Skip to content

Leitungswasserschaden durch Rückstau – Versicherung zahlt nicht

Versicherung zahlt Leitungswasserschaden nicht: Kläger verliert vor Gericht

Das Landgericht Cottbus wies die Klage eines Versicherungsnehmers ab, der Schadensersatz für einen Leitungswasserschaden beanspruchte. Das Gericht erkannte zwar einen Leitungswasserschaden an, sah jedoch einen Ausschlussgrund gemäß den Versicherungsbedingungen, da der Schaden teilweise durch Grundwasser und Rückstau verursacht wurde. Die Ausschlussklausel für solche Schäden wurde als rechtsgültig bestätigt, und ein Beratungsverstoß durch die Versicherung wurde nicht festgestellt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 O 475/18  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen für den Wasserschaden.
  2. Kosten des Rechtsstreits: Diese müssen vom Kläger getragen werden.
  3. Leitungswasserschaden anerkannt: Das Gericht stellte fest, dass ein Leitungswasserschaden vorlag.
  4. Ausschlussgrund bestätigt: Der Schaden wurde teilweise durch Grundwasser und Rückstau verursacht, wodurch der Versicherungsfall nach den Bedingungen ausgeschlossen ist.
  5. Rechtsgültigkeit der Ausschlussklausel: Die Klausel, die Schäden durch Grundwasser und Rückstau ausschließt, wurde als gültig und nicht überraschend oder unangemessen benachteiligend bestätigt.
  6. Kein Beratungsverstoß: Es konnte kein Beratungsverstoß seitens der Versicherung festgestellt werden.
  7. Streitwert: Dieser wurde auf 18.903,97 € festgesetzt.
  8. Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Versicherungsrecht und Schadensregulierung: Einblick in die juristische Auseinandersetzung

Im Bereich des Versicherungsrechts sind Konflikte rund um die Regulierung von Schäden, insbesondere Leitungswasserschäden, keine Seltenheit. Solche Fälle bringen oft komplexe Fragestellungen mit sich, die sich um die Interpretation und Anwendung von Versicherungsbedingungen, speziell hinsichtlich der Ausschlussklauseln, drehen. Kern des Streits ist häufig, ob und inwieweit bestimmte Schäden unter den Schutz einer Versicherungspolice fallen. Dabei stehen insbesondere die Definitionen von Versicherungsfällen und die damit verbundenen Leistungen der Versicherer im Mittelpunkt.

Leitungswasserschaden
Symbolfoto: AI generated

Die juristische Auseinandersetzung in solchen Fällen umfasst meist die Überprüfung der Gültigkeit von Klauseln, die Klärung der Schadensursache – wie etwa die Unterscheidung zwischen Leitungswasser- und Grundwasserschäden – und die möglichen Beratungsverstöße durch Versicherungsunternehmen. Das daraus resultierende Urteil kann weitreichende Konsequenzen für die Kostentragung und den Streitwert der Fälle haben. Diese Aspekte sind entscheidend, um zu verstehen, wie Gerichte die Verantwortlichkeiten zwischen Versicherungsgesellschaften und Versicherungsnehmern abwägen.

Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie ein solcher Fall vor Gericht verhandelt wurde und welche entscheidenden Wendungen und juristischen Überlegungen in einem konkreten Urteil des Landgerichts Cottbus eine Rolle spielten.

Der Streit um Leitungswasserschäden und Wohngebäudeversicherung

Im Herzen des Rechtsstreits stand ein signifikanter Leitungswasserschaden in einem Wohngebäude, der im Juli 2017 auftrat. Der Kläger, ein Versicherungsnehmer, forderte von seiner Versicherungsgesellschaft die Regulierung dieses Schadens, der aufgrund eines Unwetters in seinem Keller entstanden war. Er behauptete, dass das Wasser, das in den Keller eingedrungen war, aus dem Leitungssystem stammte, was es zu einem versicherten Ereignis im Rahmen seiner Wohngebäudeversicherung machte. Die Versicherungsgesellschaft jedoch lehnte die Schadensregulierung ab, da sie der Ansicht war, dass der Schaden nicht durch Leitungswasser, sondern durch Regenwasser und Gülle aus der Kanalisation verursacht wurde, was nicht von der Police abgedeckt sei.

