Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Kaskoversicherung nach Autodiebstahl: OLG Hamburg weist Einwände der Versicherung wegen angeblicher Vorschäden und Zündschlossdefekt größtenteils zurück – Az.: 14 U 106/17
- Ausgangssituation: Fahrzeughalter fordert Leistung aus Kaskoversicherung nach Autodiebstahl
- Streitpunkte vor Gericht: Die vielfältigen Einwände der Versicherung gegen die Zahlungspflicht
- Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg: Berufung der Versicherung voraussichtlich weitgehend erfolglos
- Begründung im Detail: Warum die Argumente der Versicherung das Oberlandesgericht nicht überzeugten
- Ausblick und Empfehlung des Gerichts: Fortführung der Berufung durch die Versicherung kritisch zu prüfen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Obliegenheitsverletzung“ im Zusammenhang mit einer Kaskoversicherung und welche Folgen hat sie?
- Was ist eine „Gefahrerhöhung“ im Kontext einer Kaskoversicherung und wie wirkt sie sich auf den Versicherungsschutz aus?
- Inwiefern beeinflusst ein Vorschaden an einem Fahrzeug den Anspruch auf Leistungen aus der Kaskoversicherung im Falle eines Diebstahls?
- Welche Rolle spielt das Verschulden des Versicherungsnehmers bei der Mitverursachung eines Diebstahls im Hinblick auf die Versicherungsleistung?
- Was kann ich tun, wenn meine Kaskoversicherung die Zahlung nach einem Diebstahl aufgrund von angeblichen Falschangaben oder Verschweigen von Mängeln verweigert?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 14 U 106/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
- Datum: 10.04.2018
- Aktenzeichen: 14 U 106/17
- Verfahrensart: Beschluss im Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Versicherungsnehmer, der nach einem Diebstahl Leistungen aus der Kaskoversicherung beansprucht.
- Beklagte: Die beklagte Versicherung, die nach dem Diebstahl des Fahrzeugs die Zahlung verweigerte und Berufung gegen das klagestattgebende Urteil einlegte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Versicherungsnehmer forderte von seiner Kaskoversicherung Leistungen nach dem Diebstahl seines Fahrzeugs. Die Versicherung lehnte die Zahlung ab, woraufhin der Versicherungsnehmer klagte und gewann. Die Versicherung legte daraufhin Berufung ein.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Versicherungsnehmer seinen Anspruch durch angebliche Falschangaben zu Vorschäden, Nichtanzeige eines Defekts am Zündschloss, eine Gefahrerhöhung oder die Herbeiführung des Versicherungsfalls verwirkt hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht entschied mittels Hinweisbeschluss, dass die Berufung der Versicherung voraussichtlich überwiegend erfolglos bleiben wird. Es wies darauf hin, dass die Hauptangriffspunkte der Berufung unbegründet seien.
- Begründung: Das Gericht wies die Argumente der Versicherung zurück: Angaben zu Vorschäden wurden nicht als arglistig falsch gewertet; die Nichtanzeige des Zündschloss-Defekts verschlechterte die Beweislage der Versicherung nicht; eine Mitverursachung des Diebstahls durch den Defekt wurde nicht nachgewiesen; und die Gefahrerhöhung griff nicht, da die Versicherung Kenntnis vom Defekt hatte.
- Folgen: Das Gericht legte der Versicherung nahe, die Berufung angesichts der geringen Erfolgsaussichten zu überdenken. Der Rechtsstreit wurde zur weiteren Entscheidung an einen Einzelrichter übertragen, wobei die Vernehmung einer Zeugin zum Abstellort noch möglich ist.
Der Fall vor Gericht
Kaskoversicherung nach Autodiebstahl: OLG Hamburg weist Einwände der Versicherung wegen angeblicher Vorschäden und Zündschlossdefekt größtenteils zurück – Az.: 14 U 106/17
Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg (Az.: 14 U 106/17) vom 10. April 2018 beleuchtet die Rechte von Versicherungsnehmern nach einem Autodiebstahl.

Im Kern ging es um die Frage, ob eine Kaskoversicherung die Zahlung verweigern darf, wenn sie dem Versicherten vorwirft, Vorschäden arglistig falsch dargestellt, einen Defekt am Zündschloss verschwiegen, eine Gefahrerhöhung herbeigeführt oder gar den Diebstahl selbst mitverursacht zu haben. Das Gericht signalisierte in einem Hinweisbeschluss, dass die Berufung der Versicherung gegen ein vorausgegangenes, für den Fahrzeughalter positives Urteil des Landgerichts kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte.
Ausgangssituation: Fahrzeughalter fordert Leistung aus Kaskoversicherung nach Autodiebstahl
Der Fall begann, als ein Fahrzeughalter den Diebstahl seines Fahrzeugs seiner Kaskoversicherung meldete und den Ersatz des Fahrzeugwerts forderte. Die Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens jedoch ab. Daraufhin zog der Fahrzeughalter vor das Landgericht, um seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, und bekam dort Recht. Mit dieser Entscheidung wollte sich die Versicherung nicht zufriedengeben und legte Berufung beim Oberlandesgericht Hamburg ein. Ihre Weigerung, den Schaden zu begleichen, stützte sie auf mehrere schwerwiegende Vorwürfe gegen den Versicherungsnehmer.
Streitpunkte vor Gericht: Die vielfältigen Einwände der Versicherung gegen die Zahlungspflicht
Die Versicherung führte im Berufungsverfahren im Wesentlichen vier zentrale Argumente an, um ihre Leistungsverweigerung zu rechtfertigen und das Urteil des Landgerichts anzufechten:
- Arglistige Falschangaben zu Vorschäden: Der Fahrzeughalter habe im Schadensformular bewusst falsche Angaben gemacht. Konkret ging es um einen älteren Blechschaden auf der Fahrerseite aus den Jahren 2012/2013. Der Versicherungsnehmer habe angegeben, dieser Schaden sei „sach- und fachgerecht behoben“ worden. Tatsächlich sei der Schaden aber lediglich finanziell reguliert, also von der damaligen Versicherung bezahlt, jedoch nie repariert worden. Diesen Umstand werte die Versicherung als Arglistige Täuschung.
