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Hausratversicherung: Einbruchdiebstahl bei Betreiben eines Drogenlabors

OLG Celle, Az.: 8 U 101/16, Urteil vom 10.11.2016

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. Mai 2016 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Hausratversicherung wegen eines Einbruchdiebstahls in Anspruch, der sich am … Juli 2012 in seinem Wohnhaus ereignet habe.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Hausratversicherung zum Neuwert mit einer Versicherungssumme von 200.000 € (s. Versicherungsschein vom … Januar 2005, Bl. 70 f. d. A.). Die Versicherung wurde im Jahr 2005 bei der A. V. AG abgeschlossen; die Beklagte ist deren Rechtsnachfolgerin. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 2000) und die Besonderen Bedingungen zur Hausratversicherung (BBHR 2001) der A. V. zu Grunde (Bl. 12 ff. d. A.).

Ursprünglich war vereinbarter Versicherungsort die damalige Wohnung des Klägers S. … 1 in L. Im Jahr 2009 zog der Kläger mit seiner Ehefrau in das Wohnhaus A. … in L.

Im Mai 2009 fand die Polizei anlässlich einer Hausdurchsuchung im Keller des Hauses ein chemisches Labor vor (Bl. 54, 385 d. A.).

Am … März 2011 wurde der Kläger wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dem lag zugrunde, dass der Kläger mit zwei weiteren Angeklagten spätestens ab Frühjahr 2010 aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes zusammenarbeitete, um regelmäßig Methamfetamin in nicht geringer Menge herzustellen bzw. zu beziehen, welches sie jeweils gewinnbringend weiterverkaufen wollten (Bl. 380 d. A.). Hierzu stellte der Kläger in seinem Keller-Labor 2.350 g Methamfetamin her (Bl. 380 d. A.). Vor der Verurteilung befand sich der Kläger seit dem … September 2010 bis zum … März 2011 in Untersuchungshaft (Bl. 386 d. A.).

Am …. Mai 2011 gab der Kläger die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse ab. Hierbei gab er an, dass er über keine Wertsachen verfüge (Bl. 85 ff. d. A.).

Am … April 2012 wurde der Kläger wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – des bei der Durchsuchung am … Mai 2009 aufgefundenen Methamfetamins – verurteilt (Bl. 384 ff. d. A.).

Hausratversicherung: Einbruchdiebstahl bei Betreiben eines Drogenlabors
Symbolfoto: mikeledray/Bigstock

Zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls – am … Juli 2012 – befand sich der Kläger weiterhin in Haft (Bl. 386 d. A.). Der Kläger übermittelte der Beklagten eine Stehlgutliste (Anlage B 7, Bl. 90 d. A.). Gegenüber der Hausratsachverständigen der Beklagten gab der Kläger an, er sei selbständiger Chemiker und mache Patentforschung. Hierfür nutze er das im Hauskeller eingerichtete Labor. Auf Nachfrage gab der Kläger an, er forsche an Duftstoffen für die Parfümherstellung.

Mit Urteil des Landgerichts Verden vom 11. Juni 2014 (2 KLs 603 23655/12) wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (s. Strafurteil, Bl. 377 ff. d. A.). Dem lag zu Grunde, dass der inhaftierte Kläger nach dem Datum des behaupteten Einbruchs erfahren habe, dass sich noch weiteres Methamfetamin aus seiner früheren Drogenproduktion – knapp 2 kg – in einem Versteck in seinem Haus befunden habe.

Der Kläger hat behauptet, ihm seien Gegenstände mit einem Wiederbeschaffungswert von 38.331,84 € entwendet worden (s. Aufstellung Bl. 4 f. d. A.). Die Gegenstände seien vor dem Einbruchdiebstahl vorhanden gewesen und hätten danach gefehlt. Die Täter hätten ein Loch in den Grundstückszaun geschnitten, die hintere Eingangstür aufgebrochen und die Sicherheitstür zum Schlafbereich aus den Angeln der Wand gebrochen (Bl. 119 d. A.).

An dem Wohnhaus und Einrichtungsgegenständen seien durch den Einbruch Schäden entstanden. Die Beseitigungskosten beliefen sich auf 7.500 €. Für erste Maßnahmen zur Schadensbeseitigung habe seine Ehefrau 450 € (45 Stunden à 10 €) aufgewandt.

