Instanzen: Uneinigkeit über zuständige Kammer am Landgericht Berlin II

Der Versicherungsnehmer legte Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein. Damit wurde aus dem Mahnverfahren ein reguläres Gerichtsverfahren, das an das Landgericht Berlin II abgegeben wurde. Innerhalb des Landgerichts landete die Sache zunächst bei der Zivilkammer 23. Diese Kammer ist laut Geschäftsverteilungsplan des Gerichts speziell für Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen zuständig.

Nachdem die Versicherung ihre Klage begründet und den Vorwurf des fingierten Unfalls dargelegt hatte, entschied die Zivilkammer 23 jedoch, dass sie nicht zuständig sei. Sie hob den bereits angesetzten Verhandlungstermin auf und gab die Sache an eine andere Kammer ab. Ihre Begründung: Es handle sich um eine Verkehrsunfallsache im Sinne des Geschäftsverteilungsplans, genauer gesagt um einen Fall, bei dem es um Ansprüche aus vorgetäuschten Unfällen gehe (Rn. 57 – 2. Spiegelstrich – des Geschäftsverteilungsplans).

Die Akte wanderte daraufhin zur Zivilkammer 50 des Landgerichts Berlin II, die nach dem internen Plan für solche „Verkehrsunfallsachen“ vorgesehen war. Doch auch die Zivilkammer 50 sah sich nicht als zuständig an. Sie fühlte sich durch die Abgabeentscheidung der Zivilkammer 23 nicht gebunden, erklärte sich ebenfalls für unzuständig und legte den Fall dem Kammergericht Berlin zur Entscheidung vor. Es entstand ein sogenannter Negativer Kompetenzkonflikt: Zwei Abteilungen desselben Gerichts hielten sich beide für unzuständig.

Streitpunkt: Ist es eine Versicherungssache oder eine Verkehrsunfallsache nach Geschäftsverteilungsplan oder Gesetz?

Der Kern des Streits zwischen den beiden Zivilkammern des Landgerichts drehte sich um die Frage, wie der Fall rechtlich einzuordnen ist und welche Zuständigkeitsregeln greifen:

  1. Sichtweise Zivilkammer 23 (Versicherungskammer): Die Kammer sah den Fall nicht primär als Streit aus dem Versicherungsvertrag, sondern als eine spezielle „Verkehrsunfallsache“, weil der Vorwurf eines fingierten Unfalls im Raum stand. Sie stützte sich dabei auf den internen Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts.
  2. Sichtweise Zivilkammer 50 (Allgemeine/Verkehrsunfallkammer): Diese Kammer sah die Sache anders und hielt sich ebenfalls für unzuständig, was impliziert, dass sie die Zuständigkeit entweder bei der Versicherungskammer oder bei den allgemeinen Zivilkammern sah.

Das Kammergericht musste nun klären, ob die interne Regelung des Geschäftsverteilungsplans oder gesetzliche Zuständigkeitsvorschriften den Ausschlag geben und welche Kammerart am Landgericht Berlin II für solche Fälle zuständig ist. Insbesondere ging es um die Anwendung der §§ 72a und 119a des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), die besondere Zuständigkeiten für bestimmte Versicherungssachen vorsehen können.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin: Allgemeine Zivilkammern sind zuständig

Das Kammergericht Berlin entschied, dass keine der spezialisierten Kammern (weder die Versicherungskammer noch die im Geschäftsverteilungsplan für „vorgetäuschte Unfälle“ vorgesehene Kammer) ausschließlich zuständig ist. Stattdessen bestimmte es die allgemeinen (nicht spezialisierten) Zivilkammern des Landgerichts Berlin II als die funktionell zuständigen Spruchkörper für diesen Rechtsstreit.

Das bedeutet: Der Fall muss von einer der „normalen“ Zivilkammern des Landgerichts verhandelt werden, die für allgemeine Zivilsachen zuständig sind, sofern keine gesetzliche Sonderzuständigkeit besteht.

Begründung: Vorrang gesetzlicher Zuständigkeit vor internem Geschäftsverteilungsplan

Das Kammergericht begründete seine Entscheidung ausführlich:

