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Übernahme der Kosten für eine privatärztliche Behandlung

AG Rheine – Az.: 14 C 163/19 – Urteil vom 28.11.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 1.312,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte als Krankenversicherung auf Übernahme der Kosten für eine privatärztliche Behandlung in Anspruch.

Der Kläger ist bei der Beklagten privat krankenversichert.

Der Kläger ließ bei den Augenärzten … eine Kataraktoperation an beiden Augen durchführen. Die Rechnung der Augenärzte übersandte er der Beklagten, die hierüber unter dem 05.01.2019 sowie dem 27.02.2019 abrechnete. Dabei kürzte die Beklagte die Rechnung in Höhe von 1.312,88 Euro (656,44 Euro pro Auge) bezüglich der Gebührenziffer 5855 GOÄ mit der Begründung, dass mit der Erstattung der Gebührenziffer 1375 GOÄ, 441 GOÄ der Einsatz des Femtosekundenlasers bereits vollumfänglich erfasst und abgegolten sei. Es handele sich nicht um eine selbständige Leistung.

Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Ansicht der Beklagten nicht richtig sei. Vielmehr sei in seinem Fall der Einsatz des Femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen, denn er habe einen medizinischen Mehrwert bedeutet. Anders als bei der Anwendung der konventionellen Technik eröffne der Femtosekundenlaser das Auge nicht. Außerdem erfordere eine Laserbehandlung eine Vorbehandlung, die bei konventioneller Technik nicht erfolge. Aufgrund der Vorbehandlung sei auch die Schnittführung eine andere als bei der Anwendung der konventionellen Technik. Zudem werde stets ein anderer Zugang gewählt als mit dem Skalpell. Es handele sich somit um eine Behandlung, die aus der Kombination zweier selbständiger und zeitlich konsekutiver Eingriffe bestehe. Durch die Laservorbehandlung sei es dem Operateur möglich, die Schnitte der Kataraktoperation präziser und einfacher durchzuführen. Die Kombination der beiden Eingriffe diene zum einen der Erhöhung der Sicherheit bei der dann folgenden Operation durch Vorbahnung der Operationsschnitte im Gewebe der Hornhaut und der Linse des Auges, zum anderen führe sie aber auch zu einer besseren Vorausberechenbarkeit der notwendigen Stärke der neuen Linse.

Seine Auffassung werde von vielen Sachverständigen und Fachärzten vertreten sowie von einer Vielzahl von Urteilen gedeckt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.312,88 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers vorliegend nicht als selbständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2, Abs. 2 a GOÄ im Verhältnis zur operativen Hauptleistung nach Gebührenziffer 1375 GOÄ qualifiziert werden könne.

Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ dürfe der Arzt Gebühren nur für selbständige Leistungen berechnen. Selbständige Leistungen seien nur solche, die nicht Bestandteil einer im Gebührenverzeichnis genannten umfassenderen Leistung seien. Nicht gesondert abrechenbar seien somit sogenannte Vorbereitungs-, Hilfs- und Begleitleistungen, da sie nach der GOÄ bereits Bestandteil einer anderen Leistung seien.

Die Verwendung des Lasers stelle nur eine Form des von der Ziffer 1375 GOÄ erfassten und von ihr erstatteten Operationsverfahrens dar. Der Laser diene lediglich als Werkzeug und ersetze dabei die Inzisionslanze und das Kapselmesser. Bei dem Einsatz eines Femtosekundenlasers setze der Arzt nur eine computerunterstützte Lasertechnik ein, um ein besseres Operationsergebnis zu erzielen, eine selbständige Leistung werde daraus nicht.

Sie bestreite auch, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers grundsätzlich zu besseren Ergebnissen führe. Denn auch de lege artis durchgeführte händische Augenoperationen führten zu demselben Erfolg.

Auch gebe es bei einer Laserbehandlung keinen medizinischen Mehrwert für den Patienten.

Insoweit verweise sie ebenfalls auf eine Vielzahl von Sachverständigenmeinungen und gerichtlichen Entscheidungen, die ihre Meinung teilen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Grundvoraussetzung für eine gesonderte Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers ist nach §§ 4, 6 GOÄ, dass es sich um eine selbständige ärztliche Leistung handelt. An einer solchen selbständigen Leistung fehlt es vorliegend jedoch.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (BGH NJW-RR 2008, 1278). An einer solchen selbständigen Leistung fehlt es jedoch beim Einsatz des Femtosekundenlasers im Rahmen einer Kataraktoperation, da der Arzt lediglich eine computerunterstützte Lasertechnik einsetzt, um genauer und präziser arbeiten bzw. den Schnitt besser ausführen zu können und um das benachbarte Gewebe mehr zu schonen. Es handelt sich somit nur um ein modernes Hilfsmittel bzw. um eine besondere Ausführungsart der Augenoperation, aber nicht um eine selbständige ärztliche Leistung. Dies gilt sowohl für den Einsatz des Lasers im Rahmen der Vorbehandlung als auch während der eigentlichen Operation (vgl. LG Wuppertal, Urteil vom 15.10.2019, Az.: 16 S 57/18). Die bloße Optimierung in der bereits in das Gebührenverzeichnis aufgenommenen Zielleistung ist nicht geeignet, eine selbständige ärztliche Leistung zu begründen.

Das Gericht schließt sich der in der letzten Zeit überwiegend vertretenen Auffassung in der Rechtsprechung an (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2019, Az.: 9 S 50/17; OLG Naumburg, Urteil vom 09.05.2019, Versicherungsrecht 2019, 1348; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2019, juris unter 2-14 S 3/18, 49 ff.; Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 29.11.2018 – 5 K 2163/18, juris Rn. 32 ff.; LG Wuppertal, Urteil vom 15.10.2019, 16 S 57/18).

Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargetan, dass in seinem Fall der Einsatz des Femtosekundenlasers eigenständig medizinisch indiziert gewesen war.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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