Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil zur Krankentagegeldversicherung: Tagegeldanpassung im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Unter welchen Bedingungen darf eine Krankentagegeldversicherung die Leistungen für Selbstständige reduzieren?
- Wie wird das maßgebliche Nettoeinkommen für Selbstständige in der Krankentagegeldversicherung berechnet?
- Welche Möglichkeiten haben Selbstständige, sich gegen eine Reduzierung ihres Krankentagegeldes zu wehren?
- Welche Informationspflichten hat der Versicherer bei einer Anpassung des Krankentagegeldes?
- Wie können Selbstständige ihr Krankentagegeld vor Einkommensschwankungen schützen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger ist selbstständig tätig und stellte einen Antrag auf Krankentagegeld, nachdem er arbeitsunfähig wurde.
- Die Versicherung passte die Höhe des Krankentagegeldes aufgrund einer Reduzierung des Nettoeinkommens an.
- Der maßgebliche Zeitraum für die Berechnung des Nettoeinkommens wurde durch die Versicherungsbedingungen klar definiert.
- Das Gericht entschied, dass die Reduzierung des Krankentagegeldes rechtmäßig war, da das Nettoeinkommen des Klägers unter dem vertraglich festgelegten Niveau lag.
- Die Berechnungsmethode der Versicherung war gemäß den Bedingungen des Vertrages korrekt und nachvollziehbar.
- Der Kläger konnte die Ablehnung der Klage nicht erfolgreich begründen, was zu einer Kostenpflicht für ihn führte.
- Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, gewährt dem Kläger jedoch keine zusätzlichen Ansprüche.
- Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Sicherungsinteressen der Versicherer im Falle eines gesunkenen Einkommens.
- Es wird betont, dass selbständige Personen ihre Einkommenssituation regelmäßig prüfen sollten, um negative Konsequenzen bei der Versicherungsleistung zu vermeiden.
- Die Klageabweisung könnte andere Selbstständige dazu anregen, ihre Verträge und bestehenden Einkünfte zu hinterfragen, um ähnliche Situationen zu vermeiden.
Gerichtsurteil zur Krankentagegeldversicherung: Tagegeldanpassung im Fokus
Die Krankentagegeldversicherung spielt eine entscheidende Rolle in der finanziellen Absicherung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Sie bietet den Versicherten eine wichtige Unterstützung, indem sie ein Tagegeld auszahlt, wenn das Einkommen aufgrund einer Erkrankung sinkt. Diese einkommenssichernde Leistung ist besonders bedeutend, da viele Menschen im Falle einer langen Krankheit auf ihre Ersparnisse oder Unterstützung angewiesen sind, um den Lebensstandard zu halten.
Ein zentrales Thema in diesem Kontext ist die Tagegeldanpassung, die notwendig wird, wenn das Nettoeinkommen der Versicherten absinkt. Gesetzliche Vorgaben und vertragliche Regelungen bestimmen, unter welchen Umständen eine solche Anpassung erfolgen kann und wie die entsprechenden Leistungen der privaten Krankenversicherung oder Zusatzversicherung gestaltet sind. Hierbei spielen auch Aspekte wie die steuerliche Absetzbarkeit und die Berücksichtigung von Alterseinkünften eine Rolle.
Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall betrachtet, der sich mit den Herausforderungen und rechtlichen Fragen rund um die Tagegeldanpassung bei Einkommensverlust aufgrund von Krankheit beschäftigt.
Der Fall vor Gericht
Krankentagegeldversicherung: Gericht bestätigt Reduzierung bei Einkommensrückgang
Ein selbstständiger Vermögensberater scheiterte mit seiner Klage gegen die Reduzierung seines Krankentagegeldes durch seinen Versicherer. Das Landgericht Kleve entschied, dass die Anpassung des Versicherungsvertrags rechtmäßig war und wies die Klage ab.
