Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Dresden: Wohngebäudeversicherung darf Vertrag nach verschwiegenem Hochwasser-Vorschaden und Maklerfehler wirksam anfechten
- Ausgangssituation: Hochwasserschaden 2013 und die Vorgeschichte mit verschwiegenen Vorschäden
- Streit um die Vertragsgrundlage: Papierantrag mit korrekten Angaben versus Online-Deckungsnote mit Falschinformationen
- Die Entscheidung des OLG Dresden: Kein Versicherungsschutz wegen wirksamer Anfechtung des Vertrages
- Vertragsgrundlage war die fehlerhafte Online-Deckungsnote, nicht der korrekte Papierantrag
- Kernpunkt Arglistige Täuschung: Verschweigen des erheblichen Vorschadens war vorsätzlich
- Zurechnung des Maklerfehlers: Die Arglist der Versicherungsmaklerin trifft den Hauseigentümer
- Anfechtungsrecht des neuen Versicherers nach Vertragsübernahme und Portfolio-Wechsel
- Folge der wirksamen Anfechtung: Kein Versicherungsschutz für den Hochwasserschaden 2013
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann spricht man bei einer Wohngebäudeversicherung von arglistiger Täuschung und welche Folgen hat das?
- Welche Pflichten hat ein Versicherungsnehmer bei der Beantragung einer Wohngebäudeversicherung bezüglich der Angabe von Vorschäden?
- Inwieweit haftet ein Versicherungsmakler für Fehler bei der Antragstellung einer Wohngebäudeversicherung?
- Kann eine Wohngebäudeversicherung einen Vertrag auch dann anfechten, wenn der Versicherungsnehmer die Falschangaben nicht selbst gemacht hat?
- Was bedeutet Elementarschadendeckung in einer Wohngebäudeversicherung und welche Schäden sind typischerweise abgedeckt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 O 3169/16 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Dresden
- Datum: 03.04.2018
- Aktenzeichen: 4 U 698/17
- Verfahrensart: Urteil
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Eigentümer eines Grundstücks, das von einem Hochwasser betroffen war. Er begehrt Versicherungsleistungen für den Schaden und klagt gegen die Versicherung, die den Vertrag für nichtig erklärt hat. Er ist in Berufung gegangen, nachdem das Landgericht die Klage abwies.
- Beklagte: Die Versicherungsgesellschaft, die den Wohngebäudeversicherungsvertrag mit Elementarschadenabdeckung vom ursprünglichen Versicherer übernommen hatte. Sie hat den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, nachdem der Hochwasserschaden gemeldet wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach einem Hochwasser 2013 forderte der Grundstückseigentümer Leistungen aus seiner Wohngebäudeversicherung. Das Grundstück hatte bereits 2002 einen erheblichen Hochwasserschaden erlitten, was bei der Antragstellung für die aktuelle Versicherung durch einen Makler nicht korrekt angegeben wurde. Der aktuelle Versicherer hatte den Vertrag später übernommen und nach dem Schaden 2013 wegen der Falschangaben bei Antragstellung angefochten.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der Versicherer den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte, weil ein Versicherungsmakler bei Antragstellung einen erheblichen Vorschaden verschwieg, auch wenn der Kläger den Vorschaden in einem separaten Papierantrag korrekt angegeben hatte und die Beklagte den Vertrag erst später von einem anderen Versicherer übernommen hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Dresden wies die Berufung des Klägers zurück.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die wirksame Anfechtung des Versicherungsvertrages durch die Beklagte. Der Vertrag basierte auf einer online übermittelten Eingabe des Maklers, die den erheblichen Vorschaden arglistig verschwieg. Das Verhalten des Maklers wurde dem Kläger zugerechnet, und die Beklagte hatte als übernehmender Versicherer das Recht zur Anfechtung.
