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Beitragsanpassung in privater Krankenversicherung – Unwirksamkeit

OLG Rostock – Az.: 4 U 132/21 – Urteil vom 27.09.2022

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 24.11.2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Das Versäumnisurteil vom 10.12.2020 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 4.240,08 € zuzüglich Jahreszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.11.2020 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte; die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 85 Prozent und die Beklagte zu 15 Prozent.

IV. Dieses Urteil und – im Umfang seiner Aufrechterhaltung – das angefochtene Urteil des Landgerichts Neubrandenburg sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird beschränkt auf die Rückerstattungsansprüche des Klägers aufgrund der Beitragsanpassungen zum 01.01.2013, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017 und zum 01.01.2018 zugelassen.

Beschluss

I. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

II. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 24.11.2021 wird von Amts wegen abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt wird.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Prämienanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung und sich daraus ergebende Ansprüche auf Rückerstattung und Herausgabe von Nutzungen.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Versicherungsunternehmen, bei welchem der Kläger seit dem 01.02.1994 eine private Kranken- und Pflegeversicherung einschließlich einer Krankentagegeldversicherung unterhält mit einem monatlichen Gesamtbeitrag in Höhe von zuletzt 659,73 €.

In den Versicherungsvertrag einbezogen sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (im Folgenden: AVB KK) der Beklagten, welche unter anderem die folgenden hier relevanten Regelungen enthalten:

„(…)

§ 8 Beitragszahlung

Teil I

(1) Der Beitrag ist ein Jahresbeitrag und wird vom Versicherungsbeginn an berechnet. Er ist zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres zu entrichten, kann aber auch in gleichen monatlichen Beitragsraten gezahlt werden, die jeweils bis zur Fälligkeit der Beitragsrate als gestundet gelten. Die Beitragsraten sind am Ersten eines jeden Monats fällig.

(…)

§ 8a Beitragsberechnung

Teil I

(1) Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften des VAG und ist in den technischen Berechnungsgrundlagen des Versicherers festgelegt.

(…)

§ 8b Beitragsanpassung

Teil I

(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z. B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung zu den Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als zehn Prozent, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als fünf Prozent können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden. Ergibt die Gegenüberstellung zu den Sterbewahrscheinlichkeiten für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als fünf Prozent, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. (…)

(2) Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.

(3) Beitragsanpassungen (…) werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung des Versicherungsnehmers folgt.

(…)“

Im Verlauf des Versicherungsverhältnisses kam es zu Anpassungen verschiedener in den Vertrag hinsichtlich der Krankenversicherung einbezogener Tarife; diese stellten sich mit ihren jeweiligen Wirkungszeitpunkten wie folgt dar:

  • zum 01.01.2012 A 49,90 €
  • zum 01.01.2013 A 39,90 €
  • zum 01.01.2015 A 19,67 €
  • zum 01.01.2017 A 49,40 €
  • zum 01.01.2018 A 35,60 €
  • zum 01.01.2019 A 44,40 €
  • zum 01.01.2020 A 32,97 €

B 0,01 €.

Die Beklagte teilte dem Kläger die Beitragsanpassungen jeweils mit Nachträgen zum Versicherungsschein im November des vorhergehenden Jahres mit.

In dem betreffenden Anschreiben zu der Beitragsanpassung zum 01.01.2012 fanden sich unter anderem die folgenden hier relevanten Passagen:

„(…)

Warum erhöhen wir Ihren Beitrag?

Beitragsanpassung in privater Krankenversicherung - Unwirksamkeit
(Symbolfoto: Lothar Drechsel/Shutterstock.com)

Die Kostensituation auf dem Gesundheitsmarkt ändert sich fortlaufend. Stetiger medizinischer Fortschritt, hochwertige Versorgung und innovative Behandlungsmethoden führen zu einem weiteren Anstieg der Gesundheitskosten – davon sind alle Krankenversicherten betroffen. Damit Sie sich weiterhin auf unsere Leistungen verlassen können, wirken wir mit unseren Gesundheitsprogrammen der Kostensteigerung aktiv entgegen. So helfen wir unseren Versicherten z. B. durch Patientenbegleiter gezielt bei schwerwiegenden Erkrankungen und dämpfen dadurch zugleich die Kostenentwicklung. Nähere Informationen zu diesem Service finden Sie auf unserer Internetseite (…) unter dem Stichwort ‚Gesundheitslotse‘.

(…)“

In den Nachträgen zum Versicherungsschein bezüglich der Anpassungen zum 01.01.2013, 01.01.2015 und 01.01.2017 fand sich jeweils der folgende Vermerk:

„Anpassungsgrund: Die Gegenüberstellung der erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen ergab eine Abweichung von mehr als fünf Prozent und nicht mehr als zehn Prozent.“

In den Nachträgen zum Versicherungsschein bezüglich der Anpassungen zum 01.01.2018, 01.01.2019 und 01.01.2020 fand sich jeweils der folgende Vermerk:

 „Auslösender Faktor für die Beitragsanpassung: Versicherungsleistungen“

mit einem Klammerzusatz, aus dem sich die konkrete prozentuale Höhe der Abweichung ergab. In den außerdem mit übersandten „Zusatzinformationen zu Ihrer Beitragsanpassung“ hieß es unter anderem:

„(…)

Für den Auslösenden Faktor ‚Versicherungsleistungen‘ wird auf Basis der Leistungsausgaben der vergangenen drei Jahre nach einem vorgeschriebenen Verfahren der zukünftige Bedarf berechnet. Dieser wird mit den einkalkulierten Leistungsausgaben verglichen. Ergibt sich dabei eine Abweichung, die über einem festgelegten Schwellenwert liegt, und ist diese Abweichung nicht nur als vorübergehend anzusehen, so ist eine Anpassung der Beiträge vorgeschrieben. Der Schwellenwert liegt je nach Tarif bei fünf Prozent oder zehn Prozent. Welcher Schwellenwert für Ihren Tarif gilt, können Sie Ihren Versicherungsbedingungen entnehmen.

(…)“

Der Kläger hat die entsprechend angepassten Beiträge jeweils ab dem Einsatzzeitpunkt in dem Tarif A bis einschließlich des Monats September 2020 und in dem Tarif B bis einschließlich des Monats Oktober 2020 an die Beklagte geleistet.

Mit anwaltlichem Schriftsatz seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 09.09.2020 hat der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung vergeblich zur Rückzahlung der auf diese Erhöhungen gezahlten Prämienanteile zuzüglich der aus ihnen gezogenen Nutzungen aufgefordert; die Beklagte kam dem nicht nach.

Im Rahmen ihrer Klageerwiderung zu dem vorliegenden Rechtsstreit, welche dem Kläger aufgrund einer Verfügung vom 21.01.2021 formlos übersandt worden ist, hat die Beklagte mitgeteilt, dass Anlass für die Beitragsanpassungen jeweils geänderte Leistungsausgaben gewesen seien, wobei sich auslösende Faktoren wie folgt ergeben hätten:

  • zum 01.01.2012 A 15,06 %
  • zum 01.01.2013 A 6,65 %
  • zum 01.01.2015 A 7,44 %
  • zum 01.01.2017 A 8,36 %
  • zum 01.01.2018 A 5,41 %
  • zum 01.01.2019 A 24,04 %
  • zum 01.01.2020 A 12,99 %

B – 18,50 %.