Hintergrund des Falls
Der Kläger, seit 1982 bei der Beklagten krankentagegeldversichert, erlebte 2022 eine Reduzierung seiner Versicherungsleistungen. Die Versicherung senkte zum 01.04.2022 das Krankentagegeld in zwei Tarifen von 84 EUR auf 47 EUR bzw. von 114 EUR auf 76 EUR pro Tag. Grundlage dafür waren die vom Kläger übermittelten Einkommensnachweise, die einen Gewinnrückgang aufzeigten.
Streitpunkt: Wirksamkeit der Anpassungsklausel
Der zentrale Streitpunkt war die Wirksamkeit der vertraglichen Anpassungsklausel. Diese erlaubt dem Versicherer, bei sinkendem Nettoeinkommen des Versicherten das Krankentagegeld entsprechend zu reduzieren. Der Kläger argumentierte, die Klausel sei intransparent und unwirksam, da unklar sei, was bei einem selbstständigen Gewerbetreibenden als „Nettoeinkommen“ gelte.
Gerichtliche Entscheidung
Das Landgericht Kleve befand die Anpassungsklausel für wirksam und transparent. Es verwies auf die im Vertrag enthaltene Definition des Nettoeinkommens für Gewerbetreibende. Demnach gelten als Nettoeinkommen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG, abzüglich der darauf entfallenden Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Gewerbesteuer.
Begründung des Gerichts
Das Gericht betonte, dass die Klausel auf den steuerrechtlichen Gewinnbegriff abstellt, der selbstständigen Gewerbetreibenden aus ihrer steuerlichen Einkünfteermittlung bekannt sei. Die Bezugnahme auf § 15 EStG mache die Berechnung des Nettoeinkommens für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hinreichend transparent.
Folgen für den Kläger
Die vorgenommene Reduzierung des Krankentagegeldes wurde als wirksam erachtet. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger nach der Verringerung noch einen Krankentagegeldanspruch von 123 EUR pro Tag hatte, was seinem tatsächlichen Tagesgewinn von 122,44 EUR entsprach. Die Tatsache, dass die Versicherung das Krankentagegeld nicht noch stärker reduziert hatte, wurde als Kulanzverhalten gewertet, auf das kein Rechtsanspruch besteht.
Bedeutung für Selbstständige mit Krankentagegeldversicherung
Das Urteil verdeutlicht, dass Versicherer bei nachweislich sinkendem Einkommen das vereinbarte Krankentagegeld reduzieren können, sofern der Vertrag eine entsprechende transparente Klausel enthält. Selbstständige sollten ihre Versicherungsbedingungen genau prüfen und bei Einkommensänderungen mit möglichen Anpassungen ihrer Versicherungsleistungen rechnen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bekräftigt die Wirksamkeit von Anpassungsklauseln in Krankentagegeldversicherungen für Selbstständige, sofern diese transparent und verständlich formuliert sind. Die Definition des Nettoeinkommens anhand steuerrechtlicher Begriffe wurde als ausreichend transparent erachtet. Versicherer dürfen demnach das Krankentagegeld bei nachweislich sinkendem Einkommen reduzieren, wenn der Vertrag dies vorsieht. Selbstständige müssen bei Einkommensänderungen mit Anpassungen ihrer Versicherungsleistungen rechnen und sollten ihre Vertragsbedingungen sorgfältig prüfen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Selbstständiger eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben, hat dieses Urteil wichtige Konsequenzen für Sie. Es bestätigt, dass Versicherer das Krankentagegeld reduzieren dürfen, wenn Ihr Einkommen sinkt – vorausgesetzt, der Vertrag enthält eine transparente Anpassungsklausel. Als „Nettoeinkommen“ gilt dabei Ihr steuerlicher Gewinn abzüglich bestimmter Steuern. Prüfen Sie Ihre Versicherungsbedingungen genau und achten Sie auf die Definition des Nettoeinkommens. Bei Einkommensrückgängen sollten Sie mit einer möglichen Anpassung Ihres Krankentagegeldes rechnen. Eine Klage gegen solche Anpassungen hat nach diesem Urteil wenig Aussicht auf Erfolg, solange die Berechnung des Versicherers nachvollziehbar ist und Ihrem tatsächlichen Einkommen entspricht.