- Nichtanzeige eines Defekts am Zündschloss: Dem Fahrzeughalter wurde vorgeworfen, einen ihm bekannten Defekt am Zündschloss des gestohlenen Fahrzeugs der Versicherung nicht gemeldet zu haben. Dieses Verschweigen sei eine Obliegenheitsverletzung.
- Mitverursachung des Diebstahls durch den Fahrzeughalter (§ 81 VVG): Nach Ansicht der Versicherung habe der Fahrzeughalter durch den mangelhaften Zustand des Zündschlosses den Diebstahl zumindest fahrlässig mitverursacht. Gemäß § 81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) könnte dies zu einer Kürzung oder gar zum vollständigen Verlust des Versicherungsanspruchs führen.
- Herbeiführung einer Gefahrerhöhung: Schließlich argumentierte die Versicherung, der Fahrzeughalter habe durch das defekte Zündschloss eine sogenannte Gefahrerhöhung herbeigeführt. Da die Versicherung von diesem Umstand angeblich keine Kenntnis hatte, sei der Versicherungsschutz entfallen.
Erschwerend kam hinzu, dass das gestohlene Fahrzeug für weitergehende Untersuchungen, insbesondere zur genauen Beschaffenheit des Zündschlosses zum Zeitpunkt des Diebstahls, nicht mehr zur Verfügung stand. Es existierte jedoch ein Vorgutachten zu einem früheren Frontschaden vom 13. Dezember 2015, das auch andere Vorschäden am Fahrzeug, einschließlich des Zustands des Zündschlosses, dokumentierte.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg: Berufung der Versicherung voraussichtlich weitgehend erfolglos
Das Oberlandesgericht Hamburg gab in einem sogenannten Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) seine vorläufige Einschätzung bekannt. Ein solcher Beschluss dient dazu, den Parteien frühzeitig mitzuteilen, wie das Gericht die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels bewertet. Im vorliegenden Fall machte das Gericht deutlich, dass es die Berufung der Versicherung als weitgehend unbegründet ansieht.
Einzig im Hinblick auf die vom Landgericht unterlassene Vernehmung einer vom Fahrzeughalter benannten Zeugin zum Abstellort des Fahrzeugs vor dem Diebstahl sah das OLG einen potenziellen Verfahrensfehler. Alle anderen, gewichtigeren Angriffe der Versicherung gegen das Urteil des Landgerichts hielt das Gericht jedoch für nicht stichhaltig. Angesichts dieser Einschätzung legte das Oberlandesgericht der Versicherung nahe, die Fortführung des Berufungsverfahrens kritisch zu überdenken und möglicherweise die Berufung zurückzunehmen, um weitere Kosten zu vermeiden. Der Rechtsstreit wurde zur abschließenden Entscheidung an den zuständigen Berichterstatter des Senats als Einzelrichter übertragen.
Begründung im Detail: Warum die Argumente der Versicherung das Oberlandesgericht nicht überzeugten
Das Oberlandesgericht Hamburg begründete seine Einschätzung, dass die Berufung der Versicherung überwiegend keine Aussicht auf Erfolg hat, ausführlich für jeden der vier Hauptvorwürfe:
Vorwurf der arglistigen Täuschung bezüglich Vorschäden aus 2012/2013 als haltlos bewertet
Der Vorwurf der arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit dem Blechschaden aus den Jahren 2012/2013 konnte das Gericht nicht überzeugen. Der Fahrzeughalter hatte im Schadensformular zwei Vorschäden aufgeführt: den besagten Blechschaden und einen Frontschaden aus dem Jahr 2015. Auf die pauschale Frage im Formular, ob alle Unfallschäden sach- und fachgerecht behoben worden seien, kreuzte er „Ja“ an. Entscheidend für das Gericht war jedoch eine handschriftliche Ergänzung des Fahrzeughalters. Zu dem neueren Schaden (Frontschaden 2015) vermerkte er: „Schaden 2. behoben liegt bereits vor“. Zum älteren Blechschaden (2012/2013) notierte er hingegen: „Schaden 14.000 Euro reguliert“.
Das Gericht interpretierte diese Angaben im Gesamtkontext des Formulars. Es kam zu dem Schluss, dass der Fahrzeughalter hier klar zwischen den beiden Schäden differenzieren wollte: Der Schaden von 2015 sei tatsächlich repariert worden, während der Schaden von 2012/2013 lediglich finanziell reguliert (also ausgezahlt) worden sei. Das Gericht bemängelte zudem, dass das von der Versicherung verwendete Formular keinen Raum für eine detaillierte Darstellung bot, wie jeder einzelne der aufgeführten Vorschäden behandelt worden war. Hätte die Versicherung aufgrund dieser differenzierten Angaben Zweifel gehabt, so das Gericht, wäre es an ihr gewesen, beim Fahrzeughalter konkret nachzufragen.
Darüber hinaus stützte das Gericht seine Einschätzung darauf, dass der Umstand der lediglich erfolgten Regulierung (und nicht Reparatur) des Schadens von 2012/2013 bereits aus dem Vorgutachten zum Unfall von 2015 ersichtlich war. Dieses Gutachten lag der Versicherung vor. Eine arglistig falsche Behauptung einer vollständigen Reparatur des ersten Schadens konnte dem Fahrzeughalter unter diesen Umständen daher nicht unterstellt werden. Der Vorwurf der bewussten Irreführung sei somit nicht haltbar.