Die rechtlichen Herausforderungen im Versicherungsfall

Das Landgericht Cottbus musste in diesem Fall mehrere Schlüsselfragen klären. Zunächst galt es zu beweisen, dass tatsächlich ein Leitungswasserschaden vorlag, wie vom Kläger behauptet. Sachverständige bestätigten, dass getrennte Kanäle für Abwasser und Regenwasser existieren, was die Möglichkeit eines Leitungswasserschadens unterstreicht. Des Weiteren wurden die glaubhaften Aussagen von Zeugen berücksichtigt, die den Zustand des Wassers beschrieben. Trotz dieser Feststellungen stand das Gericht vor der Herausforderung, die Ausschlussklauseln der Versicherungspolice zu interpretieren und deren Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall zu prüfen.

Ausschlussklauseln und die Entscheidung des Gerichts

Das zentrale juristische Problem dieses Falles lag in der Interpretation der Ausschlussklauseln der Versicherungspolice. Nach den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB) der Beklagten sind Schäden durch Grundwasser, Überschwemmungen oder Witterungsniederschläge ausdrücklich ausgeschlossen. Das Gericht stellte fest, dass ein Teil des Wassers, das in das Gebäude eingedrungen war, tatsächlich Grund- bzw. Schichtenwasser war, welches durch Rückstau im Kanalsystem verursacht wurde. Daher fiel der Schaden unter die Ausschlussklausel und war somit nicht durch die Versicherungspolice gedeckt.

Die Klage wird abgewiesen: Kosten und Folgen

Schließlich wurde die Klage des Versicherungsnehmers abgewiesen. Das Gericht befand, dass der Kläger keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen aus dem Schadensereignis hatte, da der Schaden teilweise durch Ursachen verursacht wurde, die durch die Ausschlussklauseln der Versicherungspolice abgedeckt waren. Darüber hinaus wurde entschieden, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Streitwert wurde auf 18.903,97 € festgesetzt. Dieses Urteil zeigt deutlich die Bedeutung einer genauen Überprüfung und Interpretation von Versicherungsbedingungen und hebt die Rolle der Gerichte bei der Klärung solcher Streitigkeiten hervor.

Das Urteil des Landgerichts Cottbus liefert wichtige Einblicke in die komplexe Welt des Versicherungsrechts und verdeutlicht die Bedeutung von klaren Versicherungsbedingungen sowie die Rolle der Gerichte bei deren Interpretation.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet der Begriff Leitungswasserschaden?

Der Begriff „Leitungswasserschaden“ bezeichnet einen Sachschaden an Gebäuden oder Einrichtungen, der durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser entstanden ist. Das bedeutet, dass Wasser unkontrolliert und an Stellen austritt, die dafür nicht vorgesehen sind. Solche Schäden können insbesondere durch die Zufluss- und Abflussrohre, Heizungsrohre und Anschlüsse an Waschbecken sowie Waschmaschinen verursacht werden. Sie können auf Materialfehlern, Frost oder Abnutzungserscheinungen basieren.

Leitungswasserschäden werden in der Versicherungswirtschaft von anderen Wasserschäden unterschieden, wie sie z.B. durch Überschwemmung, Rückstau von Regenwasser oder durch Löschwasser entstehen können. Es gibt verschiedene Versicherungsarten, die unterschiedliche Kosten bei einem Leitungswasserschaden abdecken. Die Wohngebäudeversicherung deckt alle Schäden ab, die direkt an der Immobilie sowie an Installationen wie einer Heizung entstehen. Das Inventar können Besitzer und Mieter mit einer Hausratpolice versichern. Leitungswasser kann zum Beispiel Möbel und Teppichböden beschädigen. Zudem empfiehlt sich in Mehrfamilienhäusern eine Haftpflichtversicherung. Sollte Wasser Schäden in einer fremden Wohnung anrichten, ist der Verursacher schadensersatzpflichtig.

Was ist eine Ausschlussklausel in einem Versicherungsvertrag?

