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Geschäftsinhaltsversicherung – Leistungsfreiheit wegen widersprüchlicher Angaben

Ein Überfall auf eine Postfiliale wird zum Albtraum für eine Geschäftsinhaberin: Die Versicherung verweigert die Zahlung. Hat die Klägerin bei Vertragsabschluss wichtige Details verschwiegen und damit ihren Versicherungsschutz riskiert?

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Gießen
  • Datum: 08.11.2023
  • Aktenzeichen: 2 O 60/23
  • Verfahrensart: Zivilklage im Versicherungsrecht
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Betreiberin eines Papier- und Schreibwarenhandels, die zugleich eine Filiale der Deutschen Post (und bis September 2021 der Postbank) unterhält. Sie hat bei der Beklagten eine Geschäftsinhaltsversicherung abgeschlossen und verlangt aus dieser Versicherung nach einem behaupteten Überfall auf ihre Betriebsstätte eine Schadensregulierung.
    • Beklagte: Das Versicherungsunternehmen, das die Geschäftsinhaltsversicherung anbietet. Es bestreitet, die Versicherungsleistung zu erbringen, da der behauptete Schadensfall den vertraglich geregelten Versicherungsumfang vermutlich nicht erfüllt.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Geschäftsinhaltsversicherung abgeschlossen. Nach einem behaupteten Überfall auf die von ihr betriebene Post-/Postbankfiliale verlangt sie die Leistung aus dem Versicherungsvertrag. Der Versicherungsschein vom 12.04.2013 definiert den Versicherungsgegenstand und nennt u. a. Risiken wie Einbruchdiebstahl.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der behauptete Überfall als versicherter Schadensfall einzustufen ist und somit die Beklagte zur Leistung heranzuziehen ist.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Klage wird abgewiesen; die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
    • Folgen: Die Klägerin muss die festgesetzten Kosten übernehmen, und das Urteil bleibt vorläufig vollstreckbar, sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird.

Der Fall vor Gericht


Geschäftsinhaltsversicherung: Leistungsfreiheit wegen widersprüchlicher Angaben im Schadensfall

Geschäftsinhaber übergibt unterschriebene Dokumente an einen Versicherungsagenten in einer modernen Poststelle.
Leistungsfreiheit der Versicherung bei falschen Angaben | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landgericht Gießen (Az.: 2 O 60/23) hat am 08.11.2023 ein Urteil gefällt, das sich mit den Folgen widersprüchlicher Angaben im Zusammenhang mit einer Geschäftsinhaltsversicherung auseinandersetzt. Im Kern geht es um die Frage, ob ein Versicherungsunternehmen im Schadensfall von seiner Leistungspflicht befreit ist, wenn der Versicherungsnehmer falsche Angaben macht. Dieses Urteil ist besonders relevant für Unternehmer und kleine Geschäftsinhaber, die eine Absicherung für Unternehmen abgeschlossen haben und im Falle eines Schadens auf die Leistungen ihrer Versicherungspflicht angewiesen sind.

Der Fall: Überfall auf Postfiliale und die Folgen für den Versicherungsschutz

Die Klägerin betrieb in ihrem Geschäft in … einen Papier- und Schreibwarenhandel sowie eine Filiale der Deutschen Post, die bis September 2021 auch eine Postbankfiliale umfasste. Bei der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen, unterhielt sie eine Geschäftsinhaltsversicherung. Als Versicherungsgegenstand war im Versicherungsschein vom 12.04.2013 „Papier- und Schreibwarenhandel ohne Tabakwaren/Spirituosen“ angegeben, als versicherte Gefahren unter anderem „Einbruchdiebstahl“.

Nach einem angeblichen Überfall auf die Postfiliale forderte die Klägerin Leistungen aus ihrer Unternehmensversicherung. Die Versicherung lehnte die Zahlung jedoch ab. Daraufhin klagte die Klägerin auf Leistung aus dem Versicherungsvertrag.

Streitpunkt: Falsche Angaben und die Leistungsfreiheit der Versicherung

Der zentrale Streitpunkt des Verfahrens lag darin, ob die Klägerin gegenüber dem Versicherungsunternehmen falsche Angaben gemacht hatte, die zur Leistungsfreiheit der Versicherung führten. Konkret ging es darum, ob die Klägerin den Umfang ihrer Geschäftstätigkeit – insbesondere den Betrieb der Postbankfiliale – korrekt angegeben hatte und ob die Lagerung von Bargeld im Einklang mit den Versicherungsbedingungen stand.

Die Beklagte argumentierte, dass der Betrieb einer Postbankfiliale ein erhöhtes Risiko darstelle, das bei Vertragsabschluss hätte angegeben werden müssen. Zudem wies sie darauf hin, dass Bargeld grundsätzlich nicht versichert sei, es sei denn, dies sei gesondert vereinbart. Die Klägerin hingegen argumentierte, dass sie alle relevanten Informationen angegeben habe und dass der Versicherungsschutz auch den Betrieb der Postbankfiliale umfasse.

Die Entscheidung des Gerichts: Klageabweisung wegen Verletzung der Informationspflicht

Das Landgericht Gießen wies die Klage ab. Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Klägerin ihre vorvertragliche Informationspflicht verletzt habe. Sie habe bei Abschluss der Unternehmensversicherung nicht ausreichend deutlich gemacht, dass sie neben dem Papier- und Schreibwarenhandel auch eine Postbankfiliale betreibt. Dies sei jedoch eine wesentliche Information, da der Betrieb einer Postbankfiliale ein deutlich höheres Risiko birgt als der Betrieb eines reinen Papier- und Schreibwarenhandels.

Das Gericht führte aus, dass die Versicherungsbedingungen klarstellten, dass Bargeld grundsätzlich nicht versichert ist, es sei denn, dies sei gesondert vereinbart. Da die Klägerin den Betrieb der Postbankfiliale und die damit verbundene Lagerung von Bargeld nicht ausreichend offen gelegt hatte, sei die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit.

Relevante Klauseln in der Versicherung und die Bedeutung der Risikoaufklärung

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden Risikoaufklärung bei Abschluss einer Geschäftsinhaltsversicherung. Versicherungsnehmer sind verpflichtet, alle relevanten Informationen wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben. Dazu gehört insbesondere die Art und der Umfang der Geschäftstätigkeit, die Lagerung von Bargeld sowie alle Umstände, die das Risiko eines Schadensfalls erhöhen könnten.

Die Versicherungsbedingungen (im konkreten Fall die Allgemeinen Bedingungen (AT 12) und die Verbundenen Bedingungen für die Inhaltsversicherung Gewerbe (VBIG 12)) legen die Grundlagen für den Versicherungsschutz fest. Es ist daher ratsam, diese Bedingungen sorgfältig zu prüfen und sich bei Unklarheiten von einem Fachmann beraten zu lassen. Eine sorgfältige Policenprüfung ist essenziell, um sicherzustellen, dass der gewählte Versicherungsschutz den individuellen Bedürfnissen und Risiken des Unternehmens entspricht.

Konsequenzen für Unternehmer: Ehrlichkeit und Vollständigkeit bei der Schadensmeldung

Das Urteil des Landgerichts Gießen hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmer und kleine Geschäftsinhaber. Es zeigt, dass falsche Angaben oder das Verschweigen wesentlicher Informationen bei Abschluss einer Geschäftsinhaltsversicherung im Schadensfall zur Leistungsfreiheit der Versicherung führen können.

Umso wichtiger ist es, bei der Schadensmeldung wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen und alle relevanten Umstände zu offenbaren. Im Zweifelsfall sollten sich Unternehmer von einem Rechtsanwalt oder einem Versicherungsexperten beraten lassen, um sicherzustellen, dass sie ihre Rechte und Pflichten im Rahmen des Versicherungsvertrags kennen und erfüllen.

Vertrauensschutz und die Grenzen der Versicherungsleistung

Das Urteil beruht auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes im Versicherungsrecht. Versicherungsunternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass Versicherungsnehmer ihre Informationspflicht erfüllen und wahrheitsgemäße Angaben machen. Andernfalls ist die Kalkulation des Risikos und die Festlegung der Versicherungsprämie nicht möglich.

Allerdings hat der Vertrauensschutz auch seine Grenzen. Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, ihre Kunden umfassend über die versicherten Risiken und die Haftungsausschlüsse zu informieren. Sie müssen sicherstellen, dass die Versicherungsbedingungen klar und verständlich formuliert sind und dass die Kunden in die Lage versetzt werden, ihre Rechte und Pflichten im Rahmen des Versicherungsvertrags zu verstehen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Geltendmachung von Versicherungsansprüchen nach einem Raubüberfall der Geschädigte den Vorfall schlüssig und widerspruchsfrei darlegen muss. Die bloße Behauptung eines Überfalls reicht nicht aus – es bedarf einer in sich stimmigen und glaubwürdigen Schilderung des Geschehensablaufs. Die exakte vertragliche Ausgestaltung der Versicherung tritt dabei in den Hintergrund, wenn schon der Versicherungsfall an sich nicht ausreichend nachgewiesen werden kann.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Geschäftsinhaber müssen Sie im Schadensfall besonders sorgfältig dokumentieren und nachweisen können, wie sich ein Überfall oder Einbruch genau zugetragen hat. Führen Sie unmittelbar nach einem Vorfall detaillierte Aufzeichnungen, sichern Sie wenn möglich Beweise und informieren Sie umgehend die Polizei. Achten Sie darauf, dass Ihre Schilderungen konsistent und nachvollziehbar sind. Widersprüche oder Ungenauigkeiten in der Darstellung können dazu führen, dass die Versicherung die Zahlung verweigert – selbst wenn der Schaden tatsächlich entstanden ist.

Benötigen Sie Hilfe?

Klare Rechtslage bei widersprüchlichen Versicherungsangaben

In der Praxis können unvollständige oder fehlerhafte Angaben bei Versicherungsverträgen zu erheblichen Unsicherheiten führen. Insbesondere, wenn wesentliche Informationen zum Geschäftsablauf nicht transparent dargestellt werden, ergeben sich häufig komplexe Fragestellungen hinsichtlich des Versicherungsschutzes.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der präzisen Analyse Ihrer vertraglichen Situation. Mit sachlicher und übersichtlicher Beratung helfen wir Ihnen, alle relevanten Aspekte zu erfassen und Ihre Rechte im Versicherungsrecht gezielt zu sichern.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Konsequenzen haben falsche Angaben bei Abschluss einer Geschäftsinhaltsversicherung?

Falsche Angaben beim Abschluss einer Geschäftsinhaltsversicherung können schwerwiegende rechtliche und finanzielle Folgen nach sich ziehen.

Leistungsverweigerung und Vertragsauflösung

Der Versicherer kann bei falschen Angaben die Schadensregulierung vollständig verweigern, auch wenn nur ein Teil der Angaben falsch ist. Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Angaben hat der Versicherer das Recht, vom Vertrag zurückzutreten, wodurch der Versicherungsschutz rückwirkend entfällt.

Finanzielle Konsequenzen

Stellt sich heraus, dass die Versicherungssumme zu niedrig angesetzt wurde, droht eine Unterversicherung. Bei einer Unterversicherung wird die Entschädigung im Schadensfall anteilig gekürzt. Wenn beispielsweise der tatsächliche Wert der versicherten Gegenstände 150.000 Euro beträgt, aber nur 100.000 Euro versichert wurden, zahlt die Versicherung bei einem Schaden von 30.000 Euro lediglich 20.000 Euro.

Strafrechtliche Konsequenzen

Bei vorsätzlichen Falschangaben oder Täuschungsversuchen kann ein Versicherungsbetrug nach § 263 StGB vorliegen. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu mehreren Jahren geahndet werden. Besonders kritisch wird es, wenn relevante Informationen wie laufende Ermittlungsverfahren verschwiegen oder Angaben zum Schadenshergang mehrfach geändert werden.

Nachträgliche Beitragsanpassungen

Wenn falsche Angaben entdeckt werden, kann die Versicherung rückwirkend höhere Beiträge verlangen. Dies gilt auch dann, wenn die Falschangaben unabsichtlich gemacht wurden. Bei der Inventaraufnahme sollten die tatsächlichen Anschaffungskosten und nicht die Buchwerte nach Abschreibung berücksichtigt werden, da diese für die Versicherungswerte maßgeblich sind.


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Was muss bei einer Geschäftsinhaltsversicherung zwingend angegeben werden?

Grundlegende Angabepflichten

Bei Abschluss einer Geschäftsinhaltsversicherung müssen Sie wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu allen gefahrerheblichen Umständen machen. Dies betrifft insbesondere die Eigentumsverhältnisse der zu versichernden Gegenstände.

Sie müssen präzise angeben, ob Sie:

  • Eigentümer der Sachen sind
  • die Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt erworben haben
  • die Sachen mit Kaufoption geleast haben
  • das Inventar sicherungsübereignet wurde

Versicherte Gegenstände

Eine detaillierte Aufstellung ist erforderlich für:

  • Die komplette Büroausstattung einschließlich Möbel und Einrichtungsgegenstände
  • Vorhandene technische Anlagen und Maschinen
  • Waren und Vorräte im Betrieb
  • Fremdes Eigentum, das sich im Betrieb befindet

Besondere Mitteilungspflichten

Sie müssen der Versicherung unverzüglich mitteilen, wenn:

  • Sie einen Umzug in neue Geschäftsräume planen
  • Sich die Nutzung der versicherten Räumlichkeiten ändert
  • Sicherheitsrelevante Änderungen vorgenommen werden

Eine Verletzung dieser Anzeigepflichten kann zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob nur ein Teil der Angaben falsch ist – die Versicherung kann in solchen Fällen auch berechtigte Ansprüche ablehnen.


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Wie prüft die Versicherung die Richtigkeit der Angaben im Schadensfall?

Nach Eingang einer Schadensmeldung führt die Versicherung zunächst eine Plausibilitätsprüfung durch, bei der sie untersucht, ob der gemeldete Schaden in der beschriebenen Form realistisch ist.

Prüfungsmethoden

Die Versicherung nutzt verschiedene Methoden zur Überprüfung der Angaben. Bei Sachschäden kann sie den Zeitwert oder Wiederbeschaffungswert des Schadensgegenstands über verschiedene Quellen ermitteln. Bei Immobilienschäden erfolgt häufig ein Ortstermin mit einem Gutachter.

Erforderliche Nachweise

Für eine gründliche Prüfung benötigt die Versicherung folgende Dokumentation:

  • Fotos und Videos des Schadens und der Umgebung
  • Rechnungen oder Kaufbelege der beschädigten Gegenstände
  • Zeugenaussagen, falls weitere Personen beim Schadensfall anwesend waren
  • Bei Unfällen: Polizeiliches Unfallprotokoll und Unfallskizze

Konsequenzen falscher Angaben

Wenn Sie falsche Angaben zum Schaden machen, riskieren Sie nicht nur den Verlust des Versicherungsschutzes, sondern begehen auch eine Straftat nach § 263 StGB. Die Versicherungen prüfen die Angaben besonders gründlich, da Versicherungsbetrug häufig vorkommt.

Die Versicherung kann die Leistung verweigern, wenn die Angaben in der Schadensanzeige unklar oder widersprüchlich sind. Deshalb ist es wichtig, dass Sie den Schadenshergang präzise und wahrheitsgemäß dokumentieren.


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Ab wann gilt eine Änderung der Geschäftstätigkeit als meldepflichtig?

Eine Änderung der Geschäftstätigkeit ist immer dann meldepflichtig, wenn sich der Gegenstand des Betriebes wesentlich ändert oder neue Tätigkeiten hinzukommen.

Meldepflichtige Änderungen

Die Meldepflicht besteht insbesondere bei:

  • Erweiterung oder Wechsel des Tätigkeitsbereichs
  • Änderung der Art und des Gegenstands des Unternehmens
  • Änderung der Beteiligungsverhältnisse
  • Wechsel der Rechtsform

Beurteilung der Meldepflicht

Wenn Sie Ihr Waren- oder Dienstleistungsangebot ändern oder erweitern, hängt die Meldepflicht davon ab, ob die neuen Aktivitäten bei der bereits angemeldeten Art des Gewerbes „üblich“ sind. Handelt es sich um branchenübliche Erweiterungen, ist keine neue Meldung erforderlich.

Verfahren der Meldung

Die Meldung muss elektronisch erfolgen. Hierfür können Sie:

  • Die Betriebsdatenpflege Ihres Entgeltabrechnungsprogramms nutzen
  • Das SV-Meldeportal verwenden
  • Eine Meldung beim zuständigen Gewerbeamt vornehmen

Die Änderungsmitteilung muss unverzüglich erfolgen, sobald die Änderung der Geschäftstätigkeit beschlossen wurde. Mit der einmaligen Änderungsmitteilung bei einer Einzugsstelle ist die gesetzliche Meldepflicht erfüllt.


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Welche Möglichkeiten bestehen, wenn die Versicherung die Leistung verweigert?

Prüfung des Ablehnungsschreibens

Bei einer Leistungsverweigerung durch die Versicherung müssen Sie zunächst das Ablehnungsschreiben sorgfältig prüfen. Die Versicherung ist verpflichtet, die Gründe für die Ablehnung schriftlich darzulegen. Achten Sie besonders auf mögliche Fehler in den Angaben oder fehlende Unterlagen, die zur Ablehnung geführt haben könnten.

Widerspruchsverfahren

Gegen die Ablehnung können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids Widerspruch einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und sollte folgende Elemente enthalten:

  • Aktenzeichen und Datum des Ablehnungsbescheids
  • Begründung des Widerspruchs mit allen relevanten Fakten
  • Neue oder bisher nicht berücksichtigte Informationen

Rechtliche Durchsetzung

Wird der Widerspruch abgelehnt, bestehen weitere Möglichkeiten:

Stichentscheid: Ein Anwalt bewertet die Erfolgsaussichten und die Angemessenheit der Kosten. Diese Entscheidung ist für beide Seiten bindend.

Schiedsgutachten: Ein von der Anwaltskammer bestellter unabhängiger Experte erstellt ein Gutachten. Die Kosten trägt die Versicherung bei einem für Sie positiven Ausgang.

Versicherungsombudsmann: Diese kostenlose Schlichtungsstelle kann bei Streitwerten bis 10.000 Euro eine für die Versicherung bindende Entscheidung treffen.

Besondere Fallkonstellationen

Bei Betrugsvorwürfen durch die Versicherung ist besondere Vorsicht geboten. Die Beweislast für einen Betrug liegt bei der Versicherung. Bei nachgewiesenem Betrug kann die Versicherung nicht nur die Leistung verweigern, sondern auch den Vertrag rückwirkend aufheben.

Bei unvollständigen Angaben im Versicherungsantrag kann die Versicherung nach deutschem Recht nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz den Vertrag anfechten. Bei einfacher Fahrlässigkeit bleibt der Vertrag bestehen, die Versicherung kann jedoch die Konditionen anpassen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Geschäftsinhaltsversicherung

Eine spezielle Form der Sachversicherung für Unternehmen, die das bewegliche Inventar und die Betriebsausstattung eines Geschäfts gegen bestimmte Gefahren absichert. Sie schützt typischerweise vor Schäden durch Einbruchdiebstahl, Vandalismus, Feuer oder Elementarschäden. Die rechtliche Grundlage findet sich in den §§ 88-99 VVG in Verbindung mit den jeweiligen Versicherungsbedingungen.

Beispiel: Ein Ladengeschäft versichert seine Warenbestände, Kassensysteme, Büroausstattung und sonstiges Inventar gegen Einbruchdiebstahl und Vandalismus.


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Leistungspflicht

Die gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung der Versicherung, im vereinbarten Versicherungsfall die zugesagte Leistung zu erbringen. Diese basiert auf § 1 VVG und den individuellen Versicherungsbedingungen. Die Leistungspflicht kann bei Verletzung von Obliegenheiten oder arglistiger Täuschung entfallen.

Beispiel: Nach einem Einbruch muss die Versicherung den entstandenen Sachschaden ersetzen, sofern alle vertraglichen Pflichten erfüllt wurden.


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Obliegenheit

Rechtliche Verhaltensanforderungen an den Versicherungsnehmer vor, während und nach einem Versicherungsfall. Diese sind in §§ 19-32 VVG und den Versicherungsbedingungen geregelt. Bei Verletzung dieser Pflichten kann die Versicherung leistungsfrei werden.

Beispiel: Die Pflicht, einen Schaden unverzüglich zu melden oder wahrheitsgemäße Angaben zum Schadenhergang zu machen.


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Sicherheitsleistung

Ein finanzieller Betrag, der bei vorläufiger Vollstreckbarkeit eines Urteils hinterlegt werden muss, um die Interessen der Gegenseite abzusichern. Geregelt in § 709 ZPO. Die Höhe beträgt typischerweise 110% der Hauptforderung.

Beispiel: Bei einem Streitwert von 10.000 Euro müsste eine Sicherheitsleistung von 11.000 Euro erbracht werden.


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Vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Möglichkeit, ein Urteil bereits vor seiner Rechtskraft zu vollstrecken. Dies ist in den §§ 708-720 ZPO geregelt. Der Gläubiger kann dadurch schneller vollstrecken, trägt aber das Risiko bei einer späteren Aufhebung des Urteils.

Beispiel: Der Gewinner eines Prozesses kann trotz eingelegter Berufung bereits die Zwangsvollstreckung einleiten, muss aber eine Sicherheit leisten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 VVG: Regelt den Versicherungsvertrag als gegenseitigen Vertrag, bei dem der Versicherer verpflichtet ist, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers abzusichern. Der Versicherungsnehmer muss im Gegenzug die vereinbarte Prämie zahlen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Geschäftsinhaltsversicherung ist ein solcher Vertrag, wobei strittig ist, ob Bargeld vom vereinbarten Versicherungsschutz umfasst ist.
  • § 28 VVG: Definiert die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers und die Rechtsfolgen bei deren Verletzung. Der Versicherungsnehmer muss alle ihm bekannten Gefahrumstände anzeigen, die für den Versicherungsschutz relevant sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Nutzung als Post-/Postbankfiliale mit erheblichen Bargeldbeständen hätte als wesentlicher Gefahrumstand angezeigt werden müssen.
  • § 305 BGB: Regelt die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verträge und deren Wirksamkeitsvoraussetzungen. Bei Versicherungsverträgen sind die Versicherungsbedingungen als AGB zu qualifizieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die VBIG 12 als Vertragsbestandteil schließt Bargeld explizit vom Versicherungsschutz aus, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
  • § 242 BGB: Verpflichtet zur Leistung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Dies ist ein übergeordneter Grundsatz des Zivilrechts. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Berufung des Versicherers auf den Bargeldausschluss könnte treuwidrig sein, wenn bei Vertragsschluss die Postbank-Nutzung bekannt war.

Das vorliegende Urteil


LG Gießen – Az.: 2 O 60/23 – Urteil vom 08.11.2023


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