Skip to content

Eintritt in gesetzliche Krankenversicherung – Kündigungsfrist § 205 Abs. 1 Satz1 VVG

Versicherungsvertrag wirksam zum 28.02.2021 gekündigt

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass der Beklagte seinen Versicherungsvertrag mit der privaten Krankenversicherung wirksam zum 28. Februar 2021 gekündigt hat. Trotz anfänglicher Ablehnung durch die Versicherung aufgrund fehlender Nachweise einer Folgeversicherung und der Einreichung eines Wechsels in den Basistarif, wurde die Kündigung anerkannt, da der Beklagte rechtzeitig beweisen konnte, dass er ab dem 1. März 2021 gesetzlich versichert ist. Das Gericht gewährte dem Beklagten Prozesskostenhilfe und änderte den vorherigen Beschluss des Landgerichts Bielefeld ab.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 W 15/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Der Beklagte hat den Versicherungsvertrag wirksam zum 28.02.2021 gekündigt.
  • Eine Kündigung ist auch gültig, wennsie nachweislich zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird, solange gesetzliche Fristen eingehalten werden.
  • Die Prozesskostenhilfe wurde dem Beklagten gewährt, basierend auf der hinreichenden Aussicht auf Erfolg der Rechtsverteidigung.
  • Der Wechsel in den Basistarif hebt eine bereits erklärte Kündigung nicht auf.
  • Die Kündigungswirkung bleibt bestehen, auch wenn keine formellen Fehler vorliegen und gesetzliche Nachweispflichten erfüllt werden.
  • Der Nachweis einer Folgeversicherung ist entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung.
  • Der Ausschluss der ratenweisen Zahlung der Prozesskosten wurde zunächst aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten beschlossen.
  • Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Kündigung der privaten Krankenversicherung bei Eintritt in die gesetzliche Versicherung

Krankenversicherung
(Symbolfoto: nitpicker /Shutterstock.com)

Die private Krankenversicherung (PKV) bietet zahlreiche Vorteile, ist aber oft auch mit höheren Beiträgen verbunden als die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Wer aus der PKV in die GKV wechseln möchte, sollte die geltenden Kündigungsfristen beachten.

Grundsätzlich kann eine PKV gemäß § 205 Abs. 1 Satz 1 VVG mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit gekündigt werden. Bei Eintritt der Versicherungspflicht in der GKV kann die PKV jedoch auch vorzeitig gekündigt werden.

Im Falle eines Wechsels von der PKV in die GKV ist es wichtig, die Nachweispflicht gegenüber dem Versicherer zu beachten. Innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht in der GKV muss dem Versicherer nachgewiesen werden, dass die Versicherungspflicht besteht. Andernfalls kann die Kündigung der PKV unwirksam werden.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichem Fall haben, wo es um die Kündigung der privaten Krankenversicherung bei Eintritt in die gesetzliche Versicherung geht, zögern Sie nicht und fordern noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum einer rechtlichen Auseinandersetzung stand die Kündigung eines Versicherungsvertrages durch einen Versicherungsnehmer, der daraufhin in die gesetzliche Krankenversicherung wechselte. Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich mit dem Fall zu beschäftigen, nachdem der Beklagte gegen einen Beschluss des Landgerichts Bielefeld Berufung eingelegt hatte. Die Klägerin, eine private Krankenversicherung, forderte rückständige Prämien für den Zeitraum von März bis Dezember 2021, obwohl der Beklagte den Vertrag fristgerecht gekündigt hatte.

Wechselspiel zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung

Der Kern des Rechtsstreits drehte sich um die Wirksamkeit der Kündigung eines privaten Krankenversicherungsvertrags im Kontext des § 205 Abs. 1 Satz 1 VVG. Unstreitig hatte der Beklagte seinen Vertrag mit der privaten Krankenversicherung am 29. Juli 2020 gekündigt, wünschte jedoch eine Kündigung zum 1. Oktober 2020. Die Kündigungsfrist nach § 205 Abs. 1 Satz 1 VVG ließ jedoch nur eine Beendigung zum 28. Februar 2021 zu. Eine zentrale Frage war, ob und wie eine zunächst zum Wunschtermin unwirksame Kündigung in eine fristgerechte Kündigung umgedeutet werden kann.

Die rechtliche Klippe der Nachweispflicht

Ein weiteres wichtiges Thema war die Nachweispflicht gemäß § 205 Abs. 6 Satz 1 und 2 VVG. Diese Klauseln regeln, dass eine Kündigung nur wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person ununterbrochen weiter versichert ist. Der Beklagte erfüllte diese Voraussetzung, indem er seit dem 1. März 2021 Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde. Die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Anwendung dieser Vorschrift und ihrer Interpretation durch die Klägerin führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Kündigung.

