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Gebäudeversicherung – Schadenersatzanspruch gegen Mieter des Versicherungsnehmers

LG Magdeburg, Az.: 9 O 218/13 -057-, Urteil vom 08.10.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 31.075,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen eines Wasserschadens.

Die Klägerin ist die Gebäudeversicherung des Herrn R H, der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in B in der G Straße 14 a ist. Der Beklagte war Mieter einer Dachgeschosswohnung in diesem Haus.

Gebäudeversicherung - Schadenersatzanspruch gegen Mieter des Versicherungsnehmers
Symbolfoto: Von thodonal88 /Shutterstock.com

Am 14.02.2012 wurde in der vom Beklagten gemieteten Dachwohnung ein durch Frost entstandener Wasserschaden festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Wohnung vom Beklagten nicht bewohnt. Der Beklagte befand sich von Ende Januar bis August 2012 im Auslandseinsatz bei der Bundeswehr in Afghanistan.

Die Klägerin ließ ein Schadensgutachten zum Wasserschaden durch den Sachverständigen R erstellen. Dieser gelangt in seinem Gutachten vom 31.05.2012 zu einem Gesamtschaden (Neuwert) von 28.076,05 € und zu einem Gesamtschaden (Zeitwert) von 24.287,58 € sowie einer Mietminderung in Höhe von 1.747,50 €.

Zur Schadensursache traf der Sachverständige R folgende Feststellungen:

„Ob der Mieter der DG-WE, Herr G, unzulässigerweise die Heizung zu stark gedrosselt hatte (Thermostate auf „Null“) oder ob die Heiztherme tatsächlich ausfiel, da die Heizleitung in dem Drempel (in der MiWo-Dämmung befindlich, jedoch Kaltlufteinfluss von außen gegeben) zuerst einfror, lässt sich zweifelsfrei nicht mehr nachvollziehen. Die unmittelbare Ursache ist Frosteinwirkung auf die Leitungen im verkleideten Drempel, jedoch kann eine Leitung, auch wenn sie nicht vollständig isoliert und vor Kaltlufteinfluss geschützt ist, bei ordnungsgemäßem Betrieb der Heizung (Heizkörper mindestens auf Frostschutz, Kontrolle durch Mieter oder einen Beauftragten in höchstens zweitägigem Abstand bei Starkfrostperioden) nicht einfrieren.“

Es gab Nässeschäden in 3 Wohnungen des Hauses an Decken, Wänden und Fußböden, in den Bädern und der Umgebung der Bäder.

Die Klägerin zahlte an ihren Versicherungsnehmer auf diesen Gesamtschaden am 07.05.2012 5.874,72 €, am 18.05.2012 3.189,08 €, am 07.06.2012 15.442,34 €, am 25.07.2012 2.849,15 € (Mietausfallkosten), am 03.09.2012 1.760,32 € und Gutachterkosten in Höhe von 1.959,51 € für den Sachverständigen R.

Mit Schreiben vom 04.09.2012 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 24.116,74 € (Nettozeitwert = 20.409,73 €, Mietminderung 1.747,50 € und Sachverständigenkosten 1.959,51 €) bis zum 05.10.2012 auf.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 20.09.2012 eine Zahlung ab.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung der gesamten von ihr im Zusammenhang mit dem Wasserschaden geleisteten Zahlungen von 31.075,12 €.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe während seiner Abwesenheit nicht dafür gesorgt, dass die Heizung in seiner Wohnung regelmäßig kontrolliert worden sei; dies hätte mehrfach pro Woche erfolgen müssen. Die Heizungsrohre seien in einem ordnungsgemäßen Zustand gewesen. Wenn der Beklagte die Heizung während seiner Abwesenheit ordnungsgemäß betrieben hätte, wäre der Schaden nicht eingetreten. Der eingetretene Schaden sei nicht auf einen mangelhaften Zustand der Heizungsrohre in der Dachgeschosswohnung bzw. im Drempelbereich und auch nicht auf andere mangelhafte Beschaffenheiten des Hauses (insbesondere des Mauerwerks) zurückzuführen.

Sämtliche mit der Klage geltend gemachten Kosten wären dann nicht entstanden, wenn der Beklagte die Heizung während seiner Abwesenheit ordnungsgemäß betrieben hätte.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 31.075,12 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 1.085,04 € vorgerichtliche Kosten nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.03.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, seine Mutter L H sei von ihm beauftragt worden, während seiner Abwesenheit mindestens 2-mal pro Woche in seiner Wohnung „nach dem Rechten“ zu sehen. Dies habe sie auch getan und sei sogar alle 2 Tage in der Wohnung gewesen und habe die Heizung auch selbst durch Handauflegen kontrolliert, sogar noch 2 Tage vor dem Schadensfall. Die Heizkörper seien so eingestellt gewesen, dass kein Frostschaden deswegen habe eintreten können. Ursache für die Schäden seien vielmehr nicht isolierte Heizungsleitungen gewesen; hierfür sei – so meint der Beklagte – der Vermieter zuständig. Der Beklagte behauptet weiter, die Schadenshöhe sei in Anbetracht der vorprozessual geltend gemachten Summe nicht nachvollziehbar.

