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Regress Kfz-Haftpflichtversicherung bei Verkehrsunfallflucht trotz umfassender Unfallfeststellungen

Das Urteil des Amtsgerichts Dortmund bestätigt, dass die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, keinen Regressanspruch gegen den Beklagten, einen Versicherungsnehmer, hat. Trotz der Unfallflucht des Beklagten und seines Verstoßes gegen die Aufklärungsobliegenheit war dieses Verhalten nicht ursächlich für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles. Folglich wird der Regressanspruch der Klägerin abgelehnt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 436 C 5546/13   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Das Amtsgericht Dortmund hält das Versäumnisurteil aufrecht und weist den Einspruch der Klägerin zurück.
  2. Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, stellt Regressansprüche gegen den Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls.
  3. Der Beklagte hatte sich nach einem Unfall vom Unfallort entfernt, ohne die Polizei zu verständigen.
  4. Ein Strafverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde gegen eine Geldbuße eingestellt.
  5. Die Klägerin behauptet eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung durch den Beklagten.
  6. Das Gericht entscheidet, dass die Obliegenheitsverletzung nicht ursächlich für den Versicherungsfall war.
  7. Der Beklagte handelte nicht arglistig; die Unfallschäden waren durch die polizeiliche Aufnahme bereits bekannt.
  8. Mangels Kausalität und Arglist wird der Regressanspruch der Klägerin abgelehnt.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung kann bei einer Verkehrsunfallflucht des Versicherungsnehmers oder Fahrers Regressansprüche geltend machen, wenn dieser eine Obliegenheitsverletzung begangen hat. Dabei ist es unerheblich, ob das Strafverfahren wegen Unfallflucht eingestellt wurde oder nicht. Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um einen Regress zu rechtfertigen. In einem konkreten Fall kann es jedoch zu unterschiedlichen Urteilen kommen, wie das Amtsgericht Dortmund in einem Urteil vom 30.01.2015 zeigt. Hier wurde ein Versicherungsnehmer trotz umfassender Unfallfeststellungen nicht zur Rückerstattung von 1.141,81 Euro wegen der Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheit verpflichtet, da die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Im weiteren Verlauf des Artikels wird dieses Urteil vorgestellt und besprochen.

Der Zwischenfall: Unfallflucht und ihre Folgen

Am 29. Februar 2012 ereignete sich in Dortmund ein Verkehrsunfall, der die rechtlichen Grundlagen der Kfz-Haftpflichtversicherung auf die Probe stellte. Der Beklagte, zum Unfallzeitpunkt bei einer Versicherungsgesellschaft haftpflichtversichert, verursachte beim Einparken einen Schaden an einem neben ihm geparkten Fahrzeug. Anstatt jedoch am Unfallort zu bleiben, begab sich der Beklagte in ein nahegelegenes Fitnessstudio, was später von einer Zeugin beobachtet und der Polizei gemeldet wurde. Die Polizei traf am Unfallort ein, nahm den Unfall auf und stellte die Verkehrstüchtigkeit des Beklagten fest.

Die rechtliche Auseinandersetzung: Regressansprüche der Versicherung

Die Klägerin, die Versicherungsgesellschaft des Beklagten, erhob Regressansprüche gegen ihren Versicherungsnehmer. Sie argumentierte, dass der Beklagte sich durch das Verlassen des Unfallorts seiner Aufklärungsobliegenheit entzogen hätte. Dieser behauptete, er habe den Unfall nicht bemerkt und keine Schäden am gegnerischen Fahrzeug feststellen können. Die Klägerin forderte daraufhin die Rückerstattung von 1.141,81 Euro, gestützt auf die Paragraphen 28 VVG und Ziffer E 6 AKB. Ein Strafverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde gegen eine Geldbuße eingestellt.