- Folgen: Durch die wirksame Anfechtung war der Versicherungsvertrag von Anfang an nichtig. Daher bestand kein Versicherungsschutz für den Hochwasserschaden, und die Klage des Klägers auf Zahlung von Versicherungsleistungen wurde abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
OLG Dresden: Wohngebäudeversicherung darf Vertrag nach verschwiegenem Hochwasser-Vorschaden und Maklerfehler wirksam anfechten

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (Az.: 4 U 698/17) vom 03. April 2018 bestätigt, dass eine Wohngebäudeversicherung einen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam anfechten kann, auch wenn der Vertrag von einem anderen Versicherer übernommen wurde und die Täuschung durch einen Versicherungsmakler bei der Antragstellung erfolgte. Im Kern ging es um das Verschweigen eines erheblichen Hochwasser-Vorschadens aus dem Jahr 2002.
Ausgangssituation: Hochwasserschaden 2013 und die Vorgeschichte mit verschwiegenen Vorschäden
Der Fall betraf einen Hauseigentümer, der nach einem Hochwasserschaden im Juni 2013 an seinem Grundstück in G… Ansprüche aus seiner Wohngebäudeversicherung mit Elementarschadendeckung geltend machte. Das Grundstück, ursprünglich im Eigentum seiner Mutter, war bereits im Jahr 2002 von einem schweren Muldehochwasser betroffen. Der damalige Schaden belief sich auf stattliche 180.000,00 EUR und wurde von der damaligen Versicherung reguliert, die den Vertrag daraufhin kündigte.
Im Jahr 2010 beauftragte der Hauseigentümer, damals noch bevollmächtigt durch seine Mutter, eine Versicherungsmaklerin, um die bestehende Wohngebäudeversicherung überprüfen zu lassen und gegebenenfalls zu optimieren. Diese Maklerin war einem größeren Maklerpool angeschlossen. Ziel war der Abschluss einer neuen Versicherung, die auch Elementarschäden abdecken sollte.
Streit um die Vertragsgrundlage: Papierantrag mit korrekten Angaben versus Online-Deckungsnote mit Falschinformationen
Im Zuge der Antragstellung für ein neues Versicherungsprodukt, das von der D… AG für wechselnde Risikoträger (zum Antragszeitpunkt für die V… Verein Allgemeine Versicherungs-AG) angeboten wurde, spielten zwei Dokumente eine entscheidende Rolle und wurden später zum zentralen Streitpunkt.
Zunächst füllte die Versicherungsmaklerin am 07. Januar 2010 handschriftlich ein Papier-Antragsformular aus, das der Hauseigentümer unterschrieb. In diesem Formular waren sowohl ein kleinerer Vorschaden von 250,00 EUR als auch der erhebliche Elementarschaden aus dem Hochwasser 2002 in Höhe von 180.000,00 EUR korrekt angegeben.
Kurz darauf, am 12. Januar 2010, erstellte die Maklerin jedoch online über das System des Maklerpools eine sogenannte „Deckungsnote Wohngebäude„. In dieser elektronisch übermittelten Version waren die Vorschäden plötzlich anders dargestellt: Es wurde nur noch ein Vorschaden mit einer Höhe von „250“ angegeben. Die explizite Frage, ob in den letzten 10 Jahren eine Bedrohung durch Elementarschäden bestanden habe, wurde mit „nein“ beantwortet. Ebenso wurde die Frage nach einer früheren Überschwemmung verneint.
Der Versicherungsschein vom 15. Januar 2010 wurde schließlich auf Basis dieser online bei der D… AG eingegangenen, fehlerhaften Daten ausgestellt. Später, am 31. März 2011, wechselte der Risikoträger, also der eigentliche Versicherer, von der V… Verein Allgemeine Versicherungs-AG zu jenem Versicherungsunternehmen, das später im Prozess die Rolle der Beklagten einnahm. Nachdem der Hauseigentümer am 12. November 2012 auch formal Eigentümer des Grundstücks wurde, wurde die Versicherung mit einem neuen Versicherungsschein vom 16. November 2012 auf ihn als Versicherungsnehmer umgeschrieben.
Nach dem erneuten Hochwasserereignis am 02. Juni 2013 meldete die Versicherungsmaklerin den Schaden. Daraufhin erklärte die D… AG im Namen und in Vollmacht des nun zuständigen Versicherers mit Schreiben vom 20. Juni 2013 die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. Die Begründung: Bei der Antragstellung am 12. Januar 2010 sei der erhebliche Elementarvorschaden von 2002 durch die Maklerin verschwiegen worden. Hätte man von diesem Schaden gewusst, wäre der Vertrag niemals policiert worden.