FAQ – Häufige Fragen
Verlieren Sie durch Krankheit, Unfall oder Pflegebedürftigkeit Einkommen? Tagegeldanpassung bei Einkommensverlust kann Ihnen helfen, Ihre finanzielle Sicherheit in dieser Situation zu bewahren. In unseren FAQ finden Sie Antworten auf wichtige Fragen rund um das Thema und erfahren, welche Möglichkeiten Ihnen zur Verfügung stehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Unter welchen Bedingungen darf eine Krankentagegeldversicherung die Leistungen für Selbstständige reduzieren?
- Wie wird das maßgebliche Nettoeinkommen für Selbstständige in der Krankentagegeldversicherung berechnet?
- Welche Möglichkeiten haben Selbstständige, sich gegen eine Reduzierung ihres Krankentagegeldes zu wehren?
- Welche Informationspflichten hat der Versicherer bei einer Anpassung des Krankentagegeldes?
- Wie können Selbstständige ihr Krankentagegeld vor Einkommensschwankungen schützen?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Unter welchen Bedingungen darf eine Krankentagegeldversicherung die Leistungen für Selbstständige reduzieren?
Eine Krankentagegeldversicherung darf die Leistungen für Selbstständige nur unter bestimmten, eng gefassten Bedingungen reduzieren:
Tatsächliche Einkommensminderung
Eine Leistungsreduzierung ist nur bei einer nachweisbaren, dauerhaften Verringerung des Nettoeinkommens zulässig. Kurzfristige Schwankungen oder vorübergehende Einkommensrückgänge rechtfertigen keine Anpassung.
Transparente Anpassungsklausel
Die Versicherungsbedingungen müssen eine klare und verständliche Anpassungsklausel enthalten. Diese muss für Sie als Versicherungsnehmer nachvollziehbar darlegen, unter welchen Umständen und in welchem Umfang eine Leistungsanpassung erfolgen kann.
Bemessungszeitraum und -grundlage
Die Klausel muss eindeutig definieren, welcher Zeitraum für die Einkommensermittlung herangezogen wird. Typischerweise wird ein Durchschnittswert der letzten 12 Monate vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit betrachtet. Zudem muss klar sein, wie das relevante Nettoeinkommen berechnet wird.
Verhältnismäßigkeit der Anpassung
Die Reduzierung muss im angemessenen Verhältnis zum Einkommensrückgang stehen. Eine pauschale oder unverhältnismäßig hohe Kürzung ist nicht zulässig.
Mitteilungspflicht des Versicherungsnehmers
Als Selbstständiger sind Sie verpflichtet, Ihrem Versicherer eine dauerhafte Verringerung Ihres Nettoeinkommens unverzüglich mitzuteilen. Erst nach dieser Mitteilung kann der Versicherer eine Anpassung vornehmen.
Beachtung des Äquivalenzprinzips
Bei einer Leistungsreduzierung muss der Versicherer auch den Beitrag entsprechend senken. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung muss gewahrt bleiben.
Keine rückwirkende Anpassung
Die Reduzierung darf grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen. Eine rückwirkende Anpassung bereits eingetretener Versicherungsfälle ist in der Regel nicht zulässig.
Wenn Sie als Selbstständiger mit einer Leistungsreduzierung Ihrer Krankentagegeldversicherung konfrontiert werden, prüfen Sie sorgfältig, ob alle diese Bedingungen erfüllt sind. Im Zweifelsfall können Sie die Anpassung anfechten, insbesondere wenn die zugrundeliegende Klausel nicht den Transparenzanforderungen entspricht.
Wie wird das maßgebliche Nettoeinkommen für Selbstständige in der Krankentagegeldversicherung berechnet?