Gerichtliche Entscheidung: Kein Regress trotz Verstoß

Das Amtsgericht Dortmund entschied am 30. Januar 2015, dass der Regressanspruch der Versicherungsgesellschaft unbegründet sei. Obwohl der Beklagte sich unerlaubt vom Unfallort entfernt und gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hatte, war dies nach Ansicht des Gerichts nicht ursächlich für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles. Das Gericht betonte, dass die polizeiliche Unfallaufnahme ausreichend Informationen geliefert hatte, um den Unfallhergang und die Verantwortung zu klären.

Die Begründung des Urteils: Keine Kausalität und Arglist

In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht aus, dass die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch den Beklagten weder für den Eintritt noch für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Weiterhin verneinte das Gericht ein arglistiges Verhalten des Beklagten. Die strafrechtliche Einstellung des Verfahrens wegen Unfallflucht begründete nicht automatisch eine arglistige Obliegenheitsverletzung. Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte den Unfallhergang der Versicherung korrekt gemeldet hatte und alle relevanten Informationen bereits durch die polizeiliche Aufnahme bekannt waren.

Dieses Urteil beleuchtet die Komplexität von Regressansprüchen in der Kfz-Haftpflichtversicherung und zeigt auf, dass die bloße Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht automatisch zu einem erfolgreichen Regressanspruch führt. Es unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Prüfung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere im Kontext der Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und Schadensfall.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was versteht man unter Regressansprüchen im Versicherungsrecht?

Unter Regressansprüchen im Versicherungsrecht versteht man das Recht eines Versicherers, nach einer Schadensregulierung die geleisteten Zahlungen von einem Dritten oder vom Versicherungsnehmer selbst zurückzufordern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten (z.B. grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz) den Schaden mitverursacht hat oder wenn ein Dritter für den Schaden verantwortlich ist.

Ein Beispiel für einen Regressanspruch ist, wenn ein Versicherungsnehmer in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht und die Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden reguliert. Die Versicherung kann dann den Versicherungsnehmer in Regress nehmen und die Kosten für die Schadensregulierung von ihm zurückfordern.

Regressansprüche können auch zwischen Unternehmen bestehen, beispielsweise wenn ein Subunternehmer einen Schaden verursacht, den das Hauptunternehmen regulieren muss. In solchen Fällen kann das Hauptunternehmen den Subunternehmer in Regress nehmen.

Die rechtliche Grundlage für Regressansprüche im Versicherungsrecht bildet in Deutschland das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere § 86 VVG, der besagt, dass Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen Dritte auf den Versicherer übergehen, sobald dieser den Schaden reguliert hat. Regressansprüche verjähren grundsätzlich innerhalb von drei Jahren, wobei spezielle Verjährungsfristen gelten können.

Zusammenfassend ermöglichen Regressansprüche einem Versicherer, sich von der finanziellen Last eines Schadens zu befreien, indem er die Kosten von der verantwortlichen Partei zurückholt. Dadurch wird auch ein Anreiz geschaffen, dass Versicherungsnehmer und Dritte sorgfältig handeln, um Schäden zu vermeiden.

Inwiefern spielt der Unfallzeitpunkt eine Rolle bei der Kfz-Haftpflichtversicherung?

Der Unfallzeitpunkt kann in mehreren Aspekten eine Rolle bei der Kfz-Haftpflichtversicherung spielen:

