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Berufsunfähigkeitsversicherung – Rücktritt wegen Verschweigen von Gesundheitsstörungen

Berufsunfähigkeitsversicherung: Gericht sieht Verletzung der Anzeigepflicht

Im vorliegenden Fall ging es um die Klage einer Versicherten gegen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung, die aufgrund verschwiegener Vorerkrankungen den Rücktritt vom Vertrag erklärte; das Gericht wies die Klage ab, da die Versicherung aufgrund nachweislich arglistig verschwiegener Gesundheitsinformationen zum Rücktritt berechtigt war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 O 79/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klage einer Versicherten gegen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wurde abgewiesen, weil die Versicherung wegen arglistig verschwiegener Vorerkrankungen wirksam vom Vertrag zurückgetreten war.
  • Das Gericht befand, dass die Versicherte ihre Anzeigepflicht verletzt hatte, indem sie relevante Gesundheitsstörungen bei Vertragsabschluss nicht angab, was zur Leistungsfreiheit der Versicherung führte.
  • Der Versicherer hatte den Rücktritt vom Vertrag fristgerecht erklärt und war somit nicht zur Leistung verpflichtet.
  • Der Entscheidungsgrund lag insbesondere in der Bewertung der verschwiegenen Rückenprobleme und anderer Erkrankungen der Klägerin als nicht unerheblich.
  • Die Klägerin konnte nicht überzeugend darlegen, dass die verschwiegenen Gesundheitsprobleme für den Abschluss der Versicherung irrelevant gewesen wären.
  • Das Gericht sah es als bewiesen an, dass die Klägerin bei der Antragsstellung wissentlich falsche Angaben gemacht hatte, was einer arglistigen Täuschung gleichkommt.
  • Auch die Behauptung der Klägerin, durch einen Versicherungsmitarbeiter falsch beraten worden zu sein, konnte nicht überzeugen.
  • Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Anzeigepflicht bei Berufsunfähigkeitsversicherungen

Bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind Versicherungsnehmer verpflichtet, alle gesundheitlichen Beeinträchtigungen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben. Diese Anzeigepflicht ist entscheidend, da das Risiko und die Vertragsbedingungen auf Basis der Gesundheitsdaten berechnet werden.

Werden relevante Vorerkrankungen verschwiegen, kann der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten. Die Folge ist die Leistungsfreiheit – selbst bei später eingetretener Berufsunfähigkeit. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Anzeigepflicht wird als arglistige Täuschung gewer und kann weitreichende Konsequenzen haben.

➜ Der Fall im Detail


Streit um Berufsunfähigkeitsversicherung und verschwiegene Gesundheitsstörungen

Im Zentrum des Falls steht ein Rechtsstreit zwischen einer Versicherten und ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung, bei dem die Versicherung wegen verschwiegener Vorerkrankungen von der Versicherungsnehmerin den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat. Die Versicherte, eine ehemalige Mitarbeiterin der Bäckerei H. KG, hatte über ihre Arbeitgeberin seit 2013 eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei der Beklagten, der Rechtsnachfolgerin der A. Lebensversicherung AG. Der Konflikt entzündete sich, als die Versicherte 2021 Berufsunfähigkeit aufgrund einer Schulterverletzung geltend machte und die Versicherung daraufhin unter Verweis auf frühere, nicht angegebene Gesundheitsprobleme der Versicherten, den Vertragsrücktritt erklärte.

Die rechtliche Auseinandersetzung und ihre Komplexität

Die rechtliche Auseinandersetzung dreht sich um die Frage, ob die Versicherte ihre Anzeigepflicht verletzt hat, indem sie bei Vertragsabschluss bestimmte Gesundheitsstörungen nicht angab. Die Versicherungsbedingungen sahen vor, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktreten kann, wenn die Anzeigepflicht verletzt wird. Die Versicherte argumentierte, dass es sich bei den nicht angegebenen Gesundheitsproblemen lediglich um Bagatellen handele und dass diese nicht ursächlich für die geltend gemachte Berufsunfähigkeit gewesen seien.