Der Kläger hat Ansprüche gegen die Beklagte gerichtlich geltend gemacht. Er war der Auffassung, eine formelle Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen ergebe sich daraus, dass es zu deren von der Beklagten mitgeteilten Einsatzzeitpunkten jeweils an einer § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung gefehlt habe. Diese müsse erkennen lassen, welche Rechnungsgrundlage etwa im Hinblick auf die Sterbewahrscheinlichkeit oder gestiegene Leistungen sich geändert hätte, während bloß abstrakte oder allgemein gehaltene Angaben nicht ausreichten; sei in den Nachträgen zum Versicherungsschein für die Anpassungen ab dem Jahr 2012 ein solcher Vermerk enthalten, entbehre er wiederum einer Mitteilung, ob es sich um eine dauerhafte im Gegensatz zu einer nur vorübergehenden Abweichung in der Rechnungsgrundlage handele. Die Prämienerhöhungen zum 01.01.2013, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017 und zum 01.01.2018 seien davon unabhängig deshalb unwirksam, weil der auslösende Faktor nach der Mitteilung der Beklagten den gesetzlichen Schwellenwert von zehn Prozent nicht erreicht habe und § 8b Abs. 1 und 2 AVB KK als Rechtsgrundlage der Erhöhung gegen unabdingbares Gesetzesrecht verstießen. So werde der Beklagten in § 8b Abs. 2 AVB KK ein Ermessen eingeräumt, im Falle einer nur vorübergehenden Veränderung eine Beitragsanpassung vorzunehmen; eine solche sei gemäß §§ 203 Abs. 2 Satz 1 VVG, 155 Abs. 3 Satz 2 VAG bei einer nicht dauerhaften Veränderung zwingend ausgeschlossen. In der Folge müsse auch § 8b Abs. 1 AVB KK unwirksam sein, denn er lasse für sich genommen nicht erkennen, ob ein Anpassungsrecht nur bei dauerhaften oder auch bei vorübergehenden Veränderungen bestehe. Da sich die Beklagte ausweislich § 8b Abs. 2 AVB KK selbst zu einer entsprechenden Regelung verpflichtet gesehen habe, könne bei einem Wegfall der Regelung auch nicht partiell Gesetzesrecht eingreifen. Auf eine Entreicherung könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil sie aufgrund der unzureichenden Anpassungsbegründungen ab Erhalt des jeweiligen Erhöhungsbetrages gemäß § 819 Abs. 1 BGB verschärft hafte. Verjährung sei nicht eingetreten, weil der Kläger keine Kenntnis von der Unwirksamkeit der ihm mitgeteilten Beitragsanpassungen gehabt habe bzw. diesbezüglich keine grob fahrlässige Unkenntnis vorgelegen habe; zudem sei der Beginn der Regelverjährungsfrist bis zum 01.01.2019 hinausgeschoben, weil eine Klageerhebung zuvor aufgrund einer zweifelhaften und unsicheren Rechtslage unzumutbar gewesen sei. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei wegen der Betroffenheit einer Spezialmaterie sowie der notwendigen Berechnungen eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,5 angemessen, wobei der Gegenstandswert mit 26.351,64 € anzunehmen sei. Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

1. festzustellen, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer AK-0578236380 unwirksam sind:

a) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2012 in Höhe von 49,90 €,

b) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2013 in Höhe von 39,90 €,

c) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2015 in Höhe von 19,67 €,

d) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2017 in Höhe von 49,40 €,

e) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2018 in Höhe von 35,60 €,

f) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2019 in Höhe von 44,40 €,

g) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2020 in Höhe von 32,97 €,

h) im Tarif B die Erhöhung zum 01.01.2020 in Höhe von 0,01 €,

und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet sowie der Gesamtbeitrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen auf insgesamt 387,88 € zu reduzieren ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite 14.934,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängig- keit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte

a) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter Ziffer 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach Ziffer 3a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat, und

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.524,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Klage ist am 13.10.2020 eingegangen und der Beklagten mit einer Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens am 20.11.2020 zugestellt worden. Nachdem eine Verteidigungsanzeige von der Beklagten nicht abgegeben worden ist, hat das Landgericht am 10.12.2020 ein antragsgemäßes Versäumnisurteil erlassen mit einem Zinsbeginn zu den Anträgen zu 2), 3b) und 4) am 20.11.2020. Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 18.12.2020 zugestellt worden, worauf sie mit Eingang am 29.12.2020 Einspruch eingelegt hat. Der Kläger hat nunmehr beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Neubrandenburg – Az. 3 O 491/20 – vom 10.12.2020 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 11.12.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten einen Auftrag für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung erteilt habe sowie die begehrten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihm gegenüber abgerechnet und von ihm beglichen worden seien; es sei außerdem davon auszugehen, dass eine Rechtsschutzversicherung für den Kläger eingetreten sei und es damit insofern an dessen Aktivlegitimation fehle. Die Beklagte war der Ansicht, für die Rechtmäßigkeit einer auf eine „Kann“-Klausel wie § 8b I Abs. 2 AVB KK gestützten Beitragsanpassung sei lediglich im Sinne einer aus allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen abgeleiteten Ausübungskontrolle zu gewährleisten, dass der Versicherer die gesetzlich vorgesehenen Maßstäbe anlege; ein theoretisch denkbares unredliches Verhalten sei bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht zu berücksichtigen. Es liege im Interesse des Versicherungsnehmers, wenn häufigere und damit geringere Prämienanpassungen erfolgten, weil so größere Beitragssprünge vermieden würden und er sich finanziell besser einstellen könne. Ansonsten erfasse eine Unwirksamkeit von § 8b I Abs. 2 AVB KK nach dem so genannten „blue pencil“-Test nicht gleichzeitig (auch) § 8b I Abs. 1 AVB KK, und die verbleibende Regelung benenne eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung eben nur bezogen auf die Höhe des auslösenden Faktors für eine Tarifanpassung. Im Übrigen sei bereits in § 8a I Abs. 1 AVB KK grundlegend festgelegt, dass die Berechnung der Beiträge „nach Maßgabe der Vorschriften des VAG“ erfolge; daraus sei zu entnehmen, dass Beitragsanpassungen demgemäß nur bei nicht vorübergehenden Veränderungen vorgenommen würden. Ungeachtet dessen sei ein entsprechendes Ergebnis zumindest im Rahmen einer nach § 306 Abs. 2 BGB grundsätzlich zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu finden. Im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung unwirksamer Beitragserhöhungen müsse sich der Kläger ihm zugute gekommene Vermögensvorteile im Hinblick etwa auf die Altersrückstellungen anrechnen lassen; ein Rückzahlungsanspruch des Klägers führe ansonsten zu höheren Folgeanpassungen, wegen geringerer Zuführungen zu den Altersrückstellungen mit einer Belastung des gesamten Versichertenkollektivs. Grundlage für die Berechnung der gezogenen Nutzungen sei der Beitrag abzüglich des Versicherungsschutzes und der Abschluss- und Vertriebs- sowie der Verwaltungskosten. Die Beklagte hat hinsichtlich der Rückforderungen des Klägers bis einschließlich des Jahres 2016 die Einrede der Verjährung erhoben; ausreichend für den Beginn der Verjährungsfrist sei die Kenntnis von einem Erhöhungsverlangen gewesen, ohne dass es der definitiven Kenntnis von dessen Unwirksamkeit bedurft habe.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen bei einer Festsetzung des Streitwertes auf bis zu 19.000,00 €.

Es hat dazu unter anderem ausgeführt, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu 1) sei gegeben, weil von der Wirksamkeit einer Beitragserhöhung die Rechtmäßigkeit von der Beklagten zukünftig verlangter Beträge abhänge; außerdem sei bei der Beklagten als Versicherungsunternehmen davon auszugehen, dass sie sich einem Feststellungsurteil nach Eintritt von dessen Rechtskraft vollumfänglich beugen werde. Wegen der von der Beklagten jedenfalls schlüssig erhobenen Einrede der Verjährung wende sich der Kläger jedoch ohne Erfolg gegen die ihm vor dem 01.01.2017 mitgeteilten Beitragserhöhungen. Selbst bei Unterstellung deren formeller Unwirksamkeit habe die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB mit dem Zugang der Ankündigungen der Beitragsanpassungen bei dem Kläger begonnen, weil es allein auf die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen ankomme. Seien damit Rückforderungsansprüche hinsichtlich der bis einschließlich zum 31.12.2016 entstandenen Erhöhungen verjährt, könne der Kläger Prämienerhöhungen bis zu diesem Datum nicht mehr erfolgreich angreifen, weil diese bzw. die insoweit geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Ansprüche insgesamt der Verjährung unterlägen. Bezogen auf die als Prüfungsgegenstände verbleibenden Tarifanpassungen ab dem 01.01.2017 seien die formellen Voraussetzungen für deren Wirksamkeit sodann erfüllt gewesen, weil die betreffenden Versicherungsscheine jeweils die Versicherungsleistungen als auslösenden Faktor auswiesen. Einer ergänzenden Mitteilung dahingehend, ob das Abweichen in der betreffenden Rechnungsgrundlage dauerhaft oder nur vorübergehend sei, habe es nicht bedurft. Die Beitragserhöhung zum 01.01.2018 sei darüber hinaus auch materiell rechtmäßig, soweit ihr eine Veränderung der Versicherungsleistungen um weniger als zehn Prozent zugrunde gelegen habe. § 8b AVB KK begegne insoweit keinen Wirksamkeitsbedenken, weil nach einer Auslegung der §§ 203 Abs. 2 Satz 1 und 4 VVG, 155 Abs. 3 Satz 2 VAG aufgrund der Gesetzesmaterialien dem Versicherer ein Ermessen im Hinblick auf die Vornahme einer Prämienanpassung bei einer Unterschreitung des generellen Schwellenwertes eingeräumt werden solle. Weiterhin behalte die Klausel eine selbständige Bedeutung, auch wenn man § 8b Abs. 2 AVB KK seinerseits als unwirksam ansehe; es bestehe kein derart untrennbarer Zusammenhang zwischen beiden Regelungen, dass sie miteinander stehen und fallen sollten. Da die Klage damit insgesamt abzuweisen sei, komme es auf ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich des Antrages zu 3) auf Nutzungsersatz sowie einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht mehr an.

