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Kfz-Kaskoversicherung – Nachweis über Fahrzeugteilediebstahl

Kfz-Kasko: Versicherungsnehmer muss Teilediebstahl nachweisen

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten aus der Kfz-Kaskoversicherung hat. Es wurde festgestellt, dass der Kläger den erforderlichen Beweis für den behaupteten Teilediebstahl aus seinem Fahrzeug nicht erbringen konnte. Darüber hinaus wurden verschiedene Indizien als Beweis dafür gewertet, dass der Versicherungsfall vom Kläger mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 U 54/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Ablehnung der Berufung: Das Gericht beabsichtigte, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und keine Aussicht auf Erfolg zeigte.
  2. Fehlender Anspruch: Es besteht kein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten, da der Kläger den Diebstahl der Fahrzeugteile nicht nachweisen konnte.
  3. Beweislast beim Kläger: Der Kläger muss den Diebstahl nachweisen, um Versicherungsschutz in Anspruch nehmen zu können.
  4. Zweifel an der Glaubwürdigkeit: Verschiedene Indizien, wie widersprüchliche Aussagen und das Verhalten des Klägers nach dem Versicherungsfall, führten zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit seiner Angaben.
  5. Verkauf des Fahrzeugs: Der Verkauf des Fahrzeugs ins Ausland erschwerte die Nachprüfung des behaupteten Einbruchs.
  6. Unstimmigkeiten bei der Reparatur: Ungereimtheiten bei der Beschaffung der Ersatzteile und der Reparaturabwicklung verstärkten die Zweifel.
  7. Bargeldzahlung der Reparatur: Die Barzahlung und fehlende Nachweise der Reparaturarbeiten waren weitere Indizien gegen den Kläger.
  8. Fehlender vollständiger Beweis: Der Kläger konnte den vollständigen Beweis des Versicherungsfalls nicht erbringen, was zur Abweisung seines Anspruchs führte.

Kfz-Kaskoversicherung und Fahrzeugteilediebstahl: Ein juristischer Überblick

In der Welt des Versicherungsrechts nimmt die Kfz-Kaskoversicherung eine wichtige Rolle ein, insbesondere wenn es um den Nachweis von Fahrzeugteilediebstahl geht. Dieses Thema berührt zentrale Fragen der Beweisführung und Haftung innerhalb der Versicherungsverträge. Es stellt sich die Frage, wie weit die Verantwortung des Versicherungsnehmers reicht, um Ansprüche geltend zu machen, und welche Rolle dabei der Beweis von Diebstählen spielt. Diese Thematik ist nicht nur für Versicherte und Versicherer relevant, sondern bietet auch juristisch interessante Aspekte hinsichtlich der Beweislast und der Auslegung von Versicherungsbedingungen.

Die Entscheidungen von Gerichten, wie dem OLG Oldenburg, in Fällen von Kfz-Kaskoversicherungen und dem Nachweis von Fahrzeugteilediebstählen, sind wegweisend für die Rechtsprechung im Versicherungsrecht. Sie beleuchten, wie Gerichte die Glaubwürdigkeit von Aussagen bewerten und welche Anforderungen an den Versicherungsnehmer für den Nachweis eines Diebstahls gestellt werden. Derartige Urteile sind nicht nur für Rechtsexperten von Interesse, sondern haben auch praktische Bedeutung für alle, die sich mit Versicherungsfragen auseinandersetzen müssen.

Der folgende Artikel wird ein konkretes Urteil des OLG Oldenburg detailliert betrachten und dabei wichtige Aspekte rund um den Nachweis eines Fahrzeugteilediebstahls in der Kfz-Kaskoversicherung herausarbeiten. Tauchen Sie mit uns ein in die faszinierende Welt des Versicherungsrechts und entdecken Sie, wie Gerichte in diesen komplexen Fällen entscheiden.

Die Rolle des Nachweises bei Kfz-Kaskoversicherungsfällen

Im Fokus des aktuellen Falles vor dem Oberlandesgericht Oldenburg stand die Frage, inwieweit ein Versicherungsnehmer den Diebstahl von Fahrzeugteilen im Rahmen einer Kfz-Kaskoversicherung nachweisen muss. Der Kläger, ein Versicherungsnehmer, hatte die Erstattung der Reparaturkosten für seinen Pkw gefordert, nachdem er behauptete, dass Teile seines Fahrzeugs gestohlen worden waren. Die Versicherungsgesellschaft verweigerte jedoch die Zahlung und argumentierte, der Kläger habe keinen ausreichenden Beweis für den Diebstahl erbracht. Der Fall landete schließlich vor dem OLG Oldenburg, welches die Beweislage und die rechtlichen Verpflichtungen des Versicherungsnehmers kritisch prüfte.

