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Krankheitskostenversicherung – Risikozuschlagaufhebung – Nichtmanifestation Grunderkrankung

In diesem Urteil des Landgerichts Berlin geht es um einen Kläger, der von seiner privaten Krankenversicherung forderte, einen Risikozuschlag für seine Krankenversicherung aufzuheben. Der Kläger argumentierte, dass er seit Jahren keine Symptome mehr hatte und daher kein erhöhtes Risiko mehr bestehe. Das Gericht wies die Klage jedoch ab, da der Kläger nicht ausreichend nachweisen konnte, dass kein erhöhtes Risiko mehr vorliegt. Das Urteil betont die Wichtigkeit der Risikoeinschätzung durch die Versicherung und die Beweislast des Versicherungsnehmers.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 23 O 247/21 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kläger forderte die Aufhebung eines Risikozuschlags seiner Krankenversicherung und Rückzahlung bereits gezahlter Zuschläge.
  • Er argumentierte mit seiner langjährigen Beschwerdefreiheit und behauptete, die ursprüngliche Diagnose könnte falsch gewesen sein.
  • Die Versicherung lehnte ab, da nach ihren Risikoprüfungsgrundsätzen rheumatologische Vorerkrankungen generell ein erhöhtes Risiko darstellen.
  • Das Gericht urteilte zugunsten der Versicherung, da der Kläger nicht beweisen konnte, dass kein erhöhtes Risiko mehr besteht.
  • Das Gericht betonte die Bedeutung der subjektiven Risikoprüfungsgrundsätze der Versicherung und die Beweislast des Versicherungsnehmers.

Krankheitskostenversicherung: Wann kann der Risikozuschlag aufgehoben werden?

Eine Krankheitskostenversicherung kann ein wichtiger Schutz im Falle einer schweren Erkrankung sein. Doch was passiert, wenn man zwar eine Grunderkrankung hat, diese jedoch nicht mehr manifest ist? Muss man weiterhin einen Risikozuschlag zahlen oder kann dieser aufgehoben werden? In diesem Artikel erfahren Sie, was es mit der Risikozuschlagaufhebung bei Nichtmanifestation einer Grunderkrankung auf sich hat und worauf Sie achten müssen.

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Im Herzen des Rechtsstreits am Landgericht Berlin, Aktenzeichen 23 O 247/21, stand die Auseinandersetzung eines Klägers mit seiner privaten Krankenversicherung über die Aufhebung eines Risikozuschlags aufgrund der Nichtmanifestation einer zuvor diagnostizierten rheumatoiden Arthritis. Der Kläger, der seit Juli 2016 nicht mehr medikamentös behandelt wurde und angab, seitdem beschwerdefrei zu sein, forderte die Rückzahlung der zwischen Februar 2019 und September 2021 geleisteten Zuschläge sowie die zukünftige Streichung des Zuschlags ab Oktober 2021.

Streit um Risikozuschlag in der Krankenversicherung

Der Fall nahm seinen Anfang, als der Kläger, ein Beamtenanwärter und Justizwachtmeister, bei der Aufnahme in eine private Krankenversicherung im Jahr 2018 aufgrund seiner Vorerkrankung mit einem Risikozuschlag von 30% konfrontiert wurde. Trotz der später festgestellten Nichtaktivität der Krankheit durch die Charité und das Vorbringen von medizinischen Unterlagen, die eine anhaltende Beschwerdefreiheit belegen sollten, lehnte die Versicherung eine Aufhebung des Zuschlags ab. Die Versicherung berief sich auf ihre Risikoprüfungsgrundsätze, nach denen rheumatologische Erkrankungen generell ein erhöhtes Risiko darstellen und sogar zur Ablehnung eines Versicherungsantrags führen können.

