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Rechtsschutzversicherung – Anspruch auf Freistellung von Stichentscheidskosten

Rechtsschutzversicherung muss für Diesel-Klage zahlen

Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass die Beklagte, ein Schadensabwicklungsunternehmen, den Kläger von den Kosten eines Stichentscheides in Höhe von 919,87 € freistellen muss. Dies folgt aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag, nachdem die Beklagte den Deckungsschutz für den Kläger abgelehnt hatte. Der Stichentscheid wurde durchgeführt, um die Erfolgsaussichten des Bezugsverfahrens zu bewerten. Trotz der Ablehnung des Stichentscheids durch die Beklagte als unbegründet, wurde die Klage als zulässig und begründet eingestuft.

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Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verurteilung der Beklagten: Die Beklagte muss den Kläger von den Kosten des Stichentscheides freistellen.
  2. Kontext des Stichentscheides: Der Stichentscheid wurde durch die Prozessbevollmächtigte des Klägers erstellt, um die Erfolgsaussichten im Bezugsverfahren zu beurteilen.
  3. Deckungsablehnung: Die Beklagte hatte zuvor Deckungsschutz für das Bezugsverfahren abgelehnt.
  4. Rechtliche Grundlage: Die Forderung basiert auf dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zwischen Kläger und Beklagter.
  5. Bedeutung des Stichentscheides: Ein Stichentscheid ist eine Stellungnahme, die auf eine Deckungsablehnung reagiert und die Erfolgsaussichten sowie die Angemessenheit der rechtlichen Interessen bewertet.
  6. Unabhängigkeit der Kostentragung: Die Kosten des Stichentscheids sind unabhängig von dessen Ergebnis von der Versicherung zu tragen.
  7. Freiwilliges Vermögensopfer: Die Erstellung des Stichentscheides wird als freiwilliges Vermögensopfer und somit als ersatzfähige Aufwendung betrachtet.
  8. Kostenentscheidung: Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt, da sie die Klageforderungen teilweise erfüllt hat und sich somit in die Rolle der Unterlegenen begeben hat.

Rechtsschutzversicherung und Stichentscheidung: Ein juristischer Blickpunkt

Im Bereich des Versicherungsrechts kommt es häufig zu Konflikten zwischen Versicherungsgesellschaften und ihren Kunden, insbesondere wenn es um die Übernahme von Kosten im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung geht. Ein solcher Konflikt kann entstehen, wenn eine Versicherungsgesellschaft die Übernahme von Prozesskosten ablehnt, was den Versicherten vor Herausforderungen stellt. In diesem Kontext spielt der Begriff „Stichentscheid“ eine wesentliche Rolle, der sich auf eine spezifische Form der juristischen Auseinandersetzung bezieht. Hierbei geht es darum, ob und inwieweit eine Versicherungsgesellschaft verpflichtet ist, die Kosten für rechtliche Schritte zu übernehmen, die von einem Prozessbevollmächtigten im Namen des Versicherungsnehmers unternommen wurden. Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn es um die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen geht, wie etwa nach einem Fahrzeugkauf.

Der folgende Text befasst sich mit einem konkreten Fall, in dem ein Kläger von seiner Versicherungsgesellschaft fordert, die Kosten eines Stichentscheids zu übernehmen. Dieses Anliegen führt zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die interessante Einblicke in die Dynamik zwischen Versicherungsnehmern und -gebern sowie in die Auslegung von Versicherungsverträgen bietet. Die Details dieses Falles, insbesondere die Argumentation der Parteien und die Urteilsfindung, geben Aufschluss darüber, wie solche Konflikte in der Praxis gehandhabt werden. Lassen Sie uns in die Tiefen dieser interessanten rechtlichen Auseinandersetzung eintauchen und verstehen, wie das Gericht zu seinem Urteil gekommen ist.