Bewertung der Glaubwürdigkeit und Indizien im Fall

Das Gericht sah sich mit einer Reihe von Unstimmigkeiten und zweifelhaften Aspekten in den Aussagen des Klägers konfrontiert. Ein entscheidender Punkt war die Tatsache, dass kurz vor einem geplanten Nachbesichtigungstermin ein zweiter, ähnlicher Diebstahl gemeldet wurde. Dieser Umstand erschwerte nicht nur die Überprüfung des ersten Diebstahls, sondern warf auch Fragen zur Glaubwürdigkeit des Klägers auf. Das Gericht berücksichtigte außerdem, dass der Kläger das Fahrzeug später ins Ausland verkaufte, was eine nachträgliche Überprüfung der behaupteten Diebstähle unmöglich machte. Die Nichtvorlage von Lieferscheinen für die Ersatzteile und Widersprüche in den Aussagen des Klägers verstärkten den Verdacht des Gerichts.

Die Entscheidung des OLG Oldenburg und ihre Begründung

Aufgrund der gesammelten Indizien kam das OLG Oldenburg zu dem Schluss, dass der Kläger den Fahrzeugteilediebstahl nicht überzeugend nachweisen konnte. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger zwar das äußere Bild eines Diebstahls skizzierte, jedoch nicht die erforderliche Beweislast erfüllen konnte, um einen Anspruch auf Schadensersatz aus der Kfz-Kaskoversicherung zu begründen. Besonders problematisch waren die Ungereimtheiten in den Aussagen des Klägers und die mangelnde Kooperation bei der Klärung des Falls. Diese Aspekte führten dazu, dass das Gericht den Versicherungsfall als mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht ansah.

Zusammenführung der Erkenntnisse und Übergang zum Urteil

Der Fall vor dem OLG Oldenburg verdeutlicht, dass in Versicherungsangelegenheiten der Nachweis und die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers zentrale Rollen spielen. In diesem speziellen Fall von Fahrzeugteilediebstahl war der Kläger nicht in der Lage, die erforderlichen Beweise zu erbringen und seine Glaubwürdigkeit zu wahren. Das Urteil zeigt auf, wie wichtig es für Versicherungsnehmer ist, stichhaltige und konsistente Beweise zu liefern, um Leistungen aus einer Kfz-Kaskoversicherung erfolgreich in Anspruch nehmen zu können. Das OLG Oldenburg wies daher die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz, welches die Ansprüche des Klägers bereits abgelehnt hatte.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was umfasst die Kfz-Kaskoversicherung in Bezug auf Fahrzeugteilediebstahl?

Die Kfz-Kaskoversicherung in Deutschland umfasst zwei Varianten: die Teilkasko- und die Vollkaskoversicherung. In Bezug auf Fahrzeugteilediebstahl sind beide Versicherungsarten relevant, da sie Schäden durch Diebstahl abdecken. Die Kfz-Haftpflichtversicherung hingegen bietet keinen Schutz bei Fahrzeugteilediebstahl.

Die Teilkasko- und Vollkaskoversicherung decken den Diebstahl von serienmäßig verbauten Fahrzeugteilen ab, wie zum Beispiel integrierte Navigationssysteme, Lenkräder oder Außenteile wie Spiegelkappen oder Spoiler. Auch der Diebstahl von Sonderausstattung, also Zubehör, das nachträglich eingebaut wurde, ist versichert. In diesem Fall erstattet die Kaskoversicherung die Kosten, wobei der Kaufpreis im Schadenfall mittels Rechnung nachgewiesen werden muss.

Schäden, die durch den Fahrzeugteilediebstahl entstehen, wie zum Beispiel ein zerstörtes Türschloss oder eine eingeschlagene Seitenscheibe, sind ebenfalls durch die Kaskoversicherung abgedeckt. Im Falle von Vandalismus, bei dem keine Fahrzeugteile entwendet wurden, kommt die Vollkaskoversicherung für den Schaden auf.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Kaskoversicherung in der Regel nur den Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Diebstahls abdeckt, also den sogenannten Wiederbeschaffungswert.