Das Chemielabor habe keine Gefahrerhöhung bewirkt, es habe den Einbruch nicht begünstigt oder gefördert, es fehle jede Verbindung zwischen Labor und Einbruch (Bl. 119 d. A.). In dem Labor seien – was die Beklagte nicht bestritten hat – zum Zeitpunkt des Schadenseintritts weder gefährliche Chemikalien gelagert noch Drogen produziert worden (Bl. 118 d. A.).

Er habe seiner Ehefrau seinen gesamten Hausrat übereignet gehabt (Bl. 120 d. A.). Aufgrund der Vermögenshintergründe seiner Ehefrau seien die Vermögensverhältnisse nicht desolat (Bl. 120 d. A.). Er habe – vor seinem Umzug – nur kurzfristig Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen (Bl. 120 d. A.).

Auf Hinweis des Landgerichts hat der Kläger näher zu den entwendeten Gegenständen vorgetragen. Insoweit wird auf die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 9. Juli 2014 Bezug genommen (Bl. 207 ff. d. A.).

Der Kläger hat beantragt (Bl. 2, 181 d. A.),

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 46.281,84 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem …07.2012 bis zum …03.2013 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem …03.2013 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.890,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem …08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, aufgrund der Inhaftierung des Klägers sei das Wohnhaus A. … nicht mehr Versicherungsort gewesen. Versicherungsort sei zum fraglichen Zeitpunkt vielmehr die J. B. gewesen, wo sich seit zwei Jahren der Lebensschwerpunkt des Klägers befunden habe. Unerheblich sei, dass er nahezu seinen gesamten Hausrat in dem Wohnhaus zurückgelassen habe.

Der Betrieb des Drogenlabors sei eine Gefahrerhöhung. Einen derartigen Versicherungsnehmer würde sie niemals versichern, da sie kein Drogenlaborversicherer sei. Auch ein echtes Labor zur Patentforschung würde eine Gefahrerhöhung darstellen (Bl. 60 d. A.). Die Gefahrerhöhung könne nur vorsätzlich erfolgt sein. Der Kläger habe selbst im Rahmen des Ermittlungsverfahren erklärt, er gehe davon aus, dass der Einbruch auf seinem Drogenhandel und der Inhaftierung beruhe (Bl. 61 d. A.). Wenn der Kläger den Versicherungsfall nicht nur vorgetäuscht habe, sei davon auszugehen, dass der Einbruchdiebstahl aus der engen Verbindung des Klägers zum kriminellen Milieu resultiere, weil Angehörige dieses Milieus nach Drogen gesucht hätten (Bl. 376 d. A.). Im Übrigen habe der Kläger selbst – was dieser erstinstanzlich nicht bestritten hat – die nach dem Einbruchdiebstahl aufgefundenen Drogen im Sockelbereich der Garderobe versteckt (Bl. 372 d. A.).

Der Kläger habe sie auch arglistig getäuscht, indem er den Betrieb des Drogenlabors verschwiegen und hierzu falsche Angaben gemacht habe.

Außerdem bestehe die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalls. Hierzu hat die Beklagte gemeint, der angebliche Tathergang sei auffällig (Bl. 65 d. A.). Auffällig sei auch, dass der Kläger ausweislich polizeilicher Vermerke (Anlagen B 11 f., Bl. 97 f. d. A.) zunächst mitgeteilt habe, er habe keine Spaltaxt mit rotem Kopf in seinem Haushalt, und dies am nächsten Tag korrigiert habe. Ungewöhnlich sei, dass der Kläger schon einmal einen Brandschaden erlitten habe. Das wirtschaftliche Motiv des Klägers liege angesichts seiner Vermögensverhältnisse auf der Hand (Bl. 66 d. A.). Die Redlichkeitsvermutung greife nicht ein, weil der Kläger massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten sei (Bl. 66 d. A.). Darüber hinaus habe er eine falsche eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben und auch gegenüber der A. das Diebesgut verschwiegen.

Der von dem Kläger in diesem Verfahren benannte Zeuge S. habe – was der Kläger nicht bestritten hat – auf Veranlassung des Klägers in einem gegen den Kläger geführten Strafverfahren eine Falschaussage begangen (Bl. 373 d. A.).

Die Beklagte hat auch die Schadenshöhe, insbesondere die Echtheit der Rolex-Uhr bestritten und hierzu erklärt, die von ihrer Sachverständigen K. ermittelten Beträge (vgl. deren Gutachten, Bl. 339 ff. d. A.) würden in keiner Weise unstreitig gestellt (Bl. 68 d. A.).