Rechtsschutzversicherung und Deckungsschutz: Kern des Streits

Im Mittelpunkt des Falls steht ein Kläger, der nach dem Erwerb eines Mercedes-Benz C 300 H BlueTEC mit einem Dieselmotor des Typs OM 651, Erstzulassung 2016, und einem Kaufpreis von 28.000 Euro, rechtliche Schritte einleitet. Das Kraftfahrtbundesamt hatte das Fahrzeug aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Abgasnachbehandlung zurückgerufen. Daraufhin schloss der Kläger eine Rechtsschutzversicherung ab, um gegen den Hersteller Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Als die Versicherung den Deckungsschutz ablehnte, beauftragte der Kläger einen Anwalt, um die Erfolgsaussichten seines Falls zu bewerten, was als „Stichentscheid“ bezeichnet wird.

Der Stichentscheid als Dreh- und Angelpunkt

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers stellten eine umfassende Stellungnahme zur außergerichtlichen und erstinstanzlichen Geltendmachung der Ansprüche gegen die Herstellerin auf. Diese Stellungnahme berücksichtigte verschiedene rechtliche Aspekte, einschließlich der Sittenwidrigkeit bestimmter Abschalteinrichtungen und der Verletzung von BGB-Paragraphen. Die Beklagte, ein Schadensabwicklungsunternehmen, wies den Stichentscheid jedoch zurück, indem sie behauptete, dieser weiche erheblich von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage ab und sei daher nicht als Grundlage für eine Deckungszusage anzuerkennen.

Die juristische Auseinandersetzung vor dem LG Berlin

Das Landgericht Berlin musste in diesem Fall entscheiden, ob die Beklagte den Kläger von den Stichentscheidskosten in Höhe von 919,87 Euro freistellen muss. Der Kläger argumentierte, dass nach den Bedingungen der Rechtsschutzversicherung ein Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten für die Erstellung des Stichentscheides bestehe. Die Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass der Stichentscheid inhaltlich nicht den Anforderungen entspreche und somit kein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe.

Urteilsfindung und rechtliche Erwägungen

Das Gericht gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte zur Übernahme der Kosten. Die Entscheidung basierte auf der Feststellung, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers alle erforderlichen rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hatten und der Stichentscheid somit den Anforderungen des Versicherungsvertrages entsprach. Das Gericht erklärte, dass der Versicherer gemäß Art. 2.5 Abs. 2 des Rechtsschutzversicherungsvertrags die Kosten des Stichentscheids in jedem Fall zu tragen hat, unabhängig vom Ergebnis des Stichentscheids.

Dieses Urteil zeigt die Komplexität des Versicherungsrechts und die Bedeutung einer detaillierten Auseinandersetzung mit den Bedingungen eines Versicherungsvertrages. Es unterstreicht zudem die Rolle eines Stichentscheids als wichtiges Instrument zur Klärung von Deckungszusagen in Rechtsschutzversicherungsfällen.

In diesem konkreten Fall hat das Landgericht Berlin einen wichtigen Beitrag zur Rechtsprechung im Bereich der Rechtsschutzversicherung geleistet, indem es klare Richtlinien für die Beurteilung von Stichentscheiden und die Verantwortung von Versicherungsgesellschaften in solchen Fällen vorgab.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was versteht man unter der Freistellung von Stichentscheidskosten?

Unter der Freistellung von Stichentscheidskosten versteht man die Befreiung von den Kosten, die im Zusammenhang mit einem Stichentscheid entstehen. Ein Stichentscheid ist eine Entscheidung, die getroffen wird, wenn es bei einer Abstimmung oder Entscheidungsfindung zu einer Pattsituation kommt. Im Kontext des deutschen Rechts kann dies beispielsweise im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung relevant sein.

In der Rechtsschutzversicherung kann es vorkommen, dass der Versicherer und der Versicherungsnehmer unterschiedliche Meinungen über die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung haben. In solchen Fällen kann ein Stichentscheid durch einen unabhängigen Rechtsanwalt erfolgen, der die Sach- und Rechtslage beurteilt und eine Entscheidung trifft. Die Kosten für diesen Stichentscheid trägt in der Regel der Versicherer.

