AG Köln – Az.: 118 C 159/11 – Urteil vom 29.06.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger als Versicherungsnehmer der Beklagten als seiner privaten Krankenversicherung begehrt mit der Klage anteilige Zahlung in tariflicher Höhe zu 30 % der Rechnungen der Klinik T. vom 15.09.2010 über 10.533,50 EUR und des dortigen Chefarztes Dr. U.vom 09.09.2010 über 2.053,48 EUR, gesamt 12.586,98 EUR, von 3.775,09 EUR.
Er war dort im Zuge zahlreicher vorheriger Untersuchungen durch andere Ärzte wegen Polyneuropathie vom 17.12. bis zum 19.12.2008 aufhältig.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.775,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten zu 402,82 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie wendet ein, die Klinik sei, wenn überhaupt, allenfalls eine gemischte Anstalt. Im Übrigen habe es sich um einen Kuraufenthalt gehandelt. Eine vorherige Leistungszusage sei nicht abgegeben und eine Notfallaufnahme habe nicht vorgelegen.
Die Parteien haben sich mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Aufenthalt des Klägers hat in der Klinik T., und damit in einer sogenannten gemischten Anstalt stattgefunden.
Für einen Aufenthalt in einer gemischten Anstalt besteht nach § 4 Abs. 5 MB-KK = § 4 Abs. 5 AVB kein Anspruch auf Versicherungsleistungen.
Von einer gemischten Anstalt spricht man, wenn in einer Krankenanstalt zumindest auch Kuren und Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt werden.
Kuren sind Behandlungsmethoden, die typischerweise vorbeugend oder im Anschluss an die akute Phase einer Krankheit eingesetzt werden. Von Sanatoriumsbehandlung wird gesprochen, wenn Genesende oder chronisch Kranke mit Mitteln der physikalischen Therapie oder durch bestimmte Ernährungsformen behandelt werden.

Im Rahmen des § 4 Abs. 5 AVB ist es unerheblich, ob der Aufenthalt medizinisch notwendig war und ob es sich im konkreten Einzelfall um einen stationären Krankenhausaufenthalt, eine Kur- oder Sanatoriums- oder eine Rehabilitationsmaßnahme gehandelt hat. Dem Versicherer soll im Nachhinein die oft schwierig zu treffende Abgrenzung erspart bleiben, um was für eine Maßnahme es sich konkret gehandelt hat (vgl. Prölls-Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 4 MB-KK RNr. 23 ff.; Bach-Moser, 3 .Aufl. 2002, § 4 RNr. 104; OLG Köln, VersR 84, 133; OLG Karlsruhe, r+s 98, 296; LG Köln, r+s 99, 339; LG Mannheim, r+s 99, 340). Es handelt sich um eine zulässige vertragliche Regelung einer Risikobegrenzung (vgl. OLG Nürnberg, r+s 96, 283).
Dem kann ein Versicherungsnehmer auch nicht mit dem Hinweis begegnen, die Klinik bestehe aus verschiedenen Abteilungen, die stationäre Behandlung werde getrennt von der Abteilung für Kur- oder Sanatoriumsbehandlung durchgeführt. Die zulässige Beschränkung der Leistungspflicht dient gerade auch dazu, dem Versicherer die konkrete Prüfung des Einzelfalls zu ersparen, welche Einrichtung aufgesucht und welche Behandlung konkret durchgeführt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe, r+s 98, 297, 298; LG Köln, r+s 99, 339; LG Osnabrück, r+s 99, 341; LG Trier, r+s 99, 341).
Auch ein etwaiger Hinweis eines Versicherungsnehmers, er habe eine Zusage der Versicherung rechtzeitig vor dem Beginn des Aufenthalts in der medizinischen Einrichtung beantragt, änderte an der Beurteilung nichts. Jedenfalls liegt hier keine bindende Zusage der privaten Krankenversicherung vor. Ebenso wenig ist entscheidend, ob dem Versicherungsnehmer der Charakter der Einrichtung unbekannt war und er die Notwendigkeit einer vorherigen Leistungszusage unverschuldet nicht erkannt hat (vgl. OLG Hamm, VersR 92, 687).
Die private Krankenversicherung handelt mit der Leistungsverweigerung auch nicht rechtsmissbräuchlich. Selbst dann sogar, wenn sie in früheren Jahren für Aufenthalte in derselben oder einer vergleichbaren Einrichtung Leistungen erbracht hätte, änderte sich daran nichts. Denn der Versicherer ist berechtigt, seine Leistungspflicht für jeden Versicherungsfall erneut zu prüfen und bindet sich durch seine frühere Entscheidung nicht (vgl. OLG Köln, r+s 88, 239; OLG Nürnberg, r+s 96, 283; LG Osnabrück, r+s 99, 341, LG Trier, r+s 99, 341).