Der Hauseigentümer forderte gerichtlich die Übernahme der Kosten für die Schadensbeseitigung (rund 125.000,00 EUR als Neuwertschaden) sowie einen Nutzungsausfallschaden (ca. 35.687,64 EUR). Er hatte zwar staatliche Aufbauhilfen in Höhe von 83.705,94 EUR erhalten, diese sind jedoch nachrangig gegenüber Versicherungsleistungen. Das Landgericht Leipzig hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen und die Anfechtung als wirksam angesehen. Dagegen legte der Hauseigentümer Berufung ein.
Seine Argumente in der Berufung waren vielschichtig: Die Anfechtung stehe nur der D… AG oder dem ursprünglichen Versicherer zu, nicht aber dem neuen, der den Vertrag erst später übernommen habe. Zudem liege keine Arglistige Täuschung vor, da er persönlich den Vorschaden im Papierantrag ja korrekt angegeben habe. Die Kenntnis der Versicherungsmaklerin über den korrekten Sachverhalt müsse dem Versicherer zugerechnet werden, da diese in den Vertrieb eingebunden gewesen sei. Die Online-„Deckungsnote“ sei zudem nicht Vertragsgrundlage geworden. Schließlich seien die Angaben in der Deckungsnote nicht eindeutig falsch, da nur nach einer „Bedrohung“ gefragt werde, und ein eventueller Widerspruch (Schäden beseitigt ja, aber keine Angabe der Höhe) hätte eine Nachfragepflicht des Versicherers ausgelöst.
Die Entscheidung des OLG Dresden: Kein Versicherungsschutz wegen wirksamer Anfechtung des Vertrages
Das Oberlandesgericht Dresden wies die Berufung des Hauseigentümers zurück und bestätigte damit das Urteil des Landgerichts Leipzig. Der Hauseigentümer muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, einschließlich der Kosten der beiden Maklerunternehmen (Maklerin und Maklerpool), die dem Rechtsstreit auf Seiten des Versicherers als Streithelfer beigetreten waren. Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen. Der Streitwert wurde auf 135.687,44 EUR festgesetzt.
Vertragsgrundlage war die fehlerhafte Online-Deckungsnote, nicht der korrekte Papierantrag
Das OLG Dresden stellte nach eingehender Beweisaufnahme, insbesondere durch die Vernehmung einer Zeugin vom Maklerpool, fest, dass der Versicherungsvertrag auf Grundlage der online von der Versicherungsmaklerin erstellten „Deckungsnote Wohngebäude“ vom 12. Januar 2010 zustande gekommen ist. Der vom Hauseigentümer unterschriebene Papierantrag vom 07. Januar 2010, der die korrekten Angaben enthielt, wurde nach Überzeugung des Gerichts weder beim Maklerpool noch bei der D… AG eingereicht.
Die Zeugin des Maklerpools schilderte die damaligen Abläufe im Jahr 2010 glaubhaft und überzeugend. Demnach konnten Anträge für Einfamilienhäuser online nur vom jeweiligen Makler selbst über dessen zugangsgesichertes System eingegeben werden. Eine technische Umwandlung eines Papierantrags in eine elektronische Deckungsnote durch Mitarbeiter des Maklerpools sei nicht möglich gewesen. Verschiedene Indizien stützten diese Feststellung: Die Erwähnung eines Schwimmbeckens fand sich nur in der Deckungsnote und einem Beratungsprotokoll, nicht aber im Papierantrag. Die Maklernummer der Versicherungsmaklerin war auf der Deckungsnote vermerkt, ebenso ein Hinweis auf die verwendete Software des Maklerpools.
