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Anforderungen an Belehrung über versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht

OLG Dresden – Az.: 4 U 1000/18 – Beschluss vom 15.08.2018

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.11.2018 wird aufgehoben.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 5.552,97 EUR nebst Zinsen sowie weiterer 939,51 EUR nebst Zinsen aus §§ 812 Abs. 1, 346 ff BGB nicht zu.

a) Der mit Versicherungsschein vom 06.12.1995 abgeschlossene Versicherungsvertrag über eine Kapital-Lebensversicherung einschließlich nachträglich einbezogener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist unstreitig im Wege des Antragsmodells nach § 8 Abs. 5 VVG a.F zustande gekommen. Die Klägerin hat ebenso unstreitig die maßgeblichen Versicherungsbedingungen und die erforderlichen Verbraucherinformationen vor der Unterzeichnung des Antrags erhalten, wie sie auch durch ihre Unterschrift auf dem Antrag (Anlage K 7) bestätigt hat.

b) Der am 30.03.2017 erklärte Rücktritt war verfristet. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die vorliegende Belehrung über das Rücktrittsrecht den Anforderungen von § 8 Abs. 5 VVG a.F. genügt. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht muss wenn möglich umfassend, unmissverständlich und aus Sicht des Verbrauchers eindeutig sein, wobei hierzu eine Form der Belehrung erforderlich war, die dem Aufklärungsziel gerecht wurde und zum Ziel hatte, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2016 – IV ZR 41/14; Senat, Urteil vom 28.03.2017 – 4 U 1624/16 – juris).

Diesen Anforderungen genügt die verwendete Rücktrittserklärung.

Anforderungen an Belehrung über versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht
(Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Die Belehrung ist im Fettdruck hervorgehoben und befindet sich unter der ebenfalls in Fettdruck gehaltenen Überschrift „Wichtige Hinweise“. Darüber hinaus ist sie durch einen Trennstrich vom ersten Absatz der wichtigen Hinweise gesondert abgesetzt und befindet sich direkt oberhalb der Unterschriftenzeile. Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich oberhalb der Rücktrittsbelehrung auch eine Aufforderung befindet, die Schlusserklärung zu lesen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, denn der letzte Absatz mit der Belehrung befindet sich in einem eigenen mittels Trennstich abgesetzten Kasten genau über der Unterschriftszeile und wird somit hinlänglich von der angeführten Aufforderung getrennt, die wiederum in einem eigenen Kasten davor abgesetzt wird. Selbst wenn der Versicherungsnehmer zuvor die Schlusserklärungen gelesen hat, kann er ohne weiteres die unmittelbar über der Unterschriftszeile befindliche Belehrung wahrnehmen, bevor er seine Unterschrift leistet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichts Dresden vom 30.05.2018 unter Ziffer 1 d) Bezug genommen (vgl. zu einer identisch formulierten und gestalteten Belehrung der Beklagten: Senat, Beschluss vom 20.12.2017, 4 U 1568/17, n.v.).

Die Belehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Wirksamkeit der Belehrung steht insbesondere nicht entgegen, dass sie inhaltlich ungenau formuliert sei, weil in ihr formuliert wird: „zurücktreten bzw. widersprechen“. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann der Belehrung ohne weiteres entnehmen, dass ihm ein – allein maßgebliches – Lösungsrecht vom Vertrag zusteht. Unabhängig davon wird das Lösungsrecht auch noch in § 4 AVB erläutert. Auf diese Vertragsbestimmung wird auch in der Belehrung selbst verwiesen. Eine Unklarheit besteht daher nicht (vgl. zu identischen Belehrungen auch OLG Hamm, Beschluss vom 21. März 2012 – 20 U 189/11 -, juris; Senat, Beschluss vom 20.12.2017, a.a.O.).

c) Auf die Richtlinienkonformität von § 8 Abs. 5 VVG a.F. kommt es nicht an. Da die Rücktrittsbelehrung ordnungsgemäß war, kann sich die Beklagte mit Erfolg auf Verwirkung berufen (vgl. BGH Urteil vom 16.07.2014 – IV ZR 73/13, Senat, Beschluss vom 20.12.2017, a.a.O.). Die Klägerin verhält sich treuwidrig, indem sie nach ordnungsgemäßer Belehrung den Vertrag – trotz der Möglichkeit sich vom Vertrag durch Rücktritt zu lösen – jahrelang durchführte. Sie zahlte vom 01.01.1995 bis 01.12.2004, ließ den Vertrag dann anschließend beitragsfrei laufen und zahlte erneut vom 01.07.2005 bis zur Kündigung die Prämien. Sie hat den Vertrag somit über 12 Jahre durchgeführt und zudem durch eine Änderung des Bezugsrechts sowie auch durch die Hinzufügung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gegenüber der Beklagten als Vertragspartnerin zu erkennen gegeben, dass sie mit der Vertragsdurchführung einverstanden ist und an ihr festhalten will. Ferner hat sie erst 10 Jahre nach vollständiger und endgültiger Beendigung des Vertragsverhältnisses infolge Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts unter Ziff. 3 der angefochtenen Entscheidung wird im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend Bezug genommen.

 

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