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 28. Januar 2015 und 23. November 2015 (Bl. 293 ff., 416 f. d. A.) durch Vernehmung der Zeugen L. B.-S., H. S., E. T.-S. (in anderer Besetzung der Zivilkammer, Bl. 317 ff. d. A.) und H. K. (Bl. 432 f. d. A.).

Mit Urteil vom 18. Mai 2016 (Bl. 439 ff. d. A.) hat das Landgericht Hannover der Klage – unter Abweisung im Übrigen – in Höhe von 29.337,57 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem … Juli 2012 bis zum … August 2013 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem … August 2013 stattgegeben.

Das streitgegenständliche Haus A. … in L. sei Versicherungsort gemäß § 10 Ziff. 1 Abs. 1 VHB. Der Haftantritt des Klägers sei nicht als Wohnungswechsel gemäß § 11 VHB anzusehen. Der Nachweis eines Versicherungsfalls sei unter Berücksichtigung der dem Versicherungsnehmer zuzubilligenden Beweiserleichterungen geführt. Einbruchspuren seien nach den im Ermittlungsverfahren getroffenen Feststellungen und den Feststellungen des Regulierungsangestellten der Beklagten vorhanden. Das Bestreiten der Beklagten sei insoweit ins Blaue hinein erfolgt. Die Beklagte habe das Vortäuschen des Versicherungsfalls nicht nachgewiesen. Die Redlichkeit des Klägers werde nicht durch seine zunächst getätigte Angabe in Frage gestellt, er habe keine Spaltaxt mit rotem Kopf. Da er sich zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits seit ca. zwei Jahren in Haft befunden habe, sei es durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger sich nicht mehr an jedes Werkzeug im Gartenhaus erinnere. Auch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers lasse die Redlichkeitsvermutung nicht entfallen, weil es bei den in Rede stehenden Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz an dem notwendigen inneren Zusammenhang zu einem Versicherungsbetrug fehle. Auch die von der Beklagten ins Feld geführten falschen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung könnten nicht zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden. Es sei durch nichts belegt, dass die Angabe des Klägers, er habe sämtliche Vermögenswerte auf seine Ehefrau übertragen, falsch sei.

Eine Gefahrerhöhung gemäß §§ 23, 26 VVG habe der Kläger im Hinblick auf den Betrieb eines Drogenlabors nicht vorgenommen. Zum Zeitpunkt des Einbruchs habe der Kläger das Drogenlabor nicht mehr betrieben. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich bereits mehrere Monate in der JVA aufgehalten. Außerdem sei das Chemikalienlager ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Presseberichts (Anlage B 4) bereits im Mai 2005 [gemeint ist: Mai 2009] geräumt worden.

Dem Kläger stehe eine Entschädigung für 4 goldene Armbänder zu insgesamt 9 Bath, eine goldene Halskette zu 4 Bath, eine goldene Halskette zu 3 Bath, 2 goldene Halsketten zu 2 Bath, 8 goldene Ringe zu jeweils 1 Bath, einen Anhänger „Galuda“ zu 1 Bath, mithin 454,80 g x 42,30 € zzgl. 10 % Herstellungskosten zu. Die Zeugin B.-S. habe nachvollziehbar bekundet, dass sich dieser Schmuck in einem hölzernen Schmuckkasten am Bett befunden habe. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben unzutreffend seien. Die Angaben würden auch durch die vorliegenden Fotografien belegt (Anlage K 12, Bl. 214 ff. d. A.). Auch der unbeteiligte Zeuge S. habe bestätigt, dass sich Schmuck in einem Kästchen im Bettbereich befunden habe, und sich erinnert, dass der Kläger zwei etwas größere Halsketten besessen habe. Hinsichtlich des Wertes sei von den Angaben des Klägers auszugehen, weil sich die Zeugin noch an wesentlich höhere Anschaffungspreise habe erinnern können. Dem Kläger stünden weiterhin 7.000 € für eine gestohlene Rolex-Armbanduhr zu. Die Zeugen B.-S., S., S.-E. und K. hätten übereinstimmend bekundet, den Kläger mit einer Rolex Day Date gesehen zu haben. Auch auf den eingereichten Fotos sei der Kläger mit einer goldenen Armbanduhr zu erkennen. Die Vorlage eines Echtheitszertifikats könne nicht verlangt werden, da dies die Anforderungen überspannen würde. Eine Reihe von Indizien spreche dafür, dass der Kläger eine echte Rolex besessen habe. Nach Aussage des Zeugen S.-E., seines Sohnes, habe der Kläger ihm einmal die Rolex als Geschenk angeboten und erklärt, die Uhr sei 20.000 DM wert. Der Zeuge K. habe bekundet, er habe selbst eine solche Rolex besessen, die Rolex des Klägers habe ausgesehen wie seine. Nach einer von ihm eingeholten Auskunft des Juweliers W. betrage der Wert einer Rolex Dax Date 27.100 €. Die Forderung des Klägers in Höhe von 7.000 € sei daher nicht zu beanstanden. Für weiteren Schmuck könne der Kläger keine Versicherungsleistungen beanspruchen, da es an individualisierenden und wertbestimmenden Merkmalen mangele. Außerdem könne der Kläger für den Diebstahl seiner beiden Notebooks Entschädigung in Höhe von 299 € und 450 € verlangen. Die Zeugen B.-S. und S. hätten übereinstimmend bekundet, dass der Kläger diese beiden Notebooks besessen habe. Bei der Wertbemessung folge die Kammer den Feststellungen der Sachverständigen K. Für einen Lederkoffer könne der Kläger 100 € verlangen. Dass ein solcher Koffer entwendet worden sei, ergebe sich aus der Aussage der Zeugin. Den Wert des Koffers schätze die Kammer in Anlehnung an die Feststellungen der Sachverständigen K. auf 100 €.