Das Gericht hat Beweis erhoben zunächst gemäß dem Beweisbeschluss vom 20.06.2013 (Bl. 94 f. d. A.) durch Vernehmung der Zeugen L H und S S.

Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweiserhebung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.09.2013 (Bl. 106 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat dann weiter Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 10.10.2013 (Bl. 111 f. d. A.) durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. Ing. R.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.12.2013 (Bl. 118 ff. d. A.) Bezug genommen.

Schließlich hat das Gericht gemäß dem Beweisbeschluss vom 16.01.2014 (Bl. 123 f. d. A.) in Verbindung mit dem Beschluss vom 22.04.2014 (Bl. 134 d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. M F.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Begutachtung wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M F vom 27. Februar 2015 (Bl. 159 ff. d. A.) Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß den §§ 86 Abs. 1 VVG i. V. m. 11 VGB 1988, 280 Abs. 1 BGB bzw. aus einer anderen Anspruchsgrundlage. Denn die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der streitgegenständliche Wasserschaden im Haus ihres Versicherungsnehmers durch den Beklagten als Mieter verursacht worden ist.

Zwar konnte der Zeuge S im Rahmen seiner Vernehmung nicht bestätigen, dass er, als er die Wohnung des Beklagten nach dem Wassereintritt aufgesucht habe, die Heizkörper dahingehend kontrolliert habe, ob diese auf Frostschutz standen bzw. ob diese in Betrieb waren. Hieran hatte der Zeuge S keine Erinnerung. Der Zeuge konnte jedoch bekunden, dass es in der Wohnung aus seiner Sicht nicht frostig gewesen sei, sondern nur kalt.

Demgegenüber hat die Zeugin H bekundet, dass sie während der Abwesenheit des Beklagten in Afghanistan zweimal in der Woche jeweils in der Wohnung gewesen sei, und zwar immer montags und freitags, und dabei auch festgestellt habe, dass die Heizungen in den Räumlichkeiten auf der Einstellung „*“ gestanden hätten. Die Heizkörper hätten sich in der Küche, im Bad und im Wohnzimmer befunden und wohl auch im Schlafzimmer. Sie habe jedes Mal bei jedem Heizkörper nachgesehen, ob der tatsächlich auch auf der Einstellung „*“ gestanden habe.

Das Gericht folgt den nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Bekundungen beider Zeugen nach eigener kritischer Prüfung im vollen Umfang. Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere die Zeugin H eine Gefälligkeitsaussage zugunsten des Beklagten getroffen haben könnte, hat das Gericht nicht, da die Aussage der Zeugin überzeugend war und die Zeugin auch einen glaubwürdigen Eindruck vermittelte, da ihre Aussage nicht abgesprochen wirkte und die Zeugin durch ihr übriges Aussageverhalten betreffend das Randgeschehen auch zum Ausdruck gebracht hat, dass sie versucht hat, sich konkret an alle Einzelheiten zu erinnern. Dies gelang ihr zwar nicht bezüglich jeder Einzelheit, was ihre Aussage jedoch gerade als besonders glaubhaft erscheinen lasst, da die Zeugin ansonsten auch, z. B. hinsichtlich des Heizkörpers im Schlafzimmer, hätte bekunden können, dass sich dort kein Heizkörper befunden habe.