  1. Zuständigkeit des Kammergerichts: Zunächst stellte das Gericht fest, dass es gemäß § 36 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt ist, diesen Zuständigkeitsstreit zwischen den Kammern des Landgerichts zu entscheiden. Obwohl § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO eigentlich von verschiedenen Gerichten spricht, ist die Vorschrift entsprechend anwendbar, wenn verschiedene Spruchkörper desselben Gerichts streiten und die Entscheidung von der Auslegung gesetzlicher Zuständigkeitsregeln (wie §§ 72a, 119a GVG) abhängt und nicht nur vom internen Geschäftsverteilungsplan. Dies sei hier der Fall.
  2. Keine ausschließliche Zuständigkeit der Versicherungskammer (§ 72a GVG): Das Gericht prüfte, ob die spezialisierte Versicherungskammer (ZK 23) nach § 72a GVG zwingend zuständig ist. Diese Vorschrift weist den Landgerichten bestimmte Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen zu. Das Kammergericht kam jedoch zu dem Schluss, dass der vorliegende Fall nicht unter diese spezielle Zuständigkeit fällt. Zwar stammt der Anspruch der Versicherung aus dem Versicherungsvertragsverhältnis (Rückforderung wegen Vertragsverletzung durch Täuschung). Jedoch handelt es sich nicht um eine der in § 72a GVG explizit genannten Streitigkeiten, für die eine ausschließliche Zuständigkeit der Versicherungskammer gesetzlich festgelegt ist.
  3. Keine ausschließliche Zuständigkeit aufgrund des „fingierten Unfalls“: Auch die Tatsache, dass es um einen vorgetäuschten Unfall geht, begründet keine gesetzliche Sonderzuständigkeit einer bestimmten Kammer. Der interne Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Berlin II, der solche Fälle möglicherweise einer speziellen Kammer (hier ZK 50) zuweist, ist rechtlich nachrangig. Ein Geschäftsverteilungsplan regelt nur die interne Aufgabenverteilung und darf nicht von zwingenden gesetzlichen Zuständigkeitsregeln abweichen. Da das Gesetz keine spezielle Kammer für „fingierte Unfall“-Streitigkeiten zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer vorschreibt, kann der Geschäftsverteilungsplan hier keine bindende Zuweisung treffen, die eine andere gesetzlich begründete Zuständigkeit ausschließt.

Begründung im Detail: Warum keine spezialisierte Kammer zuständig ist

Das Kammergericht stellte klar, dass der Rechtsgrund des Anspruchs entscheidend ist. Die Versicherung macht einen Rückgriffsanspruch geltend, der seine Wurzeln im Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag hat. Sie argumentiert, dass der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt hat, indem er einen Unfall vortäuschte, und sie deshalb die zu Unrecht gezahlte Leistung zurückfordern kann.

Auch wenn der Anlass des Streits ein (angeblich fingierter) Verkehrsunfall ist, handelt es sich im Kern nicht um einen typischen „Verkehrsunfallprozess“ (z.B. Klage eines Geschädigten gegen den Schädiger oder dessen Versicherung). Es ist vielmehr eine Auseinandersetzung innerhalb des Versicherungsverhältnisses zwischen den direkten Vertragspartnern.

Da dieser spezielle Typ von versicherungsvertraglichem Rückgriffsanspruch wegen Betrugsverdachts nicht unter die gesetzliche Sonderzuständigkeit des § 72a GVG fällt und auch keine andere gesetzliche Spezialzuständigkeit existiert, greift die allgemeine Zuständigkeit.

Kern der Klage: Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, nicht aus Delikt

Die Klage der Versicherung basiert auf dem Versicherungsvertrag. Der Vorwurf des Betrugs (eine unerlaubte Handlung, auch Delikt genannt) ist zwar der Grund für die Rückforderung, aber die rechtliche Grundlage des Anspruchs liegt im Vertragsverhältnis und den sich daraus ergebenden Pflichten und Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen. Es ist keine reine Deliktsklage (Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung), sondern eine vertragliche Rückzahlungsforderung. Diese Einordnung ist entscheidend für die Zuständigkeitsfrage.

Fazit: Zuständigkeit richtet sich nach Rechtsnatur des Anspruchs – Allgemeine Zivilkammern zuständig

Das Kammergericht Berlin hat mit diesem Beschluss klargestellt, dass bei Klagen einer Kfz-Haftpflichtversicherung gegen ihren Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von Leistungen wegen eines angeblich fingierten Unfalls die allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts zuständig sind.

Die Begründung:

  • Es handelt sich um einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag.
  • Dieser spezielle Anspruchstyp fällt nicht unter die gesetzliche Sonderzuständigkeit der Versicherungskammern nach § 72a GVG.
  • Der interne Geschäftsverteilungsplan des Gerichts kann keine davon abweichende, ausschließliche Zuständigkeit einer anderen Kammer (z.B. für Verkehrsunfallsachen) begründen, da gesetzliche Regeln Vorrang haben.

Die Sache muss daher nun von einer der allgemeinen Zivilkammern des Landgerichts Berlin II weiterbearbeitet und entschieden werden. Die Entscheidung betrifft zunächst nur die funktionelle Zuständigkeit innerhalb des Gerichts und trifft keine Aussage über den Ausgang des Rechtsstreits selbst, also ob der Unfall tatsächlich fingiert war und der Versicherungsnehmer zahlen muss.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil klärt einen Kompetenzstreit zwischen verschiedenen Kammern des Landgerichts Berlin und stellt fest, dass bei Rückgriffsansprüchen von Versicherungen wegen vorgetäuschter Unfälle die allgemeinen Zivilkammern zuständig sind, nicht die speziellen Versicherungskammern. Dies ist wichtig für Versicherungsnehmer, die mit dem Vorwurf eines fingierten Unfalls konfrontiert werden, da die gesetzliche Sonderzuständigkeit für Versicherungsstreitigkeiten eng auszulegen ist und nicht für Rückgriffsansprüche der Versicherer gilt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei Streitigkeiten um vorgetäuschte Unfälle andere rechtliche Rahmenbedingungen gelten als bei normalen Versicherungsfällen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welches Gericht ist zuständig, wenn die Kfz-Versicherung Geld wegen eines angeblich fingierten Unfalls zurückfordert?

