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Befristetes Anerkenntnis in der BU-Versicherung

Wann ist ein befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung unwirksam?

Menschen, die aufgrund einer Langzeiterkrankung berufsunfähig werden, können, sofern sie über eine entsprechende Berufsunfähigkeitsversicherung verfügen, auf diese Versicherung auch zurückgreifen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt auf der Grundlage des Versicherungsvertrages den vereinbarten Betrag an den Versicherungsnehmer aus. Zumeist erfolgt diese Auszahlung auf der Basis von monatlichen Leistungen, welche jedoch ein Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers seitens des Versicherungsgebers voraussetzt. Ein derartiges Anerkenntnis wird in der Regel nach einem Antrag des Versicherungsnehmers auch postalisch erteilt, allerdings muss hierbei zwischen dem befristeten Anerkenntnis und dem unbefristeten Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit seitens des Versicherungsgebers unterschieden werden. In der gängigen Praxis erfolgt nur zu häufig ein befristetes Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers seitens des Versicherungsgebers, was natürlich durchaus gravierende Folgen für den Versicherungsnehmer nach sich zieht. In gewissen Fällen jedoch ist dieses befristete Anerkenntnis sogar rechtlich unwirksam.

Ein befristetes Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers bedeutet, dass der Versicherungsgeber diese Berufsunfähigkeit nur für einen ganz bestimmten Zeitraum anerkennt und dass der Versicherungsnehmer dann nach Ablauf dieser Zeitspanne einen neuen Leistungsantrag an den Versicherungsgeber richten muss.

Das befristete Anerkenntnis in der BU-Versicherung
(Symbolfoto: Von Drazen Zigic/Shutterstock.com)

Aus Sicht des Versicherungsgebers ist das befristete Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers überaus komfortabel. Dies liegt daran, dass der Versicherungsnehmer sich zunächst erst einmal mit einem neuen Leistungsantrag an den Versicherungsgeber richten muss und in diesem Zuge auch gleich direkt das Vorliegen der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit wieder beweisen muss. Hierin liegt letztlich auch ein großer Unterschied zwischen dem befristeten Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit und dem unbefristeten Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit seitens des Versicherungsgebers. Erteilt ein Versicherungsgeber ein unbefristetes Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit, so liegt die Beweislast im Hinblick auf die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers in dem sogenannten Nachprüfungsverfahren bei dem Versicherungsgeber. Der Versicherungsgeber muss dementsprechend beweisen, dass die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers in dem Sinne der entsprechenden Bedingungen des Versicherungsvertrages nicht mehr gegeben ist. Aus diesem Grund befristen sehr viele Versicherungsgeber ihre Anerkenntnisse.

Ist ein Versicherungsgeber zu der Befristung eines Anerkenntnisses der Berufsunfähigkeit überhaupt berechtigt?

Auf der Grundlage des § 173 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hat der Versicherungsgeber grundsätzlich auch die Möglichkeit, das Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers zunächst erst einmal zu befristen und die Leistung dementsprechend nur für den befristeten Zeitraum zu erbringen. Dementsprechend erhielten in der gängigen Praxis sehr viele Versicherungsnehmer auch nur für einen befristeten Zeitraum Rentenleistungen und mussten diese Rentenleistungen im Zuge eines neuen Antrages auch stetig neu beantragen. Allein aus dem Umstand heraus, dass dies die gängige Praxis gewesen ist, ergibt sich jedoch noch lange keine Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens der Versicherungsgeber.

Unter welchen Voraussetzungen ist das befristetes Anerkenntnis einer Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers unwirksam?

Der Bundesgerichtshof hat sich in der jüngeren Vergangenheit häufiger mit der Frage beschäftigen müssen und auch eine Entscheidung getroffen, die sowohl für Versicherungsnehmer als auch für Versicherungsgeber gleichermaßen große Folgen hat. Damit eine Befristung des Anerkenntnisses der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers seitens des Versicherungsgebers rechtlich wirksam wird müssen folgende Voraussetzungen vorliegen

  • der Versicherungsgeber muss einen sachlichen Grund für die Befristung vorweisen können
  • der Versicherungsgeber muss diesen sachlichen Grund in nachvollziehbarer Weise dem Versicherungsnehmer mitteilen
  • der Versicherungsgeber muss den sachlichen Grund für die Befristung dem Versicherungsnehmer auch zeitnah mitteilen

In der gängigen Praxis können die Versicherungsgeber die zeitnahe Mitteilung des sachlichen Grundes der Befristung lediglich dann gewährleisten, wenn dieser Grund auch direkt mit der Mitteilung der befristeten Anerkennung der Berufsunfähigkeit mit übermittelt wird.