Das maßgebliche Nettoeinkommen für Selbstständige in der Krankentagegeldversicherung wird in der Regel auf Basis des steuerlichen Gewinns berechnet. Hierbei werden die Betriebseinnahmen abzüglich der Betriebsausgaben berücksichtigt. Von diesem Gewinn werden dann noch die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, um das Nettoeinkommen zu ermitteln.
Berechnungsgrundlage
Die meisten Versicherer orientieren sich am Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung oder vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Einige Versicherer verwenden auch einen längeren Zeitraum, etwa 24 oder 36 Monate, um saisonale Schwankungen auszugleichen.
Ermittlung des steuerlichen Gewinns
Der steuerliche Gewinn ergibt sich aus der Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder der Bilanz Ihres Unternehmens. Dabei werden alle betrieblichen Einnahmen erfasst und die Betriebsausgaben davon abgezogen. Zu den Betriebsausgaben zählen unter anderem Wareneinkäufe, Mieten, Personalkosten und Abschreibungen.
Abzüge zur Ermittlung des Nettoeinkommens
Vom steuerlichen Gewinn werden folgende Posten abgezogen:
- Einkommensteuer
- Solidaritätszuschlag
- Kirchensteuer (falls zutreffend)
- Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
- Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu berufsständischen Versorgungswerken
Besonderheiten bei der Berechnung
Einige Versicherer berücksichtigen bei der Berechnung des Nettoeinkommens auch Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen, die steuerlich geltend gemacht werden können. Dies kann zu einem niedrigeren Nettoeinkommen und damit zu einer geringeren Versicherungsleistung führen.
Nachweis des Einkommens
Bei Vertragsabschluss müssen Sie in der Regel Ihr Einkommen durch Steuerbescheide oder betriebswirtschaftliche Auswertungen nachweisen. Viele Versicherer verlangen auch regelmäßige Aktualisierungen dieser Nachweise, um das versicherte Krankentagegeld an Einkommensänderungen anzupassen.
Anpassung bei Einkommensänderungen
Wenn sich Ihr Nettoeinkommen nicht nur vorübergehend ändert, sind Sie verpflichtet, dies dem Versicherer mitzuteilen. Bei einer Reduzierung des Einkommens kann der Versicherer das versicherte Krankentagegeld entsprechend anpassen, um eine Überversicherung zu vermeiden.
Welche Möglichkeiten haben Selbstständige, sich gegen eine Reduzierung ihres Krankentagegeldes zu wehren?
Selbstständige haben mehrere Möglichkeiten, gegen eine Reduzierung ihres Krankentagegeldes vorzugehen:
Prüfung der Vertragsklauseln
Zunächst sollten Sie Ihre Versicherungsunterlagen sorgfältig prüfen. Achten Sie besonders auf Klauseln, die sich auf die Anpassung des Krankentagegeldes beziehen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs hat bestimmte Klauseln zur Herabsetzung des Krankentagegeldes für unwirksam erklärt. Wenn Ihr Vertrag ähnliche Formulierungen enthält, könnte die Reduzierung möglicherweise rechtswidrig sein.
Widerspruch einlegen
Sind Sie mit der Reduzierung nicht einverstanden, legen Sie schriftlich Widerspruch bei Ihrer Versicherung ein. Begründen Sie Ihren Widerspruch ausführlich und verweisen Sie gegebenenfalls auf die aktuelle Rechtsprechung. Fordern Sie die Versicherung auf, die Entscheidung zu überprüfen und das ursprüngliche Krankentagegeld weiter zu zahlen.
Dokumentation des Einkommens
Stellen Sie alle relevanten Unterlagen zu Ihrem Einkommen zusammen. Dazu gehören Steuerbescheide, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Belege über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle. Wenn Sie nachweisen können, dass Ihr Einkommen nur vorübergehend gesunken ist oder besondere Umstände vorlagen, stärkt dies Ihre Position gegenüber der Versicherung.