Entscheidung des Landgerichts Marburg

Das Landgericht Marburg wies die Klage der Versicherten ab. Es stellte fest, dass die Klägerin ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt habe, indem sie relevante Gesundheitsprobleme, darunter Rückenschmerzen und eine Depression, nicht angab. Das Gericht folgte dabei der Argumentation der Versicherung, wonach diese Gesundheitsprobleme für die Risikobewertung und damit für den Vertragsabschluss erheblich gewesen seien. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Klägerin diese Informationen vorsätzlich verschwiegen hatte, um den Versicherungsschutz zu erhalten.

Begründung und Folgen der gerichtlichen Entscheidung

In seiner Urteilsbegründung legte das Gericht dar, dass die Klägerin nicht überzeugend darlegen konnte, warum die entsprechenden Gesundheitsprobleme bei der Antragstellung unerwähnt blieben. Es bewertete das Verschweigen der Vorerkrankungen als arglistige Täuschung, welche die Versicherung zum Rücktritt berechtigte. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Versicherte trägt die Kosten des Rechtsstreits und verliert ihren Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung, womit das Urteil auch eine Warnung an Versicherungsnehmer darstellt, die Anzeigepflicht ernst zu nehmen.

Zentrale Abwägungen des Gerichts

Das Gericht musste zwischen den Schilderungen der Klägerin und den Versicherungsbedingungen abwägen und dabei die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Argumente beurteilen. Die Entscheidung basierte auf der Bewertung, ob die nicht angegebenen Gesundheitsstörungen für den Versicherungsfall relevant waren und ob die Klägerin diese bewusst verschwiegen hat. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin die Anzeigepflicht arglistig verletzt hatte, was die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreite.

Juristische Grundlagen und das Vorgehen des Gerichts

Das Landgericht Marburg stützte seine Entscheidung auf die §§ 19 Abs. 2, 17 Abs. 2 und 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), welche die Rechte des Versicherers bei Anzeigepflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer regeln. Die Beweisführung und die Beweiswürdigung, insbesondere die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen, spielten eine entscheidende Rolle für das Urteil.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was bedeutet die Anzeigepflicht bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Zusammengefasst bedeutet die vorvertragliche Anzeigepflicht bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) folgendes:

Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, vor Vertragsabschluss alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, wahrheitsgemäß und vollständig anzuzeigen. Dazu gehören insbesondere Angaben zu vergangenen Erkrankungen, Behandlungen und anderen relevanten gesundheitlichen Umständen, die das Risiko für einen Versicherungsfall beeinflussen könnten.

Der Versicherer benötigt diese Informationen, um das zu übernehmende Risiko richtig einschätzen und entscheiden zu können, ob er den Vertrag überhaupt oder zu welchen Bedingungen (Beitrag, Ausschlüsse) abschließt. Nur so kann er die Beiträge risikoadäquat kalkulieren.

Werden relevante Vorerkrankungen oder Umstände verschwiegen oder falsch angegeben, liegt eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vor. Je nach Verschuldensgrad kann dies dazu führen, dass der Versicherer im Leistungsfall nicht zahlen muss, vom Vertrag zurücktreten oder diesen kündigen kann.

Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist daher enorm wichtig für den Versicherungsschutz. Versicherungsnehmer sollten unbedingt alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten und Erkrankungen keinesfalls verschweigen. Im Zweifel empfiehlt es sich, ärztliche Unterlagen beizuziehen. Nur so ist gewährleistet, dass die BU im Ernstfall auch leistet.

Welche Folgen hat das Verschweigen von Gesundheitsstörungen?

Das Verschweigen von Gesundheitsstörungen oder Vorerkrankungen beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann schwerwiegende Folgen haben:

Der Versicherer kann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat, indem er gefahrerhebliche Umstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, nicht angezeigt oder falsche Angaben gemacht hat. Dies führt dazu, dass der Vertrag rückwirkend aufgehoben wird. Der Versicherungsnehmer verliert seinen Versicherungsschutz, auch für Leistungsfälle, die nicht mit den verschwiegenen Erkrankungen zusammenhängen.

