OLG München – Az.: 25 U 2202/17 – Urteil vom 30.11.2018
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 24.05.2017, Az. 10 O 1012/16 Ver, abgeändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 84.118,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 7.037,77 und aus € 609,37 mit Ablauf des 1. banküblichen Arbeitstages monatlich, beginnend im April 2015 bis einschließlich Februar 2016 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit Versicherungsscheinnummer … monatlich im Voraus, beginnend ab 01.03.2016 eine BU-Rente in Höhe von monatlich € 7.037,77 längstens bis Vertragsablauf 28.02.2033 zu bezahlen und den Kläger von der Beitragspflicht der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsscheinnummer … ab 01.03.2016 bis längstens mit Vertragsende 28.02.2033 zu befreien.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zusammen mit der unter 2. geltend gemachten BU-Rente eine zusätzliche Berufsunfähigkeitsrente aus der jeweiligen jährlichen Überschussbeteiligung des Klägers zu bezahlen, längstens bis Vertragende 28.02.2033.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus der jeweiligen monatlichen Rente in Höhe von € 7.037,77 ab deren Fälligkeit, frühestens mit Ablauf des ersten banküblichen Arbeitstages, beginnend ab März 2016, längstens bis Vertragsende 28.02.2033 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 409.498,42 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um rückständige und zukünftige Rentenleistungen, Beitragsrückerstattungen sowie Beitragsfreistellung aus einer mit Vertragsbeginn 01.03.2013 mit der Beklagten geschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung. Für den Fall der bedingungsgemäßen mindestens 50 %igen Berufsunfähigkeit haben die Parteien eine ursprüngliche monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von € 6.800,00 zuzüglich einer Überschussbeteiligung sowie Befreiung von den Beiträgen in Höhe von monatlich € 609,37 vereinbart. Die Berufsunfähigkeitsrente beträgt ausweislich des Abrechnungsschreibens der Beklagten vom 09.07.2015 (Anlage K 5) ab März 2015 monatlich € 7.037,77. Die Laufzeit des Vertrages endet zum 28.02.2033. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den Versicherungsschein vom 12.03.2013 (Anlage K 1) sowie das vereinbarte Bedingungswerk AVB E 356 (Anlage K 2) Bezug genommen.
Der Kläger stellte am 12.11.2014 unter Verwendung eines Antragsformulars der Beklagten einen Leistungsantrag wegen einer Anpassungsstörung und einer depressiven Episode. Auf S. 4/5 beschrieb der Kläger seine Tätigkeit bei der Fa. … als letzte Tätigkeit in gesunden Tagen (Anlage K 4, S. 4, Ziff. 9) und machte Angaben zur wöchentlichen durchschnittlichen Arbeitszeit (Anlage K 4, S. 4, Ziff. 13) sowie zu den dort geleisteten Teiltätigkeiten (Anlage K4, S. 5, Ziff. 14).
Die Beklagte trat daraufhin in die Leistungsprüfung ein, und erholte auf Grundlage der vom Kläger im Leistungsantrag mitgeteilten Angaben ein psychiatrisches Fachgutachten des Dr. Strasser vom 23.05.2015 (Anlage B 1) nebst psychometrischem Zusatzgutachten vom selben Tag (Anlage B 2) und erkannte mit Schreiben vom 25.06.2015 (Anlage K 4) Leistungsansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.05.2013 (nicht 01.03.2013, wie im Ersturteil festgestellt) bis zum 31.03.2015 mit der Begründung an, aus dem erholten Gutachten ergebe sich, dass der Kläger in dem im Antrag beschriebenen Beruf lediglich in der Zeit vom 15.04.2013 (Beginn der fachärztlichen Behandlung bei Frau Dr. …) bis maximal 08.03.2015 nachweisbar berufsunfähig gewesen sei. Ab dem 09.03.2015, dem Tag der zweiten Untersuchung durch Dr. Strasser habe der Grad der Berufsunfähigkeit lediglich 20 – 40 % betragen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Aktenfundstellen Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, mit der er vertragliche Leistungen über den 31.03.2015 hinaus begehrt und zur Begründung vorträgt, sein Gesundheitszustand habe sich im Vergleich zum Anerkenntnis nicht gebessert. Maßgebliche Tätigkeit sei die Tätigkeit für die Firma … gewesen. Diese habe er bis November 2011 ausgeübt. Die Planungen für eine neue selbständige Tätigkeit für die Zeit nach November 2011 seien zunächst durch einen am 28.12.2011 erlittenen Skiunfall unterbrochen worden, die Planungen für den Aufbau einer Firma … durch einen am 27.09.2012 erlittenen Fersensporn sowie eine Plantarfasziitis. Auch sei er im Jahr 2012 aufgrund seiner Depression bereits gesundheitlich angeschlagen gewesen. Eine am 28.12.2012 als freier Mitarbeiter begonnene Tätigkeit bei der Fa. … sei aufgrund einer Auseinandersetzung bereits am 15.03.2013 wieder beendet worden.