Nichtanzeige des defekten Zündschlosses ohne nachweislichen Nachteil für die Versicherung
Auch den Vorwurf, der Fahrzeughalter habe einen Defekt am Zündschloss pflichtwidrig nicht angezeigt, wies das Oberlandesgericht zurück. Es schloss sich dabei der Einschätzung des Landgerichts an, das den Fahrzeughalter persönlich angehört und dessen Angaben als glaubwürdig eingestuft hatte. Die Versicherung hatte argumentiert, die Nichtanzeige des Defekts habe ihre Möglichkeiten beeinträchtigt, festzustellen, ob das Fahrzeug beispielsweise mit einem einfachen Schraubendreher hätte gestartet werden können.
Dieses Argument verfing beim OLG nicht. Da das Fahrzeug gestohlen wurde und somit für jegliche Untersuchungen nicht mehr zur Verfügung stand, wären ohnehin keine verlässlichen Feststellungen zur tatsächlichen Startbarkeit des Wagens mit einem Schraubendreher oder zur genauen Funktionsweise des Zündschlosses zum Tatzeitpunkt mehr möglich gewesen. Die unterlassene Angabe des Defekts durch den Fahrzeughalter habe die Beweissituation der Versicherung in diesem spezifischen Punkt also nicht verschlechtert. Ein kausaler Nachteil für die Versicherung durch die Nichtanzeige war nicht erkennbar.
Keine nachgewiesene Herbeiführung des Diebstahls durch den Fahrzeughalter gemäß § 81 VVG
Der schwerwiegende Vorwurf, der Fahrzeughalter habe den Diebstahl durch das defekte Zündschloss zumindest fahrlässig mitverursacht (§ 81 VVG), konnte von der Versicherung ebenfalls nicht ausreichend belegt werden. Das Gericht stellte klar, dass es nicht ausreicht, dass ein solcher Defekt am Zündschloss im Einzelfall theoretisch eine Diebstahlserleichterung darstellen könnte. Vielmehr müssten konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich der Defekt im vorliegenden, konkreten Fall auch tatsächlich auf das Diebstahlsgeschehen ausgewirkt hat.
Solche konkreten Anhaltspunkte waren für das Gericht hier nicht ersichtlich. Wie genau das Fahrzeug von den Dieben gestartet und entwendet wurde, blieb ungeklärt. Es war völlig offen, ob die Täter den Defekt am Zündschloss überhaupt erkannten, ob sie ihn ausnutzten oder ob der Diebstahl in irgendeiner Weise vom Zustand des Zündschlosses abhing. Das Gericht merkte zudem kritisch an, dass ein Täter, der technisch in der Lage ist, ein defektes Zündschloss beispielsweise mit einem Schraubendreher zu überwinden, wahrscheinlich auch über das notwendige Wissen und die Werkzeuge verfügt, um ein intaktes, nicht defektes Zündschloss zu manipulieren oder zu umgehen. Die Beweislast für die Mitursächlichkeit lag bei der Versicherung, und diese konnte sie nach Ansicht des Gerichts nicht erfüllen.
Kenntnis der Versicherung vom Zündschlossdefekt schließt Berufung auf Gefahrerhöhung aus
Schließlich scheiterte auch der Einwand der Versicherung, der Fahrzeughalter habe durch das defekte Zündschloss eine sogenannte Gefahrerhöhung herbeigeführt, die zum Verlust des Versicherungsschutzes führe. Entscheidend war hier für das Gericht, dass die Versicherung von diesem Umstand – dem defekten Zündschloss – bereits Kenntnis hatte.
Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung spätestens mit dem Zugang des Vorgutachtens zum Vollkaskoschaden vom 13. Dezember 2015 Kenntnis von dem Zustand des Zündschlosses erlangt hatte. In diesem Gutachten, das der Versicherung vorlag (als Anlage BLD 4 im Prozess eingeführt), wurde auf Seite 4 das „ausgerissene Zündschloss“ ausdrücklich als Vorschaden aufgeführt. Das Gericht betonte, dass die Versicherung bei der Regulierung dieses früheren Vollkaskoschadens nicht nur Anlass, sondern auch die Pflicht gehabt hätte, die im Gutachten detailliert aufgeführten Vorschäden sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen. Diese Vorschäden seien insbesondere für die korrekte Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs im damaligen Schadensfall relevant gewesen.
Die Versicherung habe die Information über das defekte Zündschloss offensichtlich zur Kenntnis genommen, daraus aber keine versicherungsrechtlichen Konsequenzen gezogen. Sie hätte beispielsweise vom Fahrzeughalter eine Reparatur des Zündschlosses verlangen, den Versicherungsvertrag kündigen oder eine Prämienerhöhung vornehmen können. Dass sie dies unterließ, könne nicht zulasten des Fahrzeughalters gehen. Da die Versicherung somit nachweislich Kenntnis von dem potenziell gefahrerhöhenden Umstand des defekten Zündschlosses hatte, konnte sie sich später nicht darauf berufen, es habe eine ihr unbekannte Gefahrerhöhung vorgelegen, die den Versicherungsschutz entfallen lasse.
Ausblick und Empfehlung des Gerichts: Fortführung der Berufung durch die Versicherung kritisch zu prüfen
Das Oberlandesgericht räumte zwar ein, dass die vom Landgericht nicht vernommene Zeugin zum genauen Abstellort des Fahrzeugs vor dem Diebstahl noch gehört werden könnte, sollte die Versicherung auf dieser Vernehmung bestehen. Es wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass selbst im Falle einer für die Versicherung möglicherweise ergebnislosen Zeugenaussage weiterhin auf die glaubwürdigen Angaben des persönlich angehörten Fahrzeughalters zurückgegriffen werden könne.