Voraussetzung für den Rücktritt ist, dass der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Hätte der Versicherer bei Kenntnis der verschwiegenen Umstände den Vertrag gar nicht oder nur zu anderen Bedingungen (z.B. mit Risikozuschlägen oder Ausschlüssen) geschlossen, ist der Rücktritt gerechtfertigt.

Der Versicherer kann auch noch Jahre später vom Vertrag zurücktreten. Die Frist beträgt 10 Jahre ab Vertragsschluss bei arglistigem Verschweigen. Selbst wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht ausreichend über die Folgen von Falschangaben belehrt hat, bleibt sein Rücktrittsrecht bestehen, wenn vorsätzlich falsche Angaben gemacht wurden.

Neben dem Rücktritt kann der Versicherer den Vertrag auch wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Versicherungsnehmer ihn bewusst über gefahrerhebliche Umstände getäuscht hat. Die Anfechtung ist noch ein Jahr nach Kenntniserlangung möglich.

Die Folge von Rücktritt oder Anfechtung ist, dass der Versicherungsnehmer rückwirkend jeden Versicherungsschutz verliert. Im Leistungsfall steht er dann ohne Absicherung da. Zudem hat er keinen Anspruch auf Rückzahlung der bis dahin gezahlten Beiträge.

Um den Verlust des Versicherungsschutzes zu vermeiden, müssen Versicherungsnehmer die Gesundheitsfragen im Antrag unbedingt vollständig und wahrheitsgemäß beantworten. Dazu sollten sie auch ihre Ärzte von der Schweigepflicht entbinden und Gesundheitsunterlagen beibringen. Nur so ist gewährleistet, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung im Ernstfall auch leistet.

Was versteht man unter arglistiger Täuschung im Kontext einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Unter einer arglistigen Täuschung im Kontext einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) versteht man Folgendes:

Der Versicherungsnehmer macht bei Antragstellung vorsätzlich falsche Angaben zu gefahrerheblichen Umständen wie Vorerkrankungen oder Gesundheitsstörungen oder er verschweigt diese bewusst. Ziel ist es, den Versicherer über das tatsächliche Risiko zu täuschen und so eine Annahme des Antrags zu den normalen Bedingungen zu erreichen.

Für eine arglistige Täuschung muss der Versicherungsnehmer also:

  1. Willentlich falsche Angaben machen oder Fakten verschweigen
  2. Dabei auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen wollen
  3. Sich bewusst sein, dass der Versicherer den Antrag bei Kenntnis der wahren Umstände ablehnen oder nur zu anderen Konditionen annehmen würde

Beispiel: Der Antragsteller verschweigt, dass er wegen Depressionen in Behandlung ist, weil er weiß, dass die BU ihn dann nicht oder nur mit Ausschluss von psychischen Erkrankungen versichern würde.

Bloße Nachlässigkeit, Vergesslichkeit oder falsche Scham gelten nicht als Arglist. Die Beweislast für die arglistige Täuschung trägt der Versicherer. Innere Vorgänge muss er oft durch Indizien nachweisen.

Gelingt dem Versicherer der Nachweis, kann er den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Der Vertrag gilt dann von Anfang an als nichtig. Der Versicherungsnehmer verliert rückwirkend seinen Versicherungsschutz, auch für Leistungsfälle, die nicht mit der verschwiegenen Erkrankung zusammenhängen.