Die Beklagte hat behauptet, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich im März 2015 prognostisch auf Dauer erheblich verbessert, so dass der Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers ab dem 09.03.2015 nur noch 20 – 40 % betragen habe. Im Übrigen seien die Angaben des Klägers zu seiner beruflichen Tätigkeit ab November 2011 höchst widersprüchlich, weshalb sämtliche Angaben des Klägers zu seiner beruflichen Tätigkeit ab November 2011 bestritten würden. Ein Anspruch des Klägers scheide aber auch deshalb aus, weil § 1 I der AVB voraussetze, dass der Kläger während der Vertragsdauer berufsunfähig werde. Daran fehle es, da der Kläger nach seinem eigenen Sachvortrag seit Ende 2011 an Depressionen gelitten habe und bereits 2012 in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt gewesen sei.
Im Übrigen wird zu den tatsächlichen Feststellungen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts München II vom 24.05.2017 (S. 2/9; Bl. 86/93 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe bereits nicht hinreichend schlüssig dargelegt, welche berufliche Tätigkeit er zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt habe. Die Beklagte habe zulässigerweise ein Anerkenntnis mit einer Nachprüfungsentscheidung verbunden. Daher obliege es grundsätzlich ihr, im Nachprüfungsverfahren darzulegen und zu beweisen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers spätestens im März 2015 prognostisch auf Dauer so verbessert habe, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch im Prozess zu seiner Tätigkeit in gesunden Tagen widersprüchliche und von den Angaben im Leistungsantrag abweichende Angaben gemacht und die Widersprüche bis zuletzt nicht ausgeräumt. Damit habe er, nachdem die Beklagte seine Angaben zulässigerweise bestritten habe, seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Nachdem daher nicht feststellbar gewesen sei, welche Tätigkeit der Kläger in gesunden Tagen ausgeübt habe, sei eine Beweisaufnahme nicht veranlasst gewesen. Sowohl die Einvernahme der vom Kläger benannten Zeugen als auch die Erholung eines Sachverständigengutachtens hätten einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt.
Im Einzelnen wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren im vollen Umfang weiterverfolgt. Mit seiner Berufung rügt der Kläger, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft trotz geeigneter Beweisantritte eine Beweisaufnahme nicht durchgeführt. Maßgeblich sei die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Fa. … GmbH gewesen. Zu dieser Tätigkeit habe er schriftsätzlich ausführlich vorgetragen und Zeugen für diesen Vortrag benannt. Diese Zeugen habe das Erstgericht verfahrensfehlerhaft nicht vernommen und es auch verfahrensfehlerhaft unterlassen, ein Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage einzuholen, ob sich sein Gesundheitszustand so gebessert habe, dass Berufsunfähigkeit im März 2015 wieder entfallen sei, was nicht zutreffe. Auf die Berufungsbegründung vom 10.08.2017 (Bl. 119/131 d.A.) und den Schriftsatz des Klägers vom 14.08.2018 (Bl. 196/198 d.A.) wird ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger beantragt:
I. Das Urteil des Landgerichts München II, Az. 10 O 1012/16 Ver, vom 24.05.2017 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 84.118,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 7.037,77 und aus € 609,37 mit Ablauf des 1. banküblichen Arbeitstages monatlich, beginnend im April 2015 bis einschließlich Februar 2016 zu bezahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit Versicherungsscheinnummer … monatlich im Voraus, beginnend ab 01.03.2016 eine BU-Rente in Höhe von monatlich € 7.037,77 längstens bis Vertragsablauf 28.02.2033 zu bezahlen und den Kläger von der Beitragspflicht der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsscheinnummer … ab 01.03.2016 bis längstens mit Vertragsende 28.02.2033 zu befreien.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zusammen mit der unter III. geltend gemachten BU-Rente eine zusätzliche Berufsunfähigkeitsrente aus der jeweiligen jährlichen Überschussbeteiligung des Klägers zu bezahlen, längstens bis Vertragende 28.02.2033.
V. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 7.037,77 monatlich mit Ablauf des ersten banküblichen Arbeitstages, beginnend ab März 2016, längstens bis Vertragsende 28.02.2033 zu bezahlen.
VI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 4.267,64 zu bezahlen.
Hilfsweise:
Der Rechtsstreit wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München II zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Klageabweisung beruhe weder auf einer Rechtsverletzung, noch würden die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine schlüssige und nachvollziehbare Darstellung des Klägers zu seiner Tätigkeit in gesunden Tagen nicht erfolgt sei. Vorsorglich berufe sich die Beklagte auch weiterhin darauf, dass der Versicherungsfall bereits vor Vertragsbeginn (01.03.2013) eingetreten sei.
Auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 10.10.2017 (Bl. 140/146 d.A.) sowie deren Schriftsätze vom 24.01.2018 (Bl. 150 d.A.), vom 20.09.2018 (Bl. 202 d.A.) und vom 14.11.2018 (Bl. 210/211 d.A.) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 21.09.2018 (Beklagte; Bl. 203 d.A.) bzw. vom 01.10.2018 (Kläger; Bl. 204 d.A.) einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt, welche durch Beschluss vom 08.10.2018 (Bl. 205/206 d.A.) angeordnet wurde.
Der Senat hat Hinweise erteilt gemäß Beschluss vom 21.12.2017 (Bl. 147/148 d.A) und Beweis erhoben durch Erholung eines psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S gemäß Beweisbeschluss vom 01.02.2018, welches dieser unter dem 04.06.2018 (Bl. 162/187 d.A.) erstattete. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Aktenfundstellen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist ganz überwiegend begründet. Der Senat geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger über den 31.3.2015 hinaus bedingungsgemäß berufsunfähig ist, die Beklagte mithin den ihr obliegenden Beweis, dass die Voraussetzungen ihrer Leistungspflicht wieder entfallen sind, nicht geführt hat.
Das Erstgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht auf die in der Leistungsanmeldung geschilderte Tätigkeit des Klägers bei der Fa. … abzustellen ist. Diese Tätigkeit hat die Beklagte ihrem Anerkenntnis vom 25.06.2015 (Anlage K 4) ausdrücklich zugrunde gelegt. Nachdem die Beklagte in § 17 ihrer AVB eine Befristung des Anerkenntnisses ausdrücklich ausgeschlossen hat, kann sie sich von ihrer Leistungspflicht, wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens wieder lösen. Eine solche Nachprüfungsentscheidung enthält das Schreiben vom 25.06.2015 (Anlage K 4). Gemäß § 174 Abs. 1 VVG ist Voraussetzung für den Eintritt der Leistungsfreiheit, dass der Versicherer feststellt, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind und er diese Veränderung dem Versicherungsnehmer in Textform darlegt. Sinn und Zweck der Regelung des § 174 Abs. 1 VVG ist es, den Versicherten, dessen Anspruch der Versicherer nach § 173 VVG anerkannt hat, davor zu schützen, dass der Versicherer seine Leistungen plötzlich einstellt, weil er – zu Recht oder zu Unrecht – der Meinung ist, der Versicherte sei nicht mehr berufsunfähig. Dem Versicherten wird dadurch ein gewisser Bestandsschutz gesichert: Der Versicherer bleibt an sein Anerkenntnis so lange gebunden, bis er mit Erfolg das Verfahren nach § 174 durchgeführt hat. Die Wiedererlangung der Berufsfähigkeit genügt deshalb alleine nicht. Eine Nachprüfung scheidet von vornherein aus, wenn der Versicherer – außerhalb des Bereiches der Arglistanfechtung – wegen falscher Informationen oder fehlerhafter Sachprüfung eine sachlich unrichtige Entscheidung getroffen hat (vgl. Prölss/Martin/Lücke VVG § 174 Rn. 2 m.w.N., beck-online). Der Versicherer ist nur leistungsfrei, wenn die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht „entfallen“ sind. Davon kann nicht gesprochen werden, wenn sie zu keinem Zeitpunkt vorgelegen haben. Das darf der Versicherer grundsätzlich nicht (im Wege der Nachprüfung) korrigieren (vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker VVG § 174 Rn. 12, beck-online). Damit kann die Beklagte, weil sie an ihr Anerkenntnis gebunden ist, weder geltend machen, sie habe bei ihrem Anerkenntnis zu Unrecht auf die geschilderte Tätigkeit bei der Fa. … abgestellt, noch kann sie geltend machen, die Berufsunfähigkeit habe bereits bei Vertragsbeginn bestanden und sei nicht während der Laufzeit des Vertrages, also im versicherten Zeitraum eingetreten (sog. mitgebrachte Berufsunfähigkeit).