Ein Anspruch auf Freistellung von den Kosten des Stichentscheids setzt voraus, dass die Begründung des Stichentscheids hinreichend erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art die Meinung des Versicherers nach Ansicht des Rechtsanwalts unrichtig ist.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 23 O 61/23 – Urteil vom 03.07.2023

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten des Stichentscheides in Höhe von 919,87 € (Rechnungsnummer: …) gegenüber der K. L. Rechtsanwalts GmbH freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Nach einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits streiten die Parteien über die Kostentragungslast des Prozesses sowie der Kosten eines Stichentscheides. Die Beklagte ist ein selbstständiges Schadensabwicklungsunternehmen nach § 126 VVG für die ….

Am 07.05.2021 erwarb der Kläger einen Mercedes-Benz C 300 H BlueTEC (FIN: …), mit einem Dieselmotor des Typs OM 651, Erstzulassung 18.10.2016 als Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von 57.000 für 28.000,00 €. Diesen rief das Kraftfahrtbundesamt wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abgasnachbehandlung und Abweichungen von den herstellerseitig erklärten Konformitäten amtlich zurück.

Am 26.06.2021 schlossen die … und der Kläger einen Versicherungsvertrag über eine Rechtsschutzversicherung im Tarif … mit der Versicherungsscheinnummer …. Nach dem Versicherungsschein wurde eine Selbstbeteiligung von 150 € vereinbart. Ferner wurde die Geltung der „Versicherungsbedingungen für Ihre Rechtsschutzversicherung … vereinbart. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.

Am 28.07.2022 fragte der Kläger durch die Anwaltskanzlei G. Rechtsanwälte die Deckung hinsichtlich des außergerichtlichen Vorgehens und für die Klageerhebung für die erste Instanz wegen Schadensersatzansprüchen gegen die M.-B. G. AG (im folgenden: AG) an, wobei sie der Beklagten die Daten zum Fahrzeug, dessen Erwerb und den aktuellen Kilometerstand mitteilte. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Am 02.08.2022 versagte die Beklagte den Deckungsschutz mangels Erfolgsaussichten unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dabei erteilte sie den Hinweis, dass der Kläger die Möglichkeit habe einen Rechtsanwalt auf Kosten der Beklagten zu beauftragen eine begründete Stellungnahme abzugeben, ob eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehe und die Durchsetzung der rechtlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehe. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K3 Bezug genommen.

Am 28.11.2022 erstellten die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine als Stichentscheid bezeichnete Stellungnahme zur außergerichtlichen und anstehenden erstinstanzlichen Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche. Dabei wurde zunächst der Sachverhalt geschildert und dann Ausführungen zur Abgasreinigung im streitgegenständlichen Fahrzeug sowie zur Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens vorgenommen. Anschließend wurde dargestellt, dass der Versicherungsnehmer von der Herstellerin die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsersatz Zug um Zug gegen Rückgabe oder Übereignung des Fahrzeuges begehre. In der Folge wurden die Argumente der Beklagten im Rahmen der Ablehnung der Deckung aufgeführt. Danach folgte eine Darstellung möglicher Anspruchsgrundlagen, der Verteilung der Darlegungslast, der Rechtsprechung zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen. In der Folge wurde eine Einschätzung der Erfolgsaussichten für die einzelnen Aspekte vorgenommen. Im Gesamtergebnis kam er zu der Schlussfolgerung, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe Ansprüche aus § 826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB geltend zu machen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K4 Bezug genommen.

Die Klägervertreter stellten dem Kläger für die Erstellung des Stichentscheides eine Rechnung in Höhe von 919,87 €. Für die Einzelheiten wird auf der Anlage K5 Bezug genommen.

Am 05.01.2023 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass es sich nicht um einen Stichentscheid handele. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.

Am 20.02.2023 schloss der Kläger einen Vertrag über die Finanzierung der Prozesskosten mit der S. GmbH. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K7 Bezug genommen.