Angesichts der Tatsache, dass die Hauptangriffspunkte der Berufung vom Gericht als unbegründet und nicht erfolgversprechend angesehen wurden, legte das Oberlandesgericht der Versicherung eindringlich nahe, die Fortführung des Berufungsverfahrens kritisch zu prüfen und die Berufung gegebenenfalls zurückzunehmen. Dieser Hinweis dient dazu, den Parteien die Möglichkeit zu geben, ein langwieriges und kostenintensives Verfahren zu vermeiden, wenn die Erfolgsaussichten gering sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil lehrt, dass Kaskoversicherungen bei Autodiebstählen nicht einfach wegen nicht reparierter Vorschäden oder Zündschlossdefekten die Zahlung verweigern können, wenn sie von diesen Umständen bereits Kenntnis hatten. Die Quintessenz liegt darin, dass Versicherungen nachweisen müssen, dass ein defektes Bauteil tatsächlich konkret zum Diebstahl beigetragen hat – theoretische Möglichkeiten reichen nicht aus. Das Urteil stärkt die Position von Versicherungsnehmern, die transparent über Schäden informieren, selbst wenn Formulare keine optimale Differenzierung zwischen „repariert“ und „finanziell reguliert“ ermöglichen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Obliegenheitsverletzung“ im Zusammenhang mit einer Kaskoversicherung und welche Folgen hat sie?
Im Versicherungsrecht gibt es neben der Hauptpflicht des Versicherers, im Schadenfall zu leisten, und Ihrer Hauptpflicht als Versicherungsnehmer, die Versicherungsprämie zu zahlen, auch bestimmte Nebenpflichten. Diese Nebenpflichten werden Obliegenheiten genannt.
Obliegenheiten sind Verhaltensweisen, zu denen Sie sich im Versicherungsvertrag verpflichten. Sie sollen dazu dienen, das Risiko für den Versicherer einschätzbar zu halten, Schäden möglichst zu vermeiden oder zu mindern und die Abwicklung eines Schadens zu erleichtern.
Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn Sie eine solche im Versicherungsvertrag vereinbarte oder auch gesetzlich vorgeschriebene Pflicht nicht erfüllen.
Beispiele für Obliegenheiten in der Kaskoversicherung
Typische Beispiele für Obliegenheiten, die Sie als Versicherungsnehmer haben, sind:
- Vorvertragliche Obliegenheiten: Das betrifft Pflichten, die Sie schon vor Vertragsabschluss erfüllen müssen, wie z.B. richtige und vollständige Angaben zu allen relevanten Fragen des Versicherers zu machen (z.B. zum Fahrzeugtyp, zur Nutzung, zum Fahrerkreis).
- Während der Vertragslaufzeit bestehende Obliegenheiten: Dazu gehört z.B. die Pflicht, bekannte Mängel am Fahrzeug, die das Risiko erhöhen, beheben zu lassen oder dem Versicherer zu melden. Auch die Pflicht, das Fahrzeug sorgfältig zu behandeln (z.B. bei Glatteis vorsichtig fahren, das Fahrzeug ordnungsgemäß gegen Diebstahl sichern) gehört hierzu.
- Obliegenheiten im Schadenfall: Nach einem Unfall oder Schaden müssen Sie den Schaden dem Versicherer unverzüglich melden. Sie sind auch verpflichtet, alles zu tun, um den Schaden möglichst gering zu halten (z.B. das Fahrzeug nicht weiter nutzen, wenn dadurch größere Schäden entstehen könnten). Außerdem müssen Sie bei der Aufklärung des Schadenfalls mitwirken und wahrheitsgemäße Angaben machen.
Welche Folgen hat eine Obliegenheitsverletzung?
Eine Obliegenheitsverletzung kann dazu führen, dass der Versicherer im Schadenfall nicht oder nicht vollständig zahlen muss. Die Folgen hängen jedoch von mehreren Faktoren ab:
- Wann wurde die Obliegenheit verletzt?
- Vorvertragliche Obliegenheit (z.B. falsche Angaben bei Vertragsabschluss): Hier kann der Versicherer unter Umständen vom Vertrag zurücktreten oder ihn anfechten. Tritt ein Schaden ein, bevor dies geschieht, kann der Versicherer unter Umständen die Leistung verweigern oder kürzen.
- Obliegenheit während der Vertragslaufzeit oder im Schadenfall: Hier richtet sich die Folge in erster Linie danach, ob die Verletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgte.
- Wie schwer war das Verschulden?
- Vorsatz: Handeln Sie absichtlich entgegen einer Obliegenheit (z.B. geben Sie absichtlich falsche Informationen zum Unfallhergang an), kann der Versicherer grundsätzlich die Zahlung vollständig verweigern.
- Grobe Fahrlässigkeit: Liegt eine grobe Fahrlässigkeit vor (Sie missachten also in besonders schwerem Maße die erforderliche Sorgfalt, z.B. lassen Sie den Fahrzeugschlüssel offen im Auto liegen, obwohl Sie sich nur kurz entfernen), kann der Versicherer die Leistung verhältnismäßig kürzen. In schweren Fällen kann dies auch zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers führen.
- Einfache Fahrlässigkeit oder kein Verschulden: Haben Sie die Obliegenheit nur leicht fahrlässig verletzt oder trifft Sie kein Verschulden, hat dies oft keine oder nur geringe Auswirkungen auf den Versicherungsschutz.
- Gab es einen Zusammenhang zwischen Verletzung und Schaden?