Tarifwechsel als Wendepunkt

Ein interessanter Aspekt des Falls war der Wechsel des Beklagten in den Basistarif nach Erklärung der Kündigung. Trotz der Annahme der Klägerin, dass dieser Schritt die Kündigungswirkung aufheben könnte, bestätigte das Gericht, dass ein Wechsel in den Basistarif die Rechtswirkungen einer bereits erklärten Kündigung nicht beeinträchtigt. Dies unterstreicht, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Versicherungsvertragsrechts auch in Situationen, in denen Versicherungsnehmer ihre Tarife wechseln, ihre Gültigkeit behalten.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zugunsten des Beklagten und änderte den vorherigen Beschluss des Landgerichts Bielefeld ab. Es gewährte dem Beklagten Prozesskostenhilfe und stellte fest, dass die Kündigung wirksam war und der Beklagte somit keine Prämien für den Zeitraum nach dem Wirksamwerden der Kündigung schuldet. Diese Entscheidung basierte auf der Bewertung, dass der Beklagte alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hatte, insbesondere die Nachweispflicht für die Fortsetzung seiner Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung des privaten Krankenversicherungsvertrags durch den Beklagten, wobei besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der gesetzlichen Fristen und Nachweispflichten gelegt wurde.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie funktioniert die Kündigungsfrist bei einem Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung?

Beim Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Ein direkter Wechsel ist nicht in jedem Alter und unter allen Umständen möglich. Insbesondere für versicherungspflichtige Angestellte oder über die Familienversicherung können viele in die GKV wechseln. Die Vor- und Nachteile beider Systeme sollten dabei abgewogen werden.

Für Angestellte ist ein Wechsel in die GKV nur dann möglich, wenn das Einkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) fällt. 2024 liegt diese Grenze bei 69.300 Euro brutto jährlich. Eine Möglichkeit, unter diese Grenze zu kommen, ist die Reduzierung der Arbeitszeit durch eine befristete Teilzeitvereinbarung, auch „Brückenteilzeit“ genannt.

Die Kündigungsfrist in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt zwei volle Monate zum Monatsende. Das bedeutet, dass bei einer Anmeldung bei einer neuen Kasse im Januar die Versicherung dort ab dem 1. April beginnt. Bei einem Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse ist eine eigene Kündigung nicht notwendig, da die neue Krankenkasse die Kündigung der alten Krankenkasse übernimmt.

Für freiwillig Versicherte in der GKV, die in die PKV wechseln möchten, gilt ebenfalls eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende. Die Kündigung wird nur wirksam, wenn innerhalb dieser Frist das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall, z.B. bei einem PKV-Unternehmen, nachgewiesen wird.

Es ist zu beachten, dass bei einem Wechsel von der PKV in die GKV bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Ein Wechsel ist grundsätzlich nicht möglich, wenn der Betroffene das 55. Lebensjahr vollendet hat und in den letzten 5 Jahren nicht gesetzlich versichert war. Ausnahmen bestehen, wenn durch Aufnahme einer Beschäftigung oder eines Studiums Krankenversicherungspflicht eintritt oder durch Gehaltsabsenkung das Entgelt unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt.

Zusammenfassend ist der Wechsel von der PKV in die GKV an bestimmte Bedingungen geknüpft und erfordert eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung der jeweiligen Kündigungsfristen und Voraussetzungen.

Welche Rolle spielt die Nachweispflicht beim Wechsel der Krankenversicherung?

Die Nachweispflicht spielt eine wichtige Rolle beim Wechsel der Krankenversicherung, da sie sicherstellt, dass eine lückenlose Versicherungsdeckung besteht. In Deutschland besteht eine Pflicht zur Krankenversicherung, daher ist es wichtig, dass Versicherte beim Wechsel des Versicherers nachweisen, dass sie ununterbrochen versichert bleiben.

Wenn Sie von einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) zu einer anderen wechseln möchten, können Sie grundsätzlich eine der verfügbaren Krankenkassen frei wählen. Bei einem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung (PKV) ist eine Kündigung der freiwilligen GKV-Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat an, in dem die Kündigung des Mitglieds gegenüber der neuen Krankenkasse erklärt wird.

Beim Wechsel von einer privaten Krankenversicherung zu einer anderen müssen Sie dem alten Versicherer nachweisen, dass Sie einen neuen Vertrag geschlossen haben. Dies stellt sicher, dass Sie weiterhin versichert sind und dass es keine Lücken im Versicherungsschutz gibt.