Von der rechtlich unzutreffenden Einschätzung, die Tätigkeit bei der Firma … sei nicht maßgeblich, ist die Beklagte nach dem Hinweis des Senats vom 21.12.2017 mit Schriftsatz vom 24.01.2018 (Bl. 150 d.A.) ohnehin ausdrücklich abgerückt. Die in diesem Schriftsatz geforderte weitere Abklärung der konkreten Ausgestaltung dieser Tätigkeit musste nicht erfolgen. Aus dem Anerkenntnis der Beklagten gemäß Schreiben vom 25.06.2015 (Anlage K 4) ergibt sich, welche konkrete Tätigkeit die Beklagte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die Angaben des Klägers haben der Beklagten diesbezüglich ausgereicht, um – nach Erholung eines Sachverständigengutachtens – über ihre Leistungspflicht zu entscheiden. Auch hieran ist sie daher gebunden.
Der Sachverständige Prof. Dr. … hat im Gutachten vom 04.06.2018 (S. 22; Bl. 183 d.A.) nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger unter einer mittelgradigen depressiven Episode mit chronischem Verlauf (ICD-10: F32.1) leidet. Daneben besteht ein schädlicher Gebrauch von Alkohol (ICD-10: F 10.1). Dies führt zu den auf S. 24 des Gutachtens (Bl. 185 d.A.) beschriebenen Leistungseinschränkungen, welche eine Berufsunfähigkeit von deutlich mehr als 50 % bedingen. Die Beklagte, welche gegen das Ergebnis der Begutachtung keine Einwendungen erhoben hat, hat damit den ihr obliegenden Nachweis, dass eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers mit einem Absinken des Grades der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 % (vgl. § 1 Abs. 1 i.V.m § 18 Abs. IV der AVB) vorliegt, nicht geführt, vielmehr steht, ohne das es hierauf ankäme, sogar fest, dass der Kläger weiterhin zu mehr als 50 % berufsunfähig ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB, da nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte sich im Zeitpunkt der Beauftragung des Klägervertreters in Verzug befunden hat. Dieser wurde ersichtlich spätestens am 12.10.2015 beauftragt, als er den Schriftsatz vom 12.10.2015 verfasste, auf den das Schreiben der Beklagten vom 26.11.2015 (Anlage K 7) Bezug nimmt. Eine Mahnung der Beklagten durch den Kläger ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht dargetan. Die Leistungsentscheidung der Beklagten gemäß Schreiben vom 25.06.2015 stellt keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar. Eine solche könnte frühestens in dem Schreiben der Beklagten vom 26.11.2015 (Anlage K 7) gesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Klägervertreter aber bereits mandatiert.
Daher war das Urteil auf die Berufung des Klägers teilweise abzuändern und die Berufung im Übrigen (hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) zurückzuweisen.
Zinsen schuldet die Beklagte gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Künftig fällige Zinsen können gemäß § 257 ZPO als Prozesszinsen geltend gemacht werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, da keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung vorliegt, die höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde, noch durch die Entscheidung Fragen angesprochen werden, die der Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.
Der Streitwert bestimmt sich nach §§ 47, 48 GKG, §§ 3, 9 ZPO.