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Prämien aus Versicherungsvertrag – Verjährung des Rückgewähranspruchs

OLG Dresden – Az.: 4 U 888/18 – Beschluss vom 21.08.2018

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von 4 Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.10.2018 wird aufgehoben.

4. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert auf bis zu 8.000,00 EUR festzusetzen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Rückerstattung von Prämien sowie gezogene Nutzungen und hilfsweise Auskunft aus einer mit der Beklagten abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung. Sie beauftragte im Oktober 1999 einen Makler mit der Vermittlung des Vertrages. Mit der Beklagten kam zum 01.12.1999 eine Kapital-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz nach dem Policenmodell zustande (K 1). Die Klägerin zahlte 7.435,72 EUR an Prämien und erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.07.2008 (Anl. B 3) den Widerspruch, vorsorglich die Anfechtung und hilfsweise die Kündigung des Vertrages. Die Beklagte wies Widerspruch und Anfechtung zurück und akzeptierte die Kündigung. Sie rechnete den Vertrag ab und zahlte einen Rückkaufswert von 3.416,18 EUR aus. Die Klägerin trat ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die p… AG am 19.04.2010 ab, die die Ansprüche am 28.11.2016 zurück abtrat (Anl. K 9). Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2017 erklärte die Klägerin erneut den Widerspruch (Anl. K 7).

Die Klägerin meint, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft und die Beklagte habe die Prämien und die gezogenen Nutzungen zurückzuzahlen. Der Anspruch sei nicht verjährt. Dies gelte auch für den hilfsweise geltend gemachten Auskunftsanspruch. Die Beklagte tritt dem entgegen und beruft sich auf Verjährung und Verwirkung der Ansprüche. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.05.2018 wegen Verjährung abgewiesen. Die Klägerin meint, die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung sei treuwidrig, nachdem sie sich im Jahr 2008 darauf berufen habe, dass ihre Belehrung korrekt sei und nunmehr mit der Geltendmachung der Wirksamkeit der Widerspruchserklärung das Gegenteil für sich in Anspruch nehme. Dies sei ein widersprüchliches Verhalten. Im Übrigen sei die Revision zuzulassen und die Sache wegen der Europarechtswidrigkeit des Policenmodelles sowie der Frage, ob der Zahlungsanspruch wegen widersprüchlichen Verhaltens bei jahrelanger Vertragsdurchführung nach § 242 BGB versagt werden könne, dem EuGH vorzulegen.

II.

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage wegen Verjährung abgewiesen.

1.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung der Prämien sowie der gezogenen Nutzungen aus § 812 BGB zu.

Der Widerspruch der Klägerin vom 17.07.2008 war zwar wirksam, weil die Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. wegen des fehlenden Hinweises auf die Schriftform des Widerspruches fehlerhaft war (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 23.03.2016 – IV ZR 329/15). Das Landgericht hat jedoch mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Anspruch gemäß §§ 195, 199 BGB mit Ablauf des Jahres 2011 verjährt ist.

Der auf die Rückgewähr der Prämien gerichtete Bereicherungsanspruch entstand mit der Ausübung des Widerspruchsrechtes am 17.07.2008 (vgl. BGH, Urt. v. 08.04.2015 – IV ZR 103/15). Dies gilt ebenfalls für den Anspruch auf die gezogenen Nutzungen. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht werden. Die dreijährige Verjährungsfrist begann mit dem Ende des Jahres 2008 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2011. Die Klageerhebung im Oktober 2017 war – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – zu spät.

Der Beginn der Verjährungsfrist für den Rückabwicklungsanspruch nach dem Widerspruch war nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage hinausgeschoben (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2018 – IV ZR 385/16). Für eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung genügt es nicht, dass über die Richtlinienkonformität des § 5a VVG in der Fassung vom 21.07.1994 ein Meinungsstreit bestand, über den der Bundesgerichtshof im Jahr 2010 noch nicht abschließend entschieden hatte (so BGH a.a.O.). Die Rechtslage ist dann nicht unsicher und zweifelhaft, wenn eine Rechtsfrage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist (so BGH a.a.O.). Bei einer solchen Konstellation ist dem Gläubiger die Erhebung einer Klage jedenfalls dann nicht unzumutbar, wenn er gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruches auszugehen (so BGH a.a.O.). Nachdem die Klägerin durch ihren Widerspruch vom 17.07.2008 zu erkennen gegeben hat, dass sie von einem fortbestehenden Lösungsrecht und einem Rückerstattungsanspruch ausging, war es ihr hiernach trotz des bestehenden Meinungsstreites nicht unzumutbar, Klage zu erheben.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, sie habe erst am 07.03.2017 erstmals Widerspruch erhoben. Gründe, weshalb der von ihrem damaligen Rechtsanwalt erhobene Widerspruch vom 17.07.2008 nicht wirksam gewesen sein solle, trägt sie nicht vor. Insbesondere war sie zu diesem Zeitpunkt zur Geltendmachung des Widerspruchsrechtes auch aktivlegitimiert, denn sie hat ihre Ansprüche erst am 19.04.2010 abgetreten.

Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung ist auch nicht treuwidrig. Der Arglisteinwand kann der Einrede der Verjährung entgegengesetzt werden, wenn der Schuldner den Gläubiger absichtlich von der Erhebung der Klage abgehalten hat oder durch sein Verhalten bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.11.2013 – IX ZR 215/12). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat die Klägerin nicht absichtlich von einer Klageerhebung abgehalten. Dazu reicht es nicht aus, dass die Beklagte die Auffassung vertreten hat, ihre Belehrung sei ordnungsgemäß. Es kann der Beklagten nicht verwehrt werden, einen Rechtsstandpunkt einzunehmen und ihn gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Sie handelt auch nicht deshalb treuwidrig, weil sie sich im vorliegenden Verfahren mit der Einrede der Verjährung verteidigt und nunmehr -konkludent- die Auffassung vertritt, der am 17.07.2008 erhobene Widerspruch sei wirksam. Die Rechtsordnung lässt grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zu; eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern (vgl. Grüneberg in Palandt, 77. Aufl., 2018, § 242 Rn. 55). Missbräuchliches widersprüchliches Verhalten liegt nur dann vor, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist, oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Grüneberg a.a.O.). Dies ist hier aber nicht der Fall.

2.

Zutreffend hat das Landgericht auch den hilfsweise geltend gemachten Auskunftsanspruch als verjährt angesehen. Der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes mit der Beendigung des Vertrages durch die Kündigung am 17.07.2008 entstanden. Er verjährt gemäß § 195 BGB binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann. Fällig wurde der Anspruch auf Rückvergütung mit der Abrechnung der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2010 – IV ZR 208/09). Die Klägerin hätte bereits auf der Grundlage der Abrechnung im Jahre 2008 eventuelle weitergehende Ansprüche zumindest im Wege der Stufenklage verfolgen können (BGH a.a.O.). Die Verjährungsfrist begann mit Ablauf des Jahres 2008 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2011. Die Klageerhebung im Oktober 2017 war verspätet.

3.

Weder die Zulassung der Revision noch die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sind veranlasst. Es kommt weder auf die Europarechtswidrigkeit des Policenmodells noch auf die Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschriften an.

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