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Krankentagegeldversicherung – Berechtigung zur Reduzierung

Herabsetzung Krankentagegeld: OLG Köln entscheidet in komplexem Versicherungsfall

In einem komplexen Versicherungsfall hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln unter dem Aktenzeichen I-9 U 243/20 am 07.12.2021 ein Urteil gefällt. Im Mittelpunkt des Falles stand die Frage, ob die beklagte Versicherung berechtigt ist, den Krankengeldtagessatz des Klägers, einem selbständigen Berufsbetreuer, herabzusetzen und ob sie verpflichtet ist, Leistungen aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankentagegeldversicherungsvertrag für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 15.09.2020 zu erbringen.

Aus dem umfangreichen Sachverhalt geht hervor, dass der Kläger seit dem 01.03.1999 einen privaten Krankentagegeldversicherungsvertrag bei der Beklagten unterhält. Der Vertrag bestand ursprünglich aus den Musterbedingungen B 1994 und den ergänzenden Tarifbedingungen für den Tarif X1. Der Kläger wählte den Tarif X2, der ihm nach Ablauf von 21 Karenztagen ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit kalendertäglich einen Anspruch auf Krankentagegeld in Höhe von 127,82 Euro (vorher 250 DM) zusichern sollte.

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Umstrittene Einkommensermittlung und Nettoeinkommen

Laut § 4 der B 1994 dürfen das Krankentagegeld und sonstige Krankentage- oder Krankengelder das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Eine nicht nur vorübergehende Minderung des Nettoeinkommens ist dem Versicherer gemäß Absatz 3 unverzüglich mitzuteilen. Erfährt der Versicherer von einer Absenkung des Nettoeinkommens unter die Höhe des im Vertrag zugrunde gelegten Einkommens, so kann er gemäß Absatz 4 das Krankentagegeld und den Beitrag entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen.

Verfahrensverlauf und Entscheidung des OLG Köln

Der Kläger hatte gegen das Urteil des Landgerichts Bonn (Az: 3 O 15/20) vom 20.11.2020 Berufung eingelegt. Das OLG Köln entschied jedoch, dass die Berufung des Klägers zurückgewiesen wird und dass er die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss.

Zudem sind dieses und das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision des Urteils wird nicht zugelassen.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-9 U 243/20 – Urteil vom 07.12.2021

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.11.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn – 3 O 15/20 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten neben der Frage, ob die Beklagte zur Herabsetzung des Krankengeldtagessatzes berechtigt ist, um Leistungen aus dem zwischen ihnen bestehenden Krankentagegeldversicherungsvertrag für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 15.09.2020.

Der seit 1997 als selbständiger Berufsbetreuer tätige Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 01.03.1999 einen privaten Krankentagegeldversicherungsvertrag. Die für diesen geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (vgl. Anlage A 16, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 21.09.2020) bestanden ursprünglich aus den Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung B 1994, Stand: 01.01.1997 (= Teil I) sowie den ergänzenden Tarifbedingungen für den Tarif X1 (= Teil II). Der von dem Kläger gewählte Tarif X2 sah vor, dass ihm nach Ablauf von 21 Karenztagen ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit kalendertäglich ein Anspruch auf Krankentagegeld in Höhe von 127,82 EUR (vorher 250,00 DM) zustehen sollte.

§ 4 der B 1994 lautete auszugsweise wie folgt:

„(2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht.

(3) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des aus der beruflichen Tätigkeit herrührenden Nettoeinkommens mitzuteilen.

(4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, so kann er ohne Unterschied, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt.“

Unter Abschnitt A) Ziff. 3.a) des Teils II der AVB hieß es:

„Das Mindestkrankentagegeld beträgt 1,- DM. Es kann in ganzen Vielfachen davon versichert oder nachträglich erhöht werden und darf das aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen (§ 4 Abs. 2 MB/KK 94) nicht übersteigen.“