Juristische Auseinandersetzung und Gerichtsentscheid

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Frage, ob der Wegfall oder die Signifikanzreduktion des bei Vertragsabschluss angenommenen erhöhten Risikos eine Anpassung der Versicherungsprämie rechtfertigt. Nach § 41 Abs. 1 VVG kann ein Versicherungsnehmer eine Prämienanpassung verlangen, wenn die gefahrerhöhenden Umstände, die zu einer höheren Prämie führten, nach Antragstellung oder Vertragsschluss wegfallen oder bedeutungslos werden. Das Gericht musste daher beurteilen, ob der Kläger ausreichend nachweisen konnte, dass die ursprünglich angenommene rheumatoide Arthritis als risikoerhöhender Umstand nicht mehr vorliegt.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin wies die Klage ab und folgte der Argumentation des Beklagten, dass nach dessen Risikoprüfungsgrundsätzen die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis auch ohne aktuelle Symptome ein dauerhaft erhöhtes Risiko darstellt. Das Gericht betonte, dass der Kläger die Beweislast für den Wegfall des gefahrerhöhenden Umstands trägt und er diese nicht erfüllt hat. Es stellte fest, dass aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht eindeutig hervorgeht, dass keine rheumatoide Arthritis oder ein Zustand nach palindromen Rheumatismus vorliegt oder jemals vorgelegen hat. Darüber hinaus war das Gericht der Ansicht, dass selbst die vom Kläger vorgebrachte Differenzialdiagnose nach den Risikoprüfungsgrundsätzen des Beklagten ein erhöhtes Risiko darstellen würde.

Grundsätze der Risikoprüfung und Vertragsfreiheit

Dieser Fall beleuchtet die Komplexität der Risikoprüfung in der privaten Krankenversicherung und die Schwierigkeiten, die entstehen können, wenn sich der Gesundheitszustand eines Versicherten nach Vertragsabschluss ändert. Es zeigt auch, dass die subjektiven Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers eine erhebliche Rolle spielen und dass die Beweislast beim Versicherungsnehmer liegt, sollte er eine Anpassung der Versicherungsprämie aufgrund einer Änderung des Risikostatus fordern.

Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung und Dokumentation des Gesundheitszustands vor dem Abschluss einer Krankenversicherung sowie die Notwendigkeit für Versicherungsnehmer, sich über die Risikoprüfungsgrundsätze und die Bedingungen für eine Prämienanpassung im Klaren zu sein.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einem Risikozuschlag in der Krankenversicherung?

Ein Risikozuschlag in der privaten Krankenversicherung (PKV) ist ein zusätzlicher Beitrag, der von Versicherten mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko gezahlt wird. Dieser Zuschlag wird erhoben, um die voraussichtlich höheren Kosten, die durch bestehende oder potenzielle gesundheitliche Probleme entstehen könnten, abzudecken und das Versicherungskollektiv vor übermäßiger Belastung zu schützen.

Die Höhe des Risikozuschlags wird während der Antragstellung auf eine PKV anhand einer Gesundheitsprüfung ermittelt. Dabei werden bestehende Vorerkrankungen, der allgemeine Gesundheitszustand und eventuelle Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht berücksichtigt. Der Zuschlag kann je nach individuellem Risiko und Versicherungsgesellschaft variieren und sich auf 10 bis 20 Prozent des Normalbeitrags belaufen, in manchen Fällen auch mehr.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Risikozuschlag nur bei der Antragstellung relevant ist. Erkrankungen, die nach Vertragsabschluss auftreten, führen nicht zu einer Erhöhung des Beitrags. In einigen Fällen kann der Risikozuschlag zeitlich begrenzt sein und nach einer bestimmten Zeit ohne erneute Gesundheitsprüfung zurückgenommen werden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der Zuschlag nachträglich angepasst oder entfernt wird, wenn die Gründe für seine Erhebung entfallen.

Wer mit Vorerkrankungen konfrontiert ist und eine PKV abschließen möchte, sollte sich gut informieren und gegebenenfalls die Unterstützung eines unabhängigen Versicherungsvermittlers in Anspruch nehmen, um die besten Konditionen zu ermitteln.

Welche Rolle spielt die Nichtmanifestation einer Grunderkrankung bei der Bewertung von Risikozuschlägen?

Die Nichtmanifestation einer Grunderkrankung spielt bei der Bewertung von Risikozuschlägen in der privaten Krankenversicherung (PKV) eine wichtige Rolle. Wenn bei der Gesundheitsprüfung im Rahmen der Antragstellung für eine PKV ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Erkrankung festgestellt wird, kann dies zu einem Risikozuschlag führen, auch wenn die Erkrankung zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht ausgebrochen ist (Nichtmanifestation).

Die Versicherungsgesellschaften versuchen, das Risiko für das Versicherungskollektiv kalkulierbar zu machen und die Beiträge entsprechend des individuellen Risikos eines Antragstellers anzupassen. Dabei wird auch das potenzielle Risiko für noch nicht ausgebrochene, aber möglicherweise in der Zukunft auftretende Erkrankungen berücksichtigt.