Verhandlung mit der Versicherung
Versuchen Sie, direkt mit Ihrer Versicherung zu verhandeln. Erläutern Sie Ihre finanzielle Situation und die Gründe für eventuelle Einkommensschwankungen. Manchmal lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden, etwa eine vorübergehende Reduzierung statt einer dauerhaften Kürzung des Krankentagegeldes.
Schlichtungsverfahren
Wenn die direkten Verhandlungen scheitern, können Sie ein Schlichtungsverfahren beim Ombudsmann für Versicherungen anstreben. Dieses Verfahren ist für Sie kostenlos und kann eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden.
Klage vor Gericht
Als letztes Mittel bleibt die Möglichkeit einer Klage vor dem zuständigen Gericht. Bedenken Sie jedoch, dass ein Gerichtsverfahren mit Kosten und Risiken verbunden ist. Die Erfolgsaussichten hängen stark von den Details Ihres Falls und der aktuellen Rechtsprechung ab.
Anpassung der Versicherungssumme
Wenn die Reduzierung berechtigt ist, können Sie auch über eine freiwillige Anpassung Ihrer Versicherungssumme nachdenken. Dadurch können Sie möglicherweise Beiträge sparen und trotzdem einen angemessenen Schutz behalten.
Beachten Sie, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist. Die Erfolgsaussichten Ihres Vorgehens hängen von den spezifischen Umständen ab, wie der genauen Vertragsgestaltung, der Begründung der Versicherung für die Reduzierung und der aktuellen Rechtslage.
Welche Informationspflichten hat der Versicherer bei einer Anpassung des Krankentagegeldes?
Bei einer Anpassung des Krankentagegeldes hat der Versicherer umfassende Informationspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer. Diese ergeben sich aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB).
Gesetzliche Informationspflichten
Der Versicherer muss Sie schriftlich über die Anpassung des Krankentagegeldes informieren. Diese Information muss mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Änderung erfolgen. In der Mitteilung muss der Versicherer Sie auf Ihr Kündigungsrecht hinweisen. Sie haben das Recht, den Vertrag innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Mitteilung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung zu kündigen.
Inhalt der Informationen
In der Mitteilung muss der Versicherer detailliert darlegen, warum eine Anpassung des Krankentagegeldes notwendig ist. Dazu gehören:
- Die Gründe für die Anpassung, z.B. eine Änderung Ihres Nettoeinkommens
- Die Höhe der Anpassung in Euro pro Tag
- Das Datum des Inkrafttretens der Änderung
- Die Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz
- Eventuelle Änderungen des Beitrags
Besondere Informationspflichten bei Einkommensminderung
Wenn Ihr Nettoeinkommen gesunken ist, muss der Versicherer Sie darüber informieren, dass er das Krankentagegeld und den Beitrag entsprechend herabsetzen kann. Er muss Ihnen mitteilen, wie hoch das neue Krankentagegeld sein wird und ab wann die Änderung gilt.
Form der Mitteilung
Die Information muss in Textform erfolgen. Das bedeutet, sie kann per Brief, E-Mail oder Fax übermittelt werden, solange sie lesbar und dauerhaft gespeichert werden kann.
Wenn Sie eine Anpassungsmitteilung erhalten, prüfen Sie diese sorgfältig. Achten Sie besonders darauf, ob die angegebenen Einkommensdaten korrekt sind und ob die Berechnung des neuen Krankentagegeldes nachvollziehbar ist. Bei Unklarheiten haben Sie das Recht, vom Versicherer weitere Erläuterungen zu verlangen.
Wie können Selbstständige ihr Krankentagegeld vor Einkommensschwankungen schützen?