Eine Ausschlussklausel in einem Versicherungsvertrag ist eine Bestimmung, die bestimmte Risikofälle von der Versicherung ausschließt. Diese Klauseln umfassen insbesondere nicht kalkulierbare Risiken, wie Krieg, und subjektive Risiken, wie Selbstmord. Sie können auch in Fällen angewendet werden, in denen sehr hohe medizinische Risiken bestehen, die nicht mehr über einen Prämienzuschlag kompensiert werden können.

Wenn später ein Versicherungsschaden angezeigt wird, der in einer Ausschlussklausel aufgelistet ist, werden bei der Bemessung der Schadenhöhe der in der Ausschlussklausel bezeichnete Sachverhalt und dessen Folgen nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass der Versicherer keine Leistung für ausgeschlossene Gefahrumstände erbringen muss.

Typische Beispiele für einen Versicherungsausschluss sind Verstöße gegen im Vertrag vereinbarte Regeln, absichtlich herbeigeführte Schäden, Handlungen gegen das Gesetz, Schadenersatzansprüche einer mitversicherten Person oder Entwendung von Geld oder Wertsachen.

Ausschlussklauseln und Leistungseinschränkungen des Versicherungsschutzes sind notwendig, damit ein Versicherer die Versicherungsprämie risikogerecht berechnen kann. Ohne diese Klauseln wäre der Versicherer gezwungen, deutlich höhere Versicherungsprämien zu verlangen.

Es ist auch möglich, dass bestimmte Risiken aufgrund von Vorerkrankungen, wie Allergien oder Rückenbeschwerden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden.

Es ist zu erwähnen, dass Ausschlussklauseln nicht dazu führen dürfen, dass die Pflichten des Versicherers so stark eingeschränkt werden, dass eine Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.


Das vorliegende Urteil

LG Cottbus – Az.: 6 O 475/18 – Urteil vom 20.04.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 18.903,97 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt vom beklagten Versicherungsunternehmen die Regulierung eines Leitungswasserschadens auf Grundlage einer Wohngebäudeversicherung.

Der Kläger schloss mit der Beklagten im Jahr 2009 einen Versicherungsvertrag über eine Wohngebäudeversicherung. In den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten, Fassung Januar 2009, ist unter Ziffer 1.1 folgendes geregelt (BI. 58 d. A.):

“1.1 Versicherungsfall

a) Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch

aa) Brand, Blitzschlag, Explosion, Implosion, Anprall oder Absturz eines Luftfahrzeuges, seiner Teile oder seiner Ladung, bb) Leitungswasser, cc) Sturm, Hagel zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen. ”

Weiter heißt es

“3.3 Nässeschäden

Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen.

Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasseroder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein.

(…)

3.4 Nicht versicherte Schäden

a) Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch

aa) Regenwasser aus Fallrohren

bb) Plansch- oder Reinigungswasser

(…)

dd) Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmungen oder Witterungsniederschläge oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau”

Am 20.07.2017 kam es zu einem Wasserschaden im Keller des versicherten Wohngebäudes. Der Keller des versicherten Wohngebäudes wurde überflutet. Telefonisch berichtete der Kläger der Beklagten, infolge eines Unwetters sei es zu einer Überschwemmung im Keller gekommen, da aus Dusche und Fußbodenentwässerung Regenwasser und Gülle hoch gequollen sei.

Auch nach außergerichtlicher Aufforderung durch den Prozessvertreter des Klägers, erfolgte seitens der Beklagten keine Schadensregulierung.

Der Kläger behauptet, es liege ein Leitungswasser-Schadenereignis vor. Es sei Wasser aus dem Leitungssystem in den Keller gelaufen, welches aus der Duschtasse und der Fußbodenentwässerung ausgetreten sei. Es handle sich dabei um Abwasser. Die Regenwasserleitungen und Abwasserleitungen seien voneinander getrennt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Ausschlussklausel in den Versicherungsbedingungen, wonach Schäden infolge von witterungsbedingtem Rückstau nicht gedeckt sind, sei unwirksam. Zudem sei die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Ausschlussklausel greife. Im Übrigen liege ein Beratungsverstoß vor.

Der Kläger behauptet, die Schadenshöhe belaufe sich auf 18.903,97 EUR brutto.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 18.903,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Leitungswasserschadens. Vielmehr liege ein witterungsbedingter Schaden war. Sie behauptet, es habe am Schadentag unwetterartige Witterungsniederschläge gegeben. Bei dem ausgetretenen Wasser habe es sich um Regenwasser und Gülle aus der Kanalisation und nicht um Leitungswasser gehandelt.