Das vorliegende Urteil

OLG Oldenburg – Az.: 1 U 54/22 – Beschluss vom 21.03.2023

Gründe

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II.

Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil weist weder Rechtsfehler im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Klagabweisung ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu Recht erfolgt; eine Abänderung der Entscheidung ist auch nicht auf den erstmalig in zweiter Instanz nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig gestellten Hilfsantrag, mit dem der Kläger Ersatz der fiktiven Reparaturkosten begehrt, gerechtfertigt.

1. Ein Anspruch des Klägers aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag auf Ersatz der tatsächlich angefallenen Reparaturkosten (vgl. Ziffer A.2.5.1.1, 2.1.1, 2.2.1 der vorliegend vereinbarten AKB, Stand 27.04.2017) besteht schon dem Grunde nach nicht, weil die Beklagte in Ermangelung eines vom Kläger erfolgreich geführten Beweises des Teilediebstahls aus seinem Pkw nicht zur Leistung verpflichtet ist.

Zwar besteht nach den vorgenannten Regelungen in den dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegenden AKB grundsätzlich bei Verlust von mitversicherten Teilen des versicherten Fahrzeugs (Ziffer A.2.2.1 und A. 2.5 AKB) durch Diebstahl Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung. Die Beklagte zahlt insofern nach Ziffer A.2.5.2.1, 2.5.1.4AKB bei Verlust / Beschädigung auch von Fahrzeugteilen die dafür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes (Ziffer A.2.5.1.8 AKB), sofern diese Kosten durch Rechnung nachgewiesen werden.

a) Den Beweis eines Diebstahls hat der Versicherungsnehmer, hier der Kläger, zu führen (vgl. Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, AKB A.2.2.1 Rn. 28). Wegen der andernfalls bestehenden Beweisnot und infolgedessen drohenden Entwertung des Versicherungsschutzes genügt (zunächst) der Beweis von Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt. Wird das äußere Bild bewiesen, muss der Versicherer Tatsachen beweisen, aus denen die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Entwendung folgt (st. Rspr. des BGH, vgl. Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, AKB A.2.2.1 Rn. 28 mwN). Dabei kommen auch dem Versicherer Beweiserleichterungen zugute. Für den Gegenbeweis ist ebenfalls kein Vollbeweis, sondern lediglich der Nachweis konkreter Tatsachen erforderlich, die allerdings nicht nur mit hinreichender, sondern mit höherer, nämlich erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen müssen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist. Maßgebend hierfür ist eine Gesamtschau und -würdigung der einzelnen Indizien und Umstände. Die erhebliche Wahrscheinlichkeit für den Gegenbeweis kann sich dabei sowohl aus allgemeinen Tatsachen als auch aus dem Verhaltendes Anspruchstellers oder der Beteiligten – auch nach dem Versicherungsfall – oder aus Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers ergeben, so z.B. aus unrichtigen oder widersprüchlichen Angaben bei der Schadensabwicklung, oder aus der Ungewöhnlichkeit des behaupteten Geschehens oder einer Häufung unausräumbarer Widersprüche (vgl. Klimke in Prölss/Martin, 31. Aufl. 2021, AKB 2015 A.2.2.1 Rn. 41; Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 A.2, Rn. 182; BGH, Urteil vom 08. April 2015 – IV ZR 171/13 –, Rn. 14, juris; OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 2010 – 20 U 212/09 –, Rn. 20, juris). Es müssen konkrete Tatsachen unstreitig bzw. bewiesen sein, die den Versicherungsnehmer entweder als unglaubwürdig erscheinen lassen oder schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit begründen (vgl. Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 A.2, Rn. 183). Ausreichend ist auch, dass aufgrund allgemeiner konkreter Tatsachen, die entweder unstreitig oder bewiesen sind, nach der Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden kann, der Versicherungsnehmer habe den Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nur vorgetäuscht. Für eine Vortäuschung kann insofern sprechen, dass der Versicherungsnehmer zur Durchsetzung seiner Vermögensinteressen wiederholt (vor oder nach dem angeblichen Diebstahl) bewusst unrichtige Angaben gemacht hat oder dass sein Vorbringen widersprüchlich und wechselnd ist (vgl. Klimke in Prölss/Martin, 31. Aufl. 2021, AKB 2015 A.2.2.1 Rn. 42).