Dafür, dass die Heizung während der Abwesenheit des Beklagten in dem Zeitraum vor dem Wasserschaden nicht abgestellt, sondern betrieben wurde, zumindest auf der Einstellung „*“, spricht auch die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. R. Dieser konnte bekunden, dass die Ursache für den Wasserschaden eindeutig ein Frostschaden gewesen sei. Die Therme selbst sei nicht defekt, sondern lediglich eingefroren gewesen. Die Luft in dem gefliesten Bad sei aus seiner Sicht zu keinem Zeitpunkt unter 0°C gewesen. Nur innerhalb der gedämmten Vorsatzschalen hätten zeitweise Frosttemperaturen geherrscht, die dann zu dem Frostschaden geführt hätten. Sowohl die Heizungs- als auch die Trinkwasserleitungen hätten einen Frostschaden gehabt haben müssen. Er habe mit seinen Mitarbeitern den gesamten Badbereich auseinandergenommen und auch die Rohre, die im Drempelbereich des Dachgeschosses gelegen hätten, untersucht. Dabei habe er festgestellt, dass die gedämmte Vorsatzschale fachgerecht hergestellt worden sei, ebenso wie der Drempel. Auch die Mauer dahinter sei in Ordnung gewesen. Die Schieferdeckung des Daches sei ebenfalls fachgereicht gewesen und auch die Wärmeschutzvorschriften, die damals geherrscht hätten, seien eingehalten worden. Die Rohrführung und die Lötverbindungen zwischen den Rohren seien gleichfalls in Takt gewesen. Grünspan habe er auch nicht gefunden, was für frühere Schäden gesprochen hätte. Auch die Zu- und Abflüsse zu der Badewanne und dem Waschbecken seien in Ordnung gewesen. Seines Erachtens könne der Schaden nur deshalb eingetreten sein, weil unzureichend von dem Mieter geheizt worden sei. Die Heizungseinstellung auf „*“ sei seines Erachtens unzureichend gewesen. Da damals Minustemperaturen von bis zu -20°C geherrscht hätten, hätte täglich kontrolliert werden müssen. Er könne aber auch nicht definitiv sagen, dass der Schaden auf eine unzureichende Beheizung seitens des Mieters zurückzuführen sei, da eine Heizung immer ausfallen könne, und das auch verschiedenste Gründe haben könne. Den Schaden selbst habe er nicht mehr begutachten können, da schon teilweise repariert worden sei.

Die Aussage des sachverständigen Zeugen R, dass der Schaden wohl auf eine unzureichende Beheizung des Mieters, also des Beklagten, zurückzuführen sei, deckt sich zwar mit den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. F.

Dieser hat festgestellt, dass die Auswertung der Temperaturdaten aus der Region 2 Wochen vor der Schadensfeststellung eine strenge Frostperiode unter -15°C gezeigt hätte, die 2 Tage vor dem Schadensfeststellungszeitpunkt geendet habe. Am 14. Februar 2012 hätten die Tagestemperaturen deutlich über 0°C gelegen. Die Temperaturdaten belegten, dass die Heizungsanlage in der nicht bewohnten Wohnung nicht innerhalb der letzten 2 Tage vor der Schadensfeststellung eingefroren sein könne. Die entstandenen massiven Schäden der Frosteinwirkung müssten in der Zeit davor eingetreten sein. Die Wohnung könne daher auch nicht, wie von dem Beklagten ausführt, zwei Tage vorher im beheizten Zustand kontrolliert worden sein. Es treffe zwar zu, dass der eingetretene Frostschaden auf einen unzureichenden Heizbetrieb zurückzuführen sei, dabei müsse jedoch definiert werden, was unter einem ausreichenden Heizbetrieb überhaupt zu verstehen sei. Wenn die Rohrleistungen nicht in frostgefährdeten Bereichen verlegt worden seien, so sei es ausreichend, wenn die Heizkörper mit der Einstellung Frostschutz „*“ betrieben würden. Über diese Notwendigkeit müsse sich der Bewohner der Wohnung aber bewusst sein. Wenn jedoch frostgefährdete Bereiche vorlägen, in denen sich Rohrverlegungen befänden, und diese Bereiche nicht mit einer elektrischen Begleitheizung ausgestattet seien, so müsse die Beheizung auf einem höheren Niveau erfolgen. Hiervon müsse der Bewohner der Wohnung in Kenntnis gesetzt werden.

Das Gericht folgt den umfangreichen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Feststellungen des Sachverständigen Fritzlar nach eigener kritischer Prüfung in vollem Umfang.

Einwendungen gegen das Gutachten sind von den Parteien nicht erhoben worden.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die hier streitgegenständlichen Heizungsrohre im frostgefährdeten Bereich verlegt worden sind und diese Bereiche nicht mit einer elektrischen Begleitheizung ausgestattet wurden, so dass die Thermostate mindestens auf den Wert „2“ hätten eingestellt sein müssen, um einen Frostschaden zu vermeiden.

Zwar hat der Beklagte lediglich bewiesen, dass die Heizungen während seiner Abwesenheit auf den Wert „*“ eingestellt waren und nicht auf den Wert „2“, er hat sich jedoch dahingehend eingelassen, dass er nicht gewusst habe, dass die Heizungsrohre im frostgefährdeten Bereich verlegt waren und nicht mit einer elektrischen Begleitheizung ausgestattet waren.

Diese Einlassung hat die Klägerin trotz entsprechenden Hinweises nicht widerlegt.

Mangels dieser Kenntnis ist dem Beklagten kein schuldhaft fehlerhaftes Heizverhalten vorzuwerfen.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 3 ZPO, 48Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.

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