- Auch wenn Sie eine Obliegenheit verletzt haben, muss der Versicherer manchmal trotzdem zahlen, wenn die Verletzung weder für den Eintritt des Schadens noch für die Feststellung oder den Umfang des Schadens ursächlich war. Ein Beispiel: Sie haben vergessen, eine kleine bauliche Veränderung am Fahrzeug zu melden (Obliegenheitsverletzung), der Schaden ist aber durch einen Auffahrunfall passiert, der in keinem Zusammenhang mit der Veränderung stand.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Obliegenheitsverletzung kann Ihren Versicherungsschutz in der Kaskoversicherung gefährden. Die konkreten Folgen, bis hin zum teilweisen oder vollständigen Verlust des Anspruchs auf Versicherungsleistung, hängen stark davon ab, welche Obliegenheit verletzt wurde, wie schwer Ihr Verschulden war und ob ein Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Schaden besteht.
Was ist eine „Gefahrerhöhung“ im Kontext einer Kaskoversicherung und wie wirkt sie sich auf den Versicherungsschutz aus?
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Kaskoversicherung für Ihr Auto abgeschlossen. Der Versicherer hat den Preis (Ihren Beitrag) unter anderem danach berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Schaden oder Diebstahl passiert. Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich Umstände ändern, die dazu führen, dass das Risiko eines solchen Schadens oder Diebstahls deutlich höher wird als ursprünglich bei Vertragsabschluss angenommen.
Das Versicherungsrecht sieht vor, dass der Versicherer über solche wesentlichen Änderungen informiert werden muss. Der Grund dafür ist, dass die Grundlage für die ursprüngliche Risikoeinschätzung und damit für den vereinbarten Beitrag nicht mehr stimmt.
Was bedeutet Gefahrerhöhung konkret bei der Kaskoversicherung?
Eine Gefahrerhöhung kann viele Formen annehmen. Es geht immer um Veränderungen, die das Risiko für das versicherte Fahrzeug spürbar anheben. Beispiele, die für eine Kaskoversicherung relevant sein können, sind:
- Umbauten am Fahrzeug: Wenn Sie zum Beispiel die Motorleistung stark erhöhen (Chiptuning), was das Unfallrisiko steigern kann. Oder wenn Sie optische Änderungen vornehmen, die das Auto besonders attraktiv für Diebe machen könnten, ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu treffen.
- Veränderung des Abstellorts: Wenn Sie das Fahrzeug nicht mehr wie vereinbart in einer sicheren Einzelgarage, sondern regelmäßig über Nacht auf einer wenig beleuchteten Straße in einem Bereich mit hoher Kriminalitätsrate parken.
- Nutzungsänderung: Wenn Sie ein privat versichertes Fahrzeug plötzlich gewerblich nutzen, zum Beispiel für Kurierfahrten oder als Mietwagen, wodurch es viel mehr gefahren wird oder in risikoreichere Situationen kommt.
Es muss sich dabei um eine dauerhafte oder zumindest längerfristige Änderung handeln, nicht nur um eine einmalige oder kurzfristige Situation.
Was passiert, wenn die Gefahr sich erhöht?
Wenn eine solche Gefahrerhöhung eintritt, haben Sie nach dem Gesetz (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) eine Mitteilungspflicht gegenüber Ihrem Versicherer. Das gilt allerdings nur, wenn die Gefahrerhöhung nach Vertragsabschluss eingetreten ist und Sie davon Kenntnis haben.
- Wenn Sie die Gefahrerhöhung der Versicherung mitteilen: Die Versicherung kann den Vertrag an die neuen Umstände anpassen. Das kann bedeuten, dass der Beitrag erhöht wird, um dem gestiegenen Risiko gerecht zu werden. Die Versicherung kann aber auch den Schutz für das erhöhte Risiko ausschließen oder den Vertrag kündigen. Bis eine dieser Reaktionen erfolgt oder eine vereinbarte Frist abläuft, besteht Ihr Versicherungsschutz grundsätzlich weiter, möglicherweise aber schon zu geänderten Bedingungen.
- Wenn Sie die Gefahrerhöhung der Versicherung nicht mitteilen (obwohl Sie davon wussten): Das kann gravierende Folgen für Ihren Versicherungsschutz im Schadenfall haben. Wenn ein Schaden eintritt, der mit der nicht gemeldeten Gefahrerhöhung zusammenhängt, kann die Versicherung die Zahlung kürzen oder sogar ganz verweigern. Der Umfang hängt davon ab, ob Sie die Mitteilungspflicht vorsätzlich (absichtlich) oder grob fahrlässig (sehr unachtsam) verletzt haben und ob der Schaden gerade wegen der Risikoerhöhung eingetreten ist.
- Wenn Sie nichts von der Gefahrerhöhung wussten: Wussten Sie nichts von der Gefahrerhöhung und konnten Sie davon auch keine Kenntnis haben, trifft Sie grundsätzlich keine Mitteilungspflicht. Tritt ein Schaden ein, bevor die Versicherung von der Gefahrerhöhung erfahren hat, ist Ihr Versicherungsschutz in der Regel nicht beeinträchtigt. Sobald die Versicherung jedoch Kenntnis erlangt, kann sie auch dann noch die oben genannten Maßnahmen für die Zukunft ergreifen (Beitrag anpassen, Schutz ausschließen, kündigen).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Gefahrerhöhung ist eine wichtige Änderung des Risikos. Kennen Sie diese Änderung, sollten Sie Ihren Versicherer informieren, um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden.
Inwiefern beeinflusst ein Vorschaden an einem Fahrzeug den Anspruch auf Leistungen aus der Kaskoversicherung im Falle eines Diebstahls?
Ein Vorschaden an Ihrem Fahrzeug bedeutet nicht automatisch, dass Ihr Anspruch aus der Kaskoversicherung bei einem Diebstahl entfällt. Der Versicherungsschutz besteht grundsätzlich auch dann, wenn das Fahrzeug zuvor bereits Schäden aufwies.