Sollte die Befristung tatsächlich unwirksam sein, so muss der Versicherungsgeber auch über den ursprünglich befristeten Zeitpunkt hinaus die Rentenleistung an den Versicherungsnehmer erbringen. Dies ist jedoch nicht die alleinige Leistungspflicht des Versicherungsgebers, da der Versicherungsnehmer zudem auch noch einen Anspruch auf eine Rückerstattung sämtlicher Versicherungsbeiträge hat, die der Versicherungsnehmer nach dem Ablauf der Befristung an den Versicherungsgeber gezahlt hat.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist diesbezüglich als enorm wegweisend anzusehen, da der BGH zudem auch festgestellt hat, dass die unbefristete Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit eines Versicherungsnehmers seitens des Versicherungsgebers als Standard anzusehen ist. Eine Abweichung des Versicherungsgebers von diesem Standard ist für das Versicherungsunternehmen lediglich dann möglich, wenn eine sachliche Begründung vorliegt und diese sachliche Begründung dem Versicherungsnehmer auch vorgelegt wird.

Jeder Versicherungsnehmer, der von seinem Versicherungsgeber eine Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit erhält, sollte die Antwort der Versicherung auf den Leistungsantrag genau prüfen. Der BGH hat diesbezüglich festgestellt, dass bei einer fehlenden Begründung der Versicherungsgeber so behandelt wird, als hätte dieser die vertragsgemäße Leistungspflicht in vollem Umfang gegenüber dem Leistungsnehmer anerkannt (Urteil vom 09/10/2019 – Aktenzeichen: IV ZR 235/18).

Für Versicherungsnehmer, die aktuell einen „Fall“ bei der Versicherung offen haben, hat die Entscheidung des BGH eine gewisse Handlungswirkung. Es sollte nunmehr überprüft werden, ob eine etwaige befristete Anerkennung der Versicherung auch tatsächlich den gesetzlichen Anforderungen entspricht bzw. auch rechtlich wirksam ist. Nun ist es ebenfalls ein Faktum, dass diese Prüfung nicht immer einfach ist für einen juristischen Laien, da die Versicherungen auch ein Stück weit auf die juristische Unwissenheit der Versicherungsnehmer bauen und überdies auch ihre Schreiben entsprechend formulieren. Sehr viele Versicherungen geben sich dem Irrglauben hin, dass sie gegenüber dem Versicherungsnehmer eine rechtliche Vormachtstellung einnehmen und dass dementsprechend die gesetzlichen Regelungen umgangen werden können. Diese Ansicht hat sich bei den Versicherungen in den letzten Jahren dahingehend verstärkt, als das viele Versicherungen mittlerweile riesige Unternehmen geworden sind, die über eigene Rechtsabteilungen verfügen und den Versicherungsnehmern suggerieren, dass dieser im Fall des Streits ohnehin keine Chance gegen die Versicherung hätte.

Diese Ansicht ist natürlich falsch, da auch Versicherungsgesellschaften dem gängigen Recht unterworfen sind und sich dementsprechend auch an die Entscheidungen des BGH sowie die damit verbundene gesetzliche Bindung zu halten haben. Nicht selten ist es in der gängigen Praxis jedoch so, dass ein Versicherungsnehmer in Eigenregie gegen eine Versicherung nicht viel ausrichten kann. Versicherungen spielen sehr gern auf Zeit und bauen damit auf den Faktor, dass der Versicherungsnehmer auf die wirtschaftlichen Leistungen der Versicherung angewiesen ist. Die Notlage des Versicherungsnehmers wird dadurch ausgenutzt, was natürlich nicht im Sinne des Gesetzgebers ist.

Wenn Sie sich mit dieser Thematik konfrontiert sehen und bereits eine befristete Anerkennung des Versicherungsgebers erhalten haben, so sollten Sie sich auf gar keinen Fall allein um die Angelegenheit kümmern. Viel erfolgversprechender ist der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt, der das Schreiben der Versicherung auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft und auch die Kommunikation mit dem Versicherungsgeber übernimmt. Nicht selten ist allein der Umstand, dass ein Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt einschaltet, bereits ein Garant für den Erfolg. Die Versicherungsgesellschaften agieren in der gängigen Praxis gänzlich anders, wenn sie sich mit einer anwaltlichen Vertretung des Versicherungsnehmers konfrontiert sehen und dementsprechend auch gesetzeskonform und juristisch korrekt auf das Schreiben des Rechtsanwalts reagieren müssen. Sie als Versicherungsnehmer werden dann auch sehr schnell bemerken, dass eine Versicherungsgesellschaft in einem derartigen Fall plötzlich nicht mehr „auf Zeit“ spielt, sondern vielmehr die Angelegenheit sehr schnell und mitunter auch unbürokratisch geregelt wissen möchte.

Wir als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei verfügen über die juristische Fachkompetenz, um Ihnen bei Ihrem Anlegen als starker und zuverlässiger Partner hilfreich zur Seite zu stehen. Gern können Sie uns mit Ihrem Anliegen kontaktieren und uns das Schreiben der Versicherung übermitteln, damit wir dieses für Sie eingängig prüfen können. Wenn Sie uns mit einem Mandat ausstatten kontaktieren wir für Sie Ihren Versicherungsgeber und werden Ihre Ansprüche sowohl auf dem außergerichtlichen oder, falls dies nötig werden sollte, auch auf dem gerichtlichen Weg für Sie geltend machen. Sie können uns ganz bequem über unsere Internetpräsenz oder auf dem fernmündlichen Weg bzw. per E-Mail kontaktieren und mit uns einen ersten Beratungstermin vereinbaren.

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