Die Aussage der Versicherungsmaklerin selbst, sie habe den Antrag in Papierform weitergeleitet, stufte das Gericht als von Erinnerungslücken geprägt, widersprüchlich und aufgrund ihres Eigeninteresses (ihr war der Streit verkündet worden, sie hätte also bei einem für den Hauseigentümer negativen Ausgang potenziell haften können) als nicht glaubhaft ein. Die Online-Deckungsnote wurde somit wirksam als Antrag gestellt, da ein Versicherungsvertrag grundsätzlich formfrei geschlossen werden kann (gemäß §§ 130-147 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Der Versicherungsschein vom 15. Januar 2010 nahm ausdrücklich Bezug auf diesen online gestellten Antrag.
Kernpunkt Arglistige Täuschung: Verschweigen des erheblichen Vorschadens war vorsätzlich
Das Gericht bejahte eine arglistige Täuschung durch das Verschweigen des massiven Vorschadens aus der Überschwemmung von 2002 in der maßgeblichen Online-Deckungsnote. Die Falschangaben betrafen die Anzahl und Höhe der Vorschäden (nur 250 EUR statt zusätzlich 180.000 EUR) sowie die Verneinung einer Bedrohung durch Elementarschäden und einer früheren Überschwemmung in den letzten 10 Jahren.
Arglist setzt voraus, dass der Antragsteller (hier vertreten durch die Versicherungsmaklerin) bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirken wollte, und zwar in dem Wissen, dass der Versicherer den Antrag bei wahrheitsgemäßer Angabe entweder gar nicht oder nur zu anderen, ungünstigeren Konditionen angenommen hätte. Dieses subjektive Element der Täuschungsabsicht kann durch Indizien bewiesen werden.
Das Gericht sah starke Indizien für die Arglist der Versicherungsmaklerin: Das Verschweigen des immensen Schadens von 180.000 EUR bei gleichzeitiger Angabe eines Bagatellschadens von 250 EUR zeige eine klare Unredlichkeit. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Maklerin musste ihr die enorme Bedeutung dieses Vorschadens für die Risikobewertung durch den Versicherer bekannt sein. Es war zudem allgemein bekannt, dass der Abschluss einer Elementarschadenversicherung für ein vom Hochwasser 2002 betroffenes Grundstück schwierig und teuer war. Die Angaben in der Deckungsnote waren nach Ansicht des Gerichts eindeutig falsch; ein bloßes Versehen oder ein Missverständnis sei auszuschließen.
Der Einwand des Hauseigentümers, ein offensichtlicher Widerspruch in den (fehlerhaften) Antragsdaten hätte eine Nachfragepflicht des Versicherers ausgelöst, wurde zurückgewiesen. Die gemachten Falschangaben waren für sich genommen bereits täuschungsrelevant und geeignet, den Versicherer zu einem Vertragsabschluss zu bewegen, den er sonst nicht getätigt hätte. Die Existenz des korrekt ausgefüllten Papierantrags ändert nichts an der Arglist der Maklerin bei der Erstellung und Übermittlung der tatsächlich eingereichten Online-Anwendung.
Zurechnung des Maklerfehlers: Die Arglist der Versicherungsmaklerin trifft den Hauseigentümer
Das Gericht entschied weiter, dass die von der Versicherungsmaklerin begangene arglistige Täuschung dem Hauseigentümer als ihrem Auftraggeber und Versicherungsnehmer zuzurechnen ist. Ein Versicherungsmakler steht rechtlich gesehen grundsätzlich im Lager des Versicherungsnehmers und handelt als dessen Sachwalter, nicht als Vertreter des Versicherers. Arglistige Täuschungen des Maklers sind dem Versicherungsnehmer daher gemäß § 166 Absatz 1 BGB zuzurechnen. Dies stützt sich auf gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Makler ist in diesem Kontext kein „Dritter“ im Sinne des § 123 Absatz 2 Satz 1 BGB, dessen Täuschung sich der Vertragspartner (hier der Versicherer) nur dann zurechnen lassen müsste, wenn er die Täuschung selbst kannte oder kennen musste.