Wenn Sie von einer privaten Krankenversicherung in eine gesetzliche wechseln möchten, ist dies grundsätzlich möglich, aber es gibt bestimmte Bedingungen und Einschränkungen. Beispielsweise ist ein Wechsel für Personen über 55 Jahre erschwert.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass private Krankenversicherungen eine Gesundheitsprüfung durchführen können, bevor sie einen Antrag annehmen. Dies kann dazu führen, dass Personen mit bestimmten Vorerkrankungen abgelehnt werden oder höhere Prämien zahlen müssen. Daher ist es wichtig, vor einem Wechsel sorgfältig zu prüfen, ob die neue Versicherung die gewünschte Deckung bietet und ob die Prämien erschwinglich sind.

Inwiefern beeinflusst ein Tarifwechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung die Kündigungsfristen?

Ein Tarifwechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung (PKV) hat in der Regel keinen Einfluss auf die Kündigungsfristen des bestehenden Versicherungsvertrages. Die Kündigungsfrist für eine private Krankenversicherung beträgt üblicherweise drei Monate zum Ende des Versicherungsjahres. Diese Frist gilt für die ordentliche Kündigung, wenn ein Versicherter den Anbieter wechseln oder aus der PKV in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übergehen möchte.

Bei einem Tarifwechsel innerhalb derselben PKV, also beim Wechsel von einem Tarif zu einem anderen beim gleichen Versicherer, ist eine Kündigung des bestehenden Vertrages nicht erforderlich. Stattdessen kann der Versicherte das Recht auf Tarifwechsel nach § 204 VVG nutzen, welches ihm erlaubt, innerhalb seiner Versicherungsgesellschaft in einen anderen Tarif mit gleichartigem Versicherungsschutz zu wechseln. Dieses Recht kann jederzeit ausgeübt werden, ohne dass eine Kündigungsfrist einzuhalten ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass bei einem Tarifwechsel innerhalb der PKV die Altersrückstellungen, die im alten Tarif angesammelt wurden, in der Regel auf den neuen Tarif übertragen werden können. Dies ist ein wichtiger Aspekt, da Altersrückstellungen dazu dienen, die Beiträge im Alter stabil zu halten.

Zusammenfassend beeinflusst ein Tarifwechsel innerhalb der PKV die Kündigungsfristen nicht, da keine Kündigung des bestehenden Vertrages notwendig ist. Die reguläre Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende des Versicherungsjahres bleibt unberührt und ist nur relevant, wenn der Versicherte die PKV komplett verlassen oder zu einem anderen Anbieter wechseln möchte.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 W 15/23 – Beschluss vom 20.09.2023

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20.07.2023 (18 O 23/23) abgeändert.

Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab Antragstellung, also zur Verteidigung gegen den gesamten mit der Anspruchsbegründung verfolgten Klageanspruch zzgl. der geltend gemachten Nebenforderungen, bewilligt.

Zugleich wird „(…)“ A zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte in erster Instanz beigeordnet.

Im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten wird von der Anordnung einer ratenweisen Zahlung der Prozesskosten zunächst abgesehen. Sollten sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, kann dieser Beschluss gemäß § 120a Abs. 1 ZPO abgeändert werden.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf vermeintlich rückständige Prämien aus einer privaten Krankenversicherung für den Zeitraum von März 2021 bis einschließlich Dezember 2021 in Anspruch. Der Beklagte wendet ein, die Krankenversicherung wirksam gekündigt zu haben. Diese Rechtsverteidigung bietet nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

1. Der Beklagte hat den Versicherungsvertrag wirksam zum 28.02.2021 gekündigt.

a) Unstreitig hat der Beklagte den Versicherungsvertrag mit Kündigungsschreiben vom 29.07.2020 gekündigt, wobei von ihm eine Kündigung mit Wirkung zum 01.10.2020 gewünscht war. Hierbei handelte es sich um eine ordentliche Kündigung gem. § 205 Abs. 1 VVG (siehe § 13 Abs. 1 AVB).

Der Umstand, dass die Kündigung wegen der Kündigungsfrist des § 205 Abs. 1 Satz1 VVG nur zum 28.02.2021 Wirkung entfalten konnte, steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Die Klärung der Streitfrage, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen eine zum Wunschzeitpunkt unwirksame Kündigung in eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt umgedeutet werden kann (siehe dazu Langheid/Wandt/Fausten, VVG, 3. Aufl. 2022, § 11 Rn. 138 ff.), kann nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert werden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 10.08.2020 die Kündigung nicht wegen eines zu frühen Beendigungszeitpunkts, sondern allein wegen der bislang fehlenden Bescheinigung des Nachfolgeversicherers zurückgewiesen und überdies ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Kündigung (nur) dann unwirksam würde, wenn die Bescheinigung nicht bis zum 28.01.2021 (richtig: 28.02.2021) nachgereicht würde.