Weitere Entschädigungsleistungen für entwendete Gegenstände könne der Kläger nicht verlangen. Hinsichtlich der Kamera und der zwei Buddhafiguren fehlten Anhaltspunkte für die Wertbestimmung. Hinsichtlich des Kleingelds in dem Chemieglas habe die Kammer nicht feststellen können, wie viel Geld zum Diebstahlszeitpunkt tatsächlich noch vorhanden gewesen sei. Dass tatsächlich eine hochwertige Gucci-Reisetasche gestohlen worden sei, habe die Kammer nicht feststellen können; die Zeugin habe sich nicht an den Hersteller der entwendeten Reisetasche erinnern können. Hinsichtlich der 5 Saunatücher und 6 Damenoberteile fehle es an jeglicher Beschreibung der Qualität. Hinsichtlich der Besteckkästen könne der Kläger keine Entschädigung verlangen, da sich die Kammer mangels näherer Angaben zur Wertbemessung außerstande sehe. Für Aufräumerarbeiten könne der Kläger keine Entschädigung verlangen, weil es an hinreichenden Angaben zu der geleisteten Arbeit der Ehefrau des Klägers fehle.

Für die Reparatur der Sprechanlage könne der Kläger 326,73 € verlangen. Im Übrigen fehle es an einem Nachweis für die tatsächlich durchgeführte Reparatur. Ersetzt würden nur tatsächlich entstandene Kosten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt (Bl. 476 d. A.). Der Tatbestand des angefochtenen Urteils sei teilweise schlicht unzutreffend. Eine Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei ausweislich des Protokolls nicht erfolgt. Die Beweisaufnahme der Kammer sei in anderer Besetzung erfolgt. Keinem einzigen ihrer Beweisantritte, u. a. ihrem Antrag auf Parteivernehmung, sei nachgegangen worden. Verfahrensfehlerhaft sei es, dass das Landgericht die beigezogenen Strafakten einfach so zurückgesandt habe, ohne ihr Einsicht zu gewähren, und ihr auch nicht die gefertigten Kopien aus der Strafakte übersandt habe. Verfahrensfehlerhaft sei es auch ihren weiteren Anträgen auf Aktenbeiziehung nicht nachgegangen und habe sich hierzu in keiner Weise verhalten. Die Ermittlungsakten hätten zwingend – auch ohne ausdrücklichen Antrag der Beklagten – beigezogen werden müssen. Vorstrafen des Versicherungsnehmers hätten eine erhebliche Indizwirkung, sowohl auf der ersten Stufe bei der Anhörung des Versicherungsnehmers als auch auf der zweiten Stufe.

Die Ausführungen des Landgerichts zum Versicherungsort seien unzutreffend. Zum Zeitpunkt des Einbruchs sei die JVA fester Wohnsitz des Klägers gewesen, weil er dort seinen Lebensschwerpunkt gehabt habe. Auf die subjektive Sicht des Versicherungsnehmers komme es nicht an. Maßgeblich sei nur, ob der Versicherungsnehmer zumindest einen Hausratbestandteil verlagert habe.

