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Vertrag BU-Versicherung – arglistige Täuschung durch Versicherungsmakler

LG Bielefeld – Az.: 18 O 18/19 – Urteil vom 22.11.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger hat bei dem Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung Nr. xxxxxxx abgeschlossen auf der Grundlage des Versicherungsscheines vom xx.x.xxxx. Versicherungsbeginn ist der xx.xx.xxxx, Versicherungsende der xx.xx.xxxx. Bestandteil der Versicherung sind die Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung des Beklagten Tarife BV xx und BV xx. Monatlich garantiert ist eine Berufsunfähigkeitsrente von 1500 EUR, bei einem monatlichen Beitrag von 225,50 EUR mit dynamischer Erhöhung. Die zunächst beantragte Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 1750 EUR wurde von dem Beklagten aufgrund des vom Kläger angegebenen durchschnittlichen Jahreseinkommens von 24.000 EUR nicht gewährt.

§ 8 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung lautet wie folgt:

Der Versicherte ist berufsunfähig, wenn er seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Folgende Bedingungen müssen dabei erfüllt sein:

Dauer:

Der Versicherte ist berufsunfähig, wenn er seinen Beruf voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen nicht ausüben kann oder bereits sechs Monate ununterbrochen nicht ausüben konnte und der Zustand andauert. Der Versicherte gilt dann als berufsunfähig von Beginn dieses Zeitraumes an und wir leisten rückwirkend.

Mindestgrad:

Der Versicherte ist dann berufsunfähig, wenn er seinen Beruf zu mindestens 50 % (Mindestgrad) nicht ausüben kann.

Ursache:

Der Versicherte ist nur dann berufsunfähig, wenn er gesundheitlich beeinträchtigt ist und ein Arzt dies bescheinigt. Dies kann folgende Ursachen haben: Eine Krankheit, eine Verletzung des Körpers oder einen Verfall der Kräfte. Ein Verfall der Kräfte liegt bereits dann vor, wenn dieser dem Alter des Versicherten entspricht.

Zuletzt ausgeübter Beruf:

Maßgeblich für die Beurteilung, ob der Versicherte berufsunfähig ist, ist sein zuletzt ausgeübter Beruf. Wir betrachten wie der zuletzt ausgeübte Beruf ausgestaltet war, als der Versicherte noch nicht gesundheitlich beeinträchtigt war.

Der Versicherungsantrag wurde vom Kläger gestellt am xx.xx.xxxx. Der Vertrag wurde vermittelt durch den Zeugen C. . Dieser hat den Antrag auch handschriftlich über dem Stempel “ Finanzdienstleistungen D. C. “ neben dem Kläger unterschrieben.

Auf Seite 2 des Versicherungsantrages befindet sich die Belehrung zur Anzeigepflichtverletzung, Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Darunter befindet sich der Hinweis „Bestätigung, die Belehrung zur Anzeigepflichtverletzung zur Kenntnis genommen zu haben“. Diese Bestätigung ist vom Kläger unterschrieben worden.

Auf Seite 3 des Antragsformulars unter Ziffer C befinden sich Erklärungen zum Gesundheitszustand.

Ziffer I. lautet: Bestehen oder bestanden in den letzten fünf Jahren Krankheiten, Unfallfolgen oder körperliche Schäden

I.13 Der Psyche (auch Angst-, Essstörung, Schlafstörung (mehr als fünfmal im Monat) Erschöpfungszustände, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom?

I.7 Sind sie in den letzten fünf Jahren von Ärzten, Psychologen, Krankengymnasten oder Heilpraktikern untersucht, beraten oder behandelt worden (auch Operationen, Strahlen-, Chemotherapie)?

I.8 Wurden sie in den letzten zehn Jahren stationär untersucht oder behandelt (auch Kuren, Reha, Entzugsbehandlungen, Operationen, Strahlen-, Chemotherapie) bzw. ist eine solche Untersuchung/Behandlung ärztlicherseits in den nächsten zwei Jahren vorausgesehen oder empfohlen?

I.12 Welcher Arzt kann über ihre Gesundheitsverhältnisse am besten Auskunft geben (Name, Anschrift)?

Sämtliche Fragen wurden im Antragsformular verneint. Das Formular wurde vom Zeugen C. ausgefüllt.