Wann ein Vorschaden den Versicherungsschutz beeinflussen kann
Es gibt jedoch bestimmte Umstände, unter denen ein Vorschaden oder dessen Umgang damit für den Versicherungsschutz bei Diebstahl relevant werden kann:
- Verschweigen des Vorschadens bei Vertragsabschluss: Wenn Sie beim Abschluss der Versicherung einen erheblichen Vorschaden, von dem Sie wussten, arglistig, also mit Absicht, verschwiegen haben, kann dies die Grundlage für den Versicherungsvertrag beeinflussen. Die Versicherung könnte dann berechtigt sein, den Vertrag anzufechten oder davon zurückzutreten. Das kann dazu führen, dass Sie im Schadensfall keinen Schutz haben. Es geht hierbei um die Informationspflicht gegenüber der Versicherung bei Vertragsabschluss.
- Der Vorschaden hat den Diebstahl begünstigt: Stellen Sie sich vor, der Vorschaden war ein defektes Türschloss, das Sie nicht repariert haben. Wenn das Fahrzeug genau deswegen leicht gestohlen werden konnte, weil das Schloss kaputt war, könnte die Versicherung argumentieren, dass der Diebstahl (auch) auf Ihren nicht behobenen Vorschaden zurückzuführen ist. Dies könnte den Anspruch beeinträchtigen oder mindern.
Auswirkung des Vorschadens auf die Höhe der Leistung
Auch wenn der Versicherungsschutz grundsätzlich besteht, hat ein Vorschaden fast immer eine Auswirkung auf die Höhe der Leistung, die Sie im Falle eines Diebstahls erhalten. Die Kaskoversicherung ersetzt bei einem Totalverlust, wozu ein Diebstahl zählt, in der Regel den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Diebstahls.
Der Wiederbeschaffungswert ist der Preis, den Sie auf dem Gebrauchtwagenmarkt bezahlen müssten, um ein vergleichbares Fahrzeug zu kaufen. Ein bereits vorhandener Schaden, der nicht behoben wurde, mindert diesen Wert. Das bedeutet, dass die Versicherung aufgrund des Vorschadens einen geringeren Betrag auszahlen wird, als wenn das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Diebstahls schadenfrei gewesen wäre.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Vorschaden allein führt nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes bei Diebstahl, solange er nicht arglistig verschwiegen wurde oder direkt zur Möglichkeit des Diebstahls beigetragen hat. Er beeinflusst aber in der Regel die Höhe der Auszahlung, da er den Wert des gestohlenen Fahrzeugs mindert.
Welche Rolle spielt das Verschulden des Versicherungsnehmers bei der Mitverursachung eines Diebstahls im Hinblick auf die Versicherungsleistung?
Ja, Ihr eigenes Verhalten kann eine wichtige Rolle für die Versicherungsleistung spielen, wenn Ihr Fahrzeug gestohlen wird und Sie den Diebstahl durch Ihr Handeln mitverursacht haben.
Was bedeutet „Verschulden“ in diesem Zusammenhang?
Beim Diebstahl spricht man vom Verschulden des Versicherungsnehmers meistens von Fahrlässigkeit. Das bedeutet, Sie haben die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Sie wollten den Diebstahl nicht absichtlich herbeiführen, aber durch Ihr unvorsichtiges Verhalten haben Sie ihn begünstigt.
Denken Sie an Situationen wie:
- Das Fahrzeug unverschlossen abstellen.
- Den Fahrzeugschlüssel unbeaufsichtigt im Fahrzeug lassen.
- Die Fahrzeugpapiere sichtbar im Auto liegen lassen.
Rechtliche Grundlagen und Folgen
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) enthält Regeln dazu, wann ein Versicherer seine Leistung kürzen kann, wenn der Versicherungsnehmer etwas falsch gemacht hat. Ein wichtiger Grundsatz, der sich unter anderem aus § 81 VVG ergibt, ist, dass der Versicherer seine Leistung kürzen oder ganz verweigern kann, wenn ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers vorliegt.
Zusätzlich enthalten die Versicherungsbedingungen oft konkrete Pflichten, sogenannte Obliegenheiten, die Sie erfüllen müssen, um Ihr Fahrzeug vor Diebstahl zu schützen (z.B. Fahrzeug abschließen, Sicherheitssysteme aktivieren). Wenn Sie eine solche Pflicht schuldhaft – also fahrlässig oder vorsätzlich – verletzen und diese Verletzung ursächlich für den Diebstahl war, kann dies ebenfalls zur Kürzung oder zum vollständigen Wegfall der Versicherungsleistung führen.
Das Ausmaß des Verschuldens ist entscheidend
Die genauen Folgen hängen davon ab, wie schwer Ihr Verschulden war und wie sehr es zum Diebstahl beigetragen hat:
- Einfache Fahrlässigkeit: Wenn Sie zum Beispiel kurz vergessen haben, das Lenkradschloss einzurasten. Hier kann es zu einer Kürzung der Leistung kommen, oft aber nicht zum vollständigen Verlust.
- Grobe Fahrlässigkeit: Wenn Sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt haben. Das wäre der Fall, wenn Sie den Fahrzeugschlüssel sichtbar im Auto lassen oder das Fahrzeug bei laufendem Motor unbeaufsichtigt parken. Bei grober Fahrlässigkeit kann die Kürzung der Leistung sehr deutlich ausfallen oder sogar zum vollständigen Verlust des Versicherungsanspruchs führen.
Für Sie bedeutet das: Bei einem Diebstahl wird der Versicherer prüfen, ob und inwieweit Ihr eigenes Verhalten den Diebstahl ermöglicht oder erleichtert hat und wie schwerwiegend Ihr Verschulden dabei war. Je nach Ergebnis dieser Prüfung kann Ihre Versicherungsleistung gekürzt werden.