Wenn eine Kfz-Versicherung bereits gezahltes Geld zurückfordert, weil sie Ihnen vorwirft, einen Unfall nur vorgetäuscht zu haben, stellt sich die Frage, welches Gericht für einen möglichen Prozess zuständig wäre. Die Antwort hängt hauptsächlich von zwei Faktoren ab: dem Streitwert und dem Ort.

Der Streitwert entscheidet: Amtsgericht oder Landgericht?

Die wichtigste Rolle spielt hierbei der sogenannte Streitwert. Das ist der Geldbetrag, den die Versicherung von Ihnen zurückfordert.

  • Bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro: In der Regel ist das Amtsgericht (AG) zuständig. Fordert die Versicherung also beispielsweise 4.000 Euro zurück, wird sie ihre Klage normalerweise beim Amtsgericht einreichen müssen.
  • Über einem Streitwert von 5.000 Euro: Liegt der geforderte Betrag über dieser Grenze (also zum Beispiel bei 6.000 Euro), ist grundsätzlich das Landgericht (LG) zuständig.

Diese Aufteilung zwischen Amts- und Landgericht nennt man die sachliche Zuständigkeit. Es geht also darum, welche Art von Gericht für den Fall verantwortlich ist. Die genauen Regelungen hierzu finden sich im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), insbesondere in § 23 und § 71 GVG.

Für Sie bedeutet das: Die Höhe der Rückforderung bestimmt maßgeblich, ob ein möglicher Prozess vor dem Amtsgericht oder dem Landgericht stattfinden würde.

Wo findet der Prozess statt? Die örtliche Zuständigkeit

Neben der Frage, welche Art von Gericht zuständig ist (Amts- oder Landgericht), muss auch geklärt werden, an welchem Ort sich dieses Gericht befindet. Das nennt man die örtliche Zuständigkeit.

Die Grundregel besagt: Geklagt wird meistens an dem Ort, an dem der Beklagte wohnt (§§ 12, 13 Zivilprozessordnung – ZPO). Wenn also die Versicherung Geld von Ihnen zurückfordert, wird sie die Klage in der Regel bei dem Amts- oder Landgericht einreichen, das für Ihren Wohnort zuständig ist.

Es gibt im Versicherungsrecht zwar auch spezielle Regelungen zum Gerichtsstand (§ 215 Versicherungsvertragsgesetz – VVG), diese betreffen aber vorrangig Klagen, die Sie als Versicherungsnehmer gegen Ihre Versicherung erheben. Bei einer Rückforderungsklage der Versicherung gegen Sie gilt meist die allgemeine Regel des Wohnsitzes.

Für Sie bedeutet das: Ein eventueller Gerichtsprozess würde höchstwahrscheinlich an dem für Ihren Wohnort zuständigen Gericht stattfinden.

Geht es um Versicherungsrecht oder Verkehrsrecht?

Auch wenn der Anlass ein (angeblicher) Verkehrsunfall ist, geht es bei der Rückforderung der Versicherung in erster Linie um das Versicherungsvertragsrecht. Die Versicherung argumentiert, dass sie aufgrund des (vermeintlich) fingierten Unfalls die Leistung zu Unrecht erbracht hat und diese nun aus dem Versicherungsvertrag zurückverlangen kann.

Es gibt keine spezielle Zuständigkeit für „fingierte Unfälle“. Die oben genannten Regeln zur sachlichen Zuständigkeit (Amts- oder Landgericht, je nach Streitwert) und zur örtlichen Zuständigkeit (meist Ihr Wohnort) gelten hier wie bei anderen zivilrechtlichen Streitigkeiten aus Verträgen.


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Welche Fristen muss ich beachten, wenn die Kfz-Versicherung einen Rückgriff geltend macht?

Wenn Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung nach Regulierung eines Schadens Geld von Ihnen zurückfordert (Rückgriff oder Regress), müssen Sie verschiedene Fristen beachten. Diese Fristen sind wichtig, damit Sie Ihre Rechte wahrnehmen können.

Verjährung des Rückgriffsanspruchs

Der Anspruch der Versicherung, von Ihnen Geld zurückzufordern, kann verjähren. Verjährung bedeutet, dass die Versicherung ihren Anspruch nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr gerichtlich durchsetzen kann.

  • Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
  • Diese Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch der Versicherung entstanden ist UND Sie davon erfahren haben oder hätten erfahren müssen. Der Anspruch entsteht in der Regel, wenn die Versicherung die Zahlung an den Geschädigten geleistet hat.
    • Beispiel: Die Versicherung zahlt im August 2023 an den Geschädigten und informiert Sie im September 2023 über den Rückgriff. Die Verjährungsfrist beginnt am 31. Dezember 2023 und endet am 31. Dezember 2026. Nach diesem Datum kann die Versicherung den Betrag grundsätzlich nicht mehr von Ihnen fordern.

Hemmung und Neubeginn der Verjährung

Die laufende Verjährungsfrist kann unter bestimmten Umständen beeinflusst werden:

  • Hemmung: Wenn Sie mit der Versicherung über den Anspruch verhandeln, wird die Verjährung für die Dauer der Verhandlungen gehemmt. Das bedeutet, die Frist läuft während dieser Zeit nicht weiter. Die Verjährungsfrist verlängert sich also um die Dauer der Verhandlungen. Die Hemmung endet, wenn eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
  • Neubeginn: Die dreijährige Verjährungsfrist kann auch komplett neu beginnen. Dies geschieht zum Beispiel, wenn:
    • Sie den Anspruch der Versicherung anerkennen (z.B. durch eine Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Teilzahlung mit entsprechendem Hinweis).
    • Die Versicherung gerichtliche Schritte einleitet (z.B. einen Mahnbescheid beantragt oder Klage einreicht).