Die Anfechtung wegen Arglist ist noch bis zu 10 Jahre nach Vertragsschluss möglich. Sie ist das schärfste Mittel der Versicherer, sich vom Vertrag zu lösen. Versicherungsnehmer sollten daher unbedingt alle Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten, um den Verlust des Versicherungsschutzes zu vermeiden.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 19 Abs. 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Regelt die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers vor Vertragsabschluss. Es geht um die Pflicht, alle bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers erheblich sind, wahrheitsgemäß mitzuteilen. Dies ist zentral für den Fall, da der Streit um die Frage entstand, ob die Klägerin ihre Anzeigepflicht verletzt hat, indem sie Gesundheitsstörungen nicht angab.
  • § 17 Abs. 2 und 3 VVG: Behandelt die Konsequenzen bei Verletzung der Anzeigepflicht, insbesondere das Rücktrittsrecht des Versicherers vom Vertrag und die Bedingungen, unter denen dieses Recht besteht oder entfällt. Dies ist relevant, weil die Versicherung genau aus diesem Grund vom Vertrag zurücktrat.
  • § 286 ZPO (Zivilprozessordnung): Legt die Grundsätze der freien Beweiswürdigung durch das Gericht fest. Im vorliegenden Fall war dies wichtig für die Entscheidungsfindung, insbesondere bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen und der Beweise.
  • § 21 VVG: Regelt die Rechtsfolgen des Rücktritts, insbesondere die Leistungsfreiheit des Versicherers nach einem wirksamen Rücktritt. Dies war entscheidend, da die Klägerin durch den Rücktritt der Versicherung ihre Ansprüche zu verlieren drohte.
  • § 91 ZPO: Bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Im kontextuellen Rahmen dieses Falles wurde die Klägerin zur Kostenübernahme verurteilt, da ihre Klage abgewiesen wurde.
  • § 709 ZPO: Regelt die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen. Dies ist von Bedeutung, da das Urteil gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, was für die Durchsetzung der Entscheidung vor endgültiger Klärung sorgt.


Das vorliegende Urteil

LG Marburg – Az.: 1 O 79/22 – Urteil vom 08.11.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird festgesetzt auf einen Wert aus der Gebührenstufe bis 95.000,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten wegen Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die frühere Arbeitgeberin der Klägerin, die Bäckerei H. KG unterhielt seit dem 01.01.2013 bei der Beklagten, der Rechtsnachfolgerin der A. Lebensversicherung AG, unter der Versicherungsscheinnummer eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung für die Klägerin als versicherte Person. Leistungs- sowie das Ende der Versicherungsdauer sind auf den 01.09.2030 festgelegt. Die Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sowie die Beiträge für die in Rede stehende Versicherung sind streitig. Der Antrag für eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vom 26.11.2012 wurde durch die D. AG, durch Herrn H. vermittelt. Bestandteil der Versicherung sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen für fondsgebundene Rentenversicherungen nach Tarif BRG als betriebliche Altersversorgung. Diese enthalten ergänzende Regelungen zur Anzeigepflicht und Rücktritt im Sinne von § 19 ff. VVG.

§ 17 Abs. 2:

Wenn Umstände, die für die Übernahme des Versicherungsschutzes Bedeutung haben, von Ihnen oder der versicherten Person nicht oder nicht richtig angeben worden sind, können wir vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt nicht, wenn uns nachgewiesen wird, dass die vorvertragliche Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt worden ist. Bei grob fahrlässiger Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht haben wir kein Rücktrittsrecht, wenn uns nachgewiesen wird, dass wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten.

§ 17 Abs. 3:

Im Fall des Rücktritts besteht kein Versicherungsschutz. Haben wir den Rücktritt nach Eintritt des Versicherungsfalls erklärt, bleibt unsere Leistungspflicht jedoch bestehen, wenn uns nachgewiesen wird, dass der nicht oder nicht richtig angegebene Umstand weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war. Haben Sie oder die versicherte Person die Anzeigepflicht arglistig verletzt, sind wir nicht zur Leistung verpflichtet.

Die in dem Antrag vom 07.11.2012, den die Beklagte am 26.11.2012 annahm, unter Punkt B3 bis D3 enthaltenen Gesundheitsfragen beantwortete die Klägerin mit Ausnahme der Frage, ob in den letzten fünf Jahren eine Untersuchung, Beratung oder Behandlung hinsichtlich Psyche stattgefunden hat, jeweils mit „nein“. Weiterhin gab sie in der Spalte zu etwaigen Erläuterungen im Hinblick auf positiv beantwortete Gesundheitsfragen an, dass eine Depression von September 2008 bin Januar 2009 vorgelegen habe. Seit Januar 2009 beständen keine Beschwerden mehr.