Zur Schadenshöhe bestreitet die Beklagte die Notwendigkeit der angegebenen Arbeiten; insbesondere sei es nach ordnungsgemäßer Trocknung nicht erforderlich den gesamten Bodenfliesenbereich und Türen auszutauschen; hinsichtlich des beanspruchten Neuwertschadens sei die Klage unschlüssig.

Über den streitigen Parteivortrag hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen und sowie den Zeugen Des Weiteren hat das Gericht Sachverständigenbeweis durch den Sachverständigen erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 20.02.2020, 08.07.2021 und 30.03.2023 sowie das Sachverständigengutachten vom 21.12.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen aus dem Schadensereignis vom 20.07.2017. Zwar ist bestimmungswidrig Leitungswasser im Keller des Klägers ausgetreten. Es liegt jedoch ein Ausschlussgrund nach den Versicherungsbedingungen vor.

Zwischen den Parteien gelten die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten in der Fassung vom Januar 2009 (im Weiteren „VGB“). Diese wurden nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien wirksam einbezogen (vorbehaltlich der Ausführungen unten zu § 305c BGB).

2. Nachweis eines Leitungswasserschadens nach Ziffer 3.3 der VGB

Das Gericht ist im Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass ein Leitungswasserschaden im Sinne der Ziffer 3.3 der VGB vorlag.

Zum einen stellt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 21.12.2021 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 30.03.2023 in nachvollziehbarer Weise fest, dass getrennte Kanäle für Abwässer und Regenwasser existieren. Es kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, dass das Schadensereignis durch Wasser aus dem Abwasserkanal verursacht wurde. In diesem befindet sich dementsprechend überwiegend bestimmungsgemäß Abwasser. Die Versicherungsbedingungen differenzieren dabei nicht danach, ob das Leitungswasser aus dem eigenen Haushalt stammt. Dies spricht bereits im Ansatz für einen Leitungswasserschaden im Sinne der Ziffer 3.3 der VGB.

Hinzu kommen die glaubhaften Aussagen der vernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2020, die ohne innere Widersprüche zueinander sowohl die Farbe des Wassers (“braun“) als auch den Geruch des Wassers (“widerlich“, „barbarisch“) beschreiben. Auch dies spricht dafür, dass bestimmungswidrig Abwasser in das versicherte Wohngebäude eindrang.

Das Gericht hat daher keine Zweifel, dass bei dem Schaden auch Abwasser als benutztes Leitungswasser einen Beitrag leistete und damit ein Leitungswasserschaden im Sinne der Ziffer 3.3 der VGB vorlag.

3. Ausschluss gemäß Ziffer 3.4 der VGB

Jedoch liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ein Ausschlussgrund nach Ziffer 3.4 der VGB vor, da der Schaden zumindest auch kausal durch Wasser verursacht wurde, welches nicht Leitungswasser darstellt, sondern Grundwasser bzw. durch einen durch Grundwasser mitverursachten Rückstau im Sinne der Ziffer 3.4 der VGB.

Der Sachverständige geht in seinem Gutachten davon aus, dass der Schaden zum einen durch eine defekte Rückstauklappe verursacht wurde und zum anderen durch das deswegen eindringende Wasser. Der Sachverständige stellt insoweit nachvollziehbar dar, dass das eindringende Wasser einen erheblichen Fremdwasseranteil hatte. Dabei handelt es sich nach seinen Ausführungen um Grund- bzw. Schichtenwasser, welches bestimmungswidrig durch Undichtigkeiten in den Schmutzwasserkanal eindrang. Der Sachverständige quantifizierte dies im Rahmen der mündlichen Sachverständigenanhörung so, dass zwischen 30 % und 50 % Fremdwasseranteil (womit der Sachverständige im vorliegenden Fall Grund- bzw. Schichtenwasser meint) in dem Schmutzwasserkanal hier gegeben waren, was auch normal sei. Nur in Trockenzeiten könne es vorkommen, dass der Fremdwasseranteil bei 0 % liege. Am Schadenstag bestand eine solche Trockenheit nicht. Es kam an diesem Tag unstrittig zu erheblichen Niederschlägen, wenn diese auch nicht allein das Schadensereignis verursachten. Der Sachverständige konnte seine Ausführungen aus dem Sachverständigengutachten auch im Rahmen der mündlichen Sachverständigenanhörung vertiefen, ohne dass durchgreifende Zweifel an seinen Feststellungen bestehen.