Zu Unrecht habe das Landgericht eine Gefahrerhöhung verneint. Es bestehe ein kausaler Zusammenhang mit dem früheren Betrieb des Drogenlabors. Der Kläger sei selbst davon ausgegangen, dass der Einbruch auf seinem Drogenhandel und seiner Inhaftierung beruhe. Wie das aufgefundene Drogenversteck belege, habe der Kläger trotz seiner Inhaftierung weiter ein Drogenlabor betrieben und dort Drogen vor dem Zugriff der Polizei versteckt (Bl. 492 d. A.). Dies habe das Landgericht nicht berücksichtigt. Zu ihrem Vorbringen, der Kläger habe gewusst, dass sich in seinem Haus noch Drogen befanden, hat die Beklagte die Parteivernehmung des Klägers beantragt.

Weiter beanstandet die Beklagte, dass das Landgericht auf ihren Einwand des besonderen Verwirkungsgrundes der arglistigen Täuschung nicht eingegangen sei. Die Angabe des Klägers, er würde an Duftstoffen für die Parfümherstellung forschen, sei frei erfunden. Im ersten Ortstermin habe er zudem seine Inhaftierung verschwiegen.

Hinsichtlich des Nachweises des Versicherungsfalls habe das Landgericht nicht zwischen dem äußeren Bild eines Diebstahls und der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung unterschieden. Zu letzterem sei das Landgericht offenbar fälschlich davon ausgegangen, die Beklagte müsse den vollen Beweis der Vortäuschung führen. Zu Unrecht habe das Landgericht das Bestreiten von Einbruchspuren als unwirksam angesehen. Der Sachverständige K. sei kein kriminaltechnischer Sachverständiger. Zudem sei das Klägervorbringen zu dem Einbruchwerkzeug widersprüchlich bzw. nicht glaubhaft. Außerdem habe das Landgericht die Frage des Entwendungsnachweises ausschließlich im Rahmen der Anspruchshöhe behandelt. Dies sei aber eine Frage des Strengbeweises. Die Beklagte habe Indizien vorgetragen, aus denen sich im Rahmen der Gesamtschau ergebe, dass der Versicherungsfall mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht worden sei. Falsch sei insoweit die Würdigung des Landgerichts hinsichtlich der geänderten Angaben des Klägers zu der Spaltaxt. Zu Unrecht sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers unerheblich seien. Unzutreffend sei, dass nur Straftaten im vermögensrechtlichen Bereich von Bedeutung seien. Außerdem sei das Landgericht nur auf die Betäubungsmitteldelikte eingegangen und habe die übrigen Straftaten komplett ausgeblendet. Hinsichtlich der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung erstaune es, dass das Landgericht die Angabe des Klägers, er habe sämtliche Vermögenswerte seiner Frau übertragen, habe ausreichen lassen. Der zivilprozessuale Ansatzpunkt hierfür sei nicht erkennbar. Die Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben habe das Landgericht ebenfalls nicht gewürdigt. Außerdem habe der Kläger gegenüber der A. den Besitz des Diebesgutes verschwiegen. Auf die weiteren Indizien sei das Landgericht in den Entscheidungsgründen nicht eingegangen.

Hinsichtlich der Schadenshöhe sei nicht nachvollziehbar, warum das Landgericht ohne konkrete Anknüpfungstatsachen von echtem Schmuck ausgegangen sei. Das Landgericht habe sich auch nicht mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der von dem Kläger benannten Zeugen befasst. Insbesondere sei es nicht darauf eingegangen, dass der Zeuge S. in einem Strafverfahren zugunsten des Klägers falsch ausgesagt habe.

Der Kläger, der die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Die Beklagte verkenne, dass sie keinen zivilprozessualen Anspruch auf Einsichtnahme sämtlicher den Kläger betreffenden Strafakten habe. Seine Glaubwürdigkeit und seine strafrechtliche Vergangenheit seien nicht entscheidungserheblich, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen für den Versicherungsfall durch andere Beweismittel bestätigt würden. Eine Gefahrerhöhung sei nicht gegeben. Zum Zeitpunkt des Einbruchdiebstahls habe er unstreitig das Drogenlabor nicht mehr betrieben; er sei auch davon ausgegangen, dass sich keine Drogen mehr in dem Gebäude befunden hätten. Die Ausführungen der Beklagten zum besonderen Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung seien nicht nachzuvollziehen und schlicht wirr. Die Ansicht der Beklagten, den Kläger habe eine spontane Obliegenheit zur Preisgabe seiner Inhaftierung getroffen, sei derart wirr, dass sie nicht erwiderungsfähig sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akten der Staatsanwaltschaft … waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 1. Alt., 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

Der Kläger kann für den behaupteten Einbruchdiebstahl keine Versicherungsleistungen verlangen, weil die Beklagte gemäß §§ 23 Abs. 1, 26 VVG wegen einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist (s. Ziff. II).