Ca. vier Jahre vor Antragstellung im Jahre 2008 lagen bei der Klägerin ausweislich ihrer Krankenkarteikarte u.a. Rückenschmerzen vor. Für eine genaue Darstellung wird auf die Patientenkartei der Klägerin (Bl. 79 ff. der Akte) verwiesen.

Die Klägerin war bei ihrer früheren Arbeitgeberin von April 2004 bis September 2020 als Bäckereifachverkäuferin beschäftigt. Im August 2020 zog die Klägerin sich eine Schulterverletzung zu. Mit Schreiben vom 28.09.2021 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten Berufsunfähigkeit ab dem 05.08.2020 an und forderte diese auf, alle vertraglich vereinbarten Leistungen seit diesem Datum zu gewähren. Eine entsprechende Selbstauskunft zur Berufsunfähigkeit legte sie bei.

Mit Schreiben vom 24.11.2021 und vom 03.01.2022 erklärte die Beklagte den Rücktritt, wegen vorsätzlich zurückgehaltener Informationen über Gesundheitsstörungen der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, bei den ihr vorgeworfenen Anzeigepflichtverletzung, handele es sich lediglich um Bagatellen. Etwaige Vorerkrankungen seien zudem nicht mitursächlich für die derzeitige Schulterverletzung auf die der Antrag auf Berufsunfähigkeit gestützt wird. Seitens des Mitarbeiters der D. sei erklärt worden, dass lediglich wichtige gesundheitliche Störungen angeben werden müssen, nicht jedoch kleinere Gesundheitsbeeinträchtigungen wie beispielsweise Erkältungskrankheiten oder Kopfschmerzen bzw. Rückenschmerzen (Bl. 214 d. A.). Sie gehe davon aus, den Versicherungsvertreter über die Rückenschmerzen informiert zu haben, dieser habe aber geäußert, dass diese Gesundheitsbeeinträchtigung keine entscheidende Bedeutung für den Vertragsabschluss habe (Bl. 246 d. A.). Letztlich sei sie auch nicht beraten worden, ein Beratungsprotokoll seit zu keinem Zeitpunkt gefertigt worden. Der Beklagten habe im Rahmen der Risikoprüfung bereits die Patientenkartei des Hausarztes vorgelegen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt ab 05.08.2020 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bAV STRATEGIE No. 1, Versicherungsscheinnummer: Leistungen in Höhe von monatlich 1.270,00 EUR längstens bis Vertragsende am 01.09.2030 zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats,

2. festzustellen, dass die beklagte Versicherung verpflichtet ist, die Klägerin von der Beitragszahlungspflicht für die fondsgebundene Rentenversicherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab August 2020 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet die Anspruchsvoraussetzungen einer Berufsunfähigkeit im Vertragssinne lägen bereits nicht vor. Bei Kenntnis der Vorerkrankungen der Klägerin, wäre eine entsprechende Berufsunfähigkeitsversicherung schon nicht abgeschlossen worden. Ferner ist sie der Ansicht, dass die Klägerin ihre Vorerkrankungen arglistig bei der Antragsstellung verschwiegen hat.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2023 Beweis durch die Vernehmung des Zeugen H. erhoben sowie die Klägerin informatorisch angehört. Für die Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen und Bezug genommen (Bl. 344 d.A.).

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen und Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil der, der Klägerin rechtzeitig erklärte Rücktritt der Beklagten zu deren Leistungsfreiheit führt.

Gemäß § 19 Abs. 2 VVG iVm. § 17 Abs. 2 u. 3 der hier einschlägigen AVB, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn seitens des Antragsstellers die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird. Für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Anzeigepflicht hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Dies gilt hier gemäß § 17 Abs. 1 insbesondere für Fragen nach gegenwärtigen oder früheren Erkrankungen, gesundheitlichen Störungen und Beeinträchtigungen der versicherten Person.