Fristen im gerichtlichen Verfahren

Sollte die Versicherung versuchen, ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen, gibt es weitere wichtige Fristen:

  • Frist für den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid: Wenn Sie zunächst einen Mahnbescheid erhalten und diesem nicht rechtzeitig widersprechen, kann die Versicherung einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Diese Zwei-Wochen-Frist ist eine sogenannte Notfrist und kann nicht verlängert werden. Versäumen Sie diese Frist, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig, und die Versicherung kann die Zwangsvollstreckung betreiben.
  • Frist zur Klageerwiderung: Reicht die Versicherung direkt Klage bei Gericht ein, wird Ihnen die Klageschrift zugestellt. Das Gericht setzt Ihnen dann eine Frist, um auf die Klage schriftlich zu erwidern (Klageerwiderung). Die Länge dieser Frist legt das Gericht fest (oft zwei bis vier Wochen oder länger), und sie muss unbedingt eingehalten werden. Versäumen Sie diese Frist, kann das Gericht unter Umständen ein Urteil allein auf Basis des Vortrags der Versicherung fällen (Versäumnisurteil).

Die Einhaltung dieser Fristen ist entscheidend, um Ihre Rechte zu wahren. Bei Zustellung von gerichtlichen Schreiben wie Mahn- oder Vollstreckungsbescheiden oder einer Klageschrift beginnt eine Frist zu laufen, die Sie unbedingt beachten müssen.


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Wie kann ich gegen einen Vollstreckungsbescheid vorgehen, wenn ich der Meinung bin, dass der Unfall nicht fingiert war?

Wenn Sie einen Vollstreckungsbescheid erhalten haben und den darin geltend gemachten Anspruch – zum Beispiel den Rückgriff einer Versicherung wegen eines angeblich fingierten Unfalls – für unberechtigt halten, ist schnelles Handeln erforderlich. Der Vollstreckungsbescheid ist ein gerichtlicher Titel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (z.B. eine Kontopfändung).

Einspruch einlegen: Die wichtigste Maßnahme

Das wichtigste Mittel, um sich gegen einen Vollstreckungsbescheid zu wehren, ist der Einspruch. Mit dem Einspruch signalisieren Sie dem Gericht, dass Sie mit der Forderung nicht einverstanden sind.

  • Was ist ein Einspruch? Der Einspruch ist Ihr offizieller Widerspruch gegen den Vollstreckungsbescheid. Er verhindert zunächst, dass der Bescheid rechtskräftig wird wie ein Urteil.
  • Wo muss der Einspruch eingelegt werden? Der Einspruch muss schriftlich bei dem Gericht eingereicht werden, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat. Die Adresse des Gerichts finden Sie auf dem Bescheid selbst.

Die Zwei-Wochen-Frist unbedingt beachten

Für den Einspruch gibt es eine sehr wichtige Frist: Sie müssen den Einspruch innerhalb von zwei Wochen einlegen.

  • Wann beginnt die Frist? Die Frist beginnt an dem Tag, an dem Ihnen der Vollstreckungsbescheid zugestellt wurde. Zustellung bedeutet die förmliche Übergabe des Dokuments, meist durch einen Postboten oder einen Gerichtsvollzieher. Das Datum der Zustellung ist auf dem Umschlag vermerkt und entscheidend.
  • Was passiert bei Fristversäumnis? Wird die Zwei-Wochen-Frist versäumt, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Das bedeutet, er steht einem rechtskräftigen Urteil gleich und die Forderung kann endgültig vollstreckt werden, ohne dass Sie sich inhaltlich noch dagegen wehren können (von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen).

Was passiert nach dem Einspruch?

Wenn Sie fristgerecht Einspruch eingelegt haben, geht das Verfahren weiter:

  1. Das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat (das Mahngericht), gibt den Fall an das Gericht ab, das für eine normale Klage zuständig wäre. Welches Gericht das ist, steht ebenfalls im Vollstreckungsbescheid.
  2. Dieses Gericht fordert dann den Gläubiger (also die Person oder das Unternehmen, das die Forderung stellt, z.B. die Versicherung) auf, seinen Anspruch ausführlich zu begründen – so als hätte er von Anfang an eine normale Klage eingereicht.
  3. Anschließend erhalten Sie die Möglichkeit, auf diese Begründung zu erwidern und ausführlich darzulegen, warum Sie die Forderung für unberechtigt halten. Hier können Sie dann genau erklären, warum der Unfall Ihrer Meinung nach nicht fingiert war und Beweise dafür vorlegen oder benennen.
  4. Es kommt dann zu einem normalen Gerichtsverfahren, in dem das Gericht prüft, ob der Anspruch des Gläubigers tatsächlich besteht. In diesem Verfahren wird über den Vorwurf des fingierten Unfalls und die Berechtigung der Forderung entschieden.