b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Kläger das äußere Bild eines Diebstahls von Teilen seines Fahrzeugs bewiesen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden und insoweit mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen im angefochtenen Urteil (vgl. LGU 5) verwiesen.

c) Mit dem Landgericht ist jedoch auch unter Berücksichtigung der mit der Berufung erhobenen Einwände des Klägers davon auszugehen, dass dem Beklagten aufgrund verschiedener Indizien der Beweis gelungen ist, dass der Versicherungsfall vom Kläger mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht wurde. Beweisfehler lässt die Würdigung der Gesamtumstände und –indizien durch das Landgericht dabei nicht erkennen.

aa) Nicht zu beanstanden ist zunächst, dass das Landgericht den Umstand, dass unmittelbar, nämlich eine Woche vor dem für den 16.04.2019 avisierten Nachbesichtigungstermin ein zweiter, hinsichtlich der entwendeten Teile und des Tatortes deckungsgleicher Einbruchsdiebstahl in den versicherten Pkw des Klägers stattgefunden haben soll, als gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers sprechend bewertet hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Behauptung des Klägers, bei den entwendeten Teilen handele es sich um typisches Stehlgut kriminalisierter Banden, als zutreffend unterstellt wird. Wenn auch nicht auszuschließen ist, dass der Kläger innerhalb von etwas mehr als zwei Monaten zweimal Opfer eines – identischen – Autoteilediebstahls geworden ist, erscheint der Umstand, dass der zweite Diebstahl zeitlich die bereits seit Mitte März von dem Beklagten erstrebte Nachbesichtigung zwecks Plausibilisierung des behaupteten ersten Einbruchs faktisch unmöglich machte, doch zumindest als bemerkenswert. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte – nachvollziehbar – auf einer Nachbesichtigung zur Verifizierung der durchgeführten Reparatur bestand, nachdem es dem Kläger trotz mehrfacher Nachfrage durch den Beklagten nicht möglich war, die per Weisung erbetenen, zur Reparaturrechnung gehörenden Ersatzteil- und Lieferscheine beizubringen.

Keine andere Bewertung insoweit rechtfertigt der Einwand des Klägers, beim zweiten Diebstahl sei der Airbag nicht mitentwendet worden, so dass es jedenfalls insoweit möglich gewesen wäre, die Plausibilität des Klägervorbringens zum Einbruchsgeschehen in der Nacht vom 26. auf den 27.01.2019 nachzuvollziehen. Dieses Vorbringen ist bereits nicht plausibel: Denn ausweislich der Reparaturkostenkalkulation der CC GmbH vom 04.02.2019 (dort S. 5, vgl. Anlage K 3 – Anlagenband Kläger) war infolge des behaupteten ersten Einbruchs das Lenkrad samt Fahrerairbag auszutauschen. Auch beim zweiten vorgeblichen Einbruch mit Teilediebstahl wurde nach der vom Beklagten vorgelegten Strafanzeige (vgl. Anlage B 5 – Anlagenband Beklagter) indes das Lenkrad entwendet, in dem sich nach dem technischen Verständnis des Senats der Fahrerairbag befinden dürfte. Weshalb unter dieser Prämisse eine Nachbesichtigung allein wegen des Airbags hätte Aufschluss über die Glaubwürdigkeit der Klägerangaben zum angeblich ersten Teilediebstahl per Einbruch geben können, erschließt sich daher nicht.

bb) Hinzu kommt, dass der vorgenannte Umstand nicht isoliert zu betrachten, sondern, wie ausgeführt, auf eine Gesamtschau der gegebenen Indizien abzustellen ist. In diesem Zusammenhang ist für die Bewertung der Glaubwürdigkeit des Klägers auch von Bedeutung, dass dieser die Möglichkeit einer Nachbesichtigung, insbesondere auch der nachträglichen Möglichkeit des Auslesens des Fehlerspeichers des versicherten Kfz, dadurch dauerhaft vereitelt hat, dass er das Fahrzeug zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt im Jahr 2019 nach eigenen Angaben ins Ausland verkauft hat. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die vom Landgericht erörterte Frage, ob die Angaben des Klägers zum Verkauf plausibel waren, insbesondere der Umstand, dass dieser sich nicht mehr an den erzielten Kaufpreis zu erinnern vermochte sowie die Tatsache, dass der Kläger keinen schriftlichen Kaufvertrag abgeschlossen haben will, was schon in seinem eigenen Interesse zwecks beweissicherer Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses geboten gewesen wäre. Maßgeblich ist, dass eine Nachuntersuchung zwecks Überprüfung des behaupteten Einbruchs samt Teilediebstahls durch den Verkauf sowie eine sachverständige Begutachtung im nun laufenden Rechtsstreit dauerhaft unmöglich gemacht wurde.

cc) Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend die Umstände der Beschaffung der Ersatzteile, insbesondere der Nichtvorlage der Lieferscheine als gegen die Darstellung des Klägers sprechend bewertet.