Der Kläger beantragte bei der Beklagten wegen einer ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit zunächst für die Zeit vom 01.08.2017 bis zum 31.05.2018 und später für den Zeitraum vom 21.11.2018 bis zum 15.09.2020 die Zahlung von Krankentagegeld, welches die Beklagte zunächst in der vereinbarten Höhe auszahlte. Nach Prüfung der Einkommensunterlagen des Klägers ergab sich aus seiner beruflichen Tätigkeit für das Geschäftsjahr 2017 (nach Steuern) ein Gewinn von 46,73 EUR. Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 20.02.2019 an den Kläger und kündigte im Hinblick auf die geänderte Einkommenssituation ab dem 01.04.2019 unter Bezugnahme auf die neue Regelung des § 4 Abs. 4 B 2009 eine Reduktion des Krankentagegeldsatzes auf 1 EUR pro Kalendertag an. Nachdem der Kläger die Wirksamkeit dieser Herabsetzung unter anderem mit der Begründung rügte, dass die ursprünglich vereinbarte Klausel des § 4 Abs. 4 des Teils I der AVB zwischenzeitlich von dem Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt wurde und die bei der Reduktion in Bezug genommene aktuelle Fassung der Vorschrift (B 2009) kein wirksamer Vertragsbestandteil sei, weil ihm eine Mitteilung über diese Änderung nicht zugegangen sei, brachte die Beklagte das Krankentagegeld in der ursprünglich vereinbarten Höhe zur Auszahlung. Gleichzeitig übermittelte sie dem Kläger per Einschreiben vom 14.10.2019 die ab Juli 2017 gültigen Versicherungsbedingungen B 2009 (Stand: 01.07.2017; A 8 und A 9, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 23.06.2020), die die ursprüngliche Klausel – so die Beklagte – gemäß §§ 203 Abs. 4, 164 VVG ersetzen sollten.

Der geänderte § 4 Abs. 4 der B 2009 lautet wie folgt:

„Sinkt das durchschnittliche Nettoeinkommen der versicherten Person in einem Zeitraum von 12 Monaten unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Nettoeinkommens, kann der Versicherer, auch wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, das Krankentagegeld und den Beitrag entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen.

[…]

Für selbstständig Tätige ist das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Kenntniserlangung des Versicherers der maßgebende Zeitraum. Ist bei Kenntniserlangung des Versicherers bereits Arbeitsunfähigkeit eingetreten, ist auf das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit als maßgebenden Zeitraum abzustellen.

Zeiten, in denen Arbeitsunfähigkeit oder ein Beschäftigungsverbot aufgrund von Schutzvorschriften bestand, bleiben dabei außer Betracht. Die Bestimmung des Nettoeinkommens richtet sich ungeachtet des Absatzes 2 nach den Tarifbedingungen. Die Herabsetzung des Krankentagegelds und des Beitrags werden von Beginn des zweiten Monats nach Zugang der Herabsetzungserklärung beim Versicherungsnehmer an wirksam. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang auch für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt.“

Abschnitt A) Ziffer 3 der Tarifbedingungen enthält folgende Regelungen:

„a) Das Mindestkrankentagegeld beträgt 1,- Euro. Es kann in ganzen Vielfachen davon vereinbart oder nachträglich erhöht werden und darf das aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen – zuzüglich der nach c) versicherbaren Beträge – nicht übersteigen.

b) Das Nettoeinkommen ist:

[…]

– bei Selbständigen und Freiberuflern 75 % des nach den Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes ermittelten Gewinns vor Steuern aus der beruflichen Tätigkeit.

c) Zusätzlich zum Nettoeinkommen sind versicherbar:

[…]

– bei Selbständigen und Freiberuflern, die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bzw. berufsständischen Versorgung zahlen, die von diesen während der Arbeitsunfähigkeit zu tragenden Anteile für die gesetzliche Rentenversicherung bzw. das berufsständische Versorgungswerk.

d) Darüber hinaus können gesonderte schriftliche Vereinbarungen getroffen werden.

e) Ansprüche auf anderweitige Krankentagegelder und Krankengelder (vor Abzug von Sozialabgaben) werden zur Berechnung der Höchstgrenze des versicherbaren Krankentagegeldes angerechnet.“

Mit Schreiben vom 06.11.2019 (Anlage A 11, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 23.06.2020) teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 4 B 2009 (Stand: 01.07.2017) mit, dass sie im Hinblick auf die bestehende Einkommenssituation ab dem 01.01.2020 eine Reduktion des Krankentagegeldsatzes auf 1 EUR pro Kalendertag vornehmen werde. Diese führte sie wie angekündigt durch.