Es ist wichtig, im weiteren Verlauf des Verfahrens aktiv mitzuwirken und die eigene Sicht der Dinge sowie entsprechende Belege vorzubringen.


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Welche Beweismittel kann die Kfz-Versicherung für einen fingierten Unfall vorlegen, und wie kann ich mich dagegen verteidigen?

Wenn eine Kfz-Versicherung den Verdacht hat, dass ein Unfall nur vorgetäuscht (fingiert) wurde, um Geld zu erhalten, muss sie diesen Verdacht beweisen. Die Versicherung trägt die Beweislast dafür, dass es sich um einen Betrugsversuch handelt. Sie kann dafür verschiedene Beweismittel nutzen.

Typische Beweismittel der Versicherung

Versicherungen greifen oft auf eine Kombination verschiedener Mittel zurück, um einen fingierten Unfall nachzuweisen:

  • Unfallanalytische Gutachten: Sachverständige untersuchen die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen und den Unfallort. Sie prüfen, ob die Schäden zum geschilderten Unfallhergang passen. Unstimmigkeiten können ein starkes Indiz sein. Zum Beispiel, wenn die Schadenshöhe oder -art physikalisch nicht mit dem behaupteten Zusammenstoß vereinbar ist.
  • Technische Gutachten: Diese prüfen den Zustand der Fahrzeuge vor dem Unfall. Gab es möglicherweise bereits Vorschäden, die jetzt als neue Unfallschäden gemeldet werden?
  • Zeugenaussagen: Aussagen von unbeteiligten Beobachtern, Polizisten oder auch den Fahrzeuginsassen können herangezogen werden. Widersprüchliche oder unglaubwürdige Schilderungen können den Verdacht der Versicherung stärken.
  • Indizien: Dies sind keine direkten Beweise, aber Umstände, die zusammengenommen auf einen Betrug hindeuten können. Dazu zählen:
    • Auffälligkeiten im Schadensbild: Schäden, die typischerweise nicht bei einem echten Unfall dieser Art entstehen.
    • Verhalten der Beteiligten: Ungewöhnliches Verhalten am Unfallort oder bei der Schadensmeldung.
    • Häufige Vorschäden: Wenn ein Fahrzeug bereits oft in Unfälle verwickelt war oder viele Vorschäden aufweist.
    • Finanzielle Schwierigkeiten: Bekannte finanzielle Probleme eines Beteiligten können als Motiv gewertet werden, sind aber allein kein Beweis.
    • Ungewöhnliche Umstände: Unfälle an abgelegenen Orten, zu untypischen Zeiten oder mit älteren Fahrzeugen, bei denen der Schaden den Fahrzeugwert übersteigt.
  • Digitale Spuren: Moderne Fahrzeuge speichern Daten, die Aufschluss über Geschwindigkeit, Bremsverhalten oder Lenkbewegungen geben können. Auch Daten von Dashcams können relevant sein.

Ihre Möglichkeiten zur Verteidigung

Wenn Ihnen die Versicherung einen fingierten Unfall vorwirft, haben Sie Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen und die Echtheit des Unfalls zu belegen:

  • Beweislast liegt bei der Versicherung: Machen Sie sich bewusst, dass nicht Sie Ihre Unschuld beweisen müssen, sondern die Versicherung den Betrug. Die Versicherung muss dem Gericht überzeugende Beweise vorlegen.
  • Eigene Beweismittel vorlegen: Sie können selbst Beweise sammeln und einreichen, die Ihre Darstellung stützen. Dazu gehören:
    • Fotos oder Videos vom Unfallort und den Schäden: Direkt nach dem Unfall gemachte Aufnahmen sind oft sehr aussagekräftig.
    • Eigene Zeugen benennen: Gibt es Personen (Mitfahrer, Passanten), die den Unfall beobachtet haben und Ihre Schilderung bestätigen können?
  • Detaillierte und plausible Schilderung: Beschreiben Sie den Unfallhergang genau, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Ihre eigene glaubwürdige Aussage ist ein wichtiges Element.
  • Gegengutachten: Wenn Sie das Gutachten der Versicherung für fehlerhaft halten, besteht die Möglichkeit, auf eigene Kosten ein privates Gegengutachten erstellen zu lassen. Dieses kann technische Fehler oder Fehleinschätzungen im Gutachten der Versicherung aufzeigen.
  • Widerspruch einlegen: Legen Sie den Argumenten und Beweisen der Versicherung substantiiert und nachvollziehbar Widerspruch ein. Erklären Sie, warum die Schlussfolgerungen der Versicherung aus Ihrer Sicht falsch sind.

Wichtig zu wissen ist: Ein Gericht prüft am Ende alle vorgelegten Beweise und Argumente beider Seiten (Versicherung und Sie) und entscheidet dann, ob der Vorwurf des fingierten Unfalls bewiesen ist oder nicht. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Das bedeutet, das Gericht bewertet die Beweise nach seiner freien Überzeugung.


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Welche Kosten entstehen mir, wenn die Kfz-Versicherung einen Rückgriff geltend macht, und wer trägt diese Kosten im Falle eines Obsiegens bzw. Unterliegens?