Die Versicherungsmaklerin handelte hier eindeutig als Maklerin für den Hauseigentümer. Dies ergab sich aus ihrer Beauftragung, den Versicherungsbedarf zu überprüfen und Angebote bei verschiedenen, konkurrierenden Versicherern einzuholen, sowie aus ihrer Tätigkeit als selbstständige Gewerbetreibende. Der Einwand des Hauseigentümers, die Maklerin oder der Maklerpool seien als Agenten der D… AG oder des Versicherers tätig geworden, wurde mangels jeglicher Beweise zurückgewiesen. Der Maklerpool beschränkte seine Tätigkeit auf die technische Weiterleitung von Anträgen, beriet keine Endkunden direkt und unterhielt vertragliche Beziehungen zu über 50 verschiedenen Versicherern. Auch die Listung des Maklerpools als „betreuende Stelle“ im Versicherungsschein änderte nichts an der maklertypischen Zuordnung zum Lager des Versicherungsnehmers. Der D… AG war bekannt, dass die Vermittlung durch einen Makler erfolgte.
Anfechtungsrecht des neuen Versicherers nach Vertragsübernahme und Portfolio-Wechsel
Das Gericht bestätigte auch das Anfechtungsrecht des aktuellen Versicherers, obwohl dieser den Versicherungsvertrag erst nach dessen ursprünglichem Abschluss von einem anderen Versicherungsunternehmen übernommen hatte. Der neue Versicherer tritt bei einer Vertragsübernahme in alle Rechte und Pflichten des ursprünglichen Versicherers ein. Dies schließt ausdrücklich das Recht zur Anfechtung aufgrund von Umständen ein, die bereits bei Vertragsabschluss mit dem Vorversicherer vorlagen, wie die hier relevante arglistige Täuschung. Der Umstand, dass der neue Versicherer das gesamte Versicherungsportfolio ohne individuelle Risikoprüfung jedes einzelnen Vertrags übernahm, ist für das Bestehen des Anfechtungsrechts unerheblich. Die Anfechtung konnte somit wirksam gemäß § 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit § 123 BGB erklärt werden.
Folge der wirksamen Anfechtung: Kein Versicherungsschutz für den Hochwasserschaden 2013
Durch die wirksame Anfechtung ist der Versicherungsvertrag von Anfang an als nichtig anzusehen (§ 142 Absatz 1 BGB). Das bedeutet, es hat rechtlich gesehen nie ein gültiger Versicherungsvertrag bestanden. Folglich bestand auch kein Versicherungsschutz für den Hochwasserschaden vom 02. Juni 2013. Die auf das Bestehen des Versicherungsschutzes gestützten weiteren Anträge des Hauseigentümers, wie der Ersatz des Nutzungsausfallschadens und vorgerichtlicher Kosten, waren infolgedessen ebenfalls unbegründet und wurden abgewiesen.
Das Gericht sah die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nicht als gegeben an (§ 543 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Die Rechtssache habe weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des höchsten deutschen Zivilgerichts. Die zugrundeliegenden Rechtsfragen zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, zur Zurechnung von Maklerverhalten und zum Anfechtungsrecht des übernehmenden Versicherers seien bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung umfassend geklärt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei Abschluss einer Wohngebäudeversicherung kann das Verschweigen eines erheblichen Vorschadens (hier: Hochwasserschaden) zur wirksamen Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung führen, selbst wenn die Falschangaben durch einen Versicherungsmakler erfolgten. Die Täuschung des Maklers wird dem Versicherungsnehmer zugerechnet, da der Makler rechtlich als dessen Sachwalter gilt. Auch ein Versicherer, der später in den Vertrag eintritt, kann wegen Täuschungen anfechten, die beim ursprünglichen Vertragsschluss erfolgten. Bei einer wirksamen Anfechtung besteht für später eintretende Schäden kein Versicherungsschutz, da der Vertrag rückwirkend nichtig ist.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann spricht man bei einer Wohngebäudeversicherung von arglistiger Täuschung und welche Folgen hat das?
Bei einer Wohngebäudeversicherung spricht man von arglistiger Täuschung, wenn Sie beim Abschluss des Vertrags oder bei einer späteren Meldung bewusst falsche Angaben machen oder wichtige Informationen verschweigen, mit der Absicht, die Versicherung dadurch zu beeinflussen.
Das bedeutet:
Was bedeutet arglistige Täuschung konkret?