Selbstständige können ihr Krankentagegeld durch verschiedene Maßnahmen vor Einkommensschwankungen schützen:
Wahl eines geeigneten Versicherungstarifs
Wählen Sie einen Tarif mit Nachversicherungsgarantie. Diese Option ermöglicht es Ihnen, Ihre Versicherungssumme ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen, wenn Ihr Einkommen steigt. Achten Sie auch auf Tarife mit flexiblen Karenzzeiten, die Sie an Ihre finanzielle Situation anpassen können.
Regelmäßige Überprüfung und Anpassung
Überprüfen Sie Ihr versichertes Krankentagegeld mindestens einmal jährlich. Passen Sie die Versicherungssumme an, wenn sich Ihr Einkommen verändert hat. Melden Sie Einkommenserhöhungen zeitnah Ihrem Versicherer, um eine Unterversicherung zu vermeiden.
Sorgfältige Dokumentation des Einkommens
Führen Sie eine detaillierte Buchhaltung und erstellen Sie regelmäßige Einkommensübersichten. Diese Dokumente dienen als Nachweis gegenüber dem Versicherer und erleichtern die Anpassung Ihres Krankentagegeldes. Bewahren Sie Steuerbescheide, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sorgfältig auf.
Bildung von Rücklagen
Legen Sie in einkommensstarken Zeiten Geld zurück. Diese Rücklagen können Sie nutzen, um in Phasen mit geringerem Einkommen Ihre Krankentagegeldversicherung aufrechtzuerhalten oder um die Karenzzeit zu überbrücken.
Dynamisierung der Versicherungssumme
Vereinbaren Sie eine automatische jährliche Erhöhung Ihres Krankentagegeldes. Viele Versicherer bieten eine solche Dynamisierung an, die Ihre Versicherungssumme an die allgemeine Einkommensentwicklung anpasst.
Kombination mit anderen Absicherungen
Ergänzen Sie Ihre Krankentagegeldversicherung durch weitere Absicherungen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung können zusätzlichen Schutz bieten und Einkommensschwankungen abfedern.
Beachten Sie, dass das Krankentagegeld gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete Nettoeinkommen nicht übersteigen darf. Eine sorgfältige Planung und regelmäßige Anpassung Ihrer Versicherung helfen Ihnen, einen angemessenen Schutz zu gewährleisten und gleichzeitig Überversicherungen zu vermeiden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Krankentagegeldversicherung: Eine Krankentagegeldversicherung ist eine spezielle Form der Versicherung, die finanzielle Unterstützung bietet, wenn jemand aufgrund einer Krankheit nicht arbeiten kann. Sie zahlt pro Tag, an dem der Versicherte arbeitsunfähig ist, eine festgelegte Summe, um Einkommensverluste auszugleichen. Dies ist besonders wichtig für Selbstständige, die im Krankheitsfall kein Gehalt von einem Arbeitgeber erhalten.
- Tagegeldanpassung: Diese Klausel ermöglicht es der Krankentagegeldversicherung, die Höhe des Krankentagegeldes anzupassen, wenn sich das Nettoeinkommen des Versicherten ändert. Relevant wird dies beispielsweise, wenn das Einkommen des Versicherten sinkt, wodurch die Versicherung dann auch die ausgezahlte Summe reduzieren kann. Die Anpassung erfolgt gemäß den vertraglichen Regelungen und kann bei langfristigen Einkommensänderungen notwendig sein.
- Nettoeinkommen: Das Nettoeinkommen bezieht sich im Kontext der Krankentagegeldversicherung auf den Gewinn, den ein Selbstständiger nach Abzug von Steuern und anderen Abgaben erzielt. Laut dem Urteil des Landgerichts Kleve umfasst das Nettoeinkommen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, abzüglich Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer. Diese Definition ist entscheidend, da sie die Grundlage für die Berechnung und Anpassung des Krankentagegeldes bildet.
- Anpassungsklausel: Eine Anpassungsklausel in einem Versicherungsvertrag legt fest, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang die Versicherungsleistungen verändert werden können. Im besprochenen Fall erlaubt die Anpassungsklausel dem Versicherer, das Krankentagegeld bei sinkendem Nettoeinkommen zu reduzieren. Die Wirksamkeit einer solchen Klausel hängt von ihrer Transparenz und Verständlichkeit für den Versicherungsnehmer ab.