Wenn Ihre Kfz-Versicherung nach Regulierung eines Schadens Geld von Ihnen zurückfordert (Rückgriff oder Regress) und es deswegen zu einem Gerichtsverfahren kommt, können verschiedene Kosten entstehen. Hier ein Überblick über die möglichen Kostenarten und wer sie am Ende tragen muss:

Welche Kosten können anfallen?

In einem Gerichtsverfahren wegen eines Rückgriffs können typischerweise folgende Kosten entstehen:

  1. Gerichtskosten: Das sind Gebühren für die Tätigkeit des Gerichts sowie Auslagen, zum Beispiel für die Zustellung von Schreiben oder die Befragung von Zeugen. Die Höhe der Gerichtskosten hängt vom sogenannten Streitwert ab – das ist der Betrag, den die Versicherung von Ihnen fordert.
  2. Anwaltskosten: Wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen (was oft sinnvoll ist), fallen Kosten für Ihren eigenen Anwalt an. Auch die Gegenseite (die Versicherung) wird in der Regel anwaltlich vertreten sein. Die Höhe der Anwaltskosten richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hängt ebenfalls maßgeblich vom Streitwert ab.
  3. Sonstige Kosten: In manchen Fällen können weitere Kosten hinzukommen, beispielsweise für Sachverständigengutachten. Das kann nötig sein, wenn bestimmte technische Fragen oder der Unfallhergang durch einen Experten geklärt werden müssen und das Gericht ein Gutachten anordnet.

Wer trägt die Kosten am Ende?

Die Entscheidung darüber, wer die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen muss, hängt vom Ausgang des Prozesses ab. Es gilt der Grundsatz: Wer den Prozess verliert, trägt die Kosten.

  • Vollständiges Unterliegen: Wenn das Gericht vollständig der Forderung der Versicherung stattgibt und Sie zur Zahlung des geforderten Betrags verurteilt werden, müssen Sie in der Regel die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Das umfasst die Gerichtskosten, die Kosten Ihres eigenen Anwalts und auch die Kosten des Anwalts der Versicherung.
  • Vollständiges Obsiegen: Wenn das Gericht die Forderung der Versicherung vollständig abweist, gilt die Versicherung als Verlierer des Prozesses. Die Versicherung muss dann in der Regel die gesamten Kosten tragen, also die Gerichtskosten, ihre eigenen Anwaltskosten und auch die notwendigen Kosten Ihres Anwalts.
  • Teilweises Obsiegen / Teilweises Unterliegen: Oft endet ein Prozess damit, dass keine Seite vollständig gewinnt oder verliert. Beispiel: Die Versicherung fordert 5.000 Euro, das Gericht spricht ihr aber nur 2.500 Euro zu. In solchen Fällen werden die Kosten anteilig nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens aufgeteilt (man spricht von einer Kostenquote). Im Beispiel müssten Sie und die Versicherung die Kosten typischerweise jeweils zur Hälfte tragen.
  • Vergleich: Manchmal einigen sich die Parteien während des Verfahrens auf einen Kompromiss (Vergleich). In der Vergleichsvereinbarung wird dann meist auch geregelt, wer die Kosten trägt. Häufig einigen sich die Parteien darauf, dass die Gerichtskosten geteilt werden und jede Seite ihre eigenen Anwaltskosten selbst trägt. Es sind aber auch andere Regelungen möglich.

Möglichkeiten zur Kostendeckung

Die Kosten eines Rechtsstreits können erheblich sein. Es gibt jedoch Möglichkeiten, dieses finanzielle Risiko abzufedern:

  • Rechtsschutzversicherung: Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben (z.B. eine Verkehrs-Rechtsschutzversicherung), kann diese unter Umständen die Kosten des Verfahrens übernehmen (Gerichtskosten, eigene Anwaltskosten, bei Unterliegen auch gegnerische Kosten). Ob Versicherungsschutz besteht, hängt vom Versicherungsvertrag und den Umständen des Falls ab. Die Versicherung prüft dies im Rahmen einer Deckungsanfrage.
  • Prozesskostenhilfe (PKH): Personen, die die Kosten eines Gerichtsverfahrens aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht oder nur teilweise aufbringen können, können staatliche Prozesskostenhilfe beantragen. Voraussetzung ist neben der Bedürftigkeit, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Gericht prüft den Antrag. Wird PKH bewilligt, übernimmt die Staatskasse (je nach Einkommen ganz oder teilweise) die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts. Bei vollständigem Unterliegen schützt die PKH jedoch in der Regel nicht davor, die Kosten der Gegenseite tragen zu müssen.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vollstreckungsbescheid

Ein Vollstreckungsbescheid ist ein gerichtlicher Titel, der es einem Gläubiger (hier: der Versicherung) erlaubt, seine Geldforderung zwangsweise durchzusetzen, zum Beispiel durch Pfändung. Er wird oft am Ende eines gerichtlichen Mahnverfahrens erlassen, wenn der Schuldner (hier: der Versicherungsnehmer) einem zuvor ergangenen Mahnbescheid nicht widersprochen hat (§ 699 ZPO). Im Text hatte die Versicherung diesen Bescheid erwirkt, um die 5.002,15 Euro zurückzufordern, bevor der Versicherungsnehmer Einspruch einlegte und das Verfahren so zu einem normalen Prozess wurde.