Der Kläger litt im Jahre xxxx unter einer Arthrose mit Impingementsyndrom . Im Jahre xxxx, xx.xx.xxxx, wurde eine Hernienoperation vollstationär durchgeführt. Vom xx.xx. bis xx.xx.xxxx war er deshalb arbeitsunfähig erkrankt.

Im November xxxx, xx.xx.xxxx befand sich der Kläger bei Herrn E.  in psychiatrischer Behandlung. Ihm wurden Psychopharmaka verordnet. Weitere Behandlungstermine fanden statt am xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx.

Ab Januar xxxx befand sich der Kläger bei Frau F. in psychotherapeutischer Behandlung.

Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag - arglistige Täuschung durch Versicherungsmakler
(Symbolfoto: Von YAKOBCHUK VIACHESLAV/Shutterstock.com)

Der Kläger betrieb seit dem Jahre xxxx die Herren- und Damenbekleidungsboutique Ac… in A. , in der er als Schneider tätig war.

Der Kläger beantragte am xx.xx.xxxx bei dem Beklagten Berufsunfähigkeitsleistungen, da er seit spätestens Februar xxxx aufgrund psychischer und orthopädischer Beschwerden nicht mehr in der Lage sei, seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit zu mindestens 50 % auszuüben.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom xx. xx. xxxx Leistungen ab und erklärte den Rücktritt vom Vertrag und focht den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Der Kläger begehrt Zahlung monatlicher Berufsunfähigkeitsrente für die Monate März xxxx bis Januar xxxx in Höhe von insgesamt 16.500 EUR. Ferner begehrt er ab Februar xxxx Zahlung monatlicher Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.500 EUR und die Feststellung, dass er ab März xxxx von den Beiträgen für die Berufsunfähigkeitsversicherung befreit sei. Schließlich macht er vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.085,95 EUR geltend.

Der Kläger trägt vor:

Er sei spätestens seit Februar xxxx aufgrund psychischer und orthopädischer Beschwerden nicht mehr in der Lage seine zuvor ausgeübte berufliche Tätigkeit zu mindestens 50 % auszuüben. Er leide unter Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Gemäß Entlassungsbericht des Klinikums G. leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem habe er orthopädische Probleme, Schmerzen in der Halswirbelsäule und der rechten Schulter, zusätzlich Schmerzen in der linken Hüfte.

Der Versicherungsvertrag sei seitens der Beklagten nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden. Er habe alle Gesundheitsfragen richtig beantwortet. Der Zeuge C. habe ihm das Antragsformular mit den Gesundheitsfragen nicht gezeigt, sondern ihn allgemein nach seinem Gesundheitszustand gefragt. Er habe ihm geantwortet, dass er bei einem Psychologen in Behandlung sei und operiert worden sei an einem Nabelbruch. Er habe die Ausführungen des Zeugen C. überwiegend nicht verstanden. Den Antrag habe er selbst nicht durchgelesen, das Formular sei zwischen Tür und Angel unterschrieben worden. Im Übrigen handle es sich nicht um gefahrerhebliche Gesundheitsfragen. Vor Antragstellung habe er nicht unter Gesundheitsbeeinträchtigungen gelitten, die die Schwelle zur Gefahrerheblichkeit überschritten hätten. Er habe dies als belanglose Alltagsbeschwerden angesehen.

Ein Rücktrittsrecht der Beklagten gemäß § 19 Abs. 5 VVG sei wegen unwirksamer Belehrung ausgeschlossen.

Der Kläger beantragt,

1.  den Beklagten zu verurteilen an ihn rückständige Berufsunfähigkeitsrenten für den Zeitraum März xxxx bis einschließlich Januar 2019 i.H.v. 16.500 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2019 zu zahlen;

2.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn monatlich ab Februar xxxx bis längstens zum 01.01.xxxxx jeweils bis zum fünften Werktag des Monats eine Berufsunfähigkeitsrente von 1500 EUR zu zahlen;

3.  festzustellen, dass der Kläger seit März xxxx von der Beitragszahlungspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung Nr. xxxxxxx befreit ist;

4.  den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2085,95 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Versicherungsvertrag sei wegen arglistigen Handelns des Klägers wirksam angefochten worden. Der Kläger habe seine ihm obliegenden Anzeigepflichten verletzt, indem er die seit Jahren bestehenden Beschwerden und kurz vor Antragstellung erfolgten ärztlichen Behandlungen nicht offenbart habe. Der Zeuge C. sei Versicherungsmakler, dessen Handeln müsse der Kläger sich zurechnen lassen. Im Übrigen bestreitet der Beklagte, dass der Kläger dem Zeugen C. gegenüber die Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantwortet habe. Er trägt vor, dass er bei Kenntnis der vor Antragstellung aufgetretenen psychischen Beschwerden den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Der Beklagte bestreitet im Übrigen eine Berufsunfähigkeit des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst beigefügte Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen D. C. . Diesbezüglich wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichtes A. vom 24.10.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat rechtswirksam mit Schreiben vom 29.11.2018 die Anfechtung des mit dem Kläger geschlossenen Versicherungsvertrages erklärt, weil er aus Anlass des Vertragsschlusses durch den Kläger als Versicherungsnehmer arglistig über dessen Gesundheitszustand getäuscht worden ist (§ 22 VVG, § 123 BGB).

Arglistiges Handeln ist anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer gefahrerhebliche Umstände kennt, sie dem Versicherer wissentlich verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass dieser sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden kann (BGH NJW-RR 2018,1510; OLG Hamm Versicherungsrecht 2017,808). Der Begriff der Arglist erfasst nicht nur ein von betrügerischer Absicht getragenes Handeln sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines für Möglichhaltens reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH NJW 2001,2326). Voraussetzung ist immer, das dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder nach früheren Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Antrages zu beeinflussen (BGH Versicherungsrecht 20 17,937). Der bloße Umstand falscher Angaben in einem Versicherungsvertrag rechtfertigt allein zwar nicht den Schluss auf eine arglistige Täuschung. Einen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhaltes, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Gesundheitsfragen immer oder nur in der Absicht geschieht, den Willen des Versicherers entsprechend zu beeinflussen, gibt es nicht (BGH Versicherungsrecht 2009,1479). Deshalb muss der Versicherer entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mithilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einwirken wollte, sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag nicht oder möglicherweise nur unter erschwerten Bedingungen annehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde (BGH am angegebenen Ort) .Auf eine etwaige Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht kommt es nicht an.

Der Beklagte hat eine Obliegenheitsverletzung des Klägers bei Antragstellung durch eine Falschbeantwortung der Antragsfragen bewiesen. Der Kläger hat bei Beantragung des Versicherungsvertrages am xx.xx.xxxxx wesentliche, von ihm ausdrücklich in Textform erfragte und auch gefahrerhebliche Umstände verschwiegen. Die Fragen im Versicherungsantrag zu Z. I.13, Z. 7,8 und 12 sind objektiv falsch beantwortet. Gefragt war danach, ob in den letzten fünf Jahren Krankheiten, Unfallfolgen oder körperliche Schäden der Psyche bestanden haben, ob der Kläger in den letzten fünf Jahren von Ärzten, Psychologen, Krankengymnasten oder Heilpraktikern untersucht, beraten oder behandelt wurde und ob in den letzten zehn Jahren stationäre Operationen stattgefunden haben. Sämtliche Fragen wurden verneint, obwohl der Kläger sich seit November xxxx bei Herrn E.  in psychiatrischer Behandlung befand, zuletzt am xx.xx.xxxx, nur wenige Tage vor Antragstellung, und bereits am xx.xx.xxxx auch Psychopharmaka verordnet wurden. Seitens des behandelnden Psychiaters E.  wurde als Diagnose eine depressive Episode festgestellt mit rezidivierender depressiver Störung. Zudem schilderte der Kläger gegenüber der ihm ab Januar xxxx behandelnden Frau F. Ängste und psychische Beschwerden, die seit Jahren bestünden und sich seit dem Jahre xxxx verschlechtert hätten. Zudem war der Kläger innerhalb des nachgefragten fünf- bzw. zehn Jahreszeitraums am xx.xx.xxxx stationär operiert worden mit anschließender Arbeitsunfähigkeit.

Der Beklagte war auch nicht gehalten, vor der Annahme eines Antrages eine Erklärung zum Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers vom Arzt einzuholen (Saarländisches Oberlandesgericht Urteil vom sechsten 20.07.2019, Az. 5 U 89 / 18- juris-). Dies gilt schon deshalb, da der Kläger im Versicherungsantrag behandelnde Ärzte nicht angegeben hatte. Er hatte auf dieser Grundlage keinen Anlass, noch eine weitere Nachfrage an den Kläger zu richten.

Der Kläger kann sich nicht damit entlasten, er habe alle Fragen wahrheitsgemäß gegenüber dem Zeugen C. beantwortet und diesen auch über die erfolgte psychische Behandlung sowie die erfolgte Operation unterrichtet . Denn das vom Kläger als Versicherungsnehmer unterschriebene Antragsformular ist objektiv falsch ausgefüllt, dem Kläger wird das Verhalten des Zeugen C. , als vom Kläger eingeschalteten Makler, sollte dieser entgegen den Angaben des Klägers das Antragsformular falsch ausgefüllt haben, zugerechnet. Eine arglistige Täuschung durch einen Makler ist dem Versicherungsnehmer gem. § 166 I BGB zuzurechnen ( BGH VersR 2008, 809; 2014, 565; OLG Düsseldorf VersR 2017, 1449). Die sogenannte „Auge und Ohr Rechtsprechung“, wonach die Angaben des Versicherungsnehmers gegenüber einem Versicherungsvertreter und Versicherungsagenten des Versicherers der Versicherung zuzurechnen sind, ist grundsätzlich nur auf Versicherungsvermittler anwendbar, die bei Vertragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden sind und nicht für Versicherungsmakler (BGH Versicherungsrecht 2001,1498; OLGR Hamm 2003,155). Zwar kann es Ausnahmen, die zu einer Zurechnung des Maklerverhaltens beim Versicherer führen würden, geben. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler -unabhängig von seiner etwaigen Selbstständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner -in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (BGHZ 194,39). Derartige Ausnahmefälle liegen hier jedoch nicht vor. Der Zeuge C. ist Versicherungsmakler . Er hat glaubhaft angegeben, nach der Gewerbeordnung als Makler eingetragen zu sein. Er sei nicht Versicherungsvertreter der Beklagten, er sei Makler und vermittelte Geschäfte auch für die Beklagte, sei jedoch nicht in deren Betriebsorganisation eingebunden. Die Angebote für Verträge habe er über eine GmbH angefordert, eine Vermittlerplattform. Der Zeuge C. ist damit als Versicherungsmakler für den Kläger sozusagen als dessen Sachwalter tätig geworden. Anzeigepflichtverletzungen des Zeugen C. als Makler muss sich der Kläger als Versicherungsnehmer demnach selbst anrechnen lassen (vergleiche OLG Düsseldorf VersR 20 17,1449).

Unabhängig davon hätte der Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch den ihm obliegenden Beweis dafür erbracht, dass der Kläger gegenüber dem Zeugen C. die Gesundheitsfragen objektiv falsch beantwortet hat. Wie der Zeuge C. glaubhaft bekundet hat, habe er dem Kläger am Telefon die gesamten Gesundheitsfragen vorgelesen. Er mache seit über 40 Jahren Versicherungen und ihm sei die Wichtigkeit der Fragen bewusst. Er habe die Gesundheitsfragen vorgelesen, der Kläger habe alles verneint. Er sei sich absolut sicher, dass der Kläger ihm gegenüber nicht gesagt und nicht erwähnt habe, er sei schon einmal im Krankenhaus gewesen, operiert worden, er sei beim Arzt gewesen und wegen psychischer Beschwerden behandelt worden. Wären diese Angaben gemacht worden, hätte er das angegeben. Nachdem er den Antrag ausgedruckt habe, sei er zum Kläger gefahren und sei dort mit ihm im Laden den Antrag noch mal durchgegangen. Der Kläger habe teilweise neben ihm, teilweise schräg vor ihm gestanden. Er habe ihm dann noch einmal alle Gesundheitsfragen vorgelesen, anschließend sei der Antrag vom Kläger und von ihm unterschrieben worden. Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft. Der Zeuge hat sehr detailliert ausgesagt, er konnte sich noch an zahlreiche Einzelheiten erinnern wie daran, dass der Kläger ihn Anfang des Jahres xxxx gesagt habe, Freunde hätten ihn empfohlen, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Andererseits hat er bei einzelnen Fragen auch angegeben, diesbezüglich sei er sich nicht genau sicher, er meine dies sei so der Fall gewesen, wie beispielsweise bei der Nachfrage bezüglich des Antrages auf eine höhere als die schließlich vereinbarte Rente. Schließlich ist der Zeuge mit dem Kläger bekannt gewesen, er hat bekundet, er habe den Kläger und seine erste Ehefrau beraten und habe jedes Mal, wenn er in A. zu tun gehabt habe, bei dem Kläger in dessen Geschäft vorbeigeschaut und ihn begrüßt. Letztlich scheint es mehr als unwahrscheinlich, dass ein langjähriger Versicherungsmakler, würde er die Information vom Versicherungsnehmer bekommen, dieser sei nur wenige Wochen vor Antragstellung in ärztlicher Behandlung gewesen und habe Psychopharmaka erhalten, dies nicht in den Versicherungsantrag aufnimmt. Das dieser Sachverhalt bei etwaigen Streitigkeiten mit der Versicherung aufgedeckt werden würde, liegt auf der Hand. Schließlich hat der Kläger widersprüchlich vorgetragen. So hat er im Schriftsatz vom x.xx.xxxx noch vortragen lassen, der Zeuge C. habe das Antragsformular vollständig ausgefüllt und es anschließend von dem Kläger unterschreiben lassen. In der mündlichen Verhandlung hat er demgegenüber angegeben, er habe den Antrag unterschrieben ohne dass irgendetwas zu den Gesundheitsfragen angekreuzt gewesen wäre.

Dass es sich bei den schriftlich erfragten Umständen um gefahrerhebliche Umstände handelt wird vermutet und liegt insbesondere bei den Fragen nach psychischen Erkrankungen und Behandlungen auf der Hand.

Die Voraussetzungen arglistigen Handelns sind gegeben. Mit dem Verschweigen der Erkrankungen und Behandlungen wollte der Kläger wissentlich und willentlich auf die Vertragsabschlussbereitschaft der Beklagten einwirken. Er war sich dabei bewusst, dass die Beklagte möglicherweise den Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen würde, wenn er die Wahrheit in dem Versicherungsantrag angeben würde. Indizien für arglistiges Verhalten liegen vor. So hat der Kläger nur kurze Zeit vor Antragstellung ärztliche Hilfe in Anspruch genommen, ihm wurden Psychopharmaka verordnet. Er hatte zunächst eine höhere Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 1750 EUR beantragt bei einem angegebenen durchschnittlichen Jahreseinkommen von nur 24.000 EUR .Aufgrund der dargestellten Gesamtsituation gibt es keine andere Erklärung dafür, dass der Kläger die Untersuchungen nicht offenbarte.

Auch dem Zeugen C. wäre, sofern das Vorbringen des Klägers zutreffend sein sollte, er habe diesem gegenüber die Gesundheitsfragen zutreffend beantwortet, arglistiges Handeln vorzuwerfen. Denn für den Zeugen als Versicherungsmakler läge es auf der Hand, dass die offenbarten Behandlungen und Erkrankungen für die Risikoprüfung eines Versicherers von erheblicher Bedeutung sind und anzugeben wären. Wie bereits dargelegt, wäre dem Kläger eventuelles arglistiges Verhalten des Zeugen C. gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.

Die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB ist eingehalten.

Die Frage, ob die im Versicherungsantrag vorgesehene Belehrung zutreffend ist, kann dahinstehen, da diese gemäß § 28 Abs. 4 VVG nicht Voraussetzung der Arglistanfechtung ist (vergleiche BGH VersR 2014,565). Auch die Frage, ob die Verletzung der Obliegenheit Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers hatte, ist bei der Arglistanfechtung unerheblich § 28 Abs. 3 VVG. Im Übrigen versteht sich dies bei den nur wenige Tage vor Vertragsabschluss stattgefundenen psychiatrischen Behandlungen mit der Verordnung von Psychopharmaka von selbst.

Demgemäß war die Klage insgesamt abzuweisen mit der Kostenfolge des §§ 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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