Der Kläger meint, er habe nach den Bedingungen der Versicherung einen Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten für die Erstellung des Stichentscheides.

Der Kläger hat mit seiner Klageschrift vom 03.03.2023 zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet ist, für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen AG aufgrund des Fahrzeugkaufs vom 07.05.2021 bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren und die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die daraus resultieren, dass die Beklagte die mit dem Antrag zu 1. begehrte Deckungszusage nicht erteilt hat. Die Klage ist der Beklagten am 05.04.2023 zugestellt worden.

Nachdem die Beklagte dem Kläger am 25.05.2023 Deckungsschutz in dem Umfang des Klageantrages zu 1. gewährt und hinsichtlich des Antrages zu 2. außergerichtlich ein titelersetzendes Anerkenntnis abgegeben hat, hat der Kläger am 13.06.2023 auf ausdrückliche Anregung der Beklagten den Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglichen Anträge zu 1. und 2. für erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten des Stichentscheides in Höhe von 919,87 € (Rechnungsnummer …) freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, dass der Stichentscheid offenbar und erheblich von der tatsächlichen Rechtslage abweiche. In dieser Konstellation bestehe auch kein Anspruch auf Freistellung von den Kosten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Das Landgericht Berlin ist gem. § 39 ZPO örtlich zuständig, weil die Beklagte ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache am 03.07.2023 verhandelte, als sie die Klageabweisung beantragte.

Die gesetzliche Prozessstandschaft der Beklagten ergibt sich aus § 126 VVG.

II.

Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die Freistellung von Kosten in Höhe von 919,87 € aus Art. 2.5. Abs. 2 i.V.m. 1.5. Abs. 1 des Rechtsschutzversicherungsvertrags verlangen, da die Beklagte die Deckung der Prozesskosten des Bezugsverfahrens abgelehnt hat und der Kläger seine Prozessbevollmächtigte zu einem Stichentscheid veranlasst hat.

1. Die Parteien haben einen Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung geschlossen.

2. Die Beklagte hat mit der Deckungsablehnung vom 02.08.2022 ihre Leistungspflicht verneint.

3. Der Kläger hat am 28.11.2022 durch seine Prozessbevollmächtigte einen Stichentscheid durchführen lassen.

Der Kläger hat einen Stichentscheid durchführen lassen, in dem er seine Prozessbevollmächtigte veranlasst hat, eine Stellungnahme hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Bezugsverfahrens durchzuführen. Stichentscheid im Sinne des Versicherungsvertrages ist eine auf die Deckungsablehnung reagierende begründete Stellungnahme, die sich mit den Fragen auseinandersetzt, ob eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der im Bezugsverfahren verfolgten Interessen besteht und ob die Durchsetzung der rechtlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht, Art. 2.5. Abs. 2 ARB (s. auch Schmitt in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, § 3a ARB Rn. 349). Es ist anerkannt in der Rechtsprechung, dass der Stichentscheid losgelöst von der reinen Interessenvertretung alle rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen hat, auf die der Rechtsschutzversicherer seine Deckungsablehnung stützt (vgl. BGH NJW-RR 1990, 922; Schmitt in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, § 3a ARB Rn. 349 m.w.N.).

Die Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Klägers setzt sich mit den Erfolgsaussichten der im Bezugsverfahren gegen die Herstellerin geltend gemachten Ansprüche aus §§ 826, 31 BGB sowie §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-GFV i.V.m. der RL 2007/46/EG i.V.m. der VO (EG) NR. 715/2007 auseinander. Im Rahmen der ersten Anspruchsgrundlage thematisiert die Stellungnahme die Sittenwidrigkeit, wobei sie diese hinsichtlich des Thermofensters unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH verneint, aber hinsichtlich anderer Abschalteinreichtungen – der „Kühlmittelsolltemperatur-Regelung“ und der Manipulation des SCR-Katalysators – nach umfangreicher Prüfung (S. 29–53) bejaht und dem Anspruch gerade noch hinreichende Erfolgsaussichten attestiert. Die hinreichende Aussicht auf Erfolg des zweitgenannten Anspruchs bejaht die Stellungnahme mit Blick auf die überzeugenden Darlegungen des Klägers.