So liegen die Dinge hier. Die Klägerin wurde im Antragsformular für die streitgegenständliche Berufsunfähigkeitszusatzversicherung unter dem Punkt 4. in hinreichendem Maß über etwaige Vorerkrankungen befragt. Dahingehend war die Frage gerichtet auf Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen in den letzten 5 Jahren seit Antragsstellung. Bis auf den Punkt B4 8. Psyche (Depressionen) verneinte sie die Gesundheitsfragen vollständig.

Die Fragen hat sie demnach unrichtig verneint, da bei ihr insbesondere Rückenprobleme aus dem Jahr 2008 bekannt waren. Auch aus den zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen geht hervor, dass diese der Klägerin nicht unbekannt waren. Zudem wurde am 11.05.2012, mithin noch im Jahr der Antragsstellung, mithin noch im Jahr der Antragsstellung ausweislich der medizinischen Krankenakte ein Senkfuß und Hallux valgus mit einhergehenden Fußschmerzen diagnostiziert.

Der künftige Versicherungsnehmer hat die in einem Versicherungsantragsformular gestellte Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich daher bei seiner Antwort weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken noch sonst eine wertende Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen. Diese weit gefasste Pflicht zur Offenbarung findet ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen (s. BGH NJW-RR 2003, 1106).

Eine solche Belanglosigkeit liegt hier nicht vor. Die Klägerin vermag nicht damit durchzudringen, dass es sich lediglich um eine Bagatelle handelt. Auf den Hinweis der Kammer hat sie nicht zu überzeugen vermocht, wie die Aussagen ihrer Patientenkartei insb. „seit 14 Tagen Rückenschmerzen“ / anamnetisch: „seit ¼ Jahr an Rückenschmerzen zu leiden“, plausibel als Bagatelle zu bewerten seien. Vielmehr zeugt ihre Einlassung (Bl. 246 d.A.), dass die Beschwerden mit Kortisonspritzen behandelt werden mussten davon, dass es zu einer damals nicht unerheblichen körperlichen Einschränkung geführt haben muss.

Die Klägerin dringt zudem nicht damit durch, dass der damalige Vermittler der D. sie falsch beraten habe, indem er Angaben dazu gemacht habe, welche Erkrankungen in den Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen werden müssen und welche nicht.

So gab die Klägerin erstmals im Zuge ihrer Replik vom 30.09.2022 (Bl. 214 d.A.) an, dass der Mitarbeiter der D. erklärt habe, dass kleinere Gesundheitsbeeinträchtigungen wie beispielsweise Erkältungskrankheiten oder Kopfschmerzen bzw. Rückenschmerzen nicht angeben werden müssen. Mit Schriftsatz vom 12.12.2022 (Bl. 246 d.A.) gab sie an, den Umstand „Rückenschmerzen“ gegenüber dem Versicherungsvertreter mitgeteilt zu haben. Sie sei sich aber nicht 100% sicher, ob sie es wirklich gesagt habe. Der Versicherungsvertreter habe sodann auf diesen Vortrag erklärt, dass diese Gesundheitsbeeinträchtigungen keine entscheidende Rolle spielen würde.

Im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung gab die Klägerin zu Protokoll, dass sie sich nicht daran erinnern könne, ob die Thematik ihrer Rückenschmerzen im Gespräch mit dem Zeugen H. aufgekommen ist. Weiter führte sie an, dass Rückenschmerzen, wenn man so lange wie sie in einer Bäckerei gearbeitet habe, nicht ausblieben. Anders als seitens der Klägerin in ihrer Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung vom 12.10.2023 dargestellt, kann aus diesem Umstand gerade keine Bagatellerkrankung geschlossen werden. So zeigt dies vielmehr, dass sich der Klägerin ihrer Rückenbeschwerden gerade mit Blick auf ihre berufliche Tätigkeit aufgedrängt haben und es sich nicht um eine einmalig auftretende, kurzeitige Einschränkung, sondern um berufsimmanente Beschwerden handelt. Entsprechend kann daraus eine Anzeigepflicht im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung für gerade dieses Arbeitsumfeld abgeleitet werden.