Was kann ich tun, wenn meine Kaskoversicherung die Zahlung nach einem Diebstahl aufgrund von angeblichen Falschangaben oder Verschweigen von Mängeln verweigert?
Wenn Ihre Kaskoversicherung nach einem Autodiebstahl die Zahlung ablehnt und dies mit angeblichen Falschangaben oder verschwiegenen Mängeln begründet, bezieht sich die Versicherung meist auf Pflichten, die Sie als Versicherungsnehmer haben. Diese Pflichten bestehen sowohl beim Abschluss des Vertrags als auch während der Vertragslaufzeit.
Warum die Versicherung die Zahlung ablehnen könnte
Versicherungen prüfen bei einem Schadenfall, ob alle Angaben, die Sie beim Vertragsabschluss gemacht haben, korrekt waren und ob Sie alle wichtigen Umstände mitgeteilt haben. Sie prüfen auch, ob Sie während der Vertragslaufzeit bestimmte Dinge beachtet haben (sogenannte Obliegenheiten). Dazu gehört zum Beispiel, dass Sie keine wichtigen Mängel am Fahrzeug verschweigen, die das Diebstahlrisiko erhöhen könnten, oder dass Sie den Diebstahl unverzüglich melden und wahrheitsgemäße Angaben zum Hergang machen.
Wenn die Versicherung der Ansicht ist, dass Sie gegen diese Pflichten verstoßen haben – zum Beispiel, weil Sie bei Vertragsabschluss falsche Angaben zum Fahrzeugzustand gemacht haben oder einen wichtigen Schaden vor dem Diebstahl nicht gemeldet haben, der für die Sicherheit relevant war – kann sie die Zahlung ganz oder teilweise verweigern.
Was es bedeutet, wenn die Versicherung die Zahlung verweigert
Sie erhalten von der Versicherung eine schriftliche Begründung, warum sie nicht zahlen will. Diese Begründung muss darlegen, welche Falschangaben oder verschwiegenen Mängel die Versicherung meint und warum diese ihrer Meinung nach dazu führen, dass sie nicht leisten muss.
Die Sichtweise der Versicherung prüfen
In einer solchen Situation ist es wichtig, die genauen Gründe der Versicherung zu verstehen. Es geht dann darum zu prüfen, ob die von der Versicherung behaupteten Falschangaben oder Mängel tatsächlich vorlagen und ob diese wirklich relevant waren.
Wichtige Punkte aus juristischer Sicht
Aus juristischer Sicht muss die Versicherung in der Regel nachweisen, dass Sie Ihre Pflichten verletzt haben. Es muss also bewiesen werden, dass Sie falsche Angaben gemacht oder Mängel verschwiegen haben. Zudem muss oft ein Zusammenhang (Kausalität) zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden oder der Diebstahlsicherheit bestehen. Auch die Frage, ob Sie vorsätzlich (absichtlich) oder grob fahrlässig (besonders unvorsichtig) gehandelt haben, spielt eine Rolle. Je nachdem, wie schwer das Verschulden ist, kann die Versicherung die Leistung kürzen oder ganz verweigern.
Wie mit der Ablehnung umgegangen wird
Wenn Sie die Begründung der Versicherung erhalten, beinhaltet die Klärung der Situation oft eine genaue Betrachtung der Fakten: Welche Informationen wurden wann gegeben? Welche Mängel bestanden? Was steht genau in Ihrem Versicherungsvertrag über Ihre Pflichten? Ziel ist es festzustellen, ob die Vorwürfe der Versicherung zutreffend sind und ob die daraus gezogenen Konsequenzen (Zahlungsverweigerung) rechtlich haltbar sind.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Arglistige Täuschung
Arglistige Täuschung bedeutet, dass jemand bewusst falsche Tatsachen angibt, um einen anderen zu täuschen und daraus einen Vorteil zieht. Im Versicherungsrecht kann das der Versicherungsnehmer tun, wenn er bei der Antragstellung oder im Schadenformular wichtige Schäden absichtlich falsch oder unvollständig angibt, um die Versicherung zu einer Leistung zu bewegen. Wenn die Versicherung nachweist, dass eine arglistige Täuschung vorliegt, kann sie den Vertrag anfechten oder die Leistung verweigern. Dabei muss die Täuschung bewusst erfolgen, also mit der Absicht, die Versicherung zu täuschen, nicht nur aus Versehen.
Beispiel: Wenn Sie im Schadensformular angeben, ein Schaden sei repariert, obwohl das Fahrzeug nur finanziell entschädigt wurde, kann dies eine arglistige Täuschung sein, wenn Sie bewusst falsche Angaben machen.
Obliegenheitsverletzung
Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer eine im Vertrag oder Gesetz festgelegte Nebenpflicht nicht erfüllt. Diese Pflichten dienen dazu, den Versicherer vor unvorhergesehenen Risiken zu schützen, Schäden zu mindern oder die Schadensabwicklung zu erleichtern. Im Schadenfall kann eine Obliegenheitsverletzung etwa das Verschweigen eines bekannten Defekts am Fahrzeug sein. Die Folge ist, dass der Versicherer die Leistung ganz oder teilweise verweigern kann, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgte und kausal für den Schaden war.
Beispiel: Wer einen Defekt am Zündschloss nicht meldet, obwohl eine Meldepflicht besteht und dieser Defekt mit dem Diebstahl zusammenhängen könnte, verletzt eine Obliegenheit.