Dieser Grundsatz findet seine Ausnahme lediglich im Rahmen des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB), wenn ein Versicherer bei ansonsten gleichartigen Behandlungen des Versicherten mit seiner Leistungsverweigerung erstmals eine mehrjährige Erstattungspraxis änderte, ohne dem Versicherten vor der Inanspruchnahme der Leistungen davon Mitteilung zu machen (vgl. hiesige Berufungskammer, Urteil vom 25.11.2009 – 23 S 32/09). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
Die private Krankenversicherung ist auch nicht deshalb ausnahmsweise zu einer Leistung trotz eines Aufenthalts in einer gemischten Anstalt verpflichtet. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger als Versicherungsnehmer etwa als Notfall in diese medizinische Einrichtung als des nächstgelegenen Krankenhauses eingeliefert worden wäre oder der Behandlungserfolg nur in dieser Einrichtung erfolgreich hätte durchgeführt werden können. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Versicherungsnehmer bei dem stationären Aufenthalt keinesfalls Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen in Anspruch genommen hat (vgl. dazu etwa OLG Nürnberg, r+s 96, 283; OLG Karlsruhe, r+s 98, 298; OLG Köln, r+s 95, 112). Dagegen spricht hier schon die umfassende Konsultation anderer Ärzte wegen des nämlichen Krankheitsbildes vor dem Besuch der Klinik.
Dass in der Klinik, in der sich der Versicherungsnehmer aufgehalten hatte, zumindest auch Kuren und Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt werden, ist schon nach dem von der Klägerseite selbst geleisteten Vorbringen zu dem Umfang der dort von ihr in Anspruch genommenen Therapien unstreitig der Fall, so dass es einer entsprechenden Beweisaufnahme hierzu nicht bedurfte. Die Klinik hat sich erkennbar der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verschrieben, wie ihr Internetauftritt und ihr Briefkopf offenlegen.
Allerdings ist der Charakter der Klinik als einer gemischten Anstalt schon aufgrund deren eigenen Leistungsangebots, wie es sich etwa auf deren eigener Internetpräsentation darstellt, offensichtlich.
Die Klinik präsentiert sich bereits einleitend auf ihrer Homepage mit:
Behandlungsmethode ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Sie wird ergänzt durch biologische Heilverfahren und das schulmedizinische Basisprogramm.
Chinesische Arzneitherapie. Das bei weitem wichtigste Verfahren ist die Chinesische Arzneitherapie. An manuellen Verfahren werden angewandt: Akupunktur, Moxibustion, Tuina-Massage, Psychotonik nach Glaser u.a.
Sie wendet folgende Methoden an:
Chinesische Diagnostik
Chinesische Arzneitherapie
Akupunktur
Moxibustion (Erwärmung der Akupunkturpunkte)
Lymphdrainage nach Dr. Vodder
Psychotonik nach Prof. Glaser (Atemtherapie)
Shiatsu (japanische Massagetechnik)
Tuina (chinesische Massagetechnik)
Akupunkt-Massage nach Penzel
Cranio-Sacral-Therapie (Körperarbeit)
Fußreflexzonentherapie nach Marquardt
QiGong (meditative Körperübungen)
Ernährungstherapie (Diätetik)
Psychotherapeutische Gespräche
Schulmedizinisches Basisprogramm
Damit unterscheidet die Klinik selbst scharf zwischen der Schuldmedizin und er TCM.
Sie bietet außerdem unter dem Motto, Lebenspflege – Kurse für alle, folgende Leistungen an:
Von Lebenspflege (Yang Sheng) sprechen die frühen Schriften des Daoismus. Gemeint sind das Wissen um die Erhaltung und Förderung der Gesundheit und die Anwendung von Übungen dazu. In diesem Sinne sollen unsere Kurse für alle der Lebenspflege dienen.Die Kurse finden – je nach Gruppengröße – im Hörsaal, im Bewegungsraum oder im Pavillon der Klinik statt. Während der Kurszeiten stehen Ihnen Getränke und Mahlzeiten zur Verfügung. Bringen Sie nichts außer Interesse und bequeme Kleidung mit und lassen Sie sich zur Lebenspflege inspirieren
Sie bietet damit erkennbar allgemeine Lebenshilfe an.
Sämtliche Umstände sprechen gegen ein Akutkrankenhaus.
Dann muss die Klage der Abweisung unterfallen, ohne dass noch gesondert ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste.
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 3.775,09 EUR