Den sich aus der Hauptforderung des Zahlungsantrages zu 2) ergebenden Streitwert erhöhe der damit wirtschaftlich identische Feststellungsantrag zu 1) nicht, soweit er sich bezogen auf eine Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und die Nichtverpflichtung zur Tragung der Erhöhungsbeiträge auf denselben Zeitraum wie der Zahlungsantrag richte. Für das weiter enthaltene Feststellungsbegehren bezüglich einer zukünftig verringerten Nichtleistungspflicht sei zwar grundsätzlich gemäß § 9 ZPO ergänzend der dreieinhalbfache Wert der behaupteten einjährigen Verringerung hinzuzurechnen. Wegen der Besonderheiten bei der Leistung von derartigen Krankenversicherungsbeiträgen müsse das rechtliche Interesse an der begehrten Reduzierung jedoch ausnahmsweise auf den einjährigen Einsparbetrag eingeschätzt werden, weil Versicherungsunternehmen für jeden nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Tarif zumindest jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen und bei Vorliegen entsprechender Abweichungen eine Anpassung vorzunehmen hätten sowie insbesondere auf Grundlage inzwischen vorliegender eindeutiger obergerichtlicher Rechtsprechung zudem davon ausgegangen werden müsse, dass Versicherer spätestens nach Einleitung eines entsprechenden Gerichtsverfahrens relativ zeitnah die notwendigen Mitteilungen an den Versicherungsnehmer nachholten und so den Eintritt der Wirksamkeit der betreffenden Beitragsanpassung noch vor Ablauf von einem Jahr nach Einleitung des Verfahrens bewirkten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 24.11.2021 zugestellte landgerichtliche Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 23.12.2021 erhobenen und nach Fristverlängerung bis zum 24.02.2022 mit Eingang am 18.02.2022 begründeten Berufung. Er beschränkt den Zahlungsantrag nunmehr einerseits auf die in dem Tarif A in der Zeit von Januar 2017 bis Dezember 2018 bzw. aufgrund der Änderung zum 01.01.2018 in diesem Jahr geleisteten Erhöhungsbeträge ausgehend von der Annahme einer Heilung zunächst unwirksamer Anpassungen aufgrund der Angaben der Beklagten in ihrer Klageerwiderung, andererseits erstreckt er die Zahlungsforderung auf die in dem Tarif B nach Anhängigkeit der Klage wegen der Erhöhung zum 01.01.2020 noch bis einschließlich Februar 2022 weiter gezahlten Beiträge; diese letztere Antragserweiterung sei nicht an § 533 ZPO zu messen, weil es sich gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht um eine Klageänderung handele. Während er Überzahlungen für die Zeit vor dem 01.01.2017 nicht mehr geltend mache, könnten solche nach diesem Datum noch zurückgefordert werden; ein Anspruch entstehe insofern nicht schon mit der Versendung eines unzureichenden Erhöhungsschreibens, sondern erst mit jeder rechtsgrundlos geleisteten Beitragszahlung. Zu Unrecht nehme das Landgericht an, die Beitragsanpassung in dem Tarif A zum 01.01.2012 sei wegen Verjährung nicht zu prüfen gewesen. Zwar habe es in diesem Tarif in den folgenden Jahren Beitragsanpassungen gegeben, welche allerdings ebenfalls (materiell) unwirksam seien; daher sei die Prämienerhöhung auch im nicht verjährten Zeitraum weiterhin unwirksam geblieben. Eine formelle Unwirksamkeit dieser Beitragsänderung folge aus einer unzureichenden Begründung; der Kläger wiederholt dazu wortgleich sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Letzteres ist auch der Fall, soweit der Kläger an seiner Auffassung einer Unwirksamkeit der Klauseln in § 8b Abs. 1 und 2 AVB KK und damit der Beitragsanpassungen zum 01.01.2013, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017 sowie zum 01.01.2018 festhält. Schließlich werde die Beitragserhöhung in dem Tarif B zum 01.01.2020 auf gesunkene Leistungsausgaben als auslösendem Faktor gestützt; es ergebe sich jedoch eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Regelung, weil eine solche Rechtsfolge widersinnig und nach dem Gesetzeszweck nicht angedacht gewesen sei. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 24.11.2021, Az.: 3 O 491/20, abzuändern und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge zu verurteilen:

1. Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzung der Prämie in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer AK-0578236380 unwirksam ist:

im Tarif B die Erhöhung zum 01.01.2020 in Höhe von 0,01 €

und die Klägerseite nicht zur Zahlung des Erhöhungsbetrages verpflichtet, sowie der Gesamtbeitrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkung um insgesamt 0,01 € zu reduzieren ist.

2. Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer AK-0578236380 unwirksam waren:

a) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2012 in Höhe von 49,90 €,

b) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2013 in Höhe von 39,90 €,

c) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2015 in Höhe von 19,67 €,

d) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2017 in Höhe von 49,40 €,

e) im Tarif A die Erhöhung zum 01.01.2018 in Höhe von 35,60 €,

und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 4.240,34 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängig- keit zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a. der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter Ziffer 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b. die nach Ziffer 4a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.524,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. § 8b I Abs. 1 Satz 4 AVB KK bilde für den Fall einer Überschreitung des tariflich festgelegten Schwellenwertes lediglich § 203 Abs. 2 VVG nach, gemäß welcher Vorschrift der Versicherer nur berechtigt, nicht aber verpflichtet sei, eine Neukalkulation vorzunehmen; eine dahingehende Pflicht bestehe allein bei einer Abweichung von dem in § 155 VAG geregelten gesetzlichen Schwellenwert. In dem Verfahren der Beitragsanpassung, welches durch die Änderung eines auslösenden Faktors lediglich angestoßen werde, sei darüber hinaus eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt; auch wenn einer dieser Faktoren gesunken sei, habe dies nicht notwendigerweise eine Beitragssenkung zur Folge.

II. Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.

A. Es mangelt an der Zulässigkeit der Berufung nicht deshalb, weil ihre Begründung den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht im Hinblick auf sämtliche Gegenstände des erstinstanzlichen Urteils genügte, welche nach den betreffenden Anträgen von dem Angriff im Wege des Rechtsmittels betroffen sind.

1. Die Berufungsbegründung muss danach erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Die genannten Vorschriften dienen dem Zweck, eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs für die Berufungsinstanz zu erreichen. Deshalb muss der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung klarstellen, in welchen Punkten und mit welcher Begründung er die Entscheidung der Vorinstanz angreift. Im Falle der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen.

a. Bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sie sich dementsprechend grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Änderung beantragt wird (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2006, Az.: VI ZR 228/05, – zitiert nach juris -, Rn. 10 m. w. N.).

b. Rügt der Berufungsführer die Verletzung materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Vorschriften, hat er diejenigen Punkte anzugeben, welche aus seiner Sicht rechtlich unzutreffend sind, und die Gründe darzulegen, aus denen sich die Erheblichkeit für eine andere, ihm günstige Entscheidung ergibt. Von der Berufungsbegründung ist insoweit zu verlangen, dass sie auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sei. Der Berufungsführer muss in diesem Zusammenhang seine eigene Rechtsauffassung darlegen. Nicht hinreichend ist es dagegen, lediglich die Auffassung des Erstrichters als falsch zu rügen oder allein eine angeblich verletzte oder außer Acht gelassene Norm zu nennen; ebenso wenig reicht die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags oder der Verweis auf das vom Erstgericht angeblich nicht oder unrichtig gewürdigte Vorbringen (vgl. Vorwerk/Wolf-Wulf, BeckOK ZPO, Stand: 01.09.2021, § 520 Rn. 23 m. w. N.).