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Einspruch

Der Einspruch ist ein Rechtsbehelf, mit dem sich jemand gegen bestimmte gerichtliche oder behördliche Entscheidungen wehren kann, insbesondere gegen einen Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO) oder auch gegen einen Bußgeldbescheid. Legt der Betroffene (hier der Versicherungsnehmer) rechtzeitig Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein, wird dieser zunächst nicht rechtskräftig und vollstreckbar. Das Verfahren geht dann automatisch in ein normales gerichtliches Klageverfahren über, in dem der eigentliche Anspruch (hier die Rückforderung der Versicherung) inhaltlich geprüft wird.

Beispiel: Sie erhalten einen Vollstreckungsbescheid über eine angebliche Mietschuld, die Sie aber bereits bezahlt haben. Durch den Einspruch können Sie erreichen, dass ein Gericht prüft, ob die Forderung berechtigt ist.


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Rückgriff

Rückgriff bedeutet, dass jemand, der für einen anderen eine Zahlung geleistet oder einen Schaden übernommen hat, dieses Geld vom eigentlich Verantwortlichen zurückfordert. Im Text nimmt die Kfz-Haftpflichtversicherung Rückgriff auf ihren eigenen Versicherungsnehmer. Sie hatte zwar den Schaden des angeblichen Unfallgegners bezahlt, glaubt aber nun, dass ihr Kunde den Unfall nur vorgetäuscht und damit seine Vertragspflichten verletzt oder sogar eine Straftat begangen hat. Die Versicherung will daher die an den Dritten geleistete Zahlung vom Versicherungsnehmer als Verursacher zurückholen, statt den Schaden endgültig zu tragen.


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Geschäftsverteilungsplan

Der Geschäftsverteilungsplan ist ein internes Organisationsdokument eines Gerichts (§ 21e GVG). Er legt im Voraus abstrakt fest, welcher Richter oder welche Abteilung (Kammer/Senat) für welche Art von Verfahren zuständig ist (z. B. nach Anfangsbuchstaben des Namens, Sachgebieten oder Aktenzeichen). Dies dient der Transparenz und der Sicherung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Im Text stritten die Zivilkammern 23 und 50 darüber, wie der Fall nach den internen Regeln dieses Plans einzuordnen sei – als Versicherungssache oder als spezielle Verkehrsunfallsache wegen des Vorwurfs des fingierten Unfalls.

Beispiel: Der Geschäftsverteilungsplan eines Amtsgerichts könnte festlegen, dass Richter A für alle Mietsachen zuständig ist, während Richterin B alle Familiensachen bearbeitet.


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Negativer Kompetenzkonflikt

Ein negativer Kompetenzkonflikt entsteht, wenn sich zwei oder mehr Gerichte (oder wie hier: Abteilungen desselben Gerichts) für unzuständig erklären, denselben Rechtsstreit zu entscheiden. Keiner will den Fall übernehmen, was zu einem Stillstand führt, bis die Zuständigkeit geklärt ist. Im vorliegenden Fall hielten sich sowohl die Zivilkammer 23 als auch die Zivilkammer 50 des Landgerichts Berlin II für nicht zuständig. Deshalb musste das übergeordnete Kammergericht gemäß § 36 ZPO entscheiden, welche Kammer den Fall verbindlich bearbeiten muss.


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Funktionelle Zuständigkeit

Die funktionelle Zuständigkeit regelt, welche konkrete Abteilung oder welcher Richter (Spruchkörper) innerhalb eines an sich zuständigen Gerichts für eine bestimmte Aufgabe oder Art von Verfahren verantwortlich ist. Es geht also nicht darum, welches Gericht (z.B. Amts- oder Landgericht = sachliche Zuständigkeit) oder an welchem Ort (örtliche Zuständigkeit), sondern wer genau im Gericht den Fall bearbeitet (z.B. Einzelrichter, allgemeine Zivilkammer, Spezialkammer). Im Text entschied das Kammergericht über die funktionelle Zuständigkeit am Landgericht Berlin II und legte fest, dass die allgemeinen (nicht spezialisierten) Zivilkammern für den Rückgriffsanspruch wegen des fingierten Unfalls zuständig sind.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: Diese Norm regelt die Zuständigkeitsbestimmung durch das im Rechtszug höhere Gericht, wenn mehrere Gerichte sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Es handelt sich um eine Vorschrift zur Lösung von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Gerichten, um Rechtssicherheit und einen geordneten Rechtsweg zu gewährleisten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Kammergericht Berlin ist aufgrund dieser Vorschrift zuständig zu entscheiden, welche Zivilkammer des Landgerichts Berlin II für den Fall zuständig ist, da sich zwei Kammern für unzuständig erklärt haben.
  • §§ 72a, 119a GVG: Diese Paragraphen des Gerichtsverfassungsgesetzes ermöglichen die Bildung von Spezialkammern und -senaten innerhalb der Land- und Oberlandesgerichte für bestimmte Rechtsgebiete, um Expertise zu bündeln und Verfahren zu beschleunigen. Sie dienen der funktionellen Spezialisierung der Rechtsprechung innerhalb der Gerichte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin II ist als Spezialkammer für Versicherungsvertragsstreitigkeiten eingerichtet worden, während die Zivilkammer 50 möglicherweise für Verkehrsunfallsachen zuständig ist, was den Kompetenzstreit ausgelöst hat.
  • Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Berlin II: Dieser Plan legt intern fest, welche Richter und Kammern für bestimmte Arten von Rechtsstreitigkeiten innerhalb des Landgerichts zuständig sind. Er dient der internen Organisation der Gerichte und soll eine gerechte Verteilung der Arbeitslast sowie die Bearbeitung der Fälle durch spezialisierte Richter gewährleisten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Geschäftsverteilungsplan ist die Grundlage für die unterschiedlichen Auffassungen der Zivilkammern 23 und 50 über ihre jeweilige Zuständigkeit für den vorliegenden Fall eines angeblich fingierten Verkehrsunfalls.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Versicherungsnehmer bei Vorwurf des Versicherungsbetrugs (fingierter Unfall)