I.

Allerdings ist bei dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht auszuschließen, dass ein Versicherungsfall in Form eines Einbruchdiebstahls vorliegt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten war das Wohnhaus A. …6 zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls noch Versicherungsort gemäß § 10 Nr. 1 VHB 2000.

Durch den unstreitigen Umzug des Klägers in dieses Haus ging gemäß § 11 Nr. 1 VHB 2000 der Versicherungsschutz auf diese neue Wohnung über.

Das Wohnhaus blieb in der Folgezeit auch weiterhin Versicherungsort. Die Inhaftierung des Klägers steht dem nicht entgegen. Eine Inhaftierung ist kein Wohnungswechsel und ein Haftraum ist keine „neue Wohnung“ i. S. d. § 11 Nr. 1 VHB 2000 (s. Jula in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 11 Wohnungswechsel, Rn. 7).

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteil vom 11. November 2015 – IV ZR 426/14 -, Rn. 10).

Nach dieser Maßgabe sieht ein durchschnittlicher, um ein Verständnis der Klausel bemühter Versicherungsnehmer einen Haftraum nicht als Wohnung an. Eine Gleichsetzung ist schon mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht vereinbar. Niemand wird bei einer Inhaftierung (ohne Ironie) davon sprechen, dass der Inhaftierte einen Wohnungswechsel vorgenommen und eine neue Wohnung bezogen habe.

Auch der Kontext der Regelung bietet keinen Anlass für ein von dem Wortlaut abweichendes Verständnis. Wenn der Versicherungsnehmer – wie hier – die bisher genannte Wohnung beibehält, soll gemäß § 11 Nr. 1 Satz 2 VHB 2000 nur ein Wohnungswechsel vorliegen, wenn die neue Wohnung in derselben Weise wie die bisherige genutzt wird. Auch dies ist bei einem Haftraum ersichtlich von vornherein nicht der Fall. Unter anderem darf der Versicherungsnehmer nur in ganz geringem Umfang Hausratgegenstände in den Haftraum mitnehmen.

Darüber hinaus legt § 11 Nr. 5 VHB 2000 nahe, dass dann, wenn bei einer Ehewohnung ein Ehegatte in der Ehewohnung zurückbleibt, nur im Falle einer Trennung der Ehegatten der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung des ausgezogenen Versicherungsnehmers übergehen soll. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer geht im Falle der Inhaftierung nicht von einer solchen „Trennung“ der Ehegatten aus. Auch im Gesamtkontext der Regelungen zum Wohnungswechsel wird ein Versicherungsnehmer nicht annehmen, dass er im Falle seiner Inhaftierung den Versicherungsschutz für die beibehaltene Ehewohnung verliert.

II.

Hinsichtlich des Einbruchdiebstahls hat der Senat jedoch aus verschiedenen Gründen Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es insoweit aber nicht. Ob ein Einbruchdiebstahl vorliegt, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben.

Denn jedenfalls ist die Beklagte wegen einer vorsätzlichen willentlichen Gefahrerhöhung durch den Kläger von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden (§§ 23 Abs. 1, 26 VVG).

1. Gemäß § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Diese Verpflichtung hat der Kläger verletzt.

a) Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt voraus, dass der neue Zustand erhöhter Gefahr mindestens von einer solchen Dauer ist, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenablaufs bilden kann, und so den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern geeignet ist (BGH, Urteil vom 10. September 2014 – IV ZR 322/13, Rn. 17, mwN). Es ist daher erforderlich, dass die Gefahrerhöhung einen gewissen Dauerzustand erreicht (BGH, aaO).