Dabei fällt jedenfalls auf, dass der Zeuge DD zunächst ausgesagt hat, er nach Abholung des Fahrzeugs und einer Bestandsaufnahme die erforderlichen Ersatzteile bestellt, während er im weiteren Verlauf seiner Aussage angegeben hat, dass er die zu bestellenden Teile erst mit dem Gutachten des CC GmbH abgeglichen haben will. Letzteres würde, wie auch vom Landgericht ausgeführt, nach der Chronologie der Ereignisse – die Reparaturfreigabe durch den Beklagten erfolgte erst am 06.02.19, die Ersatzteile wurden bei der litauischen EE aber ausweislich deren Rechnung, die auf den 04.02.2019 datiert (vgl. Anlage zum Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2021 – GA II 28), schon vorher bestellt – zeitlich nicht hinkommen. Auf die vom Kläger vermisste Protokollierung der vom Landgericht zur Begründung mangelnder Glaubwürdigkeit herangezogenen Umstände, die im Übrigen im Urteil dokumentiert sind, kommt es schon deshalb nicht an, weil diese allein für die der Beweisaufnahme durch einen Einzelrichter nicht beiwohnenden Richter eines zur Entscheidung berufenden Kollegialgerichts erheblich sein könnten (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.1992 – VIII ZR 30/91-, Rn. 10 und 11, juris). Hier hat aber die die Beweisaufnahme durchführende Einzelrichterin auch das Urteil gefällt. Maßgeblich für die Beweiswürdigung ist vielmehr, dass sich die Angaben des Zeugen DD und diejenigen des Klägers hinsichtlich der beizubringenden Lieferscheine inhaltlich nicht decken und deswegen ein weiteres Indiz gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers hinsichtlich des erfolgten Versicherungsfalls bilden. Der Kläger hat bei seiner Anhörung im Verhandlungstermin vom 19.11.2021 (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 4 – GA II 23) angegeben, er habe mehrfach, sowohl telefonisch als auch persönlich – verzweifelt versucht, die Lieferscheine für die Ersatzteile vom Zeugen DD zu erhalten. Dieser habe die Herausgabe verweigert, da ihm das „zu privat“ sei und angegeben, die Versicherung solle sich an ihn wenden. Demgegenüber hat der Zeuge DD angegeben, es „kann sein, dass er mich auch mal nach dem Lieferschein gefragt hat.“ Gegenüber dem Versicherer habe er auf telefonische Nachfrage nach den Versicherungsscheinen den Umbau seines Büros als Hinderungsgrund angegeben (vgl. S. 7 des Verhandlungsprotokolls, GA II 26). Nicht deckungsgleich sind die Angaben vom Kläger und dem Zeugen DD bereits hinsichtlich der Intensität, mit der der Kläger beim Zeugen DD hinsichtlich der Lieferscheine nachgefragt haben will. Auch hat der Kläger etwaige Umbau- oder Sanierungsarbeiten des Büros des Zeugen, die nach Aussage des Zeugen DD die Herausgabe mangels Auffindbarkeit verhindert habe, nicht erwähnt. Schließlich ist auch die Aussage des Zeugen DD in sich nicht stimmig: Die im Verhandlungstermin vor dem Landgericht vom 19.11.2021 vorgelegte Rechnung der Fa. EE vom 04.02.2019 will er per E-Mail erhalten haben; die zu den abgerechneten Teilen gehörenden Lieferscheine könnten, so der Zeuge weiter, in den Kartons vorhanden gewesen sein, seien dann aber „direkt in den Verpackungsmüll“ gegangen (vgl. S. 6 des Verhandlungsprotokolls vom 19.11.2021 – GA II 25). Diese Angabe, die nahelegt, dass sich der Zeuge DD nicht um die Existenz und Aufbewahrung der Lieferscheine gekümmert hat, was dazu passt, dass er nach seiner Aussage noch nicht einmal die Nummern der gelieferten Teile mit denjenigen der Lieferscheine abgeglichen haben will, passt nicht zu seiner im weiteren Verhandlungsverlauf getätigten Angabe, er habe es nicht eingesehen, dass der Versicherer über die Lieferscheine Einblick in seine Konditionen erhalte, zudem sei er an diese wegen des Umbaus seines Büros nicht herangekommen.