Die Feststellungen des Sachverständigen führen zu dem Schluss, dass ein erheblicher Teil des eindringenden Wassers Grund- bzw. Schichtenwasser war und auch dazu, dass ohne Fremdwasseranteil im Schmutzwasserkanal jedenfalls weniger Wasser eingedrungen wäre, da der Fremdwasseranteil zum Einstau gerade beitrug. Konstruktionsbedingt führte dann der Einstau im Schmutzwasserkanal zu einem Rückstau in die Leitungen des Klägers, da die Leitungen des Klägers im Keller unterhalb der Rückstauebene liegen und Entwässerungsöffnungen haben.

Dem Wortlaut der Ziffer 3.4 der VGB folgend wurde der Schaden daher zumindest auch durch eindringendes Grundwasser bzw. einen durch diese Ursache hervorgerufenen Rückstau verursacht. Die defekte Rückstauklappe war zwar auch kausal für das Schadensereignis, verursachte dieses jedoch nicht. Der Schaden wurde durch das eindringende Wasser verursacht. Die defekte Rückstauklappe verhinderte einen solchen nur nicht.

Es handelt sich bei der defekten Rückstauklappe insofern um eine unbeachtliche mitwirkende Ursache im Sinne der Ziffer 3.4 der VGB.

Für einen Rückstau aus dem Abwasserkanal spricht auch, dass es sich um ein singuläres Ereignis handelte.

Ein Versicherungsfall nach den VGB liegt somit nicht vor.

4. Keine unwirksame Ausschlussklausel

Eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB liegt nicht vor.

Nach § 305c BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Die Klausel ist zunächst nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild überraschend, denn die Überschrift “Nicht versicherte Schäden” ist durch Fettschrift deutlich hervorgehoben. Die Regelung “versteckt” sich auch hinter keiner anderen Regelung. Daneben ist die Klausel auch nicht objektiv ungewöhnlich.

Die Klausel ist auch weder als unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB noch als intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB anzusehen. Der Bedingungswortlaut macht dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausreichend deutlich, dass Schäden etwa durch von außen eindringendes Niederschlags- oder Grundwasser durch einen Rückstau nicht versichert sind, ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen.

Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen. Vertragszweck der Versicherung ist die Entschädigung für durch Leitungswasser beschädigte versicherte Sachen. Dieser Zweck wird nicht in Frage gestellt, wenn Schäden durch Regenwasser oder Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmungen oder Witterungsniederschläge oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau ausgeschlossen sind. Dabei handelt es sich um andere Ursachen als Leitungswasser

Nach Ziffer 3.3 leistet der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört werden. Nach diesem Hauptleistungsversprechen des Versicherers besteht grundsätzlich ein umfassender Ausgleich für durch Leitungswasser verursachte Schäden. Die Klausel in Ziffer 3.4 bedeutet im Hinblick auf dieses Hauptleistungsversprechen keine Vertragszweckgefährdung. Leistungsbegrenzungen bleiben zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt (BGH, Urteil vom 12.07.2017 – IV ZR 151/15 – juris). Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (BGH, a.a.O.).

Daran gemessen ist der Vertragszweck – Versicherungsfall Leitungswasser – nicht gefährdet durch die Ausnahme, wonach Schäden nicht versichert sind, die nicht allein durch Leitungswasser entstanden sind. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht vor. Die Klausel ist wirksam.

II.

Auch ein Anspruch des Klägers aufgrund eines Beratungsverstoßes ist nicht gegeben. Ein solcher kann nicht festgestellt werden. Der Kläger stellt bereits die Umstände des Abschlusses des Versicherungsvertrags nicht dar. Es bleibt daher unklar, ob ein Beratungsanlass in Bezug auf die Versicherung von durch Rückstau bedingte Schäden bestand.

Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zinsen.

III.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!