Wenn sich im Laufe der Zeit herausstellt, dass die angenommene Risikoerhöhung durch eine Erkrankung nicht eintritt, kann der Versicherte beantragen, den Risikozuschlag zu reduzieren oder ganz entfallen zu lassen. Dies ist jedoch nicht automatisch der Fall und muss in der Regel vom Versicherten initiiert werden. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) und des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe kann eine Überprüfung und damit einhergehende Reduktion oder der gesamte Entfall des Risikozuschlages auch für die PKV geltend gemacht werden, wenn der Versicherte über einen gewissen Zeitraum beschwerde- und behandlungsfrei ist.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  1. § 41 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Herabsetzung der Prämie bei Wegfall gefahrerhöhender Umstände
    • Erläutert die Möglichkeit für den Versicherungsnehmer, eine Herabsetzung der Versicherungsprämie zu fordern, wenn die bei Vertragsschluss angenommenen gefahrerhöhenden Umstände weggefallen sind. Dies ist relevant, da der Kläger argumentierte, dass sein Gesundheitszustand sich verbessert habe und daher der Risikozuschlag ungerechtfertigt sei.
  2. § 5 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Abweichung des Versicherungsscheins vom Antrag
    • Thematisiert die Rechtsfolgen, wenn der Inhalt des Versicherungsscheins vom Antrag oder den getroffenen Vereinbarungen abweicht. Im Kontext des Urteils war dies relevant für die Argumentation des Klägers bezüglich der möglichen Anpassung der Versicherungsbedingungen aufgrund seines Gesundheitszustandes.
  3. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
    • Diese Paragraphen regeln Ansprüche auf Schadensersatz aufgrund einer Pflichtverletzung innerhalb eines Schuldverhältnisses, einschließlich vorvertraglicher oder vertraglicher Beziehungen. Sie wurden im Urteil im Zusammenhang mit der Behauptung des Klägers erwähnt, dass er durch die Beratung des Versicherungsvertreters irregeführt worden sei.
  4. § 91 ZPO (Zivilprozessordnung) – Tragung der Kosten des Rechtsstreits
    • Legt fest, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Im vorliegenden Fall musste der Kläger die Kosten übernehmen, da seine Klage abgewiesen wurde.
  5. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO (Zivilprozessordnung) – Vorläufige Vollstreckbarkeit
    • Diese Vorschriften betreffen die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen und die Möglichkeit, diese durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Im Urteil wurde festgelegt, dass der Kläger die Vollstreckung des Urteils gegen Sicherheitsleistung abwenden kann.
  6. Risikoprüfungsgrundsätze der Versicherung
    • Obwohl dies kein Gesetz im klassischen Sinne ist, spielen die internen Risikoprüfungsgrundsätze der Versicherung eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des Risikos und der Prämienkalkulation. Sie waren entscheidend für die Beurteilung, ob der Gesundheitszustand des Klägers eine Anpassung der Prämie rechtfertigte.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 23 O 247/21 – Urteil vom 09.12.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Rückzahlungen sowie einen reduzierten Beitragssatz vom Beklagten im Rahmen einer privaten Krankenversicherung.

Der Kläger litt 2013 an schmerzhaften Gelenksschwellungen. Von seiner ambulanten Rheumatologin Dr. … wurde die Diagnose rheumatoide Arthritis gestellt und in der Folge medikamentös behandelt. Für die Einzelheiten der dortigen Feststellungen und Behandlungen wird auf die Anlage K10 Bezug genommen.

Der Kläger wurde 2017 als Beamtenanwärter in der Funktion als Justizwachtmeister eingestellt.

Bei einer Vorstellung am 07.11.2017 in der rheumatologischen Fachambulanz der Charité wurde kein Hinweis für eine Aktivität der vordiagnostizierten rheumatoiden Arthritis festgestellt. Es wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.

Nach den Grundsätzen der Risikoprüfung des Beklagten schließen rheumatologische Vorerkrankung grundsätzlich den Abschluss einer Krankenversicherung aus. Es wird Bezug auf die Anlage B2 genommen. Nur für Beamtenanwärter gab es eine Öffnung durch Zahlung eines Risikozuschlages.

Die Parteien schlossen zum 01.02.2018 einen Vertrag über eine private Krankenversicherung ab. Auf den Versicherungsantrag des Klägers teilte der Beklagte mit Schreiben vom 27.12.2017 mit, dass eine Versicherung nur mit einem Zuschlag von 30 % erfolgen könne wegen vorhandener Gelenkerkrankungen. Es wird auf die Anlage K3 Bezug genommen. Auf dieser Basis wurde der Versicherungsschein in der Folge erteilt. Für die Einzelheiten zu den Vertragsbedingungen wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17.01.2019 beantragte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Beitragszuschlag in Zukunft nicht mehr zu berechnen, da er bereits seit Juli 2016 nicht mehr medikamentös behandelt werde und sogar noch länger schmerzfrei sei. Es wird auf die Anlage K4 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.02.2019 teilte der Beklagte mit, dass der Zuschlag schon aufgrund der vorhandenen Vorerkrankungen gering eingestuft sei und günstigere Vertragsbedingungen nicht möglich sein. Es wird auf die Anlage K5 Bezug genommen.