Ab dem 16.09.2020 ging der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit wieder nach.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1.

festzustellen, dass er über den 15.09.2020 hinaus im Falle zukünftiger Arbeitsunfähigkeit und Erfüllung der weiteren Leistungsvoraussetzungen im Sinne der Bestimmungen der Krankentagegeldversicherung einen Anspruch auf Krankentagegeld in Höhe von 127,82 EUR pro Tag hat und kein Recht der Beklagten zur Reduzierung des Krankentagegeldsatzes besteht;

2.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 32.846,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  • aus 3.931,42 EUR seit dem 01.02.2020,
  • aus 3.677,78 EUR seit dem 01.03.2020,
  • aus 3.931,42 EUR seit dem 01.04.2020,
  • aus 3.804,60 EUR seit dem 01.05.2020,
  • aus 3.931,42 EUR seit dem 01.06.2020,
  • aus 3.804,60 EUR seit dem 01.07.2020,
  • aus 3.931,42 EUR seit dem 01.08.2020 sowie
  • aus 3.931,42 EUR seit dem 01.09.2020

zu zahlen;

3.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.242,84 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht Bonn hat den Klageantrag zu 1.) wegen Unzulässigkeit und die Klageanträge zu 2.) und zu 3.) wegen Unbegründetheit abgewiesen. Der Feststellungsantrag sei insbesondere deshalb unzulässig, da eine auf die Zukunft bezogene Feststellung der Leistungspflicht in der Krankentagegeldversicherung ausscheide. Der Klageantrag zu 2.) sei unbegründet, da die Beklagte berechtigt gewesen sei, die Höhe des Krankentagegeldes für den hier streitgegenständlichen Zeitraum unter Berufung auf die wirksam angepassten Versicherungsbedingungen herabzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Klageanträge weiter. Er ist der Ansicht, das Landgericht sei zu Unrecht von der Unzulässigkeit des Feststellungsantrags ausgegangen. Jedenfalls hätte ein Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 ZPO erteilt werden müssen. Ferner sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beklagte den unwirksamen § 4 Abs. 4 B 94 (Stand: 01.01.1997) gemäß §§ 203 Abs. 4, 164 Abs. 1 VVG wirksam durch die Neufassung des § 4 Abs. 4 B 2009 (Stand: 01.07.2017) ersetzt habe, die neugefasste Regelung hinreichend transparent sei, die Voraussetzungen derselben gegeben seien und die Beklagte im Rahmen der von ihr vorgenommenen Herabsetzung des Krankentagegeldes zutreffend auf das Geschäftsjahr 2017 als maßgeblichen Bemessungszeitraum abgestellt habe.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 20.11.2020 (3 O 15/20)

1. festzustellen, dass der Kläger über den 15.09.2020 hinaus im Falle zukünftiger Arbeitsunfähigkeit und Erfüllung der weiteren Leistungsvoraussetzungen i.S. der Bestimmungen der Krankentagegeldversicherung ein Anspruch auf Krankentagegeld in Höhe von 127,82 EUR pro Tag hat und kein Recht der Beklagten zur Reduzierung des Krankentagegeldsatzes besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 32.846,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.931,42 EUR seit dem 01.02.2020, aus 3.677,78 EUR seit dem 01.03.2020, aus 3.931,42 EUR seit dem 01.04.2020, aus 3.804,60 EUR seit dem 01.05.2020, aus 3.931,42 EUR seit dem 01.06.2020, aus 3.804,60 EUR seit dem 01.07.2020, aus 3.931,42 EUR seit dem 01.08.2020 sowie aus 3.931,42 EUR seit dem 01.09.2020 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.242,84 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage (im Ergebnis) zu Recht abgewiesen.

1.

Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1.) – entgegen der Auffassung des Landgerichts – zulässig, aber unbegründet.

a)

Die Feststellungsklage ist zulässig.

Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten hat, dass die Klage unzulässig sei, vermag der Senat dieser Ansicht nicht zu folgen.