2. Nach diesen Vorgaben erstrebt der Kläger die Feststellung, dass (auch) die Beitragsanpassungen zum 01.01.2013 und zum 01.01.2015 unwirksam seien. Er geht in seiner Begründung insoweit nicht ausdrücklich auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils ein, aufgrund einer Verjährung von Rückforderungsansprüche hinsichtlich der bis einschließlich zum 31.12.2016 entstandenen Erhöhungen könne die Klägerin Prämienanpassungen bis zu diesem Datum nicht mehr erfolgreich angreifen, weil sie bzw. die insoweit geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Ansprüche insgesamt der Verjährung unterlägen. Er legt neben allgemeinen und damit nicht in erkennbarem Zusammenhang stehenden Ausführungen dazu, dass (zumindest) Überzahlungen ab dem 01.01.2017 noch zurückgefordert werden könnten, weil dahingehende Rückerstattungsansprüche erst mit Leistung der betreffenden Prämien entstanden seien, jedoch zumindest bezogen auf die Beitragsänderung zum 01.01.2012 dar, dass eine Verjährung nicht eingetreten sein könne, weil es in den folgenden Jahren ebenfalls (materiell) unwirksame Beitragsanpassungen gegeben habe und die Prämienerhöhung damit auch in dem nicht verjährten Zeitraum weiterhin unwirksam geblieben sei; dies muss so verstanden werden, dass er dieses Argument auch ohne erneute Wiederholung ebenso auf die Anpassungen zum 01.01.2013 und 01.01.2015 bezieht.

3. Im Übrigen führt das Festhalten an einer im Urteil erster Instanz zurückgewiesenen Rechtsansicht auch nicht deshalb zur Unzulässigkeit der Berufung, weil in deren Begründung lediglich bereits in erster Instanz vorgetragene rechtliche Argumente wiederholt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 07.06.2018, Az.: I ZB 57/17, – zitiert nach juris -, Rn. 10 m. w. N.).

B. Die Berufung des Klägers ist sodann auch teilweise begründet.

1. Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 10.12.2020 ist zulässig; er ist in der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO eingelegt worden und genügt den Formanforderungen nach § 340 Abs. 1 und 2 ZPO.

2. Auf den Einspruch der Beklagten ist das Versäumnisurteil allerdings gemäß § 343 ZPO weitgehend aufrechtzuerhalten; nur im Übrigen ist es aufzuheben und die Klage abzuweisen.

a. Die Klage ist ihrerseits teilweise bereits unzulässig unter dem Gesichtspunkt des für die (verbliebenen) Feststellungsanträge zu 1), zu 2) und zu 4) gemäß § 256 ZPO notwendigen (besonderen) Feststellungsinteresses.

aa. Unter diesem Aspekt fehlt es zum einen (insgesamt) an der Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu 2).

(1) Allein mit einem von dem Kläger erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre grundsätzlich nicht rechtskräftig festgestellt, dass er auch über einen davon betroffenen Zeitraum hinaus nicht zur Zahlung der sich aus den streitgegenständlichen Anpassungen ergebenden Erhöhungsbeträge verpflichtet ist. Ist die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungen eine Vorfrage für den Leistungsantrag, geht sie damit zugleich über das dort erfasste Rechtsschutzziel des Klägers hinaus. Sie ist deshalb auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zulässig, in welchem Falle die Vorgreiflichkeit das sonst für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich macht (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19, – zitiert nach juris -, Rn. 19 f. m. w. N.).

(2) Es ist nach diesen Maßgaben aber hinsichtlich des hier behandelten Feststellungsantrages zu 2) in der Abgrenzung zu dem Feststellungsantrag zu 1) eine Differenzierung vorzunehmen. Während letzterer sich in die Zukunft richtet und damit auch den Zeitraum über denjenigen der bisherigen Beitragszahlung des Klägers bis einschließlich Februar 2022 hinaus erfasst, wird in ersterem Zusammenhang die Feststellung begehrt, dass bestimmte Neufestsetzungen von Beiträgen unwirksam „waren“ und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet „war“, d. h. eine Entscheidung folglich allein für zurückliegende Zeiträume. Ein schutzwürdiges Interesse kann dann zwar auch an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses bestehen. Dies setzt aber voraus, dass sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft ergeben können, während der Kläger schon die (zeitliche) Beschränkung seines Zahlungsantrages gegenüber der ursprünglichen Antragstellung damit begründet hat, dass er von einer Heilung zunächst unwirksamer Anpassungen aufgrund der Angaben der Beklagten in ihrer Klageerwiderung ausgehe; woraus sich danach noch Auswirkungen in der Vergangenheit unwirksamer Prämienänderungen ergeben sollten, bleibt offen (vgl. anders bei BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19, Rn. 19, und vorhergehend OLG Köln, Urteil vom 29.10.2019, Az.: 9 U 127/18, Rn. 29, jeweils zitiert nach juris, im Falle eines in seiner Ausgestaltung unklaren und möglicherweise nur vorläufigen zwischenzeitlichen Tarifwechsels).

bb. Dagegen begegnet die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu 4) keinen dahingehenden Bedenken. Eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Klage ist unzulässig, wenn dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist und diese das Rechtsschutzziel erschöpft, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben, weil die von der Beklagten gezogenen Nutzungen aus den nach Ansicht des Klägers rechtsgrundlos gezahlten Prämienanteilen für ihn im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht oder nur teilweise bezifferbar waren und daher eine Unzumutbarkeit der Erhebung einer Leistungsklage vorlag. Ein Versicherungsnehmer, der von dem beklagten Versicherer die Herausgabe von Nutzungen aus rechtsgrundlos geleisteten Beitragszahlungen verlangt, ist für Anfall und Höhe tatsächlich gezogener Nutzungen darlegungs- und beweisbelastet. Dies verlangt ihm einen Tatsachenvortrag ab, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe – etwa in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – gestützt werden kann. Der Kläger hat zwar außer einer abstrakt gehaltenen Wiedergabe von Gerichtsentscheidungen in anderen Fällen nichts dazu vorgetragen. Es ist jedoch ohne Weiteres ersichtlich, dass bei einer Rückforderung während des Jahres 2020 geleisteter Beiträge und einer noch in seinem Verlauf erfolgten Klageeinreichung kein Geschäftsbericht der Beklagten für diesen Zeitraum veröffentlicht gewesen sein kann, aus welchem sich zumindest Schätzungsgrundlagen für eine Nutzungsziehung hätten ergeben können. Befindet sich aber ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass zu ihrem Zeitpunkt eine Bezifferung teilweise möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung beziffert werden kann; die Feststellungsklage ist dann insgesamt zulässig und der Kläger braucht auch nicht nachträglich zur Leistungsklage überzugehen, wenn diese im Laufe des Rechtsstreits möglich wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018, Az.: IV ZR 255/17, – zitiert nach juris -, Rn. 19 ff. m. w. N.).

b. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist schließlich (auch) zum Teil eine Begründetheit der Klage gegeben.