  • Zustand des Fahrzeugs: Der Zustand des Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt kann die Höhe der Entschädigung beeinflussen. Wenn das Fahrzeug zum Beispiel einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat, berechnet die Versicherung den Schadensersatz auf Basis des Fahrzeugwerts zum Unfallzeitpunkt.
  • Verwendung des Fahrzeugs: Die Art und Weise, wie das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt genutzt wurde, kann ebenfalls eine Rolle spielen. Beispielsweise muss die Kfz-Haftpflichtversicherung Schäden durch Arbeitsmaschinen nur dann decken, wenn diese überwiegend als Transportmittel verwendet wurden.
  • Fahrer des Fahrzeugs: Wer das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt gefahren hat, kann ebenfalls relevant sein. Beispielsweise kann die Kfz-Haftpflichtversicherung den Nachlass des Versicherten nicht entschädigen, wenn der Versicherte beim Unfall als Fahrer verstirbt.
  • Zulassungs- und Versicherungsstatus: Wenn das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt weder zum Straßenverkehr zugelassen war noch eine Kfz-Haftpflichtversicherung bestand, kann dies die Schadensregulierung beeinflussen.
  • Verhalten des Fahrers: Das Verhalten des Fahrers zum Unfallzeitpunkt kann ebenfalls eine Rolle spielen. Wenn der Fahrer beispielsweise unter Alkoholeinfluss stand, kann dies die Schadensregulierung beeinflussen.
  • 6. Nutzungsausfallentschädigung: Wenn das Fahrzeug aufgrund eines Unfalls nicht genutzt werden kann, kann der Fahrzeughalter eine Nutzungsausfallentschädigung von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers beantragen. Die Höhe der Entschädigung hängt von der Dauer des Ausfalls ab, die ab dem Unfallzeitpunkt berechnet wird.
  • 7. Vorschäden: Wenn das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits Vorschäden hatte, kann dies die Schadensregulierung beeinflussen. In solchen Fällen muss der Geschädigte nachweisen, welcher Schaden durch den Unfall entstanden ist.

Diese Punkte zeigen, dass der Unfallzeitpunkt in vielerlei Hinsicht eine Rolle bei der Kfz-Haftpflichtversicherung spielt. Es ist daher ratsam, sich nach einem Unfall umgehend an seine Versicherung zu wenden und alle relevanten Informationen bereitzustellen.

Welche Folgen hat das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB?

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, auch als Fahrerflucht bekannt, ist in § 142 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und kann erhebliche Folgen haben. Die Strafe für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren sein. Die genaue Höhe der Geldstrafe hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der finanziellen Situation des Täters.

Zusätzlich zur Geld- oder Freiheitsstrafe kann das Gericht auch die Fahrerlaubnis entziehen. Dies geschieht insbesondere, wenn bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder erheblicher Sachschaden entstanden ist.

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen das Gericht die Strafe mildern oder ganz von einer Strafe absehen kann. Dies ist der Fall, wenn der Unfall im ruhenden Verkehr stattgefunden hat, nur ein geringer Schaden entstanden ist und der Unfallbeteiligte innerhalb von 24 Stunden die notwendigen Feststellungen nachträglich ermöglicht. Ein geringer Schaden wird in der Regel bei einem Betrag von etwa 800 bis 1.300 Euro angenommen.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Strafbarkeit nach § 142 StGB Vorsatz voraussetzt. Das bedeutet, der Unfallbeteiligte muss den Unfall bemerkt und sich wissentlich und gewollt vom Unfallort entfernt haben. Wenn der Unfall vom Verursacher unbemerkt bleibt, treten keine strafrechtlichen Folgen ein.

Wie wird die Aufklärungsobliegenheit im Versicherungsrecht definiert?

Die Aufklärungsobliegenheit im Versicherungsrecht bezieht sich auf die Pflicht des Versicherungsnehmers, dem Versicherer nach Eintritt eines Versicherungsfalls alle notwendigen und relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen sind für die Feststellung des Versicherungsfalls und die Bestimmung des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers von Bedeutung.

Die Aufklärungsobliegenheit ist eine Form der Obliegenheiten, die im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt sind. Obliegenheiten sind vertragliche Pflichten des Versicherungsnehmers, die das Versicherungsunternehmen nicht einklagen kann. Sie sind jedoch entscheidend dafür, dass der Anspruch auf Versicherungsschutz entsteht oder fortbesteht.

Eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit kann erhebliche Folgen haben. Sie kann zur Beendigung des Versicherungsvertrags führen und/oder den Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers beeinträchtigen. Allerdings ist der Versicherungsschutz von einer Obliegenheitsverletzung nicht berührt, wenn zwischen der Verletzung und dem Schaden kein kausaler Zusammenhang besteht. Eine Ausnahme bildet der Fall, in dem der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen einfacher Fahrlässigkeit trägt. Darüber hinaus muss der Versicherer den Versicherungsnehmer zuvor in Textform durch eine gesonderte Mitteilung unmissverständlich auf die Folgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit hinweisen.