Es ist zwar dem Grunde nach zutreffend, dass eine auf die Zukunft bezogene gerichtliche Feststellung einer Leistungspflicht in der Krankentagegeldversicherung ausscheidet, da das mögliche Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung von Krankentagegeld immer erst nachträglich, also konkret mit Ablauf eines jeden Tages bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit, gerichtlich festgestellt werden kann und im Übrigen in Korrelation zu der jeweiligen beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt steht. Dem klägerischen Vortrag ist indes unmissverständlich zu entnehmen, dass es ihm nicht darum geht, eine zukünftige Leistungspflicht der Beklagten gerichtlich feststellen zu lassen; er begehrt vielmehr die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, eine Herabsetzung des vertraglich vereinbarten Tagessatzes gemäß § 4 Abs. 4 B 2009 vorzunehmen, da die Klausel nach Ansicht des Klägers unwirksam ist bzw. bereits nicht wirksam im Wege der Klauselersetzung in den streitgegenständlichen Vertrag einbezogen wurde.

Vor diesem Hintergrund ist der Feststellungsantrag zu 1.) als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zu werten. Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht.

Mit der Zwischenfeststellungsklage wird es der Klägerseite ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klageforderung auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt (BGH, Urteil vom 28. September 2006 – VII ZR 247/05 -, m.w.N.).

Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage kann gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandene Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen zu verstehen. Nicht zulässig sind nach der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefestigten Auffassung hingegen Feststellungen zur Klärung einzelner Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder zur Klärung der Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht (BGH, Urteil vom 05. Mai 2011 – VII ZR 179/10 -, m.w.N.).

Die Klägerin begehrt vorliegend die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Krankentagegeldsatz gemäß § 4 Abs. 4 B 2009 zu reduzieren, da es an einer wirksamen Einbeziehung der Klausel fehle und die Klausel im Übrigen intransparent und daher unwirksam sei. Die insoweit relevanten Fragen berühren unmittelbar das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und nicht lediglich eine Vorfrage.

Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt würden (BGH, Urteil vom 28. September 2006 – VII ZR 247/05 -, m.w.N.). Es genügt insoweit grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 – VI ZR 174/74 -, m.w.N.).

Auch diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die für die Zahlungsklage vorgreifliche Frage der Geltung des § 4 Abs. 4 B 2009 ist auch für etwaige künftige Versicherungsfälle entscheidungserheblich, so dass eine Relevanz für denkbare Folgestreitigkeiten zweifelsfrei besteht.

b)

Die Feststellungsklage ist unbegründet.

Die Beklagte ist berechtigt, die Höhe des Krankengeldtagessatzes unter Berufung auf § 4 Abs. 4 B 2009 (Stand: 01.07.2017) zu reduzieren.

Die vorgenannte Klausel, die im Wege der Klauselersetzung Vertragsinhalt geworden ist, hält einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand.

aa)

Die Beklagte hat die unwirksame Klausel in § 4 Abs. 4 B 94 (Stand: 01.01.1997) gemäß §§ 203 Abs. 4, 164 Abs. 1 VVG wirksam durch die Neufassung des § 4 Abs. 4 B 2009 (Stand: 01.07.2017) ersetzt.

Nach § 164 Abs. 1 S. 1 VVG ist der Versicherer, wenn eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden ist, berechtigt, diese Klausel durch eine neue Regelung zu ersetzen, wenn dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist oder wenn das Festhalten an dem Vertrag ohne die neue Regelung für eine Vertragspartei auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die neue Regelung ist gemäß § 164 Abs. 1 S. 2 VVG indes nur wirksam, wenn sie die Belange der Versicherungsnehmer unter Wahrung des Vertragsziels angemessen berücksichtigt.

(1.) Die ursprünglich unter § 4 Abs. 4 der B 94 verwendete Klausel wurde durch den Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt (Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15).

(2.) Die Klauselersetzung ist vorliegend zur Fortführung des Krankentagegeldvertrages notwendig im Sinne von § 164 Abs. 1 S. 1 VVG. Dies ist zu bejahen, wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht, was im Allgemeinen anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Eine Notwendigkeit der Klauselersetzung besteht jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien oder andere wesentliche Vertragselemente betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts an dem Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke (BGH, NJW 2005, 3559 – 3563, Rdnr. 28; OLG Stuttgart NVersZ 2002, 164 – 167, 169). Eine Klauselersetzung ist demgegenüber dann nicht notwendig, wenn der gültige Restvertrag auch ohne die unwirksame Regelung ohne weiteres fortgeführt werden kann (Prölss/Martin-Schneider, 31. Aufl. 2021, VVG, § 164 Rdnr. 8; OLG Düsseldorf r+s 2020, 464 [466]).