Der Vortrag ist hiervon ausgehend widersprüchlich und nicht hinreichend substantiiert.

Sollte man dennoch anderer Auffassung sein, so ist es der Beklagten gelungen, den hier gegenständlichen Obliegenheitsverstoß der Klägerin zu beweisen. Denn es ist Sache der beklagten Versicherung, den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2004 – IV ZR 161/03).

Aufgrund der Beweisaufnahme vermochte die Kammer im Rahmen der ihr nach § 286 I 1 ZPO zustehenden freien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, dass die streitige Behauptung als bewiesen anzusehen ist. Danach ist ein Beweis dann erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmung in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist und alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt sind. Dies ist vorliegend der Fall.

Dass der Zeuge H. mit der Klägerin den Antrag ordnungsgemäß bearbeitet hat, steht zur Überzeugung der Kammer fest.

Die Aussage des Zeugen H. ist glaubhaft. So schilderte dieser umfassend wie er einen Antrag mit einer potentiell zu versichernden Person bespricht und diesen aufnimmt. So gibt der Zeuge an, dass er die Gesundheitsfragen genauso vorlese, wie sie auch auf dem Antrag stehen. Insbesondere auf Fragen nach möglichen Auslassungen bei der Antragsaufnahme hat der Zeuge erklärt, dass verschiedene Sachen nicht angegeben werden müssen. Das seien z. B. Vorsorgeuntersuchungen, ohne medizinischen Anlass und ohne Befund, normale Erkältungen, ein Gerstenkorn oder z. B. ausgeheilte leichte Schnittverletzungen. Er sage den Kunden dann aber auch, lieber einmal etwas zu viel angegeben als zu wenig.

Soweit aber die Gesundheitsfragen vorgelesen werden, wie sie auf den Antragsformularen abgebildet sind, nehme er auch alles auf, was da steht. Dort gebe er keine Ausnahmen an.

Weiter führt der Zeuge aus, dass wenn ein Kunde über Rückenprobleme oder psychische Erkrankungen spricht, er dies auf jeden Fall aufnehme. Wirbelsäule und Psyche seien die tragenden Gründe für den Ausschluss einer BU. Wenn die Klägerin ihm gegenüber angegeben haben könnte, unter Rückenschmerzen zu leiden, dann könne er sich nicht vorstellen, diesen Punkt bei der Ausfüllung des Antrags weggelassen zu haben. Er habe zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre Erfahrung gehabt. Diese wichtigen Themen nehme er auf.

Zugunsten der Klägerin verhält es sich nicht, dass der Zeuge nicht mehr wisse ob er mit der Klägerin über ihre Rückenerkrankungen gesprochen habe. Auch die Klägerin konnte im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung nicht mehr erinnern, ob sie diese gegenüber dem Zeugen erwähnt habe. Den obigen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass wenn die Thematik zur Sprache gekommen wäre, der Zeuge diese auch im Antragsformular aufgenommen hätte. Zweifel an dieser Aussage bestehen seitens der Kammer nicht. Auch die Klägerin bestätigte, dass das Antragsgespräch wie seitens des Zeugen H. dargestellt abgelaufen ist.

Insgesamt hat die Kammer keinen Anlass gesehen an der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen zu zweifeln.

Die Beklagte konnte somit wirksam den Rücktritt wegen einer Anzeigepflichtverletzung erklären.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 17 Abs. 3 der AGB weiter zur Leistung verpflichtet, da sie den Rücktritt erst nach Eintritt des Versicherungsfalls erklärt hat. Ob überhaupt ein geregelter Versicherungsfall gegeben ist oder ob der Umstand der nicht angegeben wurde weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls, noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten ursächlich war und die Klägerin dies nachweisen kann, kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat ihre Anzeigepflicht arglistig verletzt, sodass die Beklagte gemäß § 17 Abs. 3 S.3 der AVB nicht zur Leistung verpflichtet ist.