aa. Zwar ist auf den Berufungsantrag zu 1) nicht festzustellen, dass die Erhöhung der Prämie in dem Tarif B zum 01.01.2020 unwirksam und der Kläger nicht zur Zahlung des betreffenden Anpassungsbetrages verpflichtet ist. Eine materielle Unwirksamkeit ergibt sich nicht daraus, dass eine Prämienerhöhung im Falle einer Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen nach unten über dem maßgeblichen Schwellenwert ausschiede. Der Versicherer hat vielmehr nach § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG immer dann, wenn die Gegenüberstellung der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eines Tarifs eine den Schwellenwert überschreitende Abweichung ergibt, alle Prämien dieses Tarifs zu überprüfen und, sofern es sich nicht nur um eine vorübergehende Abweichung handelt, mit Zustimmung des Treuhänders anzupassen. Die Vorschrift macht die Prämienänderung damit im Ansatz nicht davon abhängig, dass die erforderlichen Versicherungsleistungen die kalkulierten überschreiten; denkbar ist vielmehr auch, dass eine dem Versicherungsnehmer günstige Veränderung der erforderlichen Versicherungsleistungen gegenüber den kalkulierten zu einer Prämienerhöhung führt. Ein solches anschließendes Ergebnis ist offen, weil (auch) eine für den Versicherer positive Abweichung bei dem Leistungsvolumen bei einer Überschreitung des Auslösewertes zu einer vollständigen Neuberechnung der Prämie unter Einbeziehung sämtlicher Rechnungsgrundlagen führt (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 27.10.2020, Az.: 9 U 74/20, – zitiert nach juris -, Rn. 52; Prölss/Martin-Voit, VVG, 31. Aufl., 2021, § 203 Rn. 22; Marlow/Spul-Gramse, BeckOK VVG, Stand: 09.08.2021, § 203 Rn. 25; Langheid/Rixecker-Muschner, VVG, 6. Aufl., 2019, § 203 Rn. 23a; Langheid/Wandt-Boetius, MüKo VVG, 2. Aufl., 2017, § 203 Rn. 794 f.; Rüffer/Halbach/Schimikowski-Marko, VVG, 4. Aufl., 2020, § 203 Rn. 10, jeweils m. w. N.; die abweichende Entscheidung OLG Köln, Urteil vom 20.07.2012, Az.: 20 U 149/11, Rn. 29, ist – soweit ersichtlich – vereinzelt geblieben, und die daran anschließende Senatsrechtsprechung gemäß OLG Rostock, Beschluss vom 08.12.2021, Az.: 4 U 90/21, Rn. 37, jeweils zitiert nach juris, wird aufgegeben).

bb. Der Zahlungsantrag zu 3) ist dagegen in seinem jetzt verbliebenen Umfang fast vollumfänglich begründet.

(1) Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 4.240,08 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion).

(a) Die streitgegenständlichen Beitragserhöhungen waren (jedenfalls) für den hier relevanten Zeitraum bis auf diejenige in dem Tarif B zum 01.01.2020 nach dem zuvor unter lit. aa) Gesagten unwirksam.

(aa) Die zum 01.01.2012 beabsichtigte Prämienanpassung der Beklagten ist aus formellen Gründen nicht wirksam geworden; das betreffende Anschreiben der Beklagten aus dem November 2011 entsprach nicht den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG.

[1] Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie erfordert nach dieser Vorschrift aufgrund einer Auslegung nach ihrem Wortlaut, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Norm die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat; ebenso wenig hat er die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie zum Beispiel des Rechnungszinses, anzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19, – zitiert nach juris -, Rn. 26 ff. m. w. N.).

[2] Diesen Vorgaben wird die hier erörterte Mitteilung der Beklagten nicht ausreichend gerecht; so wird in dem betreffenden Anschreiben nicht mitgeteilt, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat; allein aus der Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten folgt noch nicht, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der Leistungsausgaben gibt, dessen Überschreitung die hier in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (vgl. BGH, Urteil vom 21.07.2021, Az.: IV ZR 191/20, – zitiert nach juris -, Rn. 3 ff. und 26, zu vergleichbar formulierten Mitteilungsschreiben).

(bb) Die Prämienanpassungen zum 01.01.2013, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017 und zum 01.01.2018 sind unwirksam, weil eine Beitragsänderung nach § 8b I Abs. 1 Satz 4 AVB KK nicht in Betracht kam; sie war allein nach dieser Klausel möglich, soweit die Veränderung bei den Versicherungsleistungen als auslösendem Faktor nach dem Vorbringen der Beklagten mit 6,65 Prozent bzw. 7,44 Prozent, 8,36 Prozent und 5,41 Prozent zwar jeweils über dem Schwellenwert von fünf Prozent nach der genannten Regelung lag, jedoch unter dem gesetzlichen Schwellenwert von zehn Prozent gemäß § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG. § 8b I Abs. 1 Satz 4 AVB KK ist aber gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sich aus der Regelung eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers ergibt bzw. sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung abweicht.

[1] Zwar lässt sich eine Unwirksamkeit von § 8b I Abs. 1 AVB KK nicht aus einer solchen von § 8b I Abs. 2 AVB KK sowie daraus ableiten, dass die erstgenannte Klausel für sich genommen dann keine Vorgabe dahingehend enthielte, dass eine Beitragsänderung lediglich bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Abweichung der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2022, Az.: IV ZR 253/20, – zitiert nach juris -, Rn. 28 ff.). Maßgeblich ist aber, dass Anpassungsklauseln unwirksam sind, welche nur das einseitige Recht des Klauselverwenders vorsehen, Erhöhungen seiner Kosten an seine Kunden weiterzugeben, nicht aber auch spiegelbildlich die Verpflichtung enthalten, bei einer Minderung eigener Kosten den Preis für die Kunden abzusenken; dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Anpassungsklauseln das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung wahren und daher eine Verpflichtung vorsehen müssen, gefallenen und gestiegenen Kosten nach gleichmäßigen Maßstäben Rechnung zu tragen (vgl. OLG Rostock, a. a. O., Rn. 12, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 21.04.2009, Az.: XI ZR 78/08, Rn. 25 und 28 m. w. N., dort zu der Unwirksamkeit von § 17 Abs. 2 AGB Sparkassen mit dem folgenden, § 8b I Abs. 1 Satz 4 AVB KK insoweit vergleichbaren Wortlaut: „Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage [z. B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus] und des Aufwandes nach gemäß § 315 BGB nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert.“; entsprechend zu Preisänderungsklauseln in Gaslieferverträgen BGH, Urteil vom 31.07.2013, Az.: VIII ZR 162/09, Rn. 39 ff., jeweils zitiert nach juris; siehe auch Prölss/Martin-Reiff, VVG, 31. Aufl., 2021, § 40 Rn. 40; Langheid/Wandt-Staudinger, VVG, 3. Aufl., 2022, § 40 Rn. 7; Marlow/Spuhl-Gramse, BeckOK VVG, Stand: 05.11.2021, § 203 Rn. 23a, jeweils m. w. N.). Wenn nach § 8b I Abs. 1 Satz 4 AVB KK bei einer Abweichung von mehr als fünf Prozent alle Beiträge einer Beobachtungseinheit nach Überprüfung angepasst werden „können“, wird ein Versicherungsnehmer der Regelung nach diesem Wortlaut keinen anderen Inhalt entnehmen, als dass der Versicherer unter solchen Voraussetzungen frei entscheidet, ob er eine Änderung vornimmt bzw. die Prüfung hierfür einleitet oder nicht. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist dagegen nicht erkennbar, dass das Wort „kann“ in diesem Zusammenhang als Ausdruck der Verwaltungsrechtssprache zu qualifizieren sein könnte und dem Versicherer daher eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen auferlege, woraus folgte, dass eine Prämienanpassung vorzunehmen ist, wenn sachliche Gründe für sie vorliegen, zu denen insbesondere die Vermeidung einer dauerhaften Äquivalenzstörung gehörte; ebenso wenig wird er daraus, dass eine Prämienanpassung „soweit erforderlich“ erfolgt, darauf schließen, dass eine derartige Notwendigkeit in jedem Fall (auch) einer Unterschreitung des tariflichen Schwellenwertes gegeben ist (vgl. ähnlich BGH, Urteil vom 22.06.2022, Az.: IV ZR 253/20, – zitiert nach juris -, Rn. 31, zu § 8b Abs. 2 MB/KK).

[2] Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich dazu aus anderweitiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht abweichendes.

[a] Im Falle der von ihr für eine Unbedenklichkeit der Klausel angeführten Entscheidung BGH, Urteil vom 22.09.2004, Az.: IV ZR 97/03, ist bereits nicht erkennbar, dass sie eine Prämienanpassung aufgrund einer Veränderung um weniger als zehn Prozent betraf und sich deshalb gegebenenfalls überhaupt näher mit der hier behandelten Frage hätte auseinandersetzen müssen.