Eine Klauselersetzung ist vorliegend notwendig, damit der Versicherer auf eine Minderung des Netto-Einkommens der versicherten Person reagieren und das von ihm zu zahlende Krankentagegeld entsprechend anpassen und herabsetzen kann. Nur so kann das Gleichgewicht zwischen der Höhe des Krankentagegeldsatzes und dem tatsächlich eingetretenen Verdienstausfall wiederhergestellt werden (OLG Düsseldorf r+s 2020, 464 [466]). Ohne die Herabsetzungsmöglichkeit des Krankentagegeldsatzes bestünde für den Kläger die Möglichkeit, ein höheres „Einkommen“ durch die Krankentagegeldleistungen zu erzielen, als er in gesunden Tagen tatsächlich erwirtschaften würde. Daraus würde die Gefahr resultieren, dass sich der Versicherungsnehmer am Versicherungsfall bereichert. Zur Eindämmung dieses subjektiven Risikos des Versicherers bedarf es zwingend der Möglichkeit der Herabsetzung des Krankentagegeldes. Zudem widerspräche ein „Überverdienst“ erkennbar dem Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung als Verdienstausfallversicherung.

(3.) Der Wirksamkeit der Klauselersetzung steht auch § 164 Abs. 1 S. 2 VVG nicht entgegen. Danach ist eine im Rahmen der Klauselersetzung eingeführte neue Regelung nur dann wirksam, wenn sie unter Wahrung des Vertragsziels die Belange der Versicherungsnehmer angemessen berücksichtigt. An einer solchen angemessenen Berücksichtigung fehlt es jedenfalls dann, wenn schutzwürdige Interessen der Versicherungsnehmer beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der Gesamtheit der beteiligten Interessen und der Besonderheiten des betreffenden Versicherungszweiges als unangemessen anzusehen ist (OLG Düsseldorf, r+s 2020, 464 – 466; Prölss/Martin-Schneider, VVG, 31. Aufl. 2021, § 164 Rdnr. 19). Das wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn die Neuregelung gegenüber der bei Vertragsschluss bestehenden Rechtslage zu einer Schlechterstellung des Versicherungsnehmers führt. Dagegen spricht es für die Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer, wenn durch die neue Regelung das bei Vertragsschluss vorhandene und aufgrund der Nichtigkeit der Klausel entfallene Äquivalenzverhältnis wiederhergestellt wird (OLG Düsseldorf, r+s 2020, 464 – 466; Prölss/Martin-Schneider, VVG, 31. Aufl. 2021, § 164 Rdnr. 19; Langheid/Rixecker-Grote, VVG, 6. Aufl. 2019, § 164 Rdnr. 22).

Die in § 4 Abs. 4 B 2009 enthaltene Neuregelung berücksichtigt die Belange des Klägers als Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung des Vertragsziels in angemessener Weise. Ohne die Neuregelung entstünde ein Ungleichgewicht zu Lasten der Beklagten. Bereits die ursprüngliche Regelung im Vertragswerk sah vor, dass das zu leistende Krankentagegeld das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers nicht übersteigen darf und es bestand die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des aus der Berufstätigkeit herrührenden Nettoeinkommens mitzuteilen, um diesem zu ermöglichen, zur Wahrung dieses Grundprinzips eine Anpassung der Krankentagegeldhöhe vornehmen zu können (§ 4 Abs. 3 der B 1994). Korrespondierend hierzu sah das Vertragswerk in § 4 Abs. 4 B 1994 die Möglichkeit zur Herabsetzung des Krankentagegeldsatzes vor. Dem Kläger entsteht durch die Neuregelung – auch bei Berücksichtigung des Wesens der Klauselersetzung als einseitige Vertragsänderung zu seinen Lasten – kein Nachteil, weil er durch diese nicht weniger erhält, als bereits nach der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung gewollt und vereinbart war. § 164 Abs. 1 S. 2 VVG soll nur sicherstellen, dass der Versicherungsnehmer durch die einseitige Klauselersetzung insgesamt nicht schlechter gestellt wird als bei Abschluss des Versicherungsvertrages. Diesem Zweck wird die vorgesehene Neuregelung, deren Einfügung im Hinblick auf die verbleibende unbestimmte Restlaufzeit des Vertrages notwendige Folge des Wegfalls der ursprünglichen unwirksamen Bestimmung ist, gerecht. Das aufgrund der Nichtigkeit der Klausel entfallene Äquivalenzverhältnis wird durch die Neuregelung wiederhergestellt.

