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Berufsunfähigkeitsversicherung – Herausgabeanspruch von medizinischen Untersuchungsergebnissen

KG Berlin – Az.: 6 U 45/18 – Beschluss vom 23.10.2018

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten je zur Hälfte zu tragen.

Der Streitwert wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 1. März 2018 für beide Rechtszüge auf 1.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dies führt zur Kostentragungspflicht der Beklagten, wobei diese gemäß § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten nach Kopfteilen je zur Hälfte zu tragen haben.

Die Berufung der Klägerin war zulässig. Die Beklagten haben die Klägerin im zweiten Rechtszug klaglos gestellt und den geltend gemachten Anspruch vorbehaltlos erfüllt. Sie haben sich damit freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben.

Eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO kommt nicht in Betracht, denn die Beklagten haben Anlass zur Klageerhebung gegeben und den Anspruch auch nicht sofort anerkannt.

Die Klage ist nicht erst im zweiten Rechtszug durch das Inkrafttreten des Art. 15 Datenschutzgrundverordnung begründet geworden, vielmehr bestand der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bereits vor Rechtshängigkeit der Klage. Der Anspruch der Klägerin auf Übermittlung einer Kopie des im Auftrag der Beklagten eingeholten Gutachtens folgt als Nebenpflicht der Beklagten aus dem Versicherungsverhältnis und ist durch das in Art. 1 und 2 GG garantierte Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung begründet.

Die Klägerin musste sich, wollte sie erfolgreich ihren vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente gegen die Beklagten geltend machen, einer erneuten medizinischen Begutachtung im von den Beklagten beauftragten … Centrum für … unterziehen. Zwar haben die Beklagten in Auswertung der Begutachtung ihre Leistungspflicht weiterhin anerkannt, so dass die Klägerin auf die Kenntnis des Gutachtens nicht zur gerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen angewiesen war. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin schützt jedoch unabhängig von dem vorstehenden Gesichtspunkt deren Interesse an der Kenntnis ihres Gesundheitszustandes und von dem Ergebnis einer diesbezüglich eingeholten sachverständigen Einschätzung. Hinzu kommt, dass die Klägerin sich im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses auf Wunsch der Beklagten als Person dieser Begutachtung unterziehen musste. Als natürliche Person hat sie jedoch einen Anspruch darauf, als Mensch in die Begutachtung einbezogen zu werden und nicht nur wie eine Sache – etwa wie in der Gebäude- oder Kaskoversicherung – begutachtet zu werden. Diese Einbeziehung bedingt, dass sie grundsätzlich auf eigenen Wunsch davon informiert werden muss, welche Ergebnisse die Begutachtung ihres Gesundheitszustandes erbracht hat. Da die Beklagten das Gutachten zwischenzeitlich der Klägerin zur Verfügung gestellt haben, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob und welche Gründe im Einzelfall einer solchen Bekanntgabe entgegenstehen können.

Der Streitwert ist in Abänderung der Wertfestsetzung durch das Landgericht auf 1.000,- EUR festzusetzen, weil ein höher zu bewertendes Interesse der Klägerin nicht dargetan ist. Da die Beklagten die vertraglich vereinbarten Leistungen erbringen und kein Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel der Leistungseinstellung anstreben, scheidet eine Bestimmung des Wertes des Klageanspruchs anhand von Leistungsansprüchen aus. Eine höhere Bewertung des Interesses der Klägerin an der Kenntnisnahme vom Gutachten als 1.000,- EUR ist nicht zu begründen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, denn die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Durch Art. 15 DSGVO ist ein entsprechender Anspruch nunmehr geregelt.

Weitere Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

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