- Kulanzverhalten: Kulanz bedeutet, dass eine Person oder Organisation mehr tut, als sie vertraglich oder rechtlich verpflichtet ist. Im gegebenen Fall stellte das Gericht fest, dass der Versicherer das Krankentagegeld weniger stark reduziert hatte, als er wohl hätte tun müssen. Dies wurde als Ausdruck von Kulanz gewertet, was bedeutet, dass der Versicherer dem Versicherten entgegenkam, obwohl er nicht dazu verpflichtet war.
- § 15 EStG: Dieser Paragraph im Einkommensteuergesetz (EStG) definiert Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er legt fest, was als gewerbliche Einkünfte zählt und wie diese berechnet werden. Im Kontext des Urteils dient § 15 EStG zur Bestimmung des Nettoeinkommens eines Selbstständigen, das für die Anpassung des Krankentagegeldes relevant ist. Die Bezugnahme auf diese steuerrechtliche Regelung soll die Berechnung des Nettoeinkommens nachvollziehbar und einheitlich gestalten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 4 RB/KT 2009: Dieser Paragraph regelt die Herabsetzung des Krankentagegeldes bei einem Rückgang des durchschnittlichen Nettoeinkommens der versicherten Person. Er ermöglicht es dem Versicherer, das Krankentagegeld und den Beitrag entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen zu reduzieren, wenn das durchschnittliche Nettoeinkommen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten unter die Höhe des vertraglich vereinbarten Nettoeinkommens sinkt. Dies gilt auch, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Im konkreten Fall hat die Versicherungsgesellschaft das Krankentagegeld des Klägers aufgrund eines vermeintlichen Rückgangs seines durchschnittlichen Nettoeinkommens gesenkt.
- § 3a TB/KT 2009: Dieser Paragraph der Allgemeinen Versicherungsbedingungen definiert das Nettoeinkommen von selbstständigen Gewerbetreibenden. Demnach wird das Nettoeinkommen aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG ermittelt und um die zu zahlende Einkommensteuer, den Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer reduziert. Die Versicherungsgesellschaft hat sich bei der Berechnung des Nettoeinkommens des Klägers auf diesen Paragraphen berufen.
- § 15 EStG: Dieser Paragraph des Einkommensteuergesetzes definiert die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wird im Wesentlichen durch die Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben im Unternehmen ermittelt. Die Versicherungsgesellschaft hat die Gewinnermittlung des Klägers für die Berechnung seines Nettoeinkommens herangezogen.
- § 222 BGB: Dieser Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). AGB sind standardisierte Vertragsbedingungen, die von Unternehmen gegenüber Verbrauchern einheitlich eingesetzt werden. Die AGB müssen nach § 222 BGB klar und verständlich redlich sein. Der Kläger argumentierte, dass § 4 Abs. 4 RB/KT 2009 unwirksam sei, weil er nicht klar sei, was unter „Nettoeinkommen“ zu verstehen sei.
- EU-Recht (z.B. Versicherungsvertragsrichtlinie): Die Versicherungsvertragsrichtlinie ist eine Richtlinie der EU, die das Versicherungsvertragsrecht in den Mitgliedstaaten harmonisieren soll. Die Richtlinie enthält Bestimmungen über Transparenz und Informationspflichten im Versicherungsvertrag. Sie soll sicherstellen, dass Versicherungsverträge klar und verständlich formuliert sind und die Versicherungsnehmer ausreichend informiert werden. Der Kläger argumentierte, dass die Versicherungsgesellschaft ihre Informationspflichten verletzt habe, da die Berechnung des Nettoeinkommens nicht transparent sei.
Das vorliegende Urteil
LG Kleve – Az.: 6 O 156/22 – Urteil vom 02.05.2024
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