In welchen Fällen kann eine arglistige Obliegenheitsverletzung angenommen werden?

Eine arglistige Obliegenheitsverletzung im Versicherungsrecht bezieht sich auf Fälle, in denen der Versicherungsnehmer mit betrügerischer Absicht handelt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Versicherungsnehmer falsche Angaben macht oder relevante Informationen vorenthält, um den Versicherer zu täuschen und einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen.

Einige Beispiele für arglistige Obliegenheitsverletzungen könnten sein:

  • Der Versicherungsnehmer gibt falsche Informationen über den Zustand oder die Nutzung des versicherten Gegenstandes an, um einen höheren Versicherungsschutz oder eine höhere Entschädigung zu erhalten.
  • Der Versicherungsnehmer verschweigt absichtlich relevante Informationen, die den Versicherungsschutz beeinflussen könnten, wie vorbestehende Schäden oder Risiken.
  • Der Versicherungsnehmer täuscht einen Versicherungsfall vor oder manipuliert die Umstände eines Versicherungsfalls, um eine Entschädigung zu erhalten.

Die Beweislast für eine arglistige Obliegenheitsverletzung liegt beim Versicherer. Dies bedeutet, dass der Versicherer nachweisen muss, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich und mit betrügerischer Absicht gehandelt hat. Es ist zu beachten, dass eine arglistige Obliegenheitsverletzung schwerwiegende Folgen haben kann, einschließlich des Verlusts des Versicherungsschutzes und der Möglichkeit, dass der Versicherer Regressansprüche geltend macht.


Das vorliegende Urteil

AG Dortmund – Az.: 436 C 5546/13 – Urteil vom 30.01.2015

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Dortmund vom 15.04.2014 (AZ 436 C 5546/13) wird aufrecht erhalten und der Einspruch zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Regressansprüche aus Versicherungsvertrag geltend.

Das Fahrzeug des Beklagten mit dem amtlichen Kennzeichen … – … … war zum Unfallzeitpunkt am 29.02.2012 bei der Klägerin haftpflichtversichert. Der Beklagte befuhr am 29.03.2012  gegen 16:00 Uhr den Q G-Straße vor dem Fitnessstudio „Enjoy“ in Hörde. Während er in eine Parkbox einparken wollte, stieß er mit seinem Fahrzeug mit der vorderen rechten Ecke gegen die linke hintere Ecke des rechts neben dem Beklagten geparkten Fahrzeugs der Fa. N2 GmbH.

Der Beklagte hielt an, stieg aus seinem Fahrzeug aus und begutachtete sein und das beschädigte Fahrzeug.

Danach stieg er wieder in sein Fahrzeug ein und fuhr in eine andere Parkbox auf dem Q.

Daraufhin verließ er sein Fahrzeug und ging in das Fitnessstudio „Enjoy“.

Die Zeugin Y beobachtete diesen Vorgang. Diese verständigte die Polizei. Nachdem die Polizeibeamten eingetroffen sind, betrat die Zeugin Y mit den eingesetzten Polizeibeamten T und L das Fitnessstudio. Die Polizeibeamten sprachen dort den Beklagten an und nahmen den Unfall auf. Sie fertigten Lichtbilder und erstellten eine Unfallskizze.

Der Beklagte war nach den Feststellungen der Polizeibeamten verkehrstüchtig.

Ein gegen den Beklagten eingeleitetes Strafverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB  ist gegen Zahlung eine Geldbuße in Höhe von 1.000,00 € gem. § 153 a StPO eingestellt worden.

Mit der Schadensanzeige vom 18.04.2012 gab der Beklagte bei der Klägerin schriftlich zum Schadenshergang an, dass er beim Einparken in einer Parklücke den PKW … … … leicht berührt habe.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe sich vorsätzlich unerlaubt vom Unfallort entfernt.