[aa] Unabhängig davon wird dort aber jedenfalls ausgeführt, dass die Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung und die Prämienkalkulation strengen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Vorgaben unterlägen, welche seine Dispositionsfreiheit stark beschränkten (BGH, a. a. O., – zitiert nach juris -, Rn. 23). Für das Prämienanpassungsrecht des Versicherers und die Erteilung der Zustimmung durch den Treuhänder gelte nicht der weite Maßstab des billigen Ermessens, sondern es sei auf die durch das VAG und die KVAV geregelten, ins einzelne gehenden engen und verbindlichen Vorgaben abzustellen (vgl. dazu die in der zuvor genannten in Bezug genommene Entscheidung BGH, Urteil vom 16.06.2004, Az.: IV ZR 117/02, – zitiert nach juris -, Rn. 13, m. w. N. zu § 178g VAG a. F. und der KalV). Davon ausgehend sieht § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG vor, dass ein Versicherer alle Prämien eines Tarifes sowohl zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen „hat“, wenn die Gegenüberstellung der erforderlichen und kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung von mehr als zehn Prozent ergibt, als auch dann, wenn eine Veränderung im Umfang einer Überschreitung (nur) eines in den allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehenen geringeren Prozentsatzes eintritt. Auf eine abweichende Formulierung bzw. ein anderes Verständnis von § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG lässt sich damit nicht abstellen, zumal nach § 203 Abs. 2 Satz 4 VVG ausdrücklich die Geltung (unter anderem) des § 155 VAG für die Änderung der Prämien klargestellt wird.

[bb] Außerdem wird dazu, dass die in der eingangs unter lit. [a] genannten Entscheidung behandelte Anpassungsklausel einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG standhalte, auf BGH, Urteil vom 01.07.1992, Az.: IV ZR 191/91, Rn. 17 ff., verwiesen, sodass etwa die oben unter Ziffer [1] zitierten späteren Entscheidungen BGH, Urteil vom 21.04.2009, Az.: XI ZR 78/08, und Urteil vom 31.07.2013, Az.: VIII ZR 162/09, zwangsläufig noch keine Berücksichtigung gefunden haben konnten.

[b] Aus der Entscheidung BGH, Urteil vom 22.06.2022, Az.: IV ZR 253/20, folgt ebenfalls nichts anderes, weil sie sich allein zu der dort relevanten Regelung in § 8b Abs. 1 MB/KK verhält. Es bestehen insofern maßgebliche Unterschiede im Aufbau und in der Fassung der letzteren Klausel einerseits und der hier streitgegenständlichen andererseits, welche sich durch eine entsprechende Gegenüberstellung verdeutlichen lassen. So lauten die maßgeblichen Passagen von § 8b MB/KK wie folgt:

„1. Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. […]

1.1 Ergibt die Gegenüberstellung nach Absatz 1 Satz 2 bei den Versicherungsleistungen eine Abweichung von mehr als 10 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst; bei einer Abweichung von mehr als 5 % können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden.“

Demgegenüber ist § 8b Abs. 1 AVB KK folgendermaßen formuliert:

„(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z. B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung zu den Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als zehn Prozent, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als fünf Prozent können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden. Ergibt die Gegenüberstellung zu den Sterbewahrscheinlichkeiten für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als fünf Prozent, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und mit Zustimmung des Treuhänders angepasst.“

(Hervorhebungen jeweils durch den Senat)

Die eingangs genannte Entscheidung verhält sich allein zu der dort relevanten Regelung in § 8b Abs. 1 MB/KK, nach welcher bei einer Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz die Beiträge vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, angepasst „werden“, während auf die ergänzende Tarifklausel in § 8b Abs. 1.1 MB/KK, die bei einer Abweichung der Versicherungsleistungen (schon) von mehr als fünf Prozent vorsieht, dass die Beiträge durch den Versicherer angepasst werden „können“, nicht eingegangen wird. Aufgrund des letzteren Umstandes kann etwa nicht ausgeschlossen werden, dass die Fassung (nur) der tariflichen Regelung deshalb als unerheblich angesehen worden ist, weil nach dem Aufbau der Klauseln insgesamt jedenfalls § 8b Abs. 1 MB/KK quasi übergreifend regelt, dass bei einer Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz die Beiträge vom Versicherer gegebenenfalls angepasst „werden“, d. h. angepasst werden müssen. Eine Differenzierung in diesem Sinne beispielsweise durch die Annahme eines Verhältnisses des Vorranges der Musterbedingungen und eines Nachrangs der Tarifklauseln lässt sich nach der Fassung des hier streitgegenständlichen § 8b AVB KK dagegen nicht vornehmen.

[3] Schließlich trägt das Argument nicht, es ergebe sich aus der Rechtsentwicklung, dass der Versicherer (nur) ein Wahlrecht erhalten und zur Prämienüberprüfung sowie -anpassung nicht auch verpflichtet sein solle, wenn ein unter dem gesetzlichen liegender tariflicher Schwellenwert über- oder unterschritten werde.

[a] Vor der Einführung des § 12b VAG a. F. habe die Prämienanpassung ausschließlich auf Allgemeinen Versicherungsbedingungen beruht, die damals sehr deutlich zwischen der Verpflichtung zur Prämienüberprüfung und -anpassung im Falle eines auslösenden Faktors von mehr als zehn Prozent einerseits und der Berechtigung zur Prämienüberprüfung und -anpassung im Falle eines auslösenden Faktors von mehr als fünf Prozent andererseits unterschieden hätten. Diese aufsichtsrechtlich genehmigte Rechtslage habe im Jahre 1994 übernommen werden sollen mit (bloß) dem Schwellenwert von zehn Prozent als für die Versicherungsunternehmen verbindlichem Höchstwert und einer demgegenüber reinen Berechtigung der Versicherer zur Prämienüberprüfung und -anpassung bei einem tariflich niedrigeren Wert (vgl. so etwa OLG Köln, Urteil vom 16.12.2016, Az.: 20 U 114/16, – zitiert nach juris -, Rn. 30 ff., und Langheid/Wandt-Boetius, MüKo VVG, 2. Aufl., 2017, § 203 Rn. 808, jeweils m. w. N.).

[b] Allein eine solche historische Betrachtung sagt aber nichts darüber aus, ob mit der rein tatsächlichen bzw. beabsichtigten Vorgehensweise dem Erfordernis der Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung der Versicherungsnehmer nach den Maßstäben ausreichend Rechnung getragen wurde und wird, wie sie im Rahmen anderer Vertragsarten zugrunde gelegt werden.

(b) Der Kläger hat danach in den von ihm zugrunde gelegten Zeiträumen bis einschließlich Februar 2022 Prämienanteile in einer Gesamthöhe von ([49,90 € + 39,90 € + 19,67 € + 49,40 € = 158,87 € x 24 Monate =] 3.812,88 € + [35,60 € x 12 Monate =] 427,20 € =) 4.240,08 € ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet.

(c) Eine Anrechnung von dem Kläger genossenen Versicherungsschutzes kommt im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung dabei nicht in Betracht. Der Fall liegt anders als etwa derjenige eines aufgrund eines Widerspruches nach § 5a VVG a. F. unwirksamen Versicherungsvertrages (vgl. dazu BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, – zitiert nach juris -, Rn. 45). Denn der Kläger hat hier keinen Versicherungsschutz ohne Rechtsgrund erlangt, vielmehr bestand weiterhin ein wirksamer Versicherungsvertrag, der die Beklagte zur Erbringung von Versicherungsleistungen verpflichtete. Die weitere Gewährung von Versicherungsschutz ohne den durch die Prämienanpassung zusätzlich erhobenen Beitragsanteil widerspricht auch nicht dem Äquivalenzprinzip, so dass der Kläger sich einen erhöhten Wert des Versicherungsschutzes, welcher sich in der vorgesehenen Prämienerhöhung widerspiegelte, anrechnen lassen müsste. Solange die Prämie nicht in dem nach § 203 Abs. 2 und 5 VVG vorgeschriebenen Verfahren wirksam angepasst wurde, ist ein gegebenenfalls materiell erhöhter Wert des Versicherungsschutzes nicht zu berücksichtigen. Gerade die Vorschriften zur Prämienanpassung bezwecken, die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen zu gewährleisten. Die Anrechnung eines gegebenenfalls erhöhten Wertes der Versicherungsleistungen bzw. eines gestiegenen Kostenaufwands des Versicherers liefe auf eine Umkehr dieser gesetzlichen Wertung hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19, – zitiert nach juris -, Rn. 46 f.).

