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Haftpflichtversicherung – Leistungsausschluss bei Beschädigung eines fremden Fahrzeugs

AG Bremen – Az.: 18 C 107/11 – Urteil vom 18.10.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von 2.416,00 € an ihre Tochter.

Die Parteien verbindet ein Privathaftpflichtversicherungsvertrag, in welchem die Tochter der Klägerin, Frau A. C. H., mitversichert ist und denen die Besonderen Bedingungen der Privathaftpflichtversicherung zu Grunde liegen.

Die Tochter der Klägerin benutzte am 23.07.2010 das Fahrzeug ihres Kommilitonen M. S. mit dem amtlichen Kennzeichen XY, um damit bei einer nahe gelegenen Tankstelle Zigaretten zu kaufen. Sie stellte das Fahrzeug ab, zog die Handbremse an und ging einkaufen. Beim Einkaufen stellte sie sodann fest, dass sich das Fahrzeug selbständig bewegte und vom Parkplatz auf die Hauptstraße rollte. Es kam zum Zusammenstoß mit dem dort fahrenden Fahrzeug der Eheleute V. Die Kfz- Haftpflichtversicherung des Herrn S. regulierte den Schaden der Eheleute V. Das Fahrzeug des Herrn S. erlitt einen Totalschaden.

Mit Schreiben vom 11.11.2010 stellte der Geschädigte S. der Tochter der Klägerin seinen Schaden mit 2.416,00 € in Rechnung. Dabei rechnete er für das zerstörte Fahrzeug 850,00 €, für die Abmeldung des Fahrzeugs 20,00 € und für die Höherstufung in seiner Kfz- Haftpflichtversicherung 1.546,00 € ab.

Mit Schreiben vom 26.07.2010 wurde die Beklagte von der Klägerin über den Schaden informiert und um Deckungszusage gebeten. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 29.07.2010 und nach weiterer Korrespondenz mit Schreiben vom 14.09.2010 die Regulierung ab.

Die Klägerin behauptet, ihre Tochter sei zum Ausgleich des Schadens des Kommilitonen S. mit 2.416,00 € verpflichtet gewesen, da sie das Fahrzeug nicht ausreichend abgesichert, möglicherweise die Handbremse nicht ordnungsgemäß angezogen und den Gang nicht richtig eingelegt habe und damit fahrlässig gehandelt habe. Ein technischer Defekt am Fahrzeug sei ausgeschlossen gewesen.

Nachdem die Klägerin zunächst Zahlung an sich beantragt hatte, beantragt sie nach entsprechender Klageänderung nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an Frau A. C. H, die Tochter der Klägerin, einen Betrag in Höhe von 2.416,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Ausgleich und die Höhe des Schadens, insbesondere sei der Höherstufungsschaden zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Form und Höhe noch nicht entstanden und sei daher ein nicht zu ersetzender Vermögensschaden. Ferner liege kein fahrlässiges Fehlverhalten der Tochter der Klägerin vor, welches zu einer Ersatzpflicht gegenüber dem Geschädigten S. führe. Ungeachtet dessen sei die Beklagte nicht zum Ausgleich verpflichtet, da zwischen der Tochter der Klägerin und dem Kommilitonen S. ein Leihvertrag geschlossen worden sei, der zum Haftungsausschluss für die Beklagte gemäß § 4 Abs.1 AHB 1992 führe. Ferner greife der Haftungsausschluss gemäß Nr. 3.1 der Besonderen Bedingungen der Haftpflichtversicherung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist gemäß Nr. 3.1 der Besonderen Bedingungen der Privathaftpflichtversicherung (BesBed PHV) ausgeschlossen.

Die Voraussetzungen der Klausel liegen vor. Die Klausel nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht des Eigentümers, Halters oder Führers eines Kraftfahrzeuges wegen Schäden aus, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.

Für die Frage des Deckungsschutzes ist allein entscheidend, ob sich der Art nach ein Risiko der Privat- oder der Kfz- Haftpflichtversicherung verwirklicht hat (BGH, NJW 1992, 315 f.). Nach dem Sinn der sog. „Benzinklausel“ muss sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (BGH a.a.O.). So liegt es hier. Zu den Pflichten eines sorgfältigen Fahrzeugführers gehört es, das Fahrzeug beim Abstellen ausreichend gegen Wegrollen zu sichern. Geschieht dies nicht und setzt sich das Fahrzeug eigenständig in Bewegung und verursacht einen Schaden, so hat sich eine dem Fahrzeuggebrauch unmittelbar zuzurechnende Gefahr verwirklicht. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherte beim Schadenseintritt noch Führer des Kraftfahrzeuges ist (BGH, VersR 1977, 468 ff.).

Die Tochter der Klägerin hat das Fahrzeug des Kommilitonen S. geführt und nach eigenem Vortrag der Klägerin das Fahrzeug nicht ausreichend gegen Wegrollen gesichert, so dass es zum Unfall kam. Damit liegen die Voraussetzungen der Nr. 3.1 der BesBedPHV vor.

Zwar ist bei der Auslegung der Klausel mit zu berücksichtigen, ob bei ihrer Anwendung eine Deckungslücke entstünde, die ein verständiger Versicherungsnehmer bei gebotener Aufmerksamkeit und Überlegung nicht erwartet. Aus der Versagung des Versicherungsschutzes innerhalb der Kfz- Haftpflichtversicherung folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Schaden deswegen in den Bereich der Privathaftpflichtversicherung fällt, weil sonst eine Deckungslücke bestehen würde (BGH NJW 1992, 315 f.). Bei gebotener Aufmerksamkeit und Überlegung versteht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Wortlaut des Haftungsausschlusses dahin, dass entscheidend ist, ob es sich bei dem Schaden um die Verwirklichung eines Risikos handelt, dass der Kfz- Haftpflicht typischerweise zuzuordnen ist (BGH a.a.O.).

Ob der Schaden durch das Kraftfahrzeug oder daran eingetreten ist, ist unerheblich, da von dem Anwendungsbereich auch diejenigen Schäden, die Gegenstand einer besonderen Mitversicherung sein können, erfasst werden (LG Duisburg, VersR 2007, 56). Dies führt in der Konsequenz dazu, dass in vorliegenden Fällen der Führer eines fremden nicht ausreichend versicherten Fahrzeuges eine Versicherung für das gelegentliche Führen und Benutzen fremder versicherungspflichtiger Kraftfahrzeuge abschließen müsste, um gegen das hier verwirklichte Risiko abgesichert zu sein. Diese Konsequenz hat der BGH in seiner Entscheidung vom 18.12.1979 (VersR 1980, 426f.) ebenfalls erkannt und dennoch den Haftungsausschluss in der Privathaftpflichtversicherung angenommen.

Die Klage war mithin abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Nr.11, 711 ZPO.

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