Deswegen ist die Klägerin der Auffassung, der Beklagte sei ihr zur Rückerstattung von 1.141,81 Euro wegen der Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheit verpflichtet, §§ 28 VVG i.V.m. Ziffer E 6 AKB.

Mit Versäumnisurteil vom 15.04.2014 ist die Klage abgewiesenen worden.

Mit Schriftsatz vom 20.05.2014 hat die Klägerin frist- und formgerecht Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 15.04.2014 des Amtsgerichts Dortmund aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.141,81 € nebst Zinsen in Höhe vom 5 – Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2013 sowie 1,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten und den Einspruch zurückzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe keinen Unfall bemerkt. Er habe auch keine Schäden an dem gegnerischen Fahrzeug feststellen können.

Selbst wenn er eine Unfallflucht begangen habe, sei diese Obliegenheitsverletzung nicht kausal für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder des Umfangs der Leistungspflicht der Klägerin ursächlich. Damit sei die Klägerin gemäß § 28 Abs. 3 VVG weiterhin zur Leistung aus der Haftpflichtversicherung verpflichtet.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Y, T und L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die mündlichen Verhandlungen vom 08.08.2014 und vom 16.12.2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht gemäß §§ 116 VVG, 28 Abs. 2 VVG die Zahlung von 1.141,81 €  im Wege des Rückgriffs verlangen. Auch wenn der Beklagte sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat und gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hat – wofür alle objektiven Umstände sprechen – , scheidet ein Regress der Klägerin jedenfalls gemäß § 28 Abs. 3 VVG aus, weil die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Aus der polizeilichen Unfallaufnahme war bekannt, dass der Beklagte das Fahrzeug geführt hatte. Etwas anderes hätte er auch unmittelbar nach dem Unfall nicht erklären können. Die Polizei hatte die Verkehrstüchtigkeit des Beklagten festgestellt. Der Beklagte hatte den Unfallhergang aus seiner Wahrnehmung geschildert. Etwas anderes hätte er gegenüber der Haftpflichtversicherung ebenfalls nicht erklären können. Die Polizei hat die Unfallschäden durch zahlreiche Fotos festgehalten. Weitergehend hätte auch der Beklagte den Schaden an Ort und Stelle nicht sichern oder der Klägerin beschreiben können. Anhaltspunkte für Vorschäden hatte der Beklagte nicht. Darüber hinaus ist der Unfall durch die Zeugin Y beobachtet worden.

Für das Gericht ist nicht ersichtlich, welche andere Unfallregulierung hätte erfolgen können, wenn der Unfallhergang und die Schadensentstehung durch den Beklagten unmittelbar nach dem Unfall in gleicher Weise wie jetzt geschildert worden wäre. Der Beklagte ist schließlich an Ort und Stelle, wenige Minuten nach dem Unfall, „gestellt“ worden.

Auch die Klägerin hat auf den Hinweis des Gerichts vom 08.08.2014 nicht dargelegt, in welcher Höhe eine Regulierung des Schadens erfolgt wäre, wenn der Beklagten selbst die Polizei verständigt hätte (zur sekundären Darlegungslast vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2001, IV ZR 63/00). Mangels Kausalität einer unterlassenen Schadensanzeige durch den Beklagten ist ein Regress der Klägerin daher ausgeschlossen.

Der Beklagte hat auch nicht arglistig gehandelt, § 28 Abs. 3 S. VVG. Die strafrechtliche Verurteilung – erst Recht nicht die Einstellung des Strafverfahrens gem. § 153 a StPO – wegen Unfallflucht bedeutet nicht ohne weiteres die Annahme einer arglistigen Obliegenheitsverletzung (vgl. LG Bonn, Urteil vom 15.11.2012, AZ 6 S 63/12; LG Duisburg, Urteil vom 15.03.2013, AZ 7 S 104/12)  Die arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2012, IV ZR 97/11). Die Daten, welche der Beklagte hätte mitteilen können, waren aufgrund des polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfalls vollständig bekannt.

Der Beklagte hat den Unfall davon abgesehen durch Schadensanzeige vom 18.04.2012 gemeldet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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