Da die vorgenommene Anpassung der Klausel auf die dem Kläger bekannte Grundstruktur des Vertragswerkes gerade keinen Einfluss hat, wird er nicht unangemessen benachteiligt. Vielmehr hätte ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag auch nach einer entsprechenden Ersetzung der intransparenten Klausel abgeschlossen, weil ihm gerade keine Nachteile im Vergleich zum ursprünglichen Vertrag entstanden wären (vgl. hierzu Langheid/Rixecker-Grote, VVG, 6. Aufl., § 164 Rdnr. 22).

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei der Neuregelung um die Ersetzung einer intransparenten Klausel durch eine inhaltsgleiche und nunmehr transparente Klausel handelt. Die Unzulänglichkeiten hinsichtlich der maßgeblichen Berechnungsmodalitäten nach Eintritt einer Einkommensminderung, die dazu geführt haben, dass der Bundesgerichtshof die ursprünglich verwendete Klausel für unwirksam erklärt hat (Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15 -), wurden – was im Folgenden unter bb) noch näher erörtert wird – im Zuge der Neufassung der Klausel ausgeräumt. Die Neuregelung der Anpassungsklausel enthält detaillierte Ergänzungen zum Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für den gebotenen Nettoeinkommensvergleich und die Zusammensetzung des Nettoeinkommens bei selbstständigen Versicherungsnehmern. Da sich die Intransparenz der ursprünglich in § 4 Abs. 4 B 1994 enthaltenen Klausel nicht aus der Möglichkeit zur Herabsetzung des Krankengeldtagessatzes an sich ergab, sondern aus den aufgezeigten Unklarheiten hinsichtlich der Bemessung, steht es der Wirksamkeit der Klauselersetzung nicht entgegen, dass § 4 Abs. 3 B 2007 hinsichtlich der Zielrichtung identisch ist mit der Vorgängerregelung.

bb)

Die neugefasste Regelung des § 4 Abs. 4 B 2009 (Stand: 01.07.2017) hält einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand, sie genügt insbesondere dem Transparenzgebot im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (so auch Senat, Beschlüsse vom 12.04.2021 und 14.06.2021 – 9 U 260/20 -).

Das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot verlangt von dem Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und nachvollziehbar darzustellen. Eine Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich sein, sondern darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH NJW 2017, 288 – 291 Rdnr. 30; BGH NJW 2012, 3647 Rdnr. 40). Dem Versicherungsnehmer muss anhand der Allgemeinen Versicherungsbedingungen bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden (BGH NJW 2017, 288 – 291 Rdnr. 30; NJW-RR 2015, 801 m.w.N.).

Die streitgegenständliche Neufassung des § 4 Abs. 4 B trägt den an das Transparenzgebot im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB gestellten Anforderungen in hinreichendem Maße Rechnung. Die Intransparenz der ursprünglich verwendeten Klausel resultierte daraus, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Klausel nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen konnte, welcher Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für den gebotenen Vergleich des dem Vertrag ursprünglich zugrunde gelegten mit dem gesunkenen Nettoeinkommen maßgeblich sein soll. Zudem ließ die Klausel offen, wie sich dieses „Nettoeinkommen“ bei beruflich selbständigen Versicherungsnehmern zusammensetzt (BGH, Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15 -). Die vorgenannten Unzulänglichkeiten hinsichtlich der maßgeblichen Berechnungsmodalitäten nach Eintritt einer Einkommensminderung wurden im Zuge der Neufassung der Klausel ausgeräumt. Die Neuregelung der Anpassungsklausel enthält detaillierte Ergänzungen zum Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für den gebotenen Nettoeinkommensvergleich und die Zusammensetzung des Nettoeinkommens bei selbstständigen Versicherungsnehmern.

Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass für den Fall, dass bei Kenntniserlangung des Versicherers vom gesunkenen Nettoeinkommen bereits Arbeitsunfähigkeit bestand, für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht verständlich sei, welcher Bemessungszeitraum für den gebotenen Nettoeinkommensvergleich maßgeblich sein solle. In § 4 Abs. 4 S. 3 B 2009 wird für selbstständig Tätige das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Kenntniserlangung des Versicherers als maßgeblicher Zeitraum festgelegt. Ist bei Kenntniserlangung des Versicherers bereits Arbeitsunfähigkeit eingetreten, ist auf das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit als maßgebenden Zeitraum abzustellen. Diese Neuregelung ist unmissverständlich und für den um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer ohne weiteres nachvollziehbar; Bemessungszeitpunkt und -zeitraum sind ausreichend klar geregelt.