(d) Ebenso wenig kann sich die Beklagte gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Es fehlt an einem dauerhaften Vermögensverlust, soweit die Beklagte die erhöhten Prämienzahlungen zur Bildung von Rückstellungen verwendet haben will. Denn sie war nicht berechtigt und verpflichtet, Teile der vom Kläger gezahlten Erhöhungsbeträge als Prämienzuschlag im Sinne von § 149 VAG der in §§ 146 Abs. 1 Nr. 2 VAG, 341f HGB vorgesehenen Alterungsrückstellung zuzuführen oder als nach §§ 7 und 8 KVAV zu erhebenden Zuschlag zu verbuchen. Diese und andere Vorschriften zur Prämienverwendung regeln, wie mit den verschiedenen Bestandteilen der Prämie zu verfahren ist. Sie beziehen sich also jeweils auf die vertraglich geschuldete, d. h. in dieser Höhe wirksam festgesetzte Prämie. An dieser Voraussetzung fehlte es jedoch gegebenenfalls bei den Zahlungen des Klägers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten; diese wären daher auch nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden gewesen. Falls die Beklagte aus den Zahlungen des Klägers dann ohne gesetzliche Grundlage Rückstellungen gebildet haben sollte, kann es für die Entreicherung auf die Möglichkeiten einer Rückbuchung oder späteren Verrechnung gegenüber dem Kläger ankommen; denn eine Bereicherung ist nicht weggefallen, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvorteil wieder rückgängig machen kann. Dazu ergibt sich aus dem Vortrag der für den Wegfall der Bereicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagten allerdings nichts Konkretes (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 48 ff. m. w. N.).

(e) Die Beklagte ist in diesem Umfang im Übrigen nicht wegen eines Eintritts der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(aa) Für den bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB, deren Beginn sich nach § 199 Abs. 1 BGB richtet; danach beginnt die Regelverjährung, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen, welche den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Für die Entstehung des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist auf die jeweilige monatliche Prämienzahlung abzustellen, weil frühestens mit der jeweiligen monatlichen Zahlung der vermeintlich überhöhten Prämie der Rückforderungsanspruch fällig wird und entsteht; die Rückzahlungsforderung ist daher jeweils frühestens mit der Zahlung der vermeintlich überhöhten Prämie fällig geworden, also entstanden.

(bb) Damit lief die regelmäßige Verjährungsfrist schon für die im Januar 2017 geleisteten Beiträge frühestens ab dem 01.01.2018 und endete am 31.12.2020; die im Oktober 2020 eingereichte Klage hemmte die Verjährung folglich gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt BGB noch rechtzeitig hinsichtlich dieser sowie zwangsläufig auch aller folgenden hier maßgeblichen Rückforderungsansprüche.

(3) Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Jahreszinsen gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB aus der zuzusprechenden Hauptforderung seit dem 21.11.2020. Die Beklagte ist durch die Erhebung der Klage gemäß § 253 Abs. 1 ZPO mit deren Zustellung, was einer Mahnung gleichsteht, in Verzug gekommen; für den Beginn des Zinslaufes ist unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 187 Abs. 1 BGB auf den Tag abzustellen, welcher dem Eintritt des verzugsbegründenden Ereignisses folgt (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.1990, Az.: VIII ZR 296/88, – zitiert nach juris -, Rn. 25).

cc. Der Feststellungsantrag zu 4) ist demgegenüber wieder unbegründet. Denn er richtet sich (allein) auf eine Herausgabe von Nutzungen aus den Beitragsanteilen, welche auf die Prämienanpassung in dem Tarif B zum 01.01.2020 gezahlt worden sind. Ist diese allerdings nach den Erläuterungen zuvor unter lit. aa) wirksam, fehlt es an einem Anspruch des Klägers aus § 818 Abs. 1 BGB, weil er die aufgrund der Beitragsänderung zum 01.01.2020 geleisteten Zahlungen nicht ohne Rechtsgrund erbracht hat.

dd. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.524,82 €; der dazu gestellte Antrag zu 5) ist unter mehreren Gesichtspunkten unbegründet.

(1) Zwar kann sich ein dahingehender Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB ergeben, soweit Begründungen von Prämienanpassungen, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, eine Vertragsverletzung der Beklagten darstellen. Ungeachtet dessen, ob bereits damit eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung einhergeht, liegt eine solche dann jedenfalls in der unberechtigten Geltendmachung der nicht geschuldeten Erhöhungsbeträge aus den unwirksamen Prämienanpassungen bei der Beitragsabrechnung der Beklagten. Von dem Vorwurf des nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermuteten Verschuldens hat sich die Beklagte nicht entlastet. Eine Berufung auf einen bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Begründungsanforderungen gemäß § 203 Abs. 5 VVG plausiblen Rechtsstandpunkt bezieht sich auf einen Rechtsirrtum, der im Allgemeinen nicht entschuldigt. Insoweit werden an die Sorgfaltspflicht strenge Anforderungen gestellt; es reicht nicht aus, dass der Versicherer sich seine Meinung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Entschuldigt wäre er vielmehr erst, wenn mit der Möglichkeit des Unterliegens im Rechtsstreit nicht zu rechnen war. Davon ist aber insofern nicht auszugehen, als der Versicherer die Gestaltung seiner Mitteilungen zu Prämienanpassungen selbst in der Hand hat und auch angesichts der Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift, zu der noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, im Zweifel eine rechtssichere Formulierung wählen kann (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2022, Az.: IV ZR 291/20, – zitiert nach juris -, Rn. 26 f. m. w. N.).

(2) Es fehlt dem Kläger allerdings an der erforderlichen Aktivlegitimation, weil der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf eine Rechtschutzversicherung übergegangen ist.

(a) Insoweit ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, nachdem eine Partei immer die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen derjenigen Rechtsnorm trägt, auf deren Rechtsfolgen sie sich beruft; dem Kläger obliegt allerdings zumindest eine so genannte modifizierte Darlegungslast, soweit es sich um Umstände handelt, welche dem Wahrnehmungsbereich der Beklagten zwangsläufig entzogen sind (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., vor § 284 Rn. 34 m. w. N.).

(b) Die Beklagte hat eine Schadensentstehung mit Nichtwissen bestritten, weil eine Vermögensminderung nicht vorliege, wenn eine Rechtsschutzversicherung eingetreten sein sollte; der Kläger ist darauf nicht eingegangen, sodass das Vorbringen der Beklagten als unstreitig angesehen werden kann.

(3) Darüber hinaus ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er seine jetzigen Prozessbevollmächtigten zunächst (tatsächlich) nur mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt hätte (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast insoweit BGH, Urteil vom 16.04.2015, Az.: I ZR 225/12, – zitiert nach juris -, Rn. 101); sollte von Anfang an ein unbedingter Klageauftrag bestanden haben, so fallen auch die (Vorbereitungs)Tätigkeiten vor Erhebung der Klage nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVG allein unter die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2011, Az.: IV ZR 34/11, Rn. 21; OLG Hamm, Urteil vom 31.10.2005, Az.: 24 W 23/05, Rn. 36 ff. m. w. N., – jeweils zitiert nach juris -). Der Kläger hat zum Gegenstand der Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten nichts vorgetragen und angesichts des (vorweggenommenen) Bestreitens der Beklagten insbesondere auch keinen Beweis angetreten.

(4) Mit dieser Hauptforderung entfallen auch Ansprüche des Klägers auf die von ihm geltend gemachten Nebenforderungen, weil letztere von dem Bestehen ersterer abhängig sind.

III. Die Kostenentscheidung beruht für das Berufungsverfahren auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und für den ersten Rechtszug auf § 92 Abs. 1 ZPO; eine Anwendung des § 344 ZPO zu Lasten der Beklagten scheidet aus, weil das Versäumnisurteil mangels einer entsprechenden Schlüssigkeit der Klage jedenfalls bezogen auf die Tarifanpassungen zum 01.01.2019 und zum 01.01.2020 nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO in dem Ziffer V) des Tenors des vorliegenden Urteils zu entnehmenden Umfang zuzulassen; hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und einer ausstehenden höchstrichterlichen Klärung wird auf das oben unter Ziffer II B 2b bb (1a bb) – Seite 13 ff. – Gesagte verwiesen.

VI. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes ist zwischen der ersten und der zweiten Instanz zu differenzieren.

A. Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers.

1. Maßgeblich ist danach zum einen der Wert des vor dem Landgericht zuletzt gestellten Feststellungsantrages zu 1) in dem Umfang, wie ihn der Kläger nach dessen erstinstanzlicher Abweisung mit seinen Berufungsanträgen (nunmehr) zu 1) und 2) weiterverfolgt.

a. Der Wert des Berufungsantrages zu 1) bestimmt sich gemäß §§ 48 Abs. 1 Satz 1, GKG, 3 und 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Beitragserhöhung, deren Unwirksamkeit festgestellt werden soll.

aa. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann demgegenüber nicht ausnahmsweise wegen für Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung geltender Besonderheiten stattdessen (nur) auf den einjährigen Betrag abgestellt werden, auch wenn es zutrifft, dass das betroffene Recht auf wiederkehrende Leistungen seiner Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von wenigstens dreieinhalb Jahren haben oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunkts, zu dem das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben können muss (vgl. Rauscher/Krüger-Wöstmann, MüKo ZPO, 6. Aufl., 2020, § 9 Rn. 4 m. w. N.).