Für eine willentliche Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG muss der Versicherungsnehmer Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände haben, während insoweit eine Kenntnis des gefahrerhöhenden Charakters oder gar eine zutreffende rechtliche Einordnung nicht erforderlich ist (BGH, aaO, Rn. 7).

b) Nach dieser Maßgabe ist von einer willentlichen Gefahrerhöhung auszugehen. Die – unstreitige – Aufnahme einer Drogenproduktion in der versicherten Wohnung zum Zweck des gemeinschaftlichen Drogenhandels erhöhte die Gefahr eines Einbruchdiebstahls erheblich. Die hergestellten Drogen waren von beträchtlichem Wert. Der Kläger erhielt nach den Feststellungen im Strafurteil für 1 Gramm Methamfetamin 35 €, der Weiterverkauf erfolgte zu 110 € (Bl. 381 d. A.). Der Kläger hatte eine große Menge – insgesamt ca. 4.500 g – hergestellt (Bl. 387 d. A.). Für Mittäter, Abnehmer und andere Personen aus dem Milieu, die von der im großen Stil durchgeführten Drogenproduktion Kenntnis erlangen konnten, ergab sich ein erheblicher Anreiz für einen Einbruchdiebstahl. Diese Personen konnten vermuten, dass sich – wie es tatsächlich unstreitig auch noch zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls der Fall war – Drogen in solcher Menge in dem Haus befinden, dass ein Wohnungseinbruch sehr lohnend erscheint. Darüber hinaus lag für diese Personen auch nahe, dass sich aus den mit dem Drogenhandel erzielten Einnahmen noch Bargeld in erhebliche Höhe im Haus befinden könnte, weil bei solchen Drogengeldern in der Regel Bareinzahlungen bei einer Bank vermieden werden.

Der von dem Kläger geschaffene Zustand erhöhter Gefahr war von ausreichender Dauer. Die Gefahrerhöhung ging über den Zeitraum der jeweiligen Drogenherstellung hinaus. Denn für Mitwisser aus dem kriminellen Milieu ergab sich hierdurch fortdauernd ein ganz erheblicher Anreiz, in das Haus einzubrechen und nach produzierten Drogen und auch Drogengeldern zu suchen. Dies gilt gerade auch noch für die Zeit der Inhaftierung des Klägers, in der die Täter nicht befürchten mussten, in dem Wohnhaus auf den Kläger zu treffen, und nur mit dessen Ehefrau zu rechnen war. Dass bei einem solchen Wohnungseinbruch auch andere Wertgegenstände entwendet werden würden, lag auf der Hand.

Die gefahrerhöhende Aufnahme der Drogenherstellung in der versicherten Wohnung ist auch erst nach dem Abschluss des Versicherungsvertrages erfolgt, wie sich dem vorliegenden Strafurteil entnehmen lässt. Daraus ergibt sich, dass der Kläger im Jahr 2008 und erneut im Jahr 2010 in seinem Labor Drogen herstellte und verkaufte (Bl. 380 d. A.). Dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2005 in seiner Wohnung Drogen herstellte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Es handelt sich auch nicht nur um eine unerhebliche Gefahrerhöhung i. S. d. § 27 VVG. Wie ausgeführt, erhöhte sich die Gefahr eines Wohnungseinbruchs beträchtlich. Auch liegt es auf der Hand, dass nicht nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass diese Gefahrerhöhung mitversichert sein sollte. Es bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte Gefahrerhöhungen, die mit der Aufnahme einer Drogenproduktion am Versicherungsort einhergehen, nicht mitversichern wollte. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte bei Vertragsschluss nicht danach gefragt hat, ob eine solche Straftat am Versicherungsort beabsichtigt ist. Zwar kann diskutiert werden, ob grundsätzlich nur solche Umstände als gefahrerheblich i. S. d. § 23 VVG angesehen werden können, nach denen der Versicherer bereits im Antragsformular gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VVG gefragt hat (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 23 Rn. 13). Die fehlende Frage im Antragsformular steht aber jedenfalls dann der Bewertung eines nach Vertragsschluss eingetretenen Umstands als gefahrerheblich nicht entgegen, wenn der Versicherer auf die Abwesenheit bestimmter Umstände vertrauen durfte (aaO). Dies gilt insbesondere bei der Herbeiführung eines eindeutig gesetz- oder verkehrswidrigen Zustands (aaO), wie es hier der Fall war.