Gefahrerhöhung
Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich das Risiko eines Schadens nach Vertragsabschluss deutlich erhöht, etwa durch eine dauerhafte Änderung am Versicherungsobjekt oder dessen Nutzung. Der Versicherungsnehmer muss solche Änderungen dem Versicherer unverzüglich mitteilen, damit dieser Beitrag, Versicherungsschutz oder Vertragsbedingungen anpassen kann. Unterbleibt diese Mitteilung und führt die Gefahrerhöhung zu einem Schaden, kann der Versicherer die Leistung ganz oder teilweise verweigern. Die Versicherungsschutz besteht aber weiter, bis der Versicherer reagiert oder den Vertrag kündigt.
Beispiel: Wenn ein Fahrzeug dauerhaft an einem riskanteren Ort geparkt wird, erhöht sich das Diebstahlrisiko. Der Versicherer muss darüber informiert werden.
§ 81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) – Mitverursachung durch den Versicherungsnehmer
§ 81 VVG regelt, dass der Versicherer seine Leistung ganz oder teilweise verweigern kann, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat. Bei Kaskoversicherungen kann das etwa der Fall sein, wenn das Fahrzeug wegen eines bekannt mangelhaften Zündschlosses leichter gestohlen wird und der Versicherungsnehmer dies nicht behoben hat. Der Nachweis für die Mitverursachung und den Grad des Verschuldens liegt beim Versicherer. Ohne konkrete Beweise für die Mitwirkung des Versicherungsnehmers am Schadenseintritt besteht kein Anspruch auf Leistungskürzung.
Beispiel: Wird ein Auto wegen eines defekten Zündschlosses gestohlen und der Halter hat den Mangel nicht beheben lassen, kann der Versicherer die Leistung nach § 81 VVG kürzen, falls er den Zusammenhang beweist.
Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)
Ein Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO ist ein besonderer Beschluss des Oberlandesgerichts im Berufungsverfahren, mit dem das Gericht den Parteien frühzeitig seine vorläufige Sicht auf die Erfolgsaussichten der Berufung mitteilt. Er soll dazu dienen, den Parteien eine realistische Einschätzung zu geben, um unnötige Verfahrenskosten zu vermeiden. Dieser Beschluss ist nicht endgültig, sondern eine vorläufige Orientierung, die nicht bindend ist, aber oft eine wichtige Guidance für das weitere Vorgehen im Rechtsstreit darstellt.
Beispiel: Das OLG erklärt in einem Hinweisbeschluss, dass eine Berufung voraussichtlich erfolglos bleiben wird, sodass die Partei überlegen kann, das Verfahren zu beenden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Vorschrift regelt die Folgen einer Verletzung von Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer, insbesondere ob und wie die Versicherung ihre Leistung kürzen oder verweigern darf, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden durch eine Obliegenheitsverletzung mitverursacht hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung behauptet, dass der Fahrzeughalter durch den Defekt am Zündschloss den Diebstahl zumindest fahrlässig mitverursacht habe, was zu einer Leistungsreduzierung oder Leistungsverweigerung führen könnte. Das Gericht stellte jedoch fest, dass hierfür keine konkreten Nachweise vorliegen.
- § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Leistungs- und Treuepflicht: Diese Vorschrift verpflichtet Parteien zu Treu und Glauben, was auch im Versicherungsvertrag bedeutet, dass der Versicherungsnehmer Schäden und Risiken wahrheitsgemäß und vollständig angeben muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung wirft dem Fahrzeughalter arglistige Falschangaben bezüglich früherer Vorschäden vor, was nach dieser Grundregel eine Anspruchsminderung rechtfertigen könnte. Das Gericht erkannte jedoch an, dass die Angaben im Formular ausreichend differenziert waren und keine arglistige Täuschung vorlag.
- Obliegenheiten im Versicherungsvertrag: Obliegenheiten sind Pflichten des Versicherungsnehmers, die vor oder während der Vertragslaufzeit eingehalten werden müssen, beispielsweise die Anzeige von Gefahrerhöhungen oder Schäden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Fahrzeughalter soll den Defekt am Zündschloss nicht angezeigt haben, was eine Obliegenheitsverletzung darstellt. Das Gericht wies diesen Vorwurf zurück, da die Versicherung durch fehlende Nachweise keinen Schaden wegen der Nichtanzeige belegen konnte.
- Gefahrerhöhung und Kenntnis der Versicherung: Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich das Risiko für die Versicherung während der Vertragslaufzeit erhöht, ohne dass die Versicherung davon Kenntnis hat. Fehlt die Kenntnis, kann der Versicherungsschutz entfallen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung beruft sich auf eine Gefahrerhöhung durch den Zündschlossdefekt. Das Gericht entschied jedoch, dass die Versicherung bereits Kenntnis von diesem Vorschaden hatte, sodass ein Schutzverlust wegen Gefahrerhöhung ausgeschlossen ist.
- § 522 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Vorschrift erlaubt dem Gericht im Berufungsverfahren einen Hinweisbeschluss zu erlassen, um die Erfolgsaussichten einer Berufung vorab einzuschätzen und den Parteien frühzeitig mitzuteilen, wie das Verfahren voraussichtlich ausgeht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Hinweisbeschluss des OLG Hamburg zeigt klar, dass die Berufung der Versicherung überwiegend keine Aussicht auf Erfolg hat und spricht eine Empfehlung aus, die Berufung zurückzunehmen, um Kosten zu sparen.
- Beweislastregel bei Obliegenheitsverletzungen: Grundsätzlich liegt es bei der Versicherung, die Verletzung der Obliegenheit sowie daraus entstehende Nachteile und deren Kausalität für den Schaden zu beweisen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung konnte den Nachweis, dass der Defekt am Zündschloss den Diebstahl mitverursacht habe oder dass die Nichtanzeige die Beweislage zu ihrem Nachteil beeinflusst hätte, nicht erbringen, weswegen das Gericht ihre Einwendungen ablehnte.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 14 U 106/17 – Beschluss vom 10.04.2018
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