(1) Richtig ist zwar, dass der Versicherer nach § 155 Abs. 3 Satz 1 VAG zumindest jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen hat. Damit geht jedoch zum einen nicht absehbar einher, dass auch zwangsläufig im Jahresabstand eine Prämienanpassung erfolgt; gerade in dem vorliegenden Fall kann insoweit nicht außer Betracht gelassen werden, dass etwa der Tarif A vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2014 sowie anschließend wieder bis zum 31.12.2016 und damit über jeweils zumindest zwei Jahre hinweg unverändert geblieben ist. Zum anderen wirkt eine frühere Prämienanpassung über eine folgende Änderung des Beitrages hinaus insofern fort, als sie dem Zahlungsbetrag, welcher sich durch letztere ergibt, mit zugrunde liegt.

(2) Die weitere Überlegung, dass auf Grundlage inzwischen vorliegender eindeutiger obergerichtlicher Rechtsprechung zudem davon ausgegangen werden müsse, dass Versicherer spätestens nach Einleitung eines entsprechenden Gerichtsverfahrens relativ zeitnah die notwendigen Mitteilungen an den Versicherungsnehmer nachholten und so den Eintritt der Wirksamkeit der betreffenden Beitragsanpassung noch vor Ablauf von einem Jahr nach Einleitung des Verfahrens bewirkten, kann jedenfalls für – wie hier – vor dem 16.12.2020 anhängig gemachten Klagen nicht zum Tragen kommen; denn erst unter diesem Datum sind diejenigen höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen, welche die Anforderungen an die Mitteilung nach § 203 Abs. 5 BGB abschließend bestimmt haben (vgl. BGH, Urteile vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19, jeweils zitiert nach juris). Generell kann der hier erörterte Gesichtspunkt im Übrigen von vornherein keine Bedeutung erlangen, wenn (auch) eine materielle Unwirksamkeit von Prämienänderungen im Raume steht, weil sich diese durch die Nachholung einer (nur) formell ordnungsgemäßen Begründung ohnehin nicht heilen lässt.

bb. Es ergibt sich damit ein Streitwertanteil in Höhe von (0,01 € x 42 Monate =) 0,42 €.

b. Zum anderen errechnet sich der Streitwert für den Berufungsantrag zu 2) (nur) nach §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO, ohne dass es insofern auf die Anwendbarkeit des § 9 ZPO ankommt. Denn nach allgemeinen Grundsätzen des Streitwertrechts ist für eine solche kein Raum, falls ein bezifferter, in seiner Gesamthöhe feststehender Geldbetrag betroffen ist (vgl. Rauscher/Krüger-Wöstmann, a. a. O., § 9 Rn. 6 m. w. N.). Davon ist hier deshalb auszugehen, weil sich der Berufungsantrag zu 2) auf die Feststellung richtet, dass bestimmte Neufestsetzungen von Beiträgen unwirksam „waren“ und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet „war“; die beantragte Entscheidung soll sich auch ausweislich des Berufungsvorbringens allein auf zurückliegende Zeiträume bis einschließlich Dezember 2018 beziehen, für welche die möglichen Zahlungsansprüche des Klägers abschließend bestimmbar sind. Es ergibt sich damit ein Streitwertanteil in Höhe von

  • 49,90 € x 24 Monate von 01/17 bis 12/18 = 1.197,60 €
  • 39,90 € x 24 Monate von 01/17 bis 12/18 = 957,60 €
  • 19,67 € x 24 Monate von 01/17 bis 12/18 = 472,08 €
  • 49,40 € x 24 Monate von 01/17 bis 12/18 = 1.185,60 €
  • 35,60 € x 12 Monate von 01/18 bis 12/18 = 427,20 €
  • gesamt 4.240,08 €.

c. Wegen des von dem Kläger verfolgten Rechtsschutzziels einer im Ergebnis negativen Feststellung ist ein Abschlag gegenüber einer kongruenten Leistungsklage dabei nicht vorzunehmen ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 3 Rn. 16.76 m. w. N.)

2. Als Wertbestandteil für den bezifferten Zahlungsantrag zu 3) ist entsprechend nach §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO derjenige Anteil des Hauptforderungsbetrages in Höhe von 4.240,34 € zu berücksichtigen, den die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel weiterhin geltend macht.

3. Außer Betracht zu lassen sind demgegenüber der Feststellungsantrag zu 4) sowie der Zahlungsantrag zu 5). Ebenso wie vorgerichtliche Rechtanwaltskosten sind Nutzungen, welche ein Versicherungsnehmer mit zu Unrecht gezahlten Versicherungsbeiträgen von dem Versicherer heraus verlangt, jedenfalls im Hinblick auf den Gebührenstreitwert gemäß § 43 Abs. 1 GKG als neutral anzusehen (vgl. hier zuletzt OLG Rostock, Urteil vom 14.10.2021, Az.: 4 U 50/21, – zitiert nach juris -, Rn. 3 ff.).

4. In der Zusammenfassung können die zuvor ermittelten Streitwertbestandteile dann nicht schlichtweg in der jeweils angegebenen Höhe gemäß § 39 Abs. 1 GKG aufaddiert werden.

a. Denn es ist eine zeitliche Überschneidung der Berufungsanträge zu 1) und 2) einerseits und des Berufungsantrages zu 3) andererseits insoweit gegeben, als der von ersteren betroffene Zeitraum denjenigen nach letzterem, für welchen der Kläger geleistete Beiträge herausverlangt, mit umfasst; von dem für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht grundsätzlich gemäß § 9 ZPO analog zugrunde zu legenden Zeitraum von dreieinhalb Jahren ab Anhängigkeit des Rechtsstreits zum 13.10.2020 wirken daher bezogen auf den Tarif B nur 26 Monate streitwerterhöhend, weil die übrigen Zeiträume schon in dem Zahlungsantrag enthalten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20.01.2021, Az.: IV ZR 294/19, – zitiert nach juris -, Rn. 2). Der Wert des Zahlungsantrages zu 3) erhöht sich damit unter Berücksichtigung des Feststellungsantrages zu 1) bloß um (0,01 € x 26 Monate =) 0,26 €.

b. Mit dieser Einschränkung errechnet sich ein Gesamtstreitwert für die Berufung in Höhe von (0,26 € Feststellungsantrag zu 1] + 4.240,34 € Zahlungsantrag zu 3] =) 4.240,60 €, der in die Gebührenstufe von bis zu 5.000,00 € fällt.

B. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts ist daneben nach den Ausführungen oben unter lit. A 1 a) gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen abzuändern und dahingehend neu zu fassen, dass der Streitwert auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt wird.

1. Der Wertanteil des (ursprünglichen) Feststellungsantrages zu 1) errechnet sich danach in Höhe von ([49,90 € + 39,90 € + 19,67 € + 49,40 € + 35,60 € + 44,40 € + 32,97 € + 0,01 € =] 271,85 € x 42 Monate =) 11.417,70 €.

2. Für den Zahlungsantrag zu 2) betrug der Streitwert nach seinem bezifferten Hauptforderungsbetrag 14.934,46 €.

3. Eine (vollumfängliche) Zusammenrechnung dieser Einzelwerte scheidet hier nicht deshalb aus, weil eine wirtschaftliche Identität bestanden hätte. An einer zeitlichen Überschneidung fehlte es nämlich insoweit, als sich der Feststellungsantrag zu 1) auf die Unwirksamkeit der erfolgten Beitragserhöhungen für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren (erst) ab Anhängigkeit des Rechtsstreits zum 13.10.2020 richtete, und mit dem Zahlungsantrag zu 2) die Rückerstattung der (bloß) bis einschließlich Oktober 2020 in entsprechendem Umfang geleisteten Prämien geltend gemacht wurde. Der Gesamtstreitwert ermittelt sich folglich in Höhe von (11.417,70 € + 14.934,46 € =) 26.352,16 € und fällt damit in die eingangs unter lit. B) genannte Gebührenstufe.

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