Die Aufnahme der Drogenproduktion ist vorsätzlich erfolgt. Ob der Kläger darüber hinaus auch Kenntnis davon hatte, dass nach seiner Inhaftierung die im Haus vorhandenen Drogen nicht vernichtet, sondern zum Zeitpunkt des Einbruchdiebstahls noch vorhanden waren, ist insoweit ohne Belang. Denn bereits die Drogenproduktion als solche hat – wie ausgeführt – zu einer fortwährenden Gefahrerhöhung geführt.

2. Der Kläger hat die Verpflichtung aus § 23 Abs. 1 VVG auch vorsätzlich verletzt.

a) Lediglich in den Fällen der vorsätzlichen Verletzung der Verpflichtung aus § 23 Abs. 1 VVG ist der Versicherer vollständig von der Leistung frei, wobei ihn für das Vorliegen von Vorsatz die Beweislast trifft (BGH, Urteil vom 10. September 2014 – IV ZR 322/13 –, Rn. 12). Die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände i. S. von § 23 Abs. 1 VVG kann nicht mit der Schuldform des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG gleichgesetzt werden (aaO, Rn. 12). An einem vorsätzlichen Verhalten kann es etwa fehlen, wenn dem Versicherungsnehmer Beurteilungsfehler im Hinblick auf den gefahrerhöhenden Charakter der in Frage stehenden Umstände oder der Relevanz der Gefahrerhöhung i. S. von § 27 VVG unterlaufen sind, wenn er irrig davon ausging, dass die erhöhte Gefahrenlage durch andere Maßnahmen kompensiert wird, auf das Urteil eines Sachverständigen über das Fehlen einer Gefahrerhöhung vertraut hat oder irrig eine Einwilligung des Versicherers in die Gefahrerhöhung annahm (aaO, Rn. 12).

Im Falle des § 23 Abs. 1 VVG wird allerdings vielfach Vorsatz des Versicherungsnehmers i. S. von § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG zu bejahen sein, da bereits die subjektive Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG eine Kenntnis des Versicherungsnehmers von den risikorelevanten Umständen voraussetzt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird hieraus zumindest auch bedingt vorsätzlich auf eine Gefahrerhöhung schließen. Es genügt, wenn der Versicherungsnehmer realisiert, dass sich durch sein Handeln oder Unterlassen die tatsächlichen Umstände so geändert haben, dass der Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher wird (aaO, Rn. 11).

b) Nach dieser Maßgabe ist im vorliegenden Fall von einer vorsätzlichen Pflichtverletzung auszugehen. Es liegt auf der Hand, dass mit der Aufnahme einer Drogenproduktion die Gefahr einhergeht, dass Mitwisser aus dem kriminellen Milieu in das betroffene Haus einbrechen, um sich produzierter Drogen zu bemächtigen, und dabei auch andere Gegenstände entwenden. Der Kläger kann auch nicht angenommen haben, dass dieses mit dem strafbaren Betäubungsmittelhandel einhergehende Risiko von der Hausratversicherung umfasst ist.

3. Die Beklagte bleibt auch nicht gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG zur Leistung verpflichtet. Die gesetzliche Kausalitätsvermutung hat der Kläger nicht widerlegt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vorgenommene Gefahrerhöhung für den Versicherungsfall nicht ursächlich war, d. h. der Einbruchdiebstahl nicht auf die in dem Haus vorgenommene Drogenproduktion zurückzuführen ist. Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Einbruch von Tätern begangen wurde, die aufgrund der vorangegangenen Drogenproduktion des Klägers auf der Suche nach Methamfetamin oder Drogengeldern waren. Im Gegenteil legt das Spurenbild nahe, dass die Täter nicht nur nach den entwendeten Wertsachen, die relativ einfach aufzufinden gewesen sein dürften, gesucht haben, sondern auf der Suche nach dem vorhandenen Drogenversteck waren. So sind im Labor die Verkleidungen von dem Fußboden sowie den Wandschränken „komplett abgerissen“ worden (s. polizeilicher Tatortbefundbericht nebst Lichtbildern, Bl. 13, 45 f. der beigezogenen Ermittlungsakten). Ein solches Vorgehen entspricht nach der Erfahrung des Senats, der aufgrund seiner Spezialzuständigkeit ständig mit derartigen Versicherungsfällen befasst ist, nicht dem üblichen Bild eines Wohnungseinbruchdiebstahls. Vielmehr deuten die besonders auffälligen Schäden im Labor darauf hin, dass die Täter gerade nach den dort hergestellten Drogen suchten und diese – zu Recht – in einem nicht direkt zugänglichen Versteck vermuteten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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