Es liegt nicht bei jeder unrichtigen Angabe gleich eine arglistige Täuschung vor. Entscheidend ist, dass Sie die Versicherung vorsätzlich und mit Täuschungsabsicht über Tatsachen täuschen, die für den Versicherer wichtig sind.
- Bewusst falsche Angaben: Sie geben absichtlich Informationen an, von denen Sie wissen, dass sie nicht stimmen.
- Wichtiges Verschweigen: Sie lassen absichtlich Informationen weg, von denen Sie wissen, dass sie für die Versicherung relevant sind.
- Täuschungsabsicht: Sie handeln mit dem Ziel, den Versicherer dazu zu bringen, den Vertrag abzuschließen oder einen geringeren Beitrag zu verlangen, als er es bei Kenntnis der wahren Umstände getan hätte.
Stellen Sie sich vor, Sie schließen eine Wohngebäudeversicherung ab. Wenn Sie dabei wissentlich verschweigen, dass Ihr Haus vor Kurzem einen erheblichen Wasserschaden hatte, um einen Vertrag zu bekommen oder einen höheren Beitrag zu vermeiden, könnte das als arglistige Täuschung gewertet werden. Eine einfache Vergesslichkeit oder ein unbeabsichtigter Fehler sind in der Regel keine arglistige Täuschung.
Welche Folgen hat arglistige Täuschung für die Versicherung?
Wenn eine arglistige Täuschung durch den Versicherungsnehmer nachgewiesen wird, hat das gravierende Konsequenzen für den Versicherungsvertrag und eventuelle Schadensfälle. Die Versicherung hat in diesem Fall mehrere Möglichkeiten:
- Anfechtung des Vertrags: Die Versicherung kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Das führt dazu, dass der Vertrag als von Anfang an unwirksam betrachtet wird.
- Rücktritt vom Vertrag: Die Versicherung kann auch vom Vertrag zurücktreten. Der Vertrag endet dann rückwirkend.
Die wichtigste Folge für Sie als Versicherungsnehmer ist in der Regel, dass die Versicherung im Schadensfall leistungsfrei ist. Das bedeutet, die Versicherung muss den Schaden nicht bezahlen. Dies kann sogar dann gelten, wenn der eingetretene Schaden überhaupt nichts mit der Information zu tun hat, über die getäuscht wurde. Da der Vertrag als unwirksam gilt oder rückwirkend beendet wurde, besteht kein Versicherungsschutz für den Schadensfall.
Kurz gesagt: Arglistige Täuschung ist ein schwerwiegendes Vergehen im Versicherungsrecht und kann dazu führen, dass Sie im Schadenfall keinen Versicherungsschutz haben und der Vertrag rückwirkend aufgelöst wird.
Welche Pflichten hat ein Versicherungsnehmer bei der Beantragung einer Wohngebäudeversicherung bezüglich der Angabe von Vorschäden?
Wenn Sie eine Wohngebäudeversicherung beantragen, haben Sie eine wichtige Pflicht gegenüber der Versicherung: Sie müssen Fragen der Versicherung zu sogenannten gefahrerheblichen Umständen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Gefahrerhebliche Umstände sind Tatsachen, die für die Einschätzung des Risikos durch die Versicherung wichtig sind und die Höhe des Beitrags oder die Frage, ob die Versicherung den Vertrag überhaupt abschließt, beeinflussen können.
Welche Vorschäden müssen Sie angeben?
Vorschäden am Gebäude gehören typischerweise zu diesen gefahrerheblichen Umständen. Ob und welche Vorschäden Sie angeben müssen, hängt in erster Linie von den konkreten Fragen im Antragsformular der Versicherung ab. Versicherungen fragen in der Regel gezielt nach Vorschäden innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.B. der letzten 5 oder 10 Jahre).
- Wenn das Formular nach Vorschäden durch bestimmte Ereignisse (wie Wasser oder Sturm) in den letzten 5 Jahren fragt, müssen Sie diese Schäden angeben, sofern Sie davon wissen.
- Schäden, die länger zurückliegen als der im Antrag genannte Zeitraum, müssen Sie in der Regel nicht angeben, es sei denn, die Frage bezieht sich ausdrücklich auf einen längeren Zeitraum oder es handelt sich um sehr schwerwiegende Dauerschäden.