In einem Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. …x vom 08.04.2021 wird berichtet, dass der Kläger anhaltend beschwerdefrei sei. In der Zusammenschau der Befunde wird mitgeteilt, dass die Diagnose einer seronegativen rheumatoiden Arthritis kritisch hinterfragt werden müsse und gegebenenfalls eine Differenzialdiagnose gestellt werden müsse. Es wird auf die Anlage K7 Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, bei ihm würde keine rheumatologische Erkrankung vorliegen und hätte auch nie vorgelegen. Er nimmt Bezug auf die Anlagen K6 und K7. Insofern sei bei ihm auch gar kein erhöhtes Risiko vorhanden. Mit Schriftsatz vom 28.01.2022 behauptet er, seine ambulante Rheumatologin habe ihn unter den Verdacht einer Psoriasis-Arthritis behandelt.

Bis zum heutigen Tage habe er aber die dafür typische Schuppenflechte nicht gehabt. Auch akute Gelenkentzündungen hätten seit 2013 nicht vorgelegen.

Der Versicherungsvertreter des Beklagten habe ihm vor dem Unterschreiben des Versicherungsantrages im Jahr 2017 mitgeteilt, dass nach weiterer 2-jähriger Beschwerdefreiheit der Risikozuschlag auf Antrag entfallen könne. Nur vor diesem Hintergrund sei er bereit gewesen, in die private Krankenversicherung zu wechseln.

Mit Schriftsatz vom 30.05.2020 behauptet er, der Vertreter des Beklagten habe damals mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe bei anhaltender Beschwerdefreiheit von 2 Jahren den Risikozuschlag auf Antrag wieder entfernen zu lassen, dies würde durch eine erneute Überprüfung des Gesundheitszustandes erfolgen.

Er meint, ein Risikozuschlag dürfe nur bei einem tatsächlich erhöhten Risiko erhoben werden. Daher habe er zum einen ein Anspruch darauf die im Zeitraum Februar 2019 bis September 2021 bezahlten Zuschläge in Höhe von 2.177,79 € zurückzuerhalten. Für die Berechnung wird auf die Seiten 4f. der Klageschrift, Blatt 6f., Bezug genommen. Zum anderen habe er auch einen Anspruch darauf, dass der Zuschlag ab Oktober 2021 wegfalle.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.177,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, einer Herabsetzung eines monatlichen Risikozuschlages der zwischen [sic.] unter der Krankenversicherungs-Servicenummer 8320194.0 abgeschlossenen Krankenversicherung von derzeit 74,46 € monatlich auf 0 € ab Oktober 2021 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, bereits aus den vom Kläger eingereichten ärztlichen Unterlagen sei ohne weiteres zu entnehmen, dass er an einer rheumatoiden Arthritis leide, auch wenn diese zwischenzeitlich keine Aktivität aufweise. Auch die in der Anlage K7 benannte Differenzialdiagnose eines Zustandes nach palindromen Rheumatismus sei eine Erkrankung, die zu einem Risikozuschlag berechtige. Denn insofern bestehe auch weiterhin ein erhebliches Risiko, dass künftig Gelenksentzündungen auftreten könnten, da die Krankheit unregelmäßig schubweise verlaufe.

Der Kläger sei vor Abschluss des Vertrages nur zutreffend darauf hingewiesen worden, dass es die Möglichkeit einer späteren Überprüfung des Risikozuschlags gebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 18.11.2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage des Klägers ist unbegründet.

I.

Der Kläger konnte bei keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen die Voraussetzungen für die mit der Klage geltend gemachten Forderungen ausreichend darlegen.

1. Soweit er geltend machte, dass die Parteien bei Vertragsschluss unzutreffender Weise von dem Vorliegen eines Risiko erhöhenden Gesundheitszustandes in Form einer rheumatoiden Arthritis ausgegangen sein, scheitert ein Anspruch nach § 41 VVG daran, dass er auch durch Einreichung zahlreicher medizinischer Behandlungsunterlagen und Stellungnahmen nicht ausreichend konkret aufzeigen konnte, dass bei ihm tatsächlich keine entsprechend risikoerhöhende Grunderkrankung vorliegt.