dd) Als weiterer Umstand, der sich in das für die Glaubwürdigkeit des Klägers nachteilige Gesamtbild einfügt, ist die Barzahlung der angeblichen Reparatur anzuführen. Isoliert betrachtet, ist diese Zahlweise, was dem Kläger zuzugestehen ist, unverdächtig. Im Zusammenhang mit fehlenden Liefernachweisen für angeblich im Rahmen der Reparatur verbaute Ersatzteile und dem Umstand, dass sich eine Reparatur wegen des zweiten deckungsgleichen Einbruchsdiebstahls und dem anschließenden Weiterverkauf des betroffenen Fahrzeugs nicht mehr nachvollziehen lässt, bildet der Umstand der Barzahlung, gerade weil er nicht anhand von Kontobewegungen objektiviert werden kann, ein weiteres gegen die Darstellung des Klägers sprechendes Beweisanzeichen. Der Vernehmung der Schwester des Klägers als Zeugin für die behauptete Leihe von 9.000, — € zum Zwecke der Bezahlung der Reparatur bedurfte und bedarf es nach wie vor nicht: Selbst wenn die Schwester des Klägers die Leihe des entsprechenden Geldbetrags bestätigen sollte, wäre damit eine Übergabe des Geldes an den Zeugen DD zwecks Bezahlung der durchgeführten Reparatur nicht bewiesen. Zu diesem Umstand kann die Schwester schon nach dem Vorbringen des Klägers keinerlei Angaben machen, da sie bei der Geldübergabe an den Zeugen DD nicht anwesend war.

Eine weitere Unstimmigkeit in diesem Zusammenhang stellt der Umstand dar, dass der Zeuge DD nach der – insoweit vom Zeugen DD bestätigten – Behauptung des Klägers zwar nicht mit dem Versicherer habe abrechnen wollen – einen hierfür nachvollziehbaren Grund haben weder der Zeuge noch der Kläger genannt. Was die Lieferscheine betraf, wollte der Zeuge der Aussage des Klägers nach jedoch ungeachtet der von Zeugen konstatierten Unzuverlässigkeit der Versicherer, dass sich der Beklagte wegen der Herausgabe der Lieferscheine direkt an ihn wenden sollte.

ee) An der vom Kläger für den Nachweis der Reparaturkosten vorgelegten Rechnung vom 13.02.2019 fällt neben dem vom Beklagten bemängelten nicht näher aufgeschlüsselten Arbeitslohn für die einzelnen Reparaturarbeiten auf, dass eine Position „Abschleppkosten“ nicht enthalten ist, obwohl – so die übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Zeugen DD im erstinstanzlichen Verhandlungstermin vom 19.11.2021 – das Fahrzeug durch den Zeugen DD abgeschleppt worden sein soll (vgl. S. 2 und 4 des Verhandlungsprotokolls – GA II 21 und 23) und der Zeuge DD mit dem Kläger auch über die Abschleppkosten gesprochen haben will (vgl. aaO, S. 6 – GA II 25). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, wieso sich diese Kosten in der an den Kläger adressierten Rechnung nicht wiederfinden.

In der Gesamtschau verdichten sich die zum Teil bei isolierter Betrachtung unverdächtigen Indizien zu erheblichen Zweifeln an der Darstellung des Klägers vom Vorliegen eines Versicherungsfalls und hat der Beklagte damit den Nachweis dahin, dass mit erheblicher Wahrscheinlichkeit von einem vorgetäuschten Versicherungsfall auszugehen ist, erbracht.

2. Gelingt dem Versicherer der Gegenbeweis zu dem äußeren Bild eines Diebstahls, muss der Versicherungsnehmer den vollen Beweis des Versicherungsfalls erbringen (vgl. Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, AKB 2015, 19. Aufl. 2017, Rn. 184). Diesen Beweis hat der Kläger auch nach Maßgabe seines Berufungsvorbringens nicht erbracht.

3. Mangels Anspruchs in der Hauptsache ist auch der hiervon abhängige Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 505,27 € samt Zinsen ab Rechtshängigkeit nicht gegeben.

 

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