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Haftpflichtversicherung – Leistungsfreiheit wegen arglistigen Verhaltens des Versicherungsnehmers

Haftpflichtversicherung: Leistungsfreiheit bei arglistigem Verhalten

Im vorliegenden Fall wurde der Versicherungsnehmer aufgrund arglistigen Verhaltens von der Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen, nachdem er trotz eines Unfalls und der daraus resultierenden Schadensersatzforderung seine Aufklärungspflichten vorsätzlich verletzt hatte. Das Landgericht Saarbrücken bestätigte die Leistungsfreiheit der Versicherung und wies die Berufung des Beklagten zurück, da er den Versicherer durch die Reparatur seines Fahrzeugs vor einem Sachverständigentermin bewusst über die Umstände des Unfalls im Unklaren gelassen hatte.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das LG Saarbrücken bestätigte die Leistungsfreiheit der Haftpflichtversicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer aufgrund dessen arglistigen Verhaltens nach einem Unfall.
  • Der Versicherungsnehmer hatte seine Aufklärungspflichten vorsätzlich verletzt, indem er sein Fahrzeug vor der Überprüfung durch einen Sachverständigen reparieren ließ und damit die Schadensregulierung beeinflusste.
  • Arglist liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung beeinflussen kann, ohne dass eine Bereicherungsabsicht erforderlich ist.
  • Der Versicherungsnehmer vereitelte bewusst und gewollt den Beweis einer Unfallbeteiligung seines Fahrzeugs durch die Reparatur, was als arglistig eingestuft wurde.
  • Eine Belehrung über die Leistungsfreiheit war aufgrund des arglistigen Verhaltens nicht erforderlich.
  • Das Urteil bestätigt die Wichtigkeit der Aufklärungspflichten des Versicherungsnehmers und setzt klare Grenzen bezüglich der Folgen von deren vorsätzlicher Verletzung.

Haftpflichtversicherung und arglistiges Verhalten

Bei einer Haftpflichtversicherung geht es darum, dass der Versicherungsnehmer im Fall eines Schadens, den er zu verantworten hat, finanziell abgesichert ist. Der Versicherer übernimmt die Kosten für die Regulierung berechtigter Ansprüche. Allerdings gibt es Fälle, in denen der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit wird.

Eine Leistungsfreiheit kann eintreten, wenn der Versicherungsnehmer arglistig handelt. Darunter versteht man ein Verhalten, das in der Absicht erfolgt, die Interessen des Versicherers zu beeinträchtigen. Ob Arglist vorliegt, hängt vom Einzelfall ab und wird von Gerichten überprüft. Ein solches Fehlverhalten kann für den Versicherungsnehmer erhebliche finanzielle Konsequenzen haben, da er die Schadenskosten selbst tragen muss.

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➜ Der Fall im Detail


Haftpflichtversicherung: Leistungsfreiheit bei Arglist

Der Fall dreht sich um die Haftpflichtversicherung eines Versicherungsnehmers und dessen vorsätzliche Verletzung von Aufklärungspflichten nach einem Unfall.

Verkehrsunfall Haftpflichtversicherung arglistiges Verhalten0
(Symbolfoto: William A. Morgan /Shutterstock.com)

Dabei geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen der Versicherer leistungsfrei wird und den Schaden nicht regulieren muss. Der Versicherungsnehmer wurde von einem Dritten beschuldigt, an einem Schadensereignis beteiligt gewesen zu sein. Er ließ jedoch sein Fahrzeug reparieren, bevor ein Sachverständiger es untersuchen konnte, was die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwerte.

Der Unfall und die rechtliche Auseinandersetzung

Am 07.10.2011 ereignete sich ein Unfall, der zu einem Streit zwischen der Klägerin (dem Versicherer) und dem Beklagten (dem Versicherungsnehmer) führte. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, den Schaden in Höhe von 2.160,55 € zu begleichen, da er seine Aufklärungspflichten verletzt habe. Der Beklagte bestritt zunächst seine Beteiligung am Unfall, stimmte dann aber einem Termin zur Überprüfung seines Fahrzeugs durch einen Sachverständigen zu. Kurz vor diesem Termin ließ er jedoch sein Fahrzeug reparieren, wodurch die Unfallbeteiligung nicht mehr eindeutig geklärt werden konnte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Berufung des Beklagten zurück. Es erkannte auf eine vorsätzliche Verletzung von Aufklärungspflichten und stufte das Verhalten des Beklagten als arglistig ein. Der Beklagte war sich bewusst, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung beeinflussen konnte, was laut Gericht ausreicht, um Arglist anzunehmen. Eine Bereicherungsabsicht ist dafür nicht erforderlich. Durch die Reparatur seines Fahrzeugs hat der Beklagte außerdem bewusst den Beweis der Unfallbeteiligung vereitelt.

Konsequenzen und Bedeutung

Die Klägerin ist demnach im Innenverhältnis nicht verpflichtet, den Schaden zu regulieren, und kann vom Beklagten Regress in Höhe von 2.160,55 € fordern. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der Aufklärungspflichten des Versicherungsnehmers und die Konsequenzen bei deren Verletzung. Es zeigt, dass der Versicherer leistungsfrei wird, wenn der Versicherungsnehmer arglistig handelt und seine Pflichten verletzt.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter arglistigem Verhalten eines Versicherungsnehmers?

Arglistiges Verhalten eines Versicherungsnehmers liegt vor, wenn er den Versicherer vorsätzlich über gefahrerhebliche Umstände täuscht, um ihn zum Vertragsabschluss zu bewegen oder die Regulierung eines Schadens zu beeinflussen. Beispiele sind das bewusste Verschweigen von schweren, chronischen oder immer wieder auftretenden Erkrankungen bei Vertragsabschluss oder das Verschweigen erheblicher Vorerkrankungen, die zu Einschränkungen im Alltag führen.

Für die Annahme von Arglist muss der Versicherungsnehmer in dem Bewusstsein handeln, auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen. Es reicht nicht aus, wenn er nur leichtere Erkrankungen verschweigt, die er nachvollziehbar als unerheblich ansieht. Entscheidend ist, dass er gezielt täuscht, um sich Vorteile zu verschaffen.

Kann der Versicherer ein arglistiges Verhalten nachweisen, hat dies schwerwiegende Folgen: Er kann den Vertrag anfechten, so dass dieser rückwirkend als von Anfang an nichtig gilt. Der Versicherer muss dann keine Leistung erbringen, darf aber die Prämien behalten. Dies gilt selbst dann, wenn der verschwiegene Umstand nicht ursächlich für den Versicherungsfall war.

Die Beweislast für die Arglist trägt der Versicherer. Gelingt ihm der Nachweis nicht, bleibt der Vertrag bestehen. Der Versicherer kann dann nur bei grober Fahrlässigkeit noch Rechte geltend machen, muss aber bei leichter Fahrlässigkeit weiterhin leisten.

Wie wirkt sich die vorsätzliche Verletzung von Aufklärungspflichten auf den Versicherungsschutz aus?

Die vorsätzliche Verletzung von Aufklärungspflichten durch den Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Versicherungsfalls kann schwerwiegende Folgen für den Versicherungsschutz haben:

Grundsätzlich ist der Versicherungsnehmer nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) verpflichtet, dem Versicherer nach Eintritt eines Schadens wahrheitsgemäß und vollständig alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich sind. Dazu gehört insbesondere auch, sich nach einem Unfall für eine polizeilich angeordnete Blutprobe bereitzuhalten, um eine genaue Bestimmung des Blutalkoholgehalts zu ermöglichen.

Verletzt der Versicherungsnehmer diese Aufklärungspflichten vorsätzlich, führt dies in der Regel zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers. Der Versicherer muss dann für den konkreten Schadensfall nicht zahlen. Dies gilt selbst dann, wenn die verschwiegene Information nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls war.

Eine besonders schwerwiegende Verletzung der Aufklärungspflicht, die zur kompletten Leistungsfreiheit führt, liegt beispielsweise vor, wenn sich der Versicherungsnehmer nach einem Unfall unerlaubt vom Unfallort entfernt (Fahrerflucht). Auch die Vortäuschung eines Versicherungsfalls oder die Verwendung falscher Beweismittel stellen eine solch gravierende Obliegenheitsverletzung dar.

Bei einer grob fahrlässigen Verletzung kann der Versicherer seine Leistung zumindest entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen. Nur wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass er die Aufklärungspflicht nicht grob fahrlässig verletzt hat, bleibt der volle Versicherungsschutz bestehen.

In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist die Leistungsfreiheit bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen in der Regel auf einen Betrag von 2.500 bis 5.000 Euro pro Versicherungsfall begrenzt. Bei besonders schwerwiegenden vorsätzlichen Verstößen wie einer Unfallflucht kann sich der Betrag aber auch verdoppeln.

Was bedeutet Leistungsfreiheit in der Haftpflichtversicherung?

In der Haftpflichtversicherung bedeutet Leistungsfreiheit, dass der Versicherer in bestimmten Fällen von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Versicherungsleistung befreit ist, obwohl an sich ein versicherter Haftpflichtschaden vorliegt. Der Versicherungsnehmer verliert dann seinen Versicherungsschutz ganz oder teilweise.

Die wichtigsten Gründe für eine Leistungsfreiheit des Haftpflichtversicherers sind:

Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls: Hat der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich verursacht, muss der Versicherer nicht leisten. Dabei muss sich der Vorsatz nicht nur auf das Schadenereignis selbst, sondern auch auf die Schadenfolgen beziehen. Eventualvorsatz (dolus eventualis) reicht aus.

Verletzung von vertraglichen Obliegenheiten: Verstößt der Versicherungsnehmer schuldhaft gegen Pflichten aus dem Versicherungsvertrag (sog. Obliegenheiten) und besteht ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Schaden, kann dies zur vollständigen Leistungsfreiheit führen. Beispiele sind falsche Angaben bei Vertragsschluss, Gefahrerhöhungen oder verspätete Schadensmeldungen.

Alkohol am Steuer: Bei alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit kann der Kfz-Haftpflichtversicherer seine Leistung um 100% kürzen. Auch Unfallflucht in Kombination mit Trunkenheit führt regelmäßig zur kompletten Leistungsfreiheit.

Der Versicherer trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen seiner Leistungsfreiheit. Bei grob fahrlässigem Verhalten des Versicherungsnehmers kann der Versicherer seine Leistung in der Haftpflichtversicherung – anders als in anderen Sparten – nicht vollständig verweigern, sondern nur anteilig kürzen.

Inwiefern spielt die Bereicherungsabsicht eine Rolle bei der Bewertung von arglistigem Verhalten?

Die Bereicherungsabsicht spielt bei der Bewertung von arglistigem Verhalten des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer keine entscheidende Rolle:

Für die Annahme von Arglist ist es nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer in der Absicht handelt, sich selbst oder einen Dritten zu bereichern. Es muss keine Bereicherung angestrebt werden.

Vielmehr reicht es für arglistiges Verhalten aus, wenn der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt. Dies kann beispielsweise das Bestreben sein, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Ansprüchen auszuräumen oder die Regulierungsentscheidung des Versicherers zu beeinflussen.

Der Versicherungsnehmer muss also lediglich in dem Bewusstsein handeln, durch Vorspiegelung falscher oder Verschweigen wahrer Tatsachen und einen entsprechenden Irrtum des Versicherers auf dessen Entscheidung Einfluss nehmen zu wollen. Eine Schädigungsabsicht ist ebenfalls nicht erforderlich.

Entscheidend für die Bewertung als Arglist ist somit allein, dass der Versicherungsnehmer wider besseres Wissen falsche Angaben macht und zumindest billigend in Kauf nimmt, dadurch die Regulierung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Auf eine Bereicherungsabsicht kommt es nicht an.

Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Versicherer. Indizien können beispielsweise sein, wenn der Versicherungsnehmer gegenüber Dritten wie der Polizei zunächst korrekte Angaben macht und diese später gegenüber dem Versicherer abändert. Auch hartnäckiges Festhalten an einer falschen Darstellung trotz Zweifeln des Versicherers kann ein Anzeichen für Arglist sein.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 28 Abs. 2 und 4 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Regelt die teilweise oder vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung von Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten durch den Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles. Erläuterung: Im Kontext des Textes ist dies zentral, da die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen arglistigen Verhaltens des Versicherungsnehmers thematisiert wird.
  • § 426 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Bestimmt die Rechtsfolgen der Gesamtschuldnerschaft, hier speziell die internen Ausgleichsansprüche zwischen den Gesamtschuldnern. Erläuterung: Relevant für die Regelung der finanziellen Ansprüche zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bei gemeinschaftlich verursachten Schäden.
  • § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG: Regelung zur Direktanspruchsmöglichkeit gegen den Haftpflichtversicherer und interne Ausgleichspflichten. Erläuterung: Wichtig, da es um die Verpflichtungen des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer und Dritten im Haftungsfall geht.
  • § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Zivilprozessordnung): Bestimmt die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Erstgericht festgestellten Tatsachen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung bestehen. Erläuterung: Im Text erwähnt, um die Berufungsgründe des Beklagten und deren Bewertung zu erläutern.
  • §§ 280 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB: Regelungen zu Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sowie Verzugszinsen. Erläuterung: Grundlage für den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz und Zinsen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Beklagten.
  • §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 513, 517, 519, 520 ZPO: Umfassen die Voraussetzungen und das Verfahren für die Einlegung einer Berufung in Zivilsachen. Erläuterung: Relevant für den Verfahrensablauf des Berufungsverfahrens, in dem der Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil vorgeht.
  • Prölss/Martin, VVG-Kommentar zu § 28 VVG: Standardkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, der für die Auslegung von § 28 VVG herangezogen wird. Erläuterung: Bietet tiefergehende Erläuterungen zur Anwendung von § 28 VVG, insbesondere zur Leistungsfreiheit des Versicherers bei Obliegenheitsverletzungen.


Das vorliegende Urteil

LG Saarbrücken – Az.: 14 S 22/14 – Urteil vom 16.12.2014

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 06.06.2014 – 13 C 389/13 (10) – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.160,55 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Haftpflichtversicherer im Wege des Regresses aufgrund Leistungsfreiheit wegen Nichtzahlung der Erstprämie sowie wegen vorsätzlicher Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten nach Eintritt eines Versicherungsfalls vom 07.10.2011 auf Zahlung von 2.160,55 € in Anspruch. Wegen des Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.160,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2012 zu zahlen.

Der Beklagte hat auf Klageabweisung angetragen.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er den Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags.

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen, die keinen Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, rechtfertigen im Ergebnis keine hiervon abweichende Entscheidung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 2.160,55 € gemäß § 426 Abs. 1 BGB.

Die Parteien hafteten im Außenverhältnis als Gesamtschuldner für den durch den Unfall vom 07.10.2011 verursachten Schaden in Höhe von 2.160,55 €.

Im Verhältnis der Gesamtschuldner nach § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG zueinander ist der Versicherer allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Soweit eine solche Verpflichtung nicht besteht, ist in ihrem Verhältnis zueinander der Versicherungsnehmer allein verpflichtet. Der Versicherer kann Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen werden, denen das Berufungsvorbringen nicht entgegensteht.

Die Klägerin ist im Innenverhältnis der Gesamtschuldner nicht allein verpflichtet, weil sie dem Beklagten gegenüber leistungsfrei geworden ist.

Das Amtsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass eine vorsätzliche Verletzung einer Obliegenheit vorliegt. Das allein rechtfertigt allerdings noch die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers. Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 28 Abs. 2 VVG hat bei der Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat (§ 28 Abs. 4 VVG). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen, so dass die Entscheidung des Amtsgerichts nicht allein auf eine vorsätzliche Verletzung einer Obliegenheit gestützt werden durfte.

Die Entscheidung erweist sich allerdings im Ergebnis als zutreffend. Das Belehrungserfordernis entfällt nämlich bei arglistigem Verhalten des Versicherungsnehmers (vgl. Kammerurteil vom 06.09.2011 14 S 2/11 VersR 2012, 98; Prölss/Martin, VVG, § 28 Rn 152).

Arglist verlangt neben der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung ein Verhalten, das einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt. Dabei wird keine Bereicherungsabsicht vorausgesetzt. Arglistig handelt der Versicherungsnehmer bereits dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 04.05.2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968; Kammerurteil aaO).

Es liegen ausreichend Umstände dafür vor, dass sich der Beklagte bewusst war, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen konnte. Der Beklagte wusste nicht nur, dass von einem Dritten gegenüber der Klägerin ein Schadensereignis behauptet wurde, das ihn zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtete, sondern auch, dass durch die Reparatur seines Fahrzeugs eine Feststellung zu dem eingetretenen Schaden wesentlich erschwert werden konnte. Die Pflicht die Fragen des Versicherers zu beantworten soll dem Versicherer alle erforderlichen Feststellungen ermöglichen, um seine Eintrittspflicht zu überprüfen. Es kommt auf alles an, was zur Aufklärung des Tatbestandes oder zur Minderung des Schadens dienlich sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.1999 – IV ZR 71/99, VersR 2000, 222). Dazu gehören selbst bei eindeutiger Haftungslage insbesondere Feststellungen zur Person des Fahrers und der beteiligten Fahrzeuge am Unfallort (vgl. OLG Celle, Urteil vom 19.11.2009 – 8 U 79/09, Schaden-Praxis 2010, 118). Der Zustand der beteiligten Fahrzeuge nach einem Schadensereignis ist im Hinblick auf die Frage der Schadensverursachung und das Ausmaß des Schadens von erheblicher Bedeutung. Nachdem mit dem Beklagten, weil er eine Beteiligung am Unfall bestritten hatte, allein aus diesem Grund ein Termin zur Überprüfung seines Fahrzeugs durch einen Sachverständigen vereinbart worden war, hat der Beklagte in Kenntnis dieses Termins sein Fahrzeug reparieren lassen, was zur Folge hatte, dass der Sachverständigen keine verwertbaren Anhaltspunkte mehr finden konnte, um die Unfallbeteiligung des Fahrzeugs des Beklagten abzuklären. Dies war dem Beklagten bewusst, als er sein Fahrzeug reparieren ließ. Soweit er sich darauf beruft, er habe lediglich einen Altschaden beseitigen lassen, wozu er jederzeit berechtigt sei, dringt er damit nicht durch. Denn durch die Beseitigung eines angeblichen Altschadens hat er bewusst und gewollt den Beweis einer Unfallbeteiligung des Fahrzeugs vereitelt. Dieses Verhalten ist als arglistig einzustufen, denn der Beklagte hat vorsätzlich einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, wobei ihm bewusst war, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen konnte.

Eine Bereicherungsabsicht ist – wie oben dargestellt – nicht erforderlich. Einer Belehrung über die Leistungsfreiheit bedurfte es ebenfalls nicht. Gemäß Ziffer 6.3 AKB ist die Klägerin jedenfalls bis zu einem Betrag von 2.500 € leistungsfrei, so dass der Regressanspruch von 2.160,55 € in voller Höhe begründet ist.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Nach all dem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV.

Es bestand für die Kammer kein Anlass die Revision zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

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