Dies gilt auch für die Zusammensetzung des Nettoeinkommens bei beruflich Selbständigen. Insoweit gilt gemäß Abschnitt A) Nr. 3. b) des Teils II der AVB, dass das Nettoeinkommen bei Selbständigen und Freiberuflern 75 % des nach den Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes ermittelten Gewinns vor Steuer umfasst. Geschäftskosten sind erkennbar mit einbezogen.

2.

Hinsichtlich des auf Leistung gerichteten Antrags zu 2.) ist die Klage ebenfalls unbegründet.

Dem Kläger steht kein weiterer Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld aus § 192 Abs. 5 VVG in Verbindung mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zu.

Die Beklagte hat in wirksamer Weise von ihrem Recht zur Reduzierung des Tagessatzes Gebrauch gemacht. Die konkrete Berechnung des Krankentagegeldes und die Festsetzung auf 1,00 EUR/Tag sind nicht zu beanstanden.

a)

Das Landgericht hat den richtigen Zeitraum für die Bemessung des Krankentagegeldes zugrunde gelegt.

Nach § 4 Abs. 4 B 2007 ist für selbstständig Tätige das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Kenntniserlangung des Versicherers von den veränderten Einkommensverhältnissen der maßgebende Zeitraum. Ist bei Kenntniserlangung des Versicherers bereits Arbeitsunfähigkeit eingetreten, ist auf das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit als maßgebender Zeitraum abzustellen. Zeiten, in denen Arbeitsunfähigkeit oder ein Beschäftigungsverbot aufgrund von Schutzvorschriften bestand, bleiben dabei außer Betracht.

Für die hier streitgegenständliche Zeit der Arbeitsunfähigkeit, die ab dem 21.11.2018 bis zum 15.09.2020 bestanden hat, ist dementsprechend auf das Jahr 2017 abzustellen.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht auf das letzte abgelaufene Kalenderjahr vor Beginn des zur Regulierung anstehenden Versicherungsfalles abgestellt. Die in dem angefochtenen Urteil gewählte Formulierung („der den streitgegenständlichen Versicherungsfall auslösenden Arbeitsunfähigkeit“, vgl. S. 20 des Urteils, Bl. 270 GA) dient ersichtlich der zeitlichen Umschreibung und Präzisierung, welcher Zeitraum nach § 4 Abs. 4 der B 2009 maßgeblich ist. In der Gesamtschau lassen die Ausführungen des Landgerichts keinen Zweifel daran aufkommen, dass entsprechend der vertraglichen Regelung an die Arbeitsunfähigkeit angeknüpft wurde.

Der ergänzende Vortrag des Klägers, die Arbeitsunfähigkeit vom 01.08.2017 bis 31.05.2018 und die Arbeitsunfähigkeit vom 21.11.2018 bis 15.09.2020 seien als ein einheitlicher Versicherungsfall zu behandeln (Bl. 270 GA), ist ebenfalls unbehelflich. Zwischen den beiden Bemessungszeiträumen 01.08.2017 bis 31.05.2018 und 21.11.2018 bis 15.09.2020 gab es – unstreitig – eine mehrmonatige Phase, in der der Kläger nicht krankgeschrieben und daher auch nicht arbeitsunfähig im Sinne von § 1 Abs. 3 der AVB war. Aus dem eigenen Vorbringen des Klägers und den mit Schriftsatz vom 13.10.2020 (Bl. 96 ff. GA) übermittelten AU-Bescheinigungen folgt zudem, dass die Arbeitsunfähigkeit vom 01.08.2017 bis zum 31.05.2018 aufgrund der Diagnosen „Coxarthrose“ und „Hüft-TEP“ bescheinigt wurde (Anlagen K 15, K 16, K 17, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 13.10.2020), während die vorliegend in Rede stehende Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.11.2018 mit den Diagnosen „Rückenschmerzen, nicht näher bezeichnet: Lumbosakralbereich“ (= M54.97), „rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode“ (F33.1) und „chronischer unbeeinflussbarer Schmerz“ (R52.1) (vgl. insgesamt zur Diagnose der C vom 22.05.2019, Anlage K 28, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 30.10.2020) begründet worden ist.

b)

Die konkrete Ermittlung des für den Tagessatz maßgeblichen Nettoeinkommens ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

aa) Das Landgericht ist zunächst zu Recht von einem bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 8.000,00 DM ausgegangen; eine Verletzung der Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast ist – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht erkennbar.

