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Vollkaskoversicherung – durch beschädigten Keil- und Zahnriemen verursachter Motorschaden

Vollkasko und Motorschaden: Ein komplexer Fall von Betriebsschaden versus Unfallschaden

In einem bemerkenswerten Fall hat das Landgericht Landshut entschieden, dass ein durch beschädigte Keil- und Zahnriemen verursachter Motorschaden nicht als versicherter Unfallschaden im Rahmen einer Vollkaskoversicherung gilt. Der Fall drehte sich um einen Versicherungsnehmer, der behauptete, während einer Fahrt zum Angeln einen Unfall erlitten zu haben. Er fuhr rückwärts und bergauf in eine Kiesauffahrt, um zu wenden. Dabei kam sein Fahrzeug ins Rutschen und schlitterte seitlich die Kiesauffahrt hinunter. Kurz darauf leuchtete die Motorwarnlampe auf, und der Wagen musste abgeschleppt werden. Der Kläger forderte daraufhin Leistungen aus seiner Vollkaskoversicherung, die jedoch abgelehnt wurden. Das Hauptproblem in diesem Fall war die Frage, ob der Motorschaden als Unfallschaden oder als Betriebsschaden zu werten ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 72 O 1961/18 >>>

Keine äußeren Einwirkungen, kein Unfallschaden

Vollkaskoversicherung - durch beschädigten Keil- und Zahnriemen verursachter Motorschaden
Motorschaden durch defekte Keil- und Zahnriemen gilt nicht als Unfallschaden: Ein Fall, der die Komplexität von Versicherungsbedingungen und die Bedeutung klarer Beweisführung hervorhebt. (Symbolfoto: 4 PM production /Shutterstock.com)

Das Gericht hörte den Kläger und einen Sachverständigen an und stellte fest, dass keine äußeren Einwirkungen auf das Fahrzeug stattgefunden hatten. Der Sachverständige bestätigte, dass der Motorschaden durch einen defekten Keilriemen verursacht wurde, der wiederum den Zahnriemen beschädigte. Es gab jedoch keine Anzeichen dafür, dass ein externes Ereignis, wie ein Stein oder ein anderes Objekt, den Keilriemen beschädigt hätte.

Unzureichende Beweisführung des Klägers

Ein weiterer entscheidender Punkt war die Beweislast des Klägers. Er musste nachweisen, dass der Motorschaden direkt durch den Unfall verursacht wurde. Das Gericht fand jedoch, dass der Kläger nicht ausreichend beweisen konnte, dass ein externes Ereignis den Motorschaden verursacht hatte. Der Sachverständige erklärte, dass der Motorschaden nicht durch den beschriebenen Vorfall hätte verursacht werden können, was das Gericht als schlüssig und nachvollziehbar ansah.

Versicherungsbedingungen und ihre Auslegung

Die Versicherungsbedingungen spielten ebenfalls eine wichtige Rolle in der Entscheidung. Laut den Bedingungen ist ein Unfall ein „unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.“ Da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass ein solches Ereignis stattgefunden hatte, wurde seine Klage abgewiesen.

Kostentragung und weitere Folgen

Da die Klage unbegründet war, wurde sie abgewiesen und der Kläger musste die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist für die Beklagte gegen eine Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf 8.503,74 € festgesetzt.

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität der Versicherungsbedingungen und die Notwendigkeit einer klaren Beweisführung bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus Vollkaskoversicherungen. Es zeigt auch, wie wichtig es ist, die genauen Umstände eines Vorfalls zu verstehen und zu dokumentieren, um erfolgreich Leistungen aus einer Versicherungspolice zu erhalten.

Vollkasko deckt Motorschaden nicht ab: Was tun, wenn die Versicherung nicht zahlt?

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Das vorliegende Urteil

LG Landshut – Endurteil vom 04.04.2019 – Az.: 72 O 1961/18

Leitsatz:

Ein durch beschädigte Keil- und Zahnriemen verursachter Motorschaden ist in der Vollkaskoversicherung kein versicherter Unfallschaden sondern ein nicht versicherter Betriebsschaden, wenn durch ein seitliches Abrutschen des Fahrzeugs auf einem Kiesweg keine Schäden am Unterbodenschutz entstanden sind, die auf eine Einwirkung von außen schließen lassen. (Rn. 16 – 18) (redaktioneller Leitsatz)


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 8.503,74 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist Versicherungsnehmer einer PKW-Vollkaskoversicherung bei der Beklagten. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Leistungen aus der Vollkaskoversicherung nach einem behaupteten Versicherungsfall.

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt am 25.01.2017 Eigentümer eines VW, Typ T5 Kombi 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen …. Dieses Fahrzeug war bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer … vollkaskoversichert. In den Versicherungsbedingungen wurde unter Ziffer A.2.2.2.2 vereinbart, was unter einem Unfall zu verstehen ist. Dort steht:

„Versichert sind Schäden am Fahrzeug durch Unfall. Ein Unfall ist ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.“

Der Kläger behauptet, am 25.01.2017 gegen 09.00 Uhr in einer Neben straße in N., einen Unfall gehabt zu haben. Er sei mit dem versicherten PKW zum Angeln gefahren. Er beabsichtigte in einer Kiesauffahrt zu wenden. Hierzu sei er rückwärts und bergauf in die Kieseinfahrt eingefahren. Beim anschließenden Vorwärtsfahren habe er zu früh nach links eingeschlagen. Hierbei sei der PKW ins Rutschen gekommen und sei seitlich die ansteigende Kiesauffahrt hinabgerutscht. Hierbei sei das Fahrzeug seitlich aufgekippt und seitlich die Böschung entlang geschleift, an deren Ende das Fahrzeug aufschlug und sich wieder aufgestellt haben soll. Nach ca. 100m Fahrstrecke habe sodann die Motorwarnlampe aufgeleuchtet. Der Kläger habe dann sein Fahrzeug abgestellt und dieses abschleppen lassen.