Nach § 41 S. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer eine angemessene Herabsetzung der Prämie verlangen, wenn wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände eine höhere Prämie vereinbart war und diese Umstände nach Antragstellung des Versicherungsnehmers oder nach Vertragsschluss weggefallen oder bedeutungslos geworden sind.

Ob ein gefahrerhöhender Umstand nach Antragstellung weggefallen oder bedeutungslos geworden ist, ist anhand der subjektiven Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers zu beurteilen, die der konkrete Prämienkalkulation zugrunde liegen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 17.04.2013 – 23 O 261/11 –, Rn. 36, juris). Der Beklagte hat durch Einreichung der Anlage B2 substantiiert vorgetragen, das rheumatische Erkrankungen generell und eine chronische Polyarthritis ebenfalls nach seinen Risikoprüfungsgrundsätzen als risikoerhöhende Erkrankungen eingestuft werden, die allgemein sogar dazu führen, dass ein Versicherungsantrag abgelehnt wird.

Das bedeutet aber, dass bei einer dauerhaften Grunderkrankung allein der Umstand, dass diese sich über längere Zeit nicht manifestiert hat, nicht dazu führt, dass ein Wegfall der Risikoerhöhung anzunehmen ist (vgl. LG Berlin, a.a.O.; BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 41 Rn. 6-6.1).

Dabei trägt der Kläger die Darlegungslast dafür trägt, dass der gefahrerhöhende Umstand weggefallen ist bzw. nie vorgelegen hat (vgl. BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 41 Rn. 15).

Aus den eingereichten Behandlungsunterlagen und medizinischen Schreiben lässt sich aber nicht die positive Feststellung entnehmen, dass weder eine rheumatoide Arthritis noch ein Zustand nach palindromen Rheumatismus bestand bzw. besteht. Vor diesem Hintergrund war das angebotene Sachverständigengutachten nicht einzuholen, da selbst bei Unterstellung der von ihm eingebrachten Differenzialdiagnose nach den Risikogrundsätzen des Beklagten ein gefahrerhöhender Umstand vorläge. Mithin fehlt es bereits an der Erheblichkeit der entsprechenden Beweisaufnahme.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ausweislich der Anlage K10 die behandelnde Dr. xxx Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie ist, so dass von einer mehr als ausreichenden Fachexpertise der Behandlerin ausgegangen werden kann, welche Diagnose nach den von ihr erhobenen Befunden zu stellen war.

Folgerichtig hatte auch der Kläger in seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass für ihn der Fokus des Verfahrens aus seiner Sicht eher auf einer unzutreffenden Beratung vor Vertragsschluss liege

2. Aus dem Klägervortrag ergab sich auch nicht, dass mit dem Vertreter des Beklagten eine vom Versicherungsschein abweichende vertragliche Vereinbarung im Sinne des § 5 VVG getroffen wurde. Insofern war auch nach dem Klägervortrag mitgeteilt worden, dass nach 2 Jahren eine Gesundheitsprüfung erfolgen könne. Dies ist auch auf Antrag des Klägers durch den Beklagten vorgenommen worden mit für den Kläger nachteiligen Ergebnis.

3. Der Klägervortrag reicht auch nicht aus, um einen vertraglichen Schadensersatzanspruch vor Vertragsschluss nach §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB annehmen zu können.

Zum einen war der entsprechende Vortrag schon nicht so konkret, als dass das Gericht nach dem objektiven Empfängerhorizont hätte prüfen können, ob die tatsächlichen Angaben und das tatsächliche Verhalten des Vertreters des Beklagten schon als Pflichtverletzung im Rahmen der Beratung gewertet werden kann. Denn allein die subjektive Empfindung des Klägers, dass er nach der Beratung das Gefühl gehabt habe, er werde bei 2 Jahren Beschwerdefreiheit auf jeden Fall im Rahmen einer Gesundheitsprüfung eine Reduktion der Prämie erhalten, ist für die Beurteilung nicht maßgeblich. Das Gericht müsste vielmehr durch den Vortrag in die Lage versetzt werden prüfen zu können, ob ein objektiver Dritter die entsprechenden Erklärungen tatsächlich so hätte verstehen müssen.

Zum anderen wäre die Rechtsfolge der Anspruchsgrundlage bereits nicht geeignet, die hier begehrten Forderungen zu begründen.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nummer 11, 711 ZPO.

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