Damit ist für das Prozesskostenhilfeverfahren davon auszugehen, dass die vom Beklagten erklärte Kündigung zumindest im Falle der Wahrung der Nachweispflicht mit Ablauf der gesetzlichen Frist Wirkungen zeitigen sollte.

Dass die Kündigung der nach § 208 Satz 2 VVG vereinbarten Form entbehrt hätte, ist von keiner Partei geltend gemacht worden.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung entfiel nicht gem. § 205 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 VVG (siehe § 13 Abs. 6 AVB).

Hiernach kann der Versicherungsnehmer eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 erfüllt, nur dann nach § 205 Abs. 1 bis Abs. 5 VVG kündigen, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. Die Kündigung wird nur wirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Monaten nach der Kündigungserklärung nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist; liegt der Termin, zu dem die Kündigung ausgesprochen wurde, mehr als zwei Monate nach der Kündigungserklärung, muss der Nachweis (erst) bis zu diesem Termin erbracht werden.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt:

aa) Der Beklagte ist unstreitig seit dem 01.03.2021 Mitglied der B und hat damit seiner Versicherungspflicht aus § 205 Abs. 6 Satz 1 VVG genügt. Wie der ausdrückliche Verweis in § 205 Abs. 6 Satz 1 VVG auf das Sonderkündigungsrecht des § 205 Abs. 2 bei Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht belegt, muss mit „Abschluss eines neuen Vertrags“ im Sinne der erstgenannten Vorschrift auch der Eintritt in die gesetzliche Krankenversicherung gemeint sein, wenn – wie hier – ein privater Krankenversicherungsvertrag nach § 205 Abs. 1 VVG ordentlich gekündigt wurde und erst während der laufenden Kündigungsfrist die gesetzliche Versicherungspflicht zur Entstehung gelangt.

Soweit die Klägerin in § 13 Abs. 6 AVB insofern Abweichendes geregelt hat, als dort

– entgegen dem Gesetz – nicht auch auf das die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung betreffende Sonderkündigungsrecht (§ 13 Abs. 3 AVB) verwiesen wird, dürfte dies gegen den halbzwingenden § 206 Abs. 6 Satz 1 VVG verstoßen (vgl. § 208 Satz 1 VVG; siehe zu der Problematik Langheid/Wandt/Hütt, VVG, 2. Aufl. 2017, § 205 Rn. 58). Jedenfalls kann auch diese Rechtsfrage nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.

bb) Ob die Nachweispflicht des § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG in dem Fall, dass – wie hier

– die Anschlussversicherung nicht in der privaten sondern aufgrund Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung genommen wird, eingreift (ablehnend Brand in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2020, § 205 Rn. 34: teleologische Reduktion und Vorrang der hinsichtlich der Fristen großzügigeren Nachweismöglichkeiten des § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG) kann dahinstehen, weil der Beklagte dem Fristenregime des § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG genügt hat.

Gem. § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG war – weil der Beendigungstermin zum Zeitpunkt der Aussprache der Kündigung mehr als zwei Monate in der Zukunft lag – der Nachweis über die Nachfolgeversicherung erst zum 28.02.2021 zu erbringen. Die Klägerin hätte die Kündigung des Beklagten deshalb nicht, wie indes mit Schreiben vom 10.08.2020 geschehen, wegen fehlender Belege zurückweisen dürfen.

Der Beklagte, der die Folgeversicherung der Klägerin unter dem 11.02.2021 angezeigt hatte, hat seiner Anzeigeobliegenheit mithin fristgerecht genügt. Die Klägerin hat diese Bescheinigung im Übrigen auch – zutreffend – der bereits unter dem 29.07.2020 erklärten Kündigung zugeordnet, ist allerdings unzutreffend davon ausgegangen, die Nachweisfrist sei bereits verstrichen („Da uns bis zum genannten Termin ein entsprechender Nachweis über eine Folgeversicherung nicht vorlag, ist ihre Kündigung vom 29.07.2020 unwirksam.“).

Ein (zusätzlicher) Nachweis über das Bestehen einer gesetzlichen Versicherungspflicht im Sinne des § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG (entspricht § 13 Abs. 3 Satz 2 AVB) war entbehrlich, weil der Beklagte von seinem Sonderkündigungsrecht des § 205 Abs. 2 Satz 1 VVG (entspricht § 13 Abs. 3 Satz 1 AVB) – an das diese Nachweispflicht anknüpft – keinen Gebrauch gemacht hatte und aufgrund der zuvor erklärten ordentlichen Kündigung auch nicht machen musste.

c) Der Wirksamkeit der Kündigung steht nicht der Umstand entgegen, dass der Beklagte mit E-Mail vom 23.09.2020 einen Wechsel in den Basistarif beantragte.

aa) Der Beklagte konnte die Rechtswirkungen seiner bereits erklärten Kündigung nicht durch einseitige Erklärung beseitigen (BGH, Urteil vom 8. Juni 2016 – IV ZR 346/15 -, juris Rn. 14).

bb) Ein übereinstimmender Parteiwille des Inhalts, dass die Rechtsfolgen der bereits erklärten Kündigung im Vertragswege aufgehoben werden sollten, lässt sich nicht feststellen.

(1) Bereits der Klägerin kann ein solcher Wille nicht unterstellt werden. Das Schreiben vom 10.08.2020 ist widersprüchlich, weil die Klägerin mit diesem die Kündigung des Beklagten einerseits wegen vorgeblich fehlender Unterlagen zurückgewiesen, also insoweit als ohnehin rechtlich bedeutungslos hat ansehen wollen, andererseits aber dem Beklagten Gelegenheit zum Nachweis bis zum „28.01.2021“ (richtig: 28.02.2021) eingeräumt hatte, also davon ausgegangen sein dürfte, die Kündigung könne (mit Wirkung zum 01.03.2021) noch wirksam werden.

(2) Auch auf Seiten des Beklagten ist kein Widerspruch zwischen dem zuvor erklärten Kündigungswillen und dem Wunsch, in den Basistarif zu wechseln, erkennbar.

Dem Beklagten war die Möglichkeit, in den Basistarif zu wechseln, gesetzlich gem. § 204 Abs. 2 VVG „bei bestehendem Versicherungsverhältnis“ eingeräumt. Weil die Krankenversicherung vorliegend noch bis zum 28.02.2021 bestand (siehe oben) und der Wechsel in den Basistarif mit Wirkung zum 23.09.2020 erfolgen konnte und auch erfolgt ist, besteht kein Widerspruch zwischen dem beantragten Wechsel in den Basistarif einer- und der Aufrechterhaltung der Kündigung andererseits, der es rechtfertigte, anzunehmen, dass mit der Beantragung des Tarifwechsels durch den Beklagten und dessen Umsetzung durch die Klägerin die Kündigungswirkungen einvernehmlich beseitigt werden sollten. Vielmehr zeigt der vorliegende Fall exemplarisch, dass die mit dem Wechsel in den Basistarif verbundene Prämienreduktion auch bei bereits gekündigtem Vertrag für die verbleibende Restlaufzeit wirtschaftlich sinnvoll sein kann.

Der Umstand, dass der Beklagte angesichts des Wechsels in die gesetzliche Krankenversicherung (nochmals) nach § 205 Abs. 2 VVG hätte kündigen können, dies aber unterlassen hat, rechtfertigt gleichfalls nicht den Schluss, dass er sich an der früher erklärten Kündigung nicht mehr habe festhalten lassen wollen.

d) Auch ein neuer Versicherungsvertrag, der einer erneuten Kündigung bedurft hätte, wurde durch den Tarifwechsel nicht begründet (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2012 – IV ZR 28/12 -, juris Rn. 7; Langheid/Wandt/Boetius, 2. Aufl. 2017, VVG § 204 Rn. 13). Aus diesem Grund führt auch § 13 Abs. 1 der AVB nicht dazu, dass durch den Wechsel in den Basistarif die Mindestlaufzeit neu begonnen hätte. Denn auch die AVB stellen für die Frist („frühestens mit Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer von 18 Monaten“) auf das (trotz des Tarifwechsels fortbestehende und hier bereits zuvor begründete) „Versicherungsverhältnis“ (und nicht: auf den jeweiligen Tarif) ab.

2. Bestand mithin ab einschließlich dem 01.03.2021 kein Versicherungsvertrag zwischen den Parteien mehr, sind Beiträge für den nachfolgenden Zeitraum nicht geschuldet.

3. Die Prozesskostenhilfe erstreckt sich auch auf die Rechtsverteidigung gegen den bereits zurückgenommenen Teil der Klage. Zu dem für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife war die Klage noch nicht teilweise zurückgenommen.

4. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!