Vorsatz in diesem Sinne verlangt Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben, damit aus der Falschangabe eine Täuschung wird. Der Vorsatz muss auch die Anzeigepflicht umfassen, was bei gestellten Antragsfragen unproblematisch angenommen werden kann. Bedingter Vorsatz genügt. Bei klaren Fragen und eindeutigen Falschangaben dürfte ohne Weiteres Vorsatz anzunehmen sein, wenn nicht der Versicherungsnehmer gewichtige Gründe entgegenhält.

Wenn objektive Falschangaben feststehen, ist es grundsätzlich Sache des Versicherungsnehmers, plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen gekommen ist; ihn trifft eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGB, r+s 2011, 324; BGH, VersR 2008, 809). Die sekundäre Darlegungslast führt jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast.

Sind die Angaben des Versicherungsnehmers in sich stimmig, (nicht erforderlich ist, dass diese zu einer Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO führen,) muss der Versicherer den Täuschungsvorsatz beweisen (vgl. OLG Jena, r+s 2018, 294). In der Regel kann die innere Tatsache, Arglist, dann nur durch objektive Indizien nachgewiesen werden, die Rückschlüsse auf die subjektive Tatsache zulassen (vgl. BGH, r+s 1987, 32; BGH, r+s 1985, 49).

Nach diesen Maßstäben kann vorliegend der Rückschluss auf vorsätzlich fehlerhafte Angaben der Klägerin, zumindest hinsichtlich eines für möglich Haltens der Relevanz ihrer Rückenschmerzen für die Antragsfragen und billigender Inkaufnahme einer Falschbeantwortung der Antragsfragen – dolus eventualis – festgestellt werden.

Dementsprechend ist es nach der oben dargestellten Auffassung der Kammer, der Klägerin schon nicht gelungen plausibel zu machen, warum eine entsprechende Anzeige der Rückenprobleme unterblieben ist.

Überdies kann die Arglist zur Überzeugung der Kammer auch anhand objektiver Indizien nachgewiesen werden. Neben der Tatsache, dass die Klägerin verschiedene Erkrankungen (neben dem Rückenleiden, auch einen Hallux Valgus) nicht angegeben hat, gibt sie zu erkennen, dass diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihres Rückens aus ihrer zum Zeitpunkt der Antragsstellung ausgeübten Beschäftigung resultieren.

Auch der Umstand, dass die Klägerin sich bezüglich ihrer Rückenbeschwerden dahingehend Gedanken gemacht haben will, dass diese wohl nicht ausbleiben, wenn man lange in einer Bäckerei arbeite, führt nicht dazu, dass es sich um eine unbeachtliche Bagatellerkrankung handelt, sondern dazu dass die Klägerin anders als ihrer Anzeigepflicht entsprechend, sich Gedanken um die Bewertung eines Krankheitsbildes gemacht hat und dieses nach eigenem Dafürhalten bewusst gegenüber der Beklagten nicht angezeigt hat.

Die Beklagte hat die Klägerin auch gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auf die ihr zustehenden Rechte, insbesondere den Rücktritt, bei Verletzung der Anzeigepflicht hingewiesen. Dies ergibt sich insbesondere aus Anhang B des Antrags vom 07.11.2012 (Bl. 15 d.A.).

Die Beklagte hat den Rücktritt im Rahmen der Frist das § 21 Abs. 1 Satz 1 VVG gegenüber dem Kläger erklärt. Die für die streitige Behauptung einer vorzeitigen Kenntnis der Beklagten von der Patientenakte darlegungs- und beweis belastetet Klägerin ist beweisfällig geblieben.

Ein Einwand gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 VVG bzw. § 17 Abs. 2 der AVB, dass die Beklagte bei Kenntnis der gegenständlichen nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, kommt aufgrund der vorliegenden Arglist nicht in Betracht.

Demnach ist die Beklagte mit der Rechtsfolge des § 21 Abs. 2 Satz 2 VVG selbst bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht zur Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verpflichtet.

Aufgrund des wirksamen Rücktritts war auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung der Klägerin von der Beitragszahlungspflicht ab August 2020 nicht mehr festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

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