- Auch Schäden, die von früheren Eigentümern verursacht wurden, müssen Sie angeben, wenn Sie beim Ausfüllen des Antrags davon Kenntnis haben und die Frage im Formular diese Schäden einschließt (z.B. „Gab es in den letzten X Jahren Schäden…?“). Ihre eigene Kenntnis von dem Vorschaden ist hier entscheidend.
Es ist wichtig, das Antragsformular sehr sorgfältig und ehrlich auszufüllen und alle Fragen zu Vorschäden, von denen Sie wissen und die im abgefragten Zeitraum liegen, anzugeben.
Was sind die Folgen, wenn Vorschäden verschwiegen werden?
Wenn Sie relevante Vorschäden nicht angeben, obwohl die Versicherung danach gefragt hat und Sie davon wussten, spricht man von einer Verletzung der sogenannten vorvertraglichen Anzeigepflicht. Dies kann ernsthafte Konsequenzen haben.
Wird eine solche Verletzung später bekannt, insbesondere nach einem Schadensfall, kann die Versicherung unter Umständen vom Vertrag zurücktreten, den Vertrag kündigen oder den Vertrag anpassen. Besonders relevant für Sie: Im schlimmsten Fall kann die Versicherung die Zahlung für den aktuellen Schaden verweigern, insbesondere wenn der verschwiegene Vorschaden einen Einfluss auf den jetzt eingetretenen Schaden hat oder das Risiko insgesamt anders eingeschätzt worden wäre.
Deshalb ist es im eigenen Interesse, die Fragen der Versicherung zu Vorschäden genau zu lesen und wahrheitsgemäß zu beantworten.
Inwieweit haftet ein Versicherungsmakler für Fehler bei der Antragstellung einer Wohngebäudeversicherung?
Ein Versicherungsmakler arbeitet in der Regel im Auftrag des Kunden, um den passenden Versicherungsschutz zu finden und beim Abschluss zu helfen. Dabei hat der Makler bestimmte Pflichten.
Zu diesen Pflichten gehört es unter anderem, die Angaben, die für den Versicherungsantrag wichtig sind, sorgfältig vom Kunden einzuholen und korrekt an die Versicherungsgesellschaft weiterzugeben. Der Makler muss den Kunden auch aufklären, welche Informationen relevant sind.
Wenn dem Makler bei der Antragstellung ein Fehler unterläuft – zum Beispiel falsche Angaben zur Immobilie oder Vorschäden übermittelt werden – und Ihnen dadurch später ein finanzieller Schaden entsteht, weil die Versicherung im Schadenfall nicht oder nur eingeschränkt zahlt, kann der Makler dafür zur Haftung gezogen werden. Das bedeutet, er könnte verpflichtet sein, Ihnen den Schaden zu ersetzen.
Ein solcher Fehler des Maklers kann sich auf Ihren Versicherungsschutz auswirken, da die Versicherungsgesellschaft ihre Entscheidung und die Bedingungen des Vertrages auf den Angaben im Antrag basiert. Wenn diese Angaben falsch sind, kann die Versicherung unter Umständen Leistungen kürzen oder verweigern, auch wenn der Fehler ursprünglich vom Makler gemacht wurde. Ihre möglichen Ansprüche richten sich dann gegen den Makler wegen dessen Fehlers.
Kann eine Wohngebäudeversicherung einen Vertrag auch dann anfechten, wenn der Versicherungsnehmer die Falschangaben nicht selbst gemacht hat?
Ja, das ist unter bestimmten Umständen möglich. Der springende Punkt liegt darin, wem die Informationen im Versicherungsantrag rechtlich zugerechnet werden.
Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Verantwortung dafür, dass die Angaben im Antrag vollständig und wahrheitsgemäß sind. Das Gesetz (das Versicherungsvertragsgesetz, VVG) legt eine sogenannte Wahrheitspflicht fest.
