Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind Obliegenheiten in meiner Kfz-Versicherung und welche Bedeutung haben sie für mich?
- Wann kann meine Kfz-Haftpflichtversicherung Geld von mir zurückfordern, obwohl sie den Schaden an den Unfallgegner bereits bezahlt hat?
- Welche Aufklärungspflichten habe ich als Versicherungsnehmer nach einem Unfall gegenüber meiner Kfz-Versicherung?
- Was bedeutet eine arglistige Verletzung meiner Versicherungspflichten und welche gravierenden Folgen hat das?
- Kann ich mein Unfallfahrzeug verkaufen oder umbauen, bevor meine Versicherung den Schaden abschließend geprüft hat?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 20 C 288/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Mönchengladbach-Rheydt
- Datum: 01.03.2019
- Aktenzeichen: 20 C 288/17
- Verfahrensart: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, die vom Beklagten die Rückzahlung regulierter Schadenskosten forderte, weil dieser seine vertraglichen Aufklärungspflichten verletzt hatte.
- Beklagte: Der Versicherungsnehmer, dessen Fahrzeug einen Unfall verursachte und der von der Klägerin zur Zahlung von Aufwendungen aufgefordert wurde. Er bestritt die Kausalität seiner Pflichtverletzung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Sachverständiger verursachte mit dem versicherten Fahrzeug des Beklagten einen Parkschaden. Der Beklagte verweigerte später, sein inzwischen verkauftes Fahrzeug für eine weitere Begutachtung zur Verfügung zu stellen, obwohl die Versicherung dies zur Prüfung der Schadenshöhe forderte. Die Versicherung regulierte den Schaden gegenüber dem Geschädigten und forderte danach die Kosten vom Beklagten zurück.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Versicherungsnehmer seine vertragliche Pflicht zur Aufklärung eines Versicherungsfalls arglistig verletzt hat, wodurch der Versicherer einen Regressanspruch gegen ihn geltend machen kann.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht bestätigte das bereits ergangene Versäumnisurteil. Demnach muss der Beklagte die von der Versicherung geforderten 2.500,00 EUR plus Zinsen zahlen und die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte seine vertragliche Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat. Er verweigerte es, das Fahrzeug für eine Gegenüberstellung zur Schadensfeststellung zur Verfügung zu stellen, obwohl dies zumutbar und notwendig gewesen wäre. Die Versicherung hatte den Beklagten auch ausreichend über die Konsequenzen dieser Pflichtverletzung belehrt.
- Folgen: Aufgrund der arglistigen Pflichtverletzung des Beklagten war die Versicherung intern von ihrer Leistungspflicht befreit. Da sie den Schaden gegenüber dem Geschädigten dennoch regulieren musste, hat sie nun einen Regressanspruch gegen den Beklagten in Höhe der gezahlten Aufwendungen.
Der Fall vor Gericht
Wenn die eigene Versicherung Geld zurückfordert: Ein Urteil über die Pflicht zur Mithilfe
Jeder Autofahrer kennt es: Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit, und schon ist es passiert. Ein Blechschaden. Normalerweise ist das ein klarer Fall für die Haftpflichtversicherung. Man meldet den Schaden, die Versicherung prüft ihn und bezahlt die Reparatur des Unfallgegners. Aber was passiert, wenn man als Versicherter seiner eigenen Versicherung bei der Aufklärung des Schadens nicht hilft? Genau diese Frage musste ein Gericht klären, nachdem ein Autofahrer sich weigerte, sein Fahrzeug für eine Untersuchung zur Verfügung zu stellen.
Ein ungewöhnlicher Unfall mit Folgen

Die Ausgangslage war bereits besonders. Der Besitzer eines Wagens, nennen wir ihn Herr M., hatte sein Fahrzeug nicht selbst gefahren, als der Unfall passierte. Stattdessen saß ein Sachverständiger am Steuer, also ein Gutachter, der im Auftrag einer anderen Versicherung handelte und das Auto von Herrn M. im Rahmen einer Schadensprüfung fuhr. Bei diesem Manöver rollte der Gutachter versehentlich rückwärts gegen ein anderes geparktes Auto. Der Schaden war also unstrittig durch das Fahrzeug von Herrn M. verursacht worden, weshalb seine Haftpflichtversicherung zuständig war.
Der Besitzer des beschädigten Wagens meldete seinerseits einen Schaden von über 2.700 Euro. Doch hier begannen die Probleme. Der Gutachter, der den Unfall verursacht hatte, äußerte sofort Zweifel. Er sei nur sehr langsam gerollt und lediglich mit dem Auspuff gegen das andere Auto gestoßen. Die gemeldete Schadenshöhe erschien ihm viel zu hoch. Wegen dieser Zweifel schaltete die Versicherung von Herrn M. einen eigenen Gutachter ein, um die Sache genauer zu prüfen.
Die Weigerung, die alles veränderte
Der von der Versicherung beauftragte Gutachter kam schnell zu einem ähnlichen Ergebnis wie sein Kollege: Der gemeldete Schaden schien überhöht. Um aber eine endgültige und rechtssichere Aussage treffen zu können, war für ihn eine Sache unerlässlich: eine sogenannte Gegenüberstellung. Das bedeutet, er wollte beide am Unfall beteiligten Fahrzeuge direkt nebeneinander untersuchen, um die Schäden abzugleichen und die Plausibilität des Unfallhergangs zu prüfen. Das ist so, als würde man zwei Puzzleteile aneinanderhalten, um zu sehen, ob sie wirklich zusammenpassen.
Doch als die Versicherung Herrn M. bat, sein Fahrzeug für diese Gegenüberstellung bereitzustellen, weigerte er sich zunächst. Nach einem Telefonat, in dem ihn eine Mitarbeiterin der Versicherung auf seine vertraglichen Pflichten hinwies, lenkte er kurzzeitig ein und stimmte der Untersuchung zu. Als der Gutachter ihn jedoch anrief, um einen Termin zu vereinbaren, kam die überraschende Wende: Herr M. teilte ihm mit, dass er das Auto verkauft habe und die Daten des neuen Käufers nicht herausgeben werde. Damit war eine Untersuchung unmöglich geworden. Die Versicherung konnte den Verdacht des überhöhten Schadens nicht mehr beweisen und zahlte schließlich die geforderte Summe an den Geschädigten, um einen teuren und unsicheren Gerichtsprozess zu vermeiden.
Der Streit landet vor Gericht
Nachdem die Versicherung den Schaden bezahlt hatte, forderte sie von ihrem eigenen Kunden, Herrn M., einen Teil des Geldes zurück. Konkret verlangte sie 2.500 Euro. Da Herr M. nicht zahlte, reichte die Versicherung Klage ein. Das Gerichtsverfahren selbst verlief turbulent. Mehrfach ergingen sogenannte Versäumnisurteile. Ein Versäumnisurteil ist eine Entscheidung, die ein Gericht fällt, wenn eine der beiden Parteien nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint. Hier fehlte mal Herr M., mal ein Vertreter der Versicherung.
Gegen diese Urteile legten beide Seiten jeweils Einspruch ein. Ein Einspruch ist ein Rechtsmittel, das den Prozess wieder in den Zustand vor dem Versäumnisurteil zurückversetzt. Am Ende musste das Gericht also doch eine inhaltliche Entscheidung treffen: Muss Herr M. das Geld an seine Versicherung zurückzahlen oder nicht?
Die zentrale Frage: Hat der Versicherte seine Pflichten verletzt?
Im Kern ging es um eine einzige, aber entscheidende Frage: Hat Herr M. durch seine Weigerung, das Auto untersuchen zu lassen, eine vertragliche Pflicht verletzt? In jedem Versicherungsvertrag gibt es sogenannte Obliegenheiten. Das sind keine Hauptpflichten wie die Beitragszahlung, sondern eher Verhaltensregeln, an die sich der Versicherte halten muss. Eine der wichtigsten Obliegenheiten ist die Aufklärungspflicht. Sie besagt, dass der Versicherte alles ihm Zumutbare tun muss, um dem Versicherer bei der Klärung eines Schadensfalls zu helfen.
Die Versicherung argumentierte, Herr M. habe diese Aufklärungspflicht verletzt. Und nicht nur das: Er habe es arglistig getan. Arglistig bedeutet in diesem Zusammenhang nicht zwingend, dass jemand sich bereichern will. Es reicht schon aus, wenn der Versicherte bewusst handelt und weiß, dass sein Verhalten die Aufklärung des Versicherers erschweren oder unmöglich machen könnte.
Das Urteil: Die Versicherung bekommt Recht
Das Gericht entschied, dass das letzte Versäumnisurteil gegen Herrn M. aufrechterhalten wird. Das bedeutet im Ergebnis, dass er die geforderten 2.500 Euro an seine Versicherung zahlen muss. Die Klage der Versicherung war also erfolgreich. Doch warum kam das Gericht zu diesem Schluss?
Außen hui, innen pfui: Zwei verschiedene Rechtsverhältnisse
Um die Entscheidung zu verstehen, muss man zwei Ebenen unterscheiden. Da ist zum einen das Außenverhältnis, also die Beziehung zwischen der Versicherung und dem Unfallopfer. Hier war die Versicherung verpflichtet zu zahlen, da unstrittig das versicherte Fahrzeug den Schaden verursacht hatte. Zum anderen gibt es das Innenverhältnis, also die Beziehung zwischen der Versicherung und ihrem Kunden, Herrn M. Hier war das Verhältnis laut Gericht „krank“, weil Herr M. seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt hatte.
Durch die arglistige Verletzung seiner Aufklärungspflicht wurde die Versicherung im Innenverhältnis von ihrer Leistungspflicht befreit. Das bedeutet, obwohl sie nach außen zahlen musste, kann sie sich das Geld von ihrem eigenen Kunden zurückholen. Man kann es sich so vorstellen: Ein Vater bürgt für seinen Sohn bei der Bank (Außenverhältnis). Wenn der Sohn sich aber nicht an die Abmachungen mit dem Vater hält (Innenverhältnis), kann der Vater, nachdem er die Bank bezahlt hat, das Geld vom Sohn zurückverlangen.
Arglistiges Verhalten ohne Bereicherungsabsicht
Das Gericht sah das Verhalten von Herrn M. als arglistig an. Ihm musste klar gewesen sein, dass die Verweigerung der Gegenüberstellung und der anschließende Verkauf des Autos die Aufklärung des Schadens für seine Versicherung massiv erschweren würde. Es war für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum er sich so vehement gegen eine Untersuchung wehrte, die ihm keinen Nachteil gebracht hätte – schließlich war er nicht einmal selbst gefahren. Dieses bewusste Handeln gegen die Interessen des Versicherers reichte für den Vorwurf der Arglist aus.
Die Ausreden des Autobesitzers zählten nicht
Herr M. brachte im Prozess einige Argumente vor, warum sein Verhalten gerechtfertigt gewesen sei. Das Gericht wies jedoch alle zurück.
Sein Einwand, es habe ja bereits ein Gutachten gegeben, zählte nicht, da er dieses der Versicherung erst im laufenden Gerichtsverfahren vorlegte und nicht, als es darauf ankam. Auch das Argument, man hätte ja ein baugleiches Vergleichsfahrzeug für die Begutachtung nehmen können, überzeugte das Gericht nicht. Warum sollte man ein Ersatzfahrzeug nutzen, wenn das Originalfahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch verfügbar war? Gerade bei Unfällen ist die Begutachtung der Originalfahrzeuge die beste und sicherste Methode.
Der entscheidende Fehler: Den Beweis nicht angetreten
Ein weiterer wichtiger Punkt war die sogenannte Kausalität. Das Gesetz geht bei einer arglistigen Pflichtverletzung davon aus, dass genau diese Verletzung der Grund dafür war, dass der Versicherer den Schaden nicht richtig einschätzen und möglicherweise zu viel zahlen musste. Es liegt dann am Versicherten, das Gegenteil zu beweisen. Er müsste also nachweisen, dass seine Weigerung gar keine negativen Folgen für die Versicherung hatte.
Diesen Gegenbeweis konnte Herr M. nicht erbringen. Er konnte nicht darlegen, warum die verhinderte Untersuchung für die Schadensregulierung irrelevant gewesen wäre. Da er seine Chance, die Zweifel der Versicherung auszuräumen, aktiv vereitelt hatte, musste er nun die Konsequenzen tragen. Die Versicherung hatte ihn zudem mehrfach schriftlich und mündlich auf die möglichen Folgen seines Handelns – den Verlust des Versicherungsschutzes – hingewiesen. Er handelte also mit vollem Wissen um das Risiko.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil macht klar: Wer seiner Versicherung bei der Schadensaufklärung nicht hilft, riskiert seinen Versicherungsschutz und muss im schlimmsten Fall selbst zahlen. Die Versicherung war zwar verpflichtet, den Unfallschaden zu begleichen, konnte aber das Geld von ihrem eigenen Kunden zurückfordern, weil dieser die Untersuchung seines Fahrzeugs verweigert und es dann verkauft hatte. Besonders problematisch war, dass der Autobesitzer bewusst handelte und mehrfach auf die Konsequenzen hingewiesen wurde – sein Verhalten galt daher als arglistig. Das Urteil zeigt: Versicherte müssen aktiv dabei mithelfen, Schäden aufzuklären, auch wenn sie selbst nicht gefahren sind oder den Unfall nicht verschuldet haben.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind Obliegenheiten in meiner Kfz-Versicherung und welche Bedeutung haben sie für mich?
Obliegenheiten in Ihrer Kfz-Versicherung sind bestimmte Pflichten oder Verhaltensregeln, die Sie als Versicherungsnehmer erfüllen müssen. Sie gehen über die bloße Zahlung Ihrer Versicherungsbeiträge hinaus und sind wesentlicher Bestandteil Ihres Versicherungsvertrags. Stellen Sie sich diese Obliegenheiten wie „Spielregeln“ vor, die Sie und Ihr Versicherer vereinbart haben, um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten.
Warum gibt es Obliegenheiten und was bedeuten sie für Sie?
Diese Pflichten dienen dazu, dass der Versicherer das Risiko richtig einschätzen und im Schadenfall eine reibungslose Abwicklung gewährleisten kann. Für Sie als Versicherungsnehmer bedeuten sie, dass die Einhaltung dieser Regeln entscheidend für Ihren Versicherungsschutz ist. Wenn Sie eine Obliegenheit nicht beachten, kann dies ernsthafte Konsequenzen für Sie haben.
Man unterscheidet typischerweise zwischen Obliegenheiten, die:
- Vor dem Abschluss der Versicherung gelten (vorvertragliche Obliegenheiten): Hierzu gehört, dass Sie alle Fragen des Versicherers vor Vertragsabschluss wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Wenn Sie beispielsweise relevante Vorschäden oder Punkte in Flensburg verschweigen, kann dies den Versicherungsschutz gefährden.
- Während der Vertragslaufzeit gelten (vertragliche Obliegenheiten): Diese beziehen sich auf Ihr Verhalten im Umgang mit dem versicherten Fahrzeug. Beispiele sind die Pflicht, Ihr Fahrzeug in einem verkehrssicheren Zustand zu halten, es nicht unerlaubt weiterzugeben (z.B. an eine Person ohne gültigen Führerschein) oder keine grob fahrlässigen Handlungen zu begehen, die zu einem Schaden führen könnten (z.B. Fahren unter starkem Alkoholeinfluss). Auch die unverzügliche Meldung wichtiger Änderungen, die das Risiko erhöhen (z.B. eine andere Nutzung des Fahrzeugs), gehört dazu.
- Im Schadenfall gelten (Obliegenheiten im Schadenfall): Wenn ein Unfall passiert ist, haben Sie bestimmte Pflichten. Dazu zählen die unverzügliche Meldung des Schadens an den Versicherer, die Mithilfe bei der Aufklärung des Sachverhalts und die Pflicht, den Schaden so gering wie möglich zu halten (Schadenminderungspflicht, z.B. keine unnötigen Fahrten mit einem stark beschädigten Auto). Auch das Bereithalten von Unterlagen wie Führerschein und Fahrzeugpapieren für die Überprüfung durch den Versicherer ist eine solche Obliegenheit.
Welche Konsequenzen hat die Verletzung einer Obliegenheit?
Die Nichteinhaltung einer Obliegenheit kann weitreichende Folgen haben. Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass Ihr Versicherer ganz oder teilweise von der Leistung befreit wird. Das bedeutet, der Versicherer muss den entstandenen Schaden nicht oder nicht vollständig bezahlen.
Die genauen Konsequenzen hängen davon ab, ob Sie die Obliegenheit:
- Vorsätzlich verletzt haben: Wenn Sie bewusst eine Pflicht nicht erfüllen, kann der Versicherer die Leistung in der Regel vollständig verweigern.
- Grob fahrlässig verletzt haben: Das ist der Fall, wenn Sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße missachtet haben. Hier kann der Versicherer die Leistung kürzen oder im Extremfall ganz verweigern.
- Lediglich fahrlässig verletzt haben: Bei einfacher Fahrlässigkeit kann der Versicherer die Leistung kürzen, aber in der Regel nicht vollständig verweigern.
Oftmals muss die Verletzung der Obliegenheit auch ursächlich für den Schaden oder die Erschwerung der Schadenfeststellung gewesen sein, damit der Versicherer eine Leistung verweigern kann. Die Bedingungen dazu sind detailliert in Ihrem Versicherungsvertrag und im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) festgelegt. Für Sie ist es wichtig zu wissen, dass diese „Spielregeln“ existieren und ihre Missachtung Ihren Versicherungsschutz direkt beeinflussen kann.
Wann kann meine Kfz-Haftpflichtversicherung Geld von mir zurückfordern, obwohl sie den Schaden an den Unfallgegner bereits bezahlt hat?
Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt in der Regel Schäden, die Sie einem Dritten zufügen, um diesen Dritten zu schützen. Dies ist das sogenannte Außenverhältnis – die Beziehung zwischen Ihrer Versicherung und dem Unfallgegner. Selbst wenn Sie den Unfall grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich verursacht haben, muss Ihre Versicherung den Schaden am Unfallgegner zunächst bezahlen, damit der Geschädigte nicht leer ausgeht.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Fall für Sie damit endgültig abgeschlossen ist. Zwischen Ihnen als Versicherungsnehmer und Ihrer eigenen Versicherung besteht ein Innenverhältnis, das auf dem Versicherungsvertrag basiert. Dieser Vertrag enthält bestimmte Pflichten, die Sie als Versicherungsnehmer erfüllen müssen, die sogenannten Obliegenheiten. Wenn Sie diese Pflichten verletzen, kann Ihre Versicherung das an den Unfallgegner gezahlte Geld ganz oder teilweise von Ihnen zurückfordern. Diesen Vorgang nennt man Regress.
Warum fordert die Versicherung Geld zurück?
Die Möglichkeit der Rückforderung ist im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und in den Allgemeinen Kraftfahrtversicherungsbedingungen (AKB) geregelt. Die Versicherung darf Geld von Ihnen zurückfordern, wenn Sie eine Vertragspflicht verletzt haben und diese Pflichtverletzung ursächlich für den Schaden oder die Leistungsfreiheit der Versicherung war.
Typische Gründe für eine Rückforderung (Regress)
Ihre Versicherung kann insbesondere in folgenden Fällen Geld von Ihnen zurückfordern:
- Grobe Fahrlässigkeit: Hierbei handelt es sich um ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten. Sie haben eine Ihnen bekannte Gefahr missachtet und damit die Sorgfaltspflicht in einem außergewöhnlich hohen Maße verletzt.
- Beispiel: Sie übersehen eine deutlich sichtbare rote Ampel, weil Sie stark abgelenkt waren, oder Sie bedienen Ihr Smartphone, während Sie mit hoher Geschwindigkeit fahren und verursachen dadurch einen Unfall.
- Die Versicherung kann in solchen Fällen einen Teil des gezahlten Betrags von Ihnen zurückverlangen.
- Vorsatz: Wenn Sie den Unfall absichtlich herbeigeführt haben.
- Beispiel: Sie fahren bewusst und gewollt auf ein anderes Fahrzeug auf.
- In diesem Fall ist die Versicherung in der Regel sogar vollständig von ihrer Leistungspflicht Ihnen gegenüber befreit und kann das gezahlte Geld komplett zurückfordern.
- Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss: Wenn der Unfall ursächlich darauf zurückzuführen ist, dass Sie zum Zeitpunkt des Unfalls fahruntüchtig waren, weil Sie Alkohol oder Drogen konsumiert hatten.
- Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis: Wenn Sie zum Unfallzeitpunkt keine gültige Fahrerlaubnis besaßen.
- Verletzung von Obliegenheiten nach dem Unfall: Auch nach einem Unfall haben Sie Pflichten gegenüber Ihrer Versicherung.
- Beispiel: Sie melden den Unfall nicht unverzüglich, obwohl Sie dazu verpflichtet wären, oder Sie geben gegenüber dem Unfallgegner ein Schuldanerkenntnis ab, obwohl Sie das laut Versicherungsvertrag nicht dürfen. Auch das Nichterfüllen der Aufklärungspflicht, etwa durch das Verschweigen wichtiger Umstände zum Unfallhergang, kann eine Rückforderung auslösen.
Begrenzung der Rückforderung
Die Höhe der Rückforderung durch Ihre Versicherung ist in vielen Fällen gesetzlich begrenzt. Für Fälle von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beträgt diese Obergrenze nach der Pflichtversicherungsverordnung (PflVersV) oft bis zu 5.000 Euro. Bei schwerwiegenderen Pflichtverletzungen, wie dem Fahren unter Alkoholeinfluss oder ohne Fahrerlaubnis, kann die Rückforderung in bestimmten Fällen auch bis zu 10.000 Euro betragen. Die genaue Höhe hängt dabei vom Grad Ihres Verschuldens und den individuellen Umständen des Einzelfalls ab. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Höchstgrenzen gelten, selbst wenn der von der Versicherung gezahlte Gesamtschaden viel höher war.
Welche Aufklärungspflichten habe ich als Versicherungsnehmer nach einem Unfall gegenüber meiner Kfz-Versicherung?
Nach einem Unfall gegenüber Ihrer Kfz-Versicherung haben Sie als Versicherungsnehmer bestimmte Aufklärungspflichten. Diese Pflichten, oft auch als Obliegenheiten bezeichnet, sind entscheidend für die reibungslose Abwicklung Ihres Versicherungsfalls. Sie dienen dazu, der Versicherung alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese den Schaden korrekt prüfen und regulieren kann.
Die umgehende und wahrheitsgemäße Meldung
Sobald ein Unfall passiert ist, erwartet Ihre Kfz-Versicherung eine unverzügliche Meldung. Das bedeutet: Informieren Sie die Versicherung so schnell wie möglich über den Schadenfall, sobald Sie dazu in der Lage sind. Zögern Sie nicht mit der Meldung, selbst wenn der genaue Schadenumfang oder der Unfallhergang noch nicht vollständig geklärt sind.
Dabei sind alle Ihnen bekannten Details zum Unfall wahrheitsgemäß und vollständig mitzuteilen. Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das: Geben Sie Auskunft über den Ort und die Zeit des Unfalls, den genauen Unfallhergang, die beteiligten Personen und Fahrzeuge sowie die Art und den Umfang der entstandenen Schäden. Falsche oder unvollständige Angaben können weitreichende Folgen haben, bis hin zu einer Kürzung oder Verweigerung der Versicherungsleistung, da die Versicherung sich auf Ihre Aussagen verlassen muss, um den Fall prüfen zu können.
Mitwirkung bei der Schadenermittlung
Neben der reinen Meldung sind Sie auch verpflichtet, bei der Aufklärung des Schadenfalls aktiv mitzuwirken. Dies umfasst die Bereitstellung von Beweismitteln, die Sie gesammelt haben. Dazu gehören beispielsweise Fotos von der Unfallstelle, die Kontaktdaten von möglichen Zeugen oder das Aktenzeichen einer polizeilichen Unfallaufnahme. Auch wenn die Polizei den Unfall aufgenommen hat, sollten Sie diese Informationen an Ihre Versicherung weitergeben.
Zudem müssen Sie der Versicherung oder einem von ihr beauftragten Sachverständigen die Möglichkeit zur Begutachtung des Schadens einräumen. Das bedeutet, Ihr beschädigtes Fahrzeug muss für eine Prüfung zugänglich sein. Auch das Einreichen von erforderlichen Dokumenten, wie zum Beispiel Gutachten oder Reparaturkostenrechnungen, gehört zur Mitwirkungspflicht.
Die Pflicht zur Schadensminderung
Eine weitere wesentliche Verpflichtung ist die sogenannte Schadensminderungspflicht. Das bedeutet, Sie sind gehalten, nach einem Unfall alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den entstandenen Schaden nicht unnötig zu vergrößern oder Folgeschäden zu vermeiden.
Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug ist nach einem Unfall stark beschädigt und steht im Freien: Wenn starker Regen angekündigt ist, sollten Sie es zum Beispiel abdecken oder unterstellen, um weitere Wasserschäden im Innenraum zu verhindern. Ziel dieser Pflicht ist es, die Reparaturkosten und damit die Leistung, die die Versicherung erbringen muss, so gering wie möglich zu halten.
Was bedeutet eine arglistige Verletzung meiner Versicherungspflichten und welche gravierenden Folgen hat das?
Eine „arglistige Verletzung“ Ihrer Versicherungspflichten bedeutet, dass Sie bewusst und absichtlich gegen die Regeln oder Vereinbarungen mit Ihrer Versicherung verstoßen haben. Es geht hierbei nicht um ein einfaches Versehen oder eine Nachlässigkeit. Vielmehr liegt eine bewusste Täuschung vor. Das bedeutet, Sie verschweigen der Versicherung wichtige Informationen oder machen falsche Angaben, obwohl Sie wissen, dass diese Informationen für die Versicherung entscheidend sind, um den Vertrag richtig zu bewerten oder zu gestalten. Sie handeln also mit einem Täuschungswillen.
Diese Pflichten können zum Beispiel schon beim Abschluss eines Versicherungsvertrags beginnen. So sind Sie verpflichtet, alle Fragen der Versicherung zu relevanten Risiken oder Ihrem Zustand (z.B. Gesundheitsfragen bei einer Lebensversicherung oder Vorschäden bei einer Kfz-Versicherung) wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Stellen Sie sich vor, Sie verschweigen bewusst eine schwere Vorerkrankung, obwohl Sie wissen, dass dies die Entscheidung der Versicherung stark beeinflusst hätte. Auch während der Vertragslaufzeit können solche Pflichten entstehen, etwa bei der Meldung eines Schadens, wenn Sie absichtlich falsche Angaben zum Hergang machen, um eine Zahlung zu erhalten, die Ihnen nicht zusteht.
Die gravierendste Folge einer solchen arglistigen Pflichtverletzung ist der vollständige Verlust Ihres Versicherungsschutzes. Das bedeutet konkret:
- Die Versicherung kann sich vom Vertrag lösen.
- Sie muss im Schadenfall keinerlei Leistungen erbringen. Dies gilt selbst dann, wenn der Schaden an sich versichert wäre und auch dann, wenn Sie durch Ihr arglistiges Verhalten gar keinen direkten finanziellen Vorteil erzielen wollten, sondern nur die Aufklärung erschweren wollten.
Das Gesetz, insbesondere das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), sieht in einem solchen bewussten und täuschenden Verhalten eine derart schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Ihnen und der Versicherung, dass Ihr Anspruch auf Versicherungsleistungen vollständig entfällt. Für Sie bedeutet das: Trotz gezahlter Beiträge erhalten Sie im Schadenfall keinerlei Entschädigung.
Kann ich mein Unfallfahrzeug verkaufen oder umbauen, bevor meine Versicherung den Schaden abschließend geprüft hat?
Grundsätzlich ist es nicht ratsam, ein Unfallfahrzeug zu verkaufen oder umzubauen, bevor Ihre Versicherung den Schaden vollständig geprüft und freigegeben hat. Dies ist ein wichtiger Punkt, der den Versicherungsschutz direkt beeinflussen kann.
Bedeutung der Beweissicherung am Unfallfahrzeug
Das beschädigte Fahrzeug ist nach einem Unfall ein entscheidendes Beweismittel. Es dient der Versicherung als Grundlage, um die Ursache des Schadens, den genauen Umfang der Beschädigung und die Höhe der notwendigen Reparaturkosten zu beurteilen. Versicherungen beauftragen oft Sachverständige, die das Fahrzeug eingehend prüfen. Wird das Fahrzeug verändert, repariert oder verkauft, bevor diese Prüfung stattgefunden hat, können wichtige Spuren und Informationen verloren gehen. Die Versicherung kann dann den Schaden nicht mehr vollständig oder überhaupt nicht mehr nachvollziehen.
Mögliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) legt fest, welche Pflichten ein Versicherungsnehmer hat. Dazu gehören die sogenannte Schadensminderungspflicht und die Obliegenheit zur Aufklärung des Schadens. Das bedeutet, Sie als Versicherungsnehmer sind verpflichtet, alles zu tun, um den Schaden nicht zu vergrößern und die vollständige Klärung des Schadenfalls zu ermöglichen.
- Wenn Sie das Fahrzeug verkaufen oder so umbauen, dass der Unfallschaden nicht mehr erkennbar ist, bevor die Versicherung ihre Prüfung abgeschlossen hat, kann dies als Verletzung dieser Pflichten angesehen werden.
- Eine solche Pflichtverletzung kann weitreichende Folgen haben: Die Versicherung könnte unter Umständen ganz oder teilweise von ihrer Leistungspflicht befreit werden. Dies würde bedeuten, dass Sie möglicherweise keine oder nur eine geringere Entschädigung für den entstandenen Schaden erhalten.
- Stellen Sie sich vor, die Versicherung möchte den genauen Schaden durch einen eigenen Gutachter bewerten lassen, aber das Fahrzeug ist bereits nicht mehr in dem Zustand wie direkt nach dem Unfall. Dann kann die Versicherung argumentieren, dass ihr die notwendige Prüfungsgrundlage entzogen wurde.
Aus diesen Gründen ist es wichtig, immer die Freigabe der Versicherung abzuwarten, bevor Sie Veränderungen am Unfallfahrzeug vornehmen, die den Schaden oder seine Ursache unkenntlich machen könnten. Es ist zudem hilfreich, den Schaden umfassend mit Fotos zu dokumentieren, bevor überhaupt etwas am Fahrzeug verändert wird.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Obliegenheit
Eine Obliegenheit ist eine nicht vertragliche Pflicht oder Verhaltensregel, die ein Versicherungsnehmer im Rahmen des Versicherungsvertrags erfüllen muss. Sie dient dazu, der Versicherung die richtige Einschätzung und Abwicklung des Versicherungsfalls zu ermöglichen. Im Gegensatz zu Hauptpflichten, wie der Beitragszahlung, kann die Verletzung einer Obliegenheit dazu führen, dass der Versicherer seine Leistung ganz oder teilweise verweigert. Im geschilderten Fall betrifft die Obliegenheit insbesondere die Pflicht des Versicherungsnehmers, bei der Aufklärung des Schadens mitzuhelfen und das Unfallfahrzeug für die Begutachtung bereitzustellen.
Beispiel: Nach einem Unfall müssen Sie Ihre Versicherung unverzüglich informieren und das beschädigte Auto für einen Gutachter zugänglich machen, damit der Schaden geprüft werden kann.
Aufklärungspflicht
Die Aufklärungspflicht ist eine spezielle Obliegenheit, die den Versicherungsnehmer verpflichtet, der Versicherung alle notwendigen Informationen und Beweismittel bereitzustellen, damit diese den Schadensfall vollständig und korrekt prüfen kann. Dazu gehört auch die Mitwirkung bei der Untersuchung, etwa indem das Unfallfahrzeug für die Begutachtung zur Verfügung gestellt wird. Verletzt der Versicherte diese Pflicht bewusst, kann dies dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistung kürzt oder zurückfordert, weil die Schadensermittlung beeinträchtigt wurde (§ 28 Versicherungsvertragsgesetz, VVG).
Beispiel: Wenn Sie nach einem Autounfall der Versicherung die Begutachtung Ihres beschädigten Fahrzeugs verweigern und dadurch die Schadenshöhe nicht überprüft werden kann, verletzen Sie Ihre Aufklärungspflicht.
Arglistige Pflichtverletzung
Eine arglistige Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und mit Täuschungswillen gegen seine Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verstößt. Dabei muss nicht unbedingt ein Vermögensvorteil angestrebt werden; es reicht, wenn der Versicherte weiß, dass sein Handeln die Aufklärung oder Prüfung des Versicherungsfalls erschwert oder unmöglich macht. Das hat zur Folge, dass der Versicherer von seiner Leistungspflicht vollständig befreit ist und den gezahlten Betrag gegebenenfalls vom Versicherten zurückverlangen kann (§ 28 Abs. 5 VVG).
Beispiel: Wenn jemand nach einem Unfall das beschädigte Fahrzeug versteckt oder verkauft, um eine Begutachtung zu verhindern, handelt er arglistig.
Innenverhältnis und Außenverhältnis
Das Außenverhältnis beschreibt die rechtliche Beziehung zwischen der Versicherung und dem Unfallgeschädigten, der den Schaden geltend macht. Hier ist die Versicherung verpflichtet, den Schaden zu regulieren, soweit er versichert ist. Das Innenverhältnis bezeichnet hingegen die Beziehung zwischen der Versicherung und ihrem Versicherungsnehmer (also dem Kunden). Hier regeln die vertraglichen Pflichten, etwa Obliegenheiten, wie der Versicherungsnehmer mit der Versicherung zusammenzuarbeiten hat. Im Fall einer Pflichtverletzung kann dies dazu führen, dass sich die Versicherung im Innenverhältnis von ihrer Leistungspflicht befreit und das Geld vom Kunden zurückfordert, obwohl sie dem Geschädigten schon gezahlt hat.
Beispiel: Die Versicherung bezahlt den Schaden an den Geschädigten (Außenverhältnis), verlangt aber später vom eigenen Kunden das Geld zurück, weil dieser den Unfall verschleiert hat (Innenverhältnis).
Regress (Rückgriff)
Regress bezeichnet das Recht der Versicherung, von ihrem eigenen Versicherungsnehmer das Geld zurückzufordern, das sie an den Unfallgeschädigten gezahlt hat, wenn der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt hat. Das kann zum Beispiel bei grober Fahrlässigkeit oder arglistiger Pflichtverletzung der Fall sein. Regress ist gesetzlich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt und soll verhindern, dass Versicherte durch pflichtwidriges Verhalten auf Kosten der Versicherung profitieren.
Beispiel: Wenn Sie Ihre Versicherung nicht über den Unfall informieren oder die Mitwirkung verweigern und dadurch zu einer ungerechtfertigten Zahlung der Versicherung führen, kann diese von Ihnen das Geld im Regress zurückfordern.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und insbesondere § 28 VVG: Das Versicherungsvertragsgesetz ist die zentrale Rechtsgrundlage für alle Versicherungsverträge in Deutschland und regelt die Rechte und Pflichten von Versicherer und Versicherungsnehmer. Es legt unter anderem fest, wann und unter welchen Umständen ein Versicherer zur Leistung verpflichtet ist und wann er sich auf eine Leistungsfreiheit berufen kann. § 28 VVG befasst sich explizit mit den Rechtsfolgen einer Verletzung von Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer, also von vertraglichen Verhaltenspflichten. Hier wird geregelt, wann der Versicherer trotz einer Pflichtverletzung leisten muss oder wann er von seiner Leistungspflicht befreit ist. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das VVG bildet die vertragliche Basis zwischen Herrn M. und seiner Versicherung, und § 28 VVG ist die entscheidende Norm, die es der Versicherung ermöglichte, die geleistete Zahlung von Herrn M. zurückzufordern, da dieser eine vertragliche Pflicht verletzt hatte.
- Obliegenheiten im Versicherungsvertragsrecht (insbesondere Aufklärungspflicht): Obliegenheiten sind vertragliche Nebenpflichten des Versicherungsnehmers, die der Verwirklichung des Vertragszwecks dienen und typischerweise in den Versicherungsbedingungen festgelegt sind. Sie umfassen beispielsweise die Pflicht, den Schaden unverzüglich zu melden oder den Versicherer bei der Schadensfeststellung zu unterstützen. Eine besondere Obliegenheit ist die Aufklärungspflicht nach Eintritt des Versicherungsfalls, die den Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, dem Versicherer alle zur Sachverhaltsklärung und Schadensregulierung notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Verletzung dieser Pflicht kann weitreichende Folgen für den Versicherungsschutz haben. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. verletzte seine vertragliche Obliegenheit zur Mitwirkung und Aufklärung, indem er die geforderte Gegenüberstellung der Fahrzeuge verhinderte und die Herausgabe des veräußerten Fahrzeugs verweigerte, was die genaue Schadensprüfung für die Versicherung unmöglich machte.
- Arglist (im Kontext der Obliegenheitsverletzung): Von Arglist spricht man im Versicherungsrecht, wenn der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit bewusst verletzt und dabei weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt, dass er damit die Interessen des Versicherers beeinträchtigt oder die Aufklärung eines Sachverhalts erschwert. Es geht hierbei um ein vorsätzliches Handeln, das über bloße Fahrlässigkeit hinausgeht. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherten ist nicht zwingend erforderlich, es genügt das bewusste Handeln gegen die Aufklärungsinteressen des Versicherers. Eine arglistige Obliegenheitsverletzung führt zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah das Verhalten von Herrn M. als arglistig an, weil er die Aufklärung durch die Verhinderung der Gegenüberstellung und den Verkauf des Fahrzeugs bewusst vereitelte, was die Leistungsfreiheit der Versicherung im Innenverhältnis begründete.
- Innenverhältnis und Außenverhältnis (im Versicherungsrecht): Im Versicherungsrecht wird zwischen dem Außenverhältnis und dem Innenverhältnis unterschieden. Das Außenverhältnis beschreibt die Beziehung zwischen dem Versicherer und dem geschädigten Dritten, also dem Unfallopfer. Hier ist der Versicherer oft direkt zur Leistung verpflichtet, um den Geschädigten zu schützen. Das Innenverhältnis hingegen regelt die vertragliche Beziehung zwischen dem Versicherer und seinem eigenen Versicherungsnehmer. Eine Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers kann im Innenverhältnis zur Befreiung des Versicherers von seiner Leistungspflicht führen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung musste im Außenverhältnis den Schaden des Unfallopfers begleichen, da Herr M.s Fahrzeug den Unfall verursacht hatte. Im Innenverhältnis konnte sie jedoch aufgrund von Herrn M.s arglistiger Obliegenheitsverletzung einen Teil der Zahlung von ihm zurückfordern.
- § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) – Direktanspruch des Geschädigten: Dieser Paragraph des VVG ermöglicht es einem geschädigten Dritten, seinen Anspruch auf Schadensersatz bei einem Verkehrsunfall direkt gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend zu machen. Der Geschädigte muss sich somit nicht zuerst an den Unfallverursacher wenden, sondern kann unmittelbar vom Versicherer die Leistung verlangen. Dies dient dem Opferschutz und vereinfacht die Schadensregulierung, da Versicherer in der Regel solventer sind als Privatpersonen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: § 115 VVG ist die Rechtsgrundlage, die es dem Besitzer des beschädigten Wagens ermöglichte, seine Forderung direkt bei der Haftpflichtversicherung von Herrn M. geltend zu machen, wodurch diese zur Zahlung an den Geschädigten verpflichtet war.
Das vorliegende Urteil
AG Mönchengladbach-Rheydt – Az.: 20 C 288/17 – Urteil vom 01.03.2019
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