Zwar ist die Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen einer Herabsetzung des Krankentagegeldes gemäß § 4 Abs. 4 B 2009 und damit auch für das zunächst dem Versicherungsverhältnis zugrunde gelegte und sich später veränderte Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers darlegungs- und beweispflichtig. Mit der Vorlage des klägerischen Antrags auf Abschluss einer Verdienstausfallversicherung sowie dem zugehörigen Informationsblatt „Erklärungen und Verbraucherinformationen“ (Anlage 1 A, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 23.06.2020), welches auf der Rückseite des Antrags abgedruckt ist und auf das ausdrücklich vor Unterzeichnung des Antrags hingewiesen wird, ist sie dieser Darlegungs- und Beweislast in geeigneter Weise nachgekommen.

Aus den vorgelegten Vertragsunterlagen und den Gesamtumständen folgt, dass für den angestrebten Versicherungsvertrag das monatliche Nettoeinkommen anzugeben war. Zwar gab der Kläger den Betrag von 8.000 DM zur Beantwortung der Frage nach der „Art und Höhe der durchschnittlichen monatlichen Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit“ an, wobei nicht ausdrücklich nach dem „Nettoeinkommen“ gefragt worden war, allerdings zeigt sich aus der Gesamtheit der Vertragsunterlagen, dass ausschließlich das Nettoeinkommen für die Bemessung des Krankentagegeldsatzes von Bedeutung ist. So lautet Ziff. 8 der Erklärungen und Verbraucherinformationen: „Ich bestätige hiermit, dass das beantragte Tagegeld zusammen mit sonstigen Krankentage- oder Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigt. Ich verpflichte mich, Verminderungen des Nettoeinkommens unverzüglich mitzuteilen.“ Ferner finden sich in den ursprünglichen AVB, welche der Kläger ebenfalls vor Unterzeichnung erhalten hatte, was durch eine gesonderte Unterschrift bestätigt worden ist (siehe Anlage A 1, Anlagenheft zum Schriftsatz vom 23.06.2020), deutliche Hinweise auf den Bezug zum Nettoeinkommen, etwa in § 4 B 94 (Anlage A 16). Darüber hinaus weiß auch ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer, dass Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung die Absicherung des Verdienstausfalls ist, so dass auch vor diesem Hintergrund gerade nur das Nettoeinkommen relevant sein kann.

Der Kläger hat das Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten; anlässlich seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bonn vom 02.10.2020 hat er vielmehr auf Nachfrage des Gerichts hin eingeräumt, dass es „durchaus hinkommen“ könne, dass die im Versicherungsantrag angegebenen 8.000 DM unter Berücksichtigung von Unkosten seinen damaligen Nettoverdienst dargestellt haben (Bl. 87 GA).

bb) Die Berechnung des Tagessatzes von 1,00 EUR ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der im Jahr 2017 erzielte Gewinn belief sich auf 46,73 EUR. Daraus folgt unter Berücksichtigung der gemäß Abschnitt A) Nr. 3 b) der Tarifbedingungen maßgeblichen Quote von 75 % ein in Ansatz zu bringender Betrag von 35,05 EUR. Der verbleibende Tagessatz liegt bei Außerachtlassung der Zeiten, in denen Arbeitsunfähigkeit bestanden hat, unterhalb eines Betrages von 1,00 EUR. Da das Mindestkrankentagegeld nach Abschnitt A) Nr. 3. a) der Tarifbedingungen 1,00 EUR beträgt, steht die erfolgte Herabsetzung in Einklang mit den vertraglichen Bestimmungen.

3.

Mangels Bestehens der Hauptforderungen ist die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten unbegründet.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung eines Obergerichts noch des Bundesgerichtshofes ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung. Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 51.508,10 Euro

Antrag zu 1.): 18.661,72 Euro

Antrag zu 2.): 32.846,38 Euro

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