Der Stichentscheid setzt sich mit den Gesichtspunkten auseinander, auf die der Rechtsschutzversicherer seine Deckungsablehnung stützt. Der Stichentscheid fasst auf S. 8-9 zunächst die Position der Beklagten zusammen und nimmt in der detaillierten Stellungnahme explizit auf die Einwände der Beklagten Bezug (s. etwa K 4, S. 19 f., 39, 54, 60, 66 usw.). Soweit die Beklagte bestimmte Urteile anführt, deren Berücksichtigung klägerseits fehle, hat der Kläger tabellarisch vorgetragen, dass diese Urteile einbezogen worden seien, was nicht bestritten worden ist. Ferner hätte es der Darlegung bedurft, welche konkreten rechtlichen Ausführungen der angemahnten Urteile der Kläger hätte berücksichtigen müssen.

Dass die Prozessbevollmächtigte dabei zu Ergebnissen gelangt, zu denen sie auch in vergleichbaren Fällen zuvor gelangt ist, ändert, anders als die Beklagte meint, an der Einstufung als Stichentscheid vorliegend nichts. Die Beklagte hat nicht ausreichend bestritten, warum dem Stichentscheid der Einzelfallbezug fehlen sollte. Es fehlt an Ausführungen dazu, was der Kläger nach ihrer Auffassung zu pauschal, also ohne den konkreten Fall des streitgegenständlichen Autos hinreichend zu berücksichtigen, ausgeführt hat,

4. Ob der Stichentscheid, wie die Beklagte meint, offenbar von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht, kann dahinstehen. Der Versicherer hat gem. Art. 2.5. Abs. 2 die Kosten des Stichentscheids in jedem Fall und unabhängig von dessen Ergebnis zu tragen (s. auch OLG Karlsruhe r+s 1990, 239). Die für den Stichentscheid erforderlichen Voraussetzungen liegen, wie ausgeführt, vor. Ob der Stichentscheid von der Sach- und Rechtslage erheblich abweicht, ist für die Bindungswirkung des Stichentscheids maßgeblich, nicht aber für die Kostentragungspflicht, Art. 2.5. Abs. 2.

5. Der Kläger kann Freistellung von den Kosten des Stichentscheids gem. § 257 BGB verlangen, weil es sich bei dem Eingehen einer Verbindlichkeit – der Veranlassung des durch seine Prozessbevollmächtigte durchgeführten Stichentscheids – um ein freiwilliges Vermögensopfer, mithin eine ersatzfähige Aufwendung handelte.

Einwände zur Rechnungshöhe hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Die vorgenommene Berechnung ist in sich schlüssig.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91a ZPO. Soweit der Kläger und die Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist darüber gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, was dazu führt, dass die Beklagte diese Kosten zu tragen hat. Die Parteien haben das Verfahren hinsichtlich der ursprünglichen Anträge übereinstimmend für erledigt erklärt, als die Beklagte die Klageansprüche beglichen und die Erledigung angeregt hat, dem der Kläger nachgekommen ist. Grundsätzlich muss der Kläger erklären, dass der Rechtsstreit ohne Entscheidung über den Streitgegenstand beendet werden soll und Beklagte muss zustimmen. Anerkannt ist jedoch, dass die Erledigung der Hauptsache weder wörtlich noch sonst ausdrücklich erklärt werden muss. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich der hierauf gerichtete Wille schlüssig im Wege der Auslegung aus dem prozessualen Verhalten ergibt (vgl. BGH NJW-RR 91, 121). Teilweise wird sogar angenommen, dass die Erfüllung des Klägerbegehrens für die Erledigungserklärung der Beklagten ausreichen soll (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 7.6.2019 – 17 W 8/19). Vorliegend hat der Beklagte die Klageforderung beglichen und angeregt den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, woraufhin der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat, sodass zumindest von einer antizipierten Zustimmung der Beklagten auszugehen ist, da eine streitige Entscheidung insoweit nicht mehr gewünscht wird.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand und einer summarischen Prüfung versprachen die übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge Erfolg, da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass sie aus anderen Gründen als dem Anerkennen des klägerischen Rechtsstandpunkts die ursprünglichen Klageforderungen beglichen hat. Nach § 91a ZPO kommt es vornehmlich darauf an, wem die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen wären, wenn die Hauptsache nicht einvernehmlich für erledigt geklärt worden wäre (vgl. BGH ZIP 20, 2291). Hierbei kann die Erfüllung der Klageforderung für den Bestand und die Durchsetzbarkeit der Klageforderung sprechen, sodass analog § 307 ZPO dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen sind, weil er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (vgl. OLG Frankfurt a.M. MDR 1996, 426). Dieses Indiz kann widerlegt werden, wenn für die freiwillige Befriedigung des Klägers durch die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits andere Motive in Betracht kommen als das Teilen des Rechtsstandpunktes des Klägers, wie etwa die Vermeidung weiterer Kosten, das Ersparen weiteren Zeitaufwandes und/oder Ärgers. Die Darlegung solcher Gründe im Einzelfall obliegt jedoch der Beklagten. Hat sie den Eindruck erweckt, den gegen sie geltend gemachten Anspruch ohne wenn und ohne aber anzuerkennen, muss sie diesen Anschein durch entsprechenden Vortrag erschüttern (vgl. OLG Frankfurt a.M. a.a.O.).

Vorliegend hat die Beklagte keine anderen Gründe dargelegt, die nahelegen, dass beim am 25.05.2023 erteilten Deckungsschutz (entsprechend dem ursprünglichen 1. Antrag) sowie dem titelersetzenden Anerkenntnis hinsichtlich des 2. andere Motive als das Teilen der Rechtsauffassung des Klägers eine Rolle spielten.

Soweit die Beklagte hinsichtlich des (verbliebenen) Klageantrags ausführt, der Anspruch auf Erstattung der Kosten des Stichentscheids bestehe nicht, lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass sie nicht den Rechtstandpunkt des Klägers teilen würde. Zwar setzt sich der Stichentscheid, den sie als rechtlich grob fehlerhaft einschätzt, mit der Erfolgsaussicht des Bezugsverfahrens auseinander und diese Erfolgsaussicht ist Voraussetzung der Leistungspflicht der Beklagten, welche wiederum für die beiden ursprünglichen für erledigt erklärten Anträge von Bedeutung ist. Die Beklagte hat jedoch keine plausiblen Gründe für die teilweise Erfüllung der Klageforderungen vorgetragen, die daran zweifeln lassen, dass sie in dieser Hinsicht nicht die Rechtsansicht des Klägers teilt. Sie muss sich daher daran festhalten lassen, dass sie die Klageforderung insoweit uneingeschränkt anerkannt und sich durch deren Ausgleich freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat. So argumentierte die Beklagte hinsichtlich der Erstattung der Kosten aus dem Stichentscheid insbesondere in formeller Hinsicht, da dieser ihrer Auffassung nach zu wenig begründet sei und sich zu wenig mit den in der Deckungsablehnung vorgetragenen Argumenten auseinandersetze. Dass die Beklagte hinsichtlich des Klageantrags anders als hinsichtlich der für erledigt erklärten Anträge eine streitige Verhandlung wünscht, ist ein weiteres Indiz, dass sie nur insoweit einen anderen rechtlichen Standpunkt hat. Wäre ihr es um Zeit, Kosten und Ärger bei der Erledigung gegangen, hätte sie hinsichtlich sämtlicher geltend gemachter Ansprüche die Erledigung angeregt.

Dem hiesigen Ergebnis steht schließlich der Gedanke des § 93 ZPO nicht entgegen, da die Beklagte durch die Nichterfüllung einer fälligen Leistung und ihr Sich-im-Verzug-Befinden (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB) Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 ZPO.

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