Wenn ein Dritter, wie zum Beispiel ein Versicherungsmakler oder -vertreter, bei der Antragstellung hilft und dabei falsche oder unvollständige Informationen notiert, wird dies dem Versicherungsnehmer oft zugerechnet. Stellen Sie sich das vor wie bei anderen wichtigen Verträgen: Wenn Sie einen Vertrag unterschreiben, sind Sie in der Regel für dessen Inhalt verantwortlich, auch wenn jemand anderes beim Ausfüllen geholfen hat.
Das gilt insbesondere, wenn der Dritte (z.B. Makler) im Auftrag oder Interesse des Versicherungsnehmers gehandelt hat oder wenn der Versicherungsnehmer den Antrag selbst geprüft und unterschrieben hat. Durch die Unterschrift bestätigt der Versicherungsnehmer in der Regel die Richtigkeit der Angaben.
Warum wird das dem Versicherungsnehmer zugerechnet?
Der Grund ist, dass der Versicherungsantrag die Grundlage für den Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung bildet. Die Versicherung muss sich auf die dort gemachten Angaben verlassen können, um das Risiko richtig einschätzen zu können. Fehler oder Falschangaben können dazu führen, dass die Versicherung das Risiko anders oder gar nicht versichert hätte, wenn sie die richtigen Informationen gehabt hätte.
Wenn sich herausstellt, dass aufgrund falscher Angaben ein wichtiger Umstand verschwiegen oder falsch dargestellt wurde, kann die Versicherung Konsequenzen ziehen. Das Gesetz sieht hier verschiedene Möglichkeiten vor, je nach Art und Umfang der falschen Information und ob diese fahrlässig oder sogar vorsätzlich gegeben wurde. Dies kann dazu führen, dass die Versicherung den Vertrag in Frage stellen kann, zum Beispiel durch einen Rücktritt oder eine Kündigung. Der Begriff „Anfechtung“ wird in diesem Zusammenhang manchmal auch verwendet, insbesondere bei absichtlicher Täuschung.
Entscheidend ist also nicht unbedingt, wer die Feder geführt hat, sondern wem die gemachten Angaben rechtlich zugerechnet werden und ob der Versicherungsnehmer seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Anzeige verletzt hat. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die falschen Informationen von einem Dritten stammen, der am Prozess der Antragstellung beteiligt war.
Was bedeutet Elementarschadendeckung in einer Wohngebäudeversicherung und welche Schäden sind typischerweise abgedeckt?
Die Elementarschadendeckung in einer Wohngebäudeversicherung ist ein wichtiger Baustein, der Schutz vor Schäden durch bestimmte Naturereignisse bietet, die über den Grundschutz (wie Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel) hinausgehen. Sie ist oft als Zusatzbaustein zur klassischen Wohngebäudeversicherung versicherbar.
Typischerweise sind in einer Elementarschadendeckung Schäden versichert, die entstehen durch:
- Überschwemmung: Wenn Wasser aus Flüssen, Seen oder auch durch Starkregen über die Ufer tritt und Schäden verursacht. Dies schließt auch Hochwasser mit ein.
- Rückstau: Wenn Wasser aus der öffentlichen Kanalisation in das Gebäude zurückgedrückt wird, zum Beispiel bei starken Regenfällen.
- Erdbeben: Erschütterungen des Erdbodens natürlichen Ursprungs.
- Erdsenkung und Erdrutsch: Absinken oder Abrutschen von Erdreich.
- Schneedruck: Schäden durch das Gewicht großer Schneemassen, die auf Dächern oder Gebäudeteilen lasten.
- Lawinen: Herabstürzende Schnee- oder Eismassen.
- Vulkanausbruch: Schäden durch Lava, Asche oder Gase aus einem Vulkan.
Es ist wichtig zu wissen, dass der genaue Umfang der abgedeckten Naturereignisse von Vertrag zu Vertrag variieren kann. Nicht jede Police deckt automatisch alle diese Gefahren ab. Prüfen Sie daher immer Ihre spezifischen Versicherungsbedingungen.
Für eine Leistung der Versicherung bei Elementarschäden müssen in der Regel bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die in den Versicherungsbedingungen festgelegt sind. Dazu gehört oft auch ein Selbstbehalt, also ein Betrag, den Sie im Schadenfall selbst tragen müssen.
Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass Sie durch die Elementarschadