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Gebäudeversicherung – Rohrbruch an unterhalb der Bodenplatte verlaufenden Abwasserrohr

OLG Hamm – Az.: I-20 U 2/19 – Beschluss vom 20.02.2019

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berufungsangriffe des Klägers in der Berufungsbegründung vom 21.01.2019 greifen nicht durch.

1.

Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an der Feststellung des Landgerichts begründen könnten, dass dem Antrag der früheren Versicherungsnehmerin vom 01.09.2011 die VGB 2011 zugrunde lagen und diese im Zuge der damaligen Policierung wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Dies greift der Kläger in seiner Berufungsbegründung auch ausdrücklich nicht mehr an.

2.

Nach den somit hier maßgeblichen VGB 2011 besteht kein Versicherungsschutz, selbst wenn man den Vortrag des Klägers – zu dem sich die Beklagte in zulässiger Weise mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO erklärt hat – als richtig unterstellt, dass es zu mehreren Rohrbrüchen an einer Abwasserleitung gekommen sei, die unterhalb der Bodenplatte, aber zwischen den dort vorhandenen Streifenfundamenten verlaufe.

Denn gemäß § 3 Nr. 2 VGB 2011 leistet der Versicherer Entschädigung für außerhalb von Gebäuden eintretende frostbedingte und sonstige Bruchschäden nur hinsichtlich der Zuleitungsrohre der Wasserversorgung und der Rohne der Warmwasserheizungs-, Dampfheizungs-, Klima-, Wärmepumpen- oder Solarheizungsanlagen. Handelt es sich – wie hier – um ein Abwasserrohr, ist gemäß § 3 Nr. 1 VGB 2011 ein Rohrbruch nur versichert, wenn sich das Rohr innerhalb des Gebäudes befindet.

a)

Gebäudeversicherung - Rohrbruch an unterhalb der Bodenplatte verlaufenden Abwasserrohr
(Symbolfoto: Von Monkey Business Images/Shutterstock.com)

Das Abwasserrohr, hinsichtlich dessen der Kläger mehrere Rohrbrüche behauptet, verläuft nicht im Sinne von § 3 Nr. 1 VGB 2011 innerhalb, sondern im Sinne von § 3 Nr. 2 VGB 2011 außerhalb des versicherten Gebäudes.

Aus der vom Kläger in erster Instanz angeführten Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.03.1998 – IV ZR 137/97, VersR 1998, 758; zu vergleichbaren Bedingungen zuletzt auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2018 – 5 U 4/18, juris) folgt, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, nichts anderes. Denn dieser Entscheidung lagen die VGB 62 zugrunde, die noch keine nähere Bestimmung dazu enthielten, wie genau die Grenze zwischen „innerhalb“ und „außerhalb“ des Hauses verlaufenden Rohren zu ziehen war.

Demgegenüber enthalten die VGB 2011 in § 3 Nr. 1 a.E. die klare und für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres verständliche Regelung:

„Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, sind Rohre und Installationen unterhalb der Bodenplatte nicht versichert.“

Die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach hinsichtlich der VGB 62 auch solche Rohre innerhalb des Hauses verliefen, die zwar unterhalb der Bodenplatte, aber oberhalb einer gedachten Ebene zwischen den Unterkanten der Streifenfundamente lagen, ist damit auf die derart neugefassten VGB 2011 nicht übertragbar (vgl. Johannsen, in: Bruck/Möller, VVG, 7. Band – Sachversicherung, 9. Aufl. 2012, § 3 VGB 2008/2010 Rn. 2).

b)

Die Regelung in § 3 Nr. 1 a.E. VGB 2011 ist auch wirksam. Es handelt sich um eine Beschränkung des Versicherungsschutzes, an welcher der Versicherer ein legitimes Interesse hat (Johannsen, a.a.O) und die weder überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB ist noch den Vertragszweck gefährdet und deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB bedeuten würde (vgl. dazu LG Hamburg, Urteil vom 08.01.2009 – 332 S 68/07, VersR 2009, 1658; zu den VGB 1988 auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.09.2000 – 5 U 345/00, ZfSch 2001, 320). Dafür spricht schon, dass der Ausschluss von Abwasserrohren unterhalb der Bodenplatte keineswegs nur einseitig den Interessen des Versicherers dient, sondern auch die Interessen der Versichertengemeinschaft schützt, weil die Feststellung genauer Schadensursachen an derartigen Rohren mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden ist (zu diesem Aspekt OLG Saarbrücken, a.a.O., juris Rn. 9).

Auch dagegen wendet sich der Kläger in seiner Berufung im Übrigen nicht.

3.

Schließlich vermag der Berufungsangriff, Versicherungsschutz ergebe sich aufgrund der Fassung des Versicherungsscheins, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Zwar trifft es zu, dass es im Versicherungsschein wie folgt heißt (GA 8 f.):

„Ihr Wohngebäude ist gegen folgende Gefahren abgesichert:

Brand, Blitzschlag, […], Leitungswasser, Bruchschäden innerhalb und außerhalb von Gebäuden sowie Nässeschäden […].“

Ebenso zutreffend ist, dass gemäß § 5 Abs. 1 VVG bei Abweichungen zwischen Antrag und Versicherungsschein diese Abweichungen unter bestimmten Voraussetzungen Vertragsbestandteil werden. Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins zugunsten des Versicherungsnehmers vom Inhalt des zugrunde liegenden Antrags ab, so kommt der Versicherungsvertrag auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen eines Monats widerspricht (BGH, Urteil vom 22.06.2016 – IV ZR 431/14, VersR 2016, 1044).

Vorliegend liegt aber keine „Abweichung“ zwischen dem Antrag (und damit zusammenhängend den VGB 2011) einerseits sowie dem Versicherungsschein andererseits in diesem Sinne vor. Es liegt auf der Hand, dass der Versicherungsschein nicht in allen Einzelheiten das getreue Spiegelbild des Antrags und der zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen sein kann (Prölss/Martin-Rudy, VVG, 30. Aufl. 2018, § 5 Rn. 4). Auch dann, wenn keine wortwörtliche Übereinstimmung vorliegt, ist vielmehr im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob tatsächlich eine inhaltliche Abweichung vorliegt (Armbrüster, in: Langheid/Wandt, VVG, 2. Aufl. 2016, § 5 Rn. 17).

Eine solche Auslegung ergibt vorliegend, dass allein wegen der pauschalen Formulierung „Bruchschäden innerhalb und außerhalb von Gebäuden“ eine inhaltliche Abweichung nicht vorliegt. Vielmehr nennt der Schein ausdrücklich die VGB 2011 als Vertragsgrundlage. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennt ohne Weiteres, dass der Versicherungsschein die versicherten Gefahren nur schlagwortartig umreißen kann und dass sich die Einzelheiten des Versicherungsschutzes und seiner Ausschlüsse aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ergeben. Die Formulierung „Bruchschäden innerhalb und außerhalb von Gebäuden“ gibt den Inhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen insofern zutreffend wieder, als tatsächlich nach diesen Bedingungen Bruchschäden keineswegs nur innerhalb des Gebäudes, sondern durchaus auch außerhalb des Gebäudes versichert sind. Dass aber hinsichtlich dieser außerhalb des Gebäudes auftretenden Bruchschäden in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestimmte Begrenzungen des versicherten Risikos und Risikoausschlüsse normiert sind, liegt in der Natur der Sache und muss auch einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar sein.

II.

Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.

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