Durch den Unfall sei der Zahnriemen beschädigt worden. Die Reparatur habe Kosten über 8.354,99 € verursacht.

Der Kläger beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.354,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie nicht anrechenbare Anwaltsgebühren in Höhe von 808,13 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte behauptet, dass der Motorschaden unabhängig von dem Vorgang eingetreten sei. Das Fahrzeug des Klägers sei bei einer Fahrleistung von zwischen 100.000km – 130.000km stark schadenanfällig. Der Schaden sei jedenfalls nicht durch einen Unfall verursacht worden, sondern sei beim Betrieb des Fahrzeugs eingetreten. Damit handele es sich um einen nicht versicherten Betriebsschaden.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 21.03.2019 den Kläger informatorisch angehört und sich den Hergang des Vorfalles schildern lassen. Der Sachverständige H. war in dem Termin der mündlichen Verhandlung anwesend und machte Ausführungen zu Lichtbildern. Es wurde mit dem Kläger anhand dieser Lichtbilder der genaue Ort des Abrutschens des Fahrzeugs geklärt.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch in der geltend gemachten Höhe zu.

Das Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung durch die informatorische Anhörung des Klägers erstmals einen Eindruck vom Ablauf des Vorgangs machen können. Dabei hat sich herausgestellt, dass das Fahrzeug nicht wie in der Klageschrift vorgetragen und später wiederholt, gekippt ist und sich dann am Ende der Böschung wieder aufgestellt hat. Der Kläger hat angegeben, dass das Fahrzeug seitlich die Böschung runter gerutscht sei und hierbei gewackelt habe. Ein Wackeln ist aber etwas völlig anderes, als ein Kippen und anschließendes Wiederaufstellen des Fahrzeugs. Ein Kippen des Fahrzeugs wäre nur dann möglich gewesen, wenn der Winkel der Böschung dazu geführt hätte, dass der Schwerpunkt des Fahrzeugs außerhalb des Fahrzeugs gelegen hätte, dann wäre aber bei den hier vorliegenden Gegebenheiten ein Wiederaufstellen des Fahrzeugs entgegen des Fahrzeugschwerpunkts nicht möglich gewesen.

Das Gericht ist nach der informatorischen Anhörung des Klägers vielmehr davon überzeugt, dass es sich so zugetragen hat, wie von diesem geschildert. Danach ist das Fahrzeug, das sich zu diesem Zeitpunkt in einer langsamen Vorwärtsbewegung befunden hat, aufgrund einer unzureichenden Befestigung der Kiesauffahrt nach links weggerutscht.

Der Motorschaden wurde nach den Ausführungen des Sachverständigen von einem defekten Keilriemen verursacht. Dieser ist abgerissen und hat sodann den Zahnriemen beschädigt. Der Keilriemen befindet sich in Fahrtrichtung auf der rechten vorderen Fahrzeugseite. Der Keilriemen wird dabei am Unterboden von einer Kunststoffabdeckung geschützt. Diese Kunststoffabdeckung ist auf dem Lichtbild 005 der Anlage HFB 6 zu erkennen. In der mündlichen Verhandlung wurde dieses Lichtbild in besserer Qualität in Augenschein genommen. Das Gericht konnte sich hierbei davon überzeugen, dass an dieser Kunstoffabdeckung keine Beschädigung vorhanden ist. Dies wurde auch vom Sachverständigen so bestätigt. Das Gericht konnte sich weiter davon überzeugen, dass der Unterboden durch ein weiteres Kunststoffteil in der Fahrzeugmitte geschützt wird. Dieses ragt weiter nach unten in Richtung der Fahrbahn. Der Sachverständige führte weiter aus, dass an den Reifen zu erkennen ist, dass an den äußern Flanken im äußeren Profilbereich Schmutzanhaftungen zu erkennen sind. Dies dürfte die maximale Einsinktiefe des Fahrzeugs in Kies darstellen.

Der Sachverständige führte dann aus, dass durch den Vorfall, so wie er vom Kläger geschildert wurde, eine Beschädigung des Motors nicht möglich ist. Dies ist auch für das Gericht nachvollziehbar und schlüssig.

Das klägerische Fahrzeug ist seitlich nach links abgerutscht. Ein Kontakt zwischen Unterboden des Fahrzeugs und Böschung hat nicht stattgefunden. Nachdem der Kläger geschildert hat, dass er langsam gefahren ist, steht für das Gericht fest, dass das Fahrzeug ebenfalls zunächst langsam, dann möglicherweise zum Ende hin etwas schneller abgerutscht ist. Nachdem ein Kontakt zwischen Unterboden und Kiesweg nicht stattgefunden hat, ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie bei diesem Vorgang ein „Partikel“ oder „Steinchen“ den Keilriemen beschädigen konnte, der auch noch von einer Kunststoffabdeckung geschützt war. Nachdem ein solcher Partikel nicht unmittelbar durch das Abrutschen an den Keilriemen gelangen konnte, müsste dieser Partikel auf andere Weise an den Keilriemen gelangt sein.

Anhaltspunkte, wann oder wie der Partikel an den Keilriemen gelangt ist, liegen nicht vor.

Das Abrutschen allein hat damit den Motorschaden nicht verursacht. Ein Unfall im Sinne der AKB liegt daher nicht vor, weil ein von außen einwirkendes Ereignis nicht nachgewiesen werden konnte. Nachdem der Kläger für die Kausalität zwischen Unfallereignis und Schaden beweisverpflichtet ist, war die Klage daher abzuweisen.

Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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