Ihre Kfz-Versicherung wirft Ihnen vor, einen Unfall nur vorgetäuscht zu haben? Sie fordert deshalb Geld zurück, das sie bereits an einen Dritten gezahlt hat? Diese Situation ist für Versicherungsnehmer sehr unangenehm und kann weitreichende Folgen haben.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Handeln Sie sofort bei Mahn- oder Vollstreckungsbescheiden
Erhalten Sie von Ihrer Versicherung einen Mahn- oder Vollstreckungsbescheid wegen eines angeblich vorgetäuschten Unfalls, ignorieren Sie diesen auf keinen Fall. Legen Sie fristgerecht (in der Regel binnen zwei Wochen) Widerspruch bzw. Einspruch ein. Nur so verhindern Sie, dass die Forderung rechtskräftig wird, und erzwingen eine gerichtliche Prüfung, in der Sie Ihre Sicht darlegen können.

⚠️ ACHTUNG: Versäumen Sie die Frist für den Einspruch, kann die Versicherung die Forderung sofort vollstrecken (z. B. durch Kontopfändung), auch wenn der Betrugsvorwurf unberechtigt sein sollte.


Tipp 2: Nehmen Sie den Vorwurf des Versicherungsbetrugs sehr ernst
Wirft Ihnen Ihre Versicherung vor, einen Unfall nur vorgetäuscht zu haben, ist das kein Kavaliersdelikt. Es geht nicht nur um die Rückzahlung der Leistung (im Beispielfall über 5.000 Euro), sondern potenziell auch um strafrechtliche Konsequenzen und die Kündigung Ihres Versicherungsvertrages. Suchen Sie frühzeitig anwaltlichen Rat bei einer auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei.


Tipp 3: Sichern Sie Beweise für den tatsächlichen Unfallhergang
Um dem Verdacht der Versicherung entgegenzutreten, benötigen Sie Belege, dass der Unfall echt war. Sammeln Sie alle verfügbaren Beweismittel: Fotos von Unfallort und Schäden (möglichst detailliert und aus verschiedenen Perspektiven), Polizeiberichte (falls vorhanden), Zeugenaussagen (Name, Adresse, Telefonnummer), Reparaturrechnungen, Sachverständigengutachten etc. Je besser Sie den tatsächlichen Hergang dokumentieren können, desto stärker ist Ihre Position.


Tipp 4: Seien Sie vorsichtig bei Aussagen gegenüber der Versicherung
Auch wenn Sie vertraglich zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet sind, seien Sie bei Befragungen durch die Versicherung oder deren Ermittler zurückhaltend. Ungenaue oder missverständliche Angaben können später gegen Sie verwendet werden. Machen Sie keine vorschnellen Zusagen oder Schuldeingeständnisse, insbesondere wenn Sie unter Druck gesetzt werden. Besprechen Sie das Vorgehen und den Inhalt Ihrer Aussagen am besten zuerst mit Ihrem Anwalt.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Auch wenn der referenzierte Gerichtsentscheid nur eine interne Zuständigkeitsfrage des Gerichts klärt, zeigt er: Rechtliche Auseinandersetzungen können schnell komplex werden und sich um prozessuale Details drehen, die für Laien schwer verständlich sind. Im Kern muss zwar die Versicherung den Betrug beweisen, aber Sie sollten dennoch aktiv alle Beweise vorlegen, die den tatsächlichen Unfallhergang stützen und Ihre Unschuld untermauern. Verfahrensfragen wie die genaue Zuständigkeit innerhalb eines Gerichts regelt in der Regel Ihr Anwalt für Sie.

Checkliste: Vorwurf fingierter Unfall

  • Haben Sie einen Mahn- oder Vollstreckungsbescheid erhalten? → Frist für Einspruch/Widerspruch prüfen und unbedingt einhalten!
  • Haben Sie bereits Kontakt zu einem spezialisierten Anwalt aufgenommen? → Frühzeitige Beratung ist entscheidend.
  • Haben Sie alle Beweise zum Unfall gesammelt und gesichert? (Fotos, Zeugen, Dokumente)
  • Sind Sie bei Gesprächen/Schriftwechsel mit der Versicherung vorsichtig und vermeiden Sie unüberlegte Aussagen?
  • Verstehen Sie die konkreten Vorwürfe der Versicherung gegen Sie? → Ggf. Akteneinsicht über Anwalt beantragen.

Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 2 UH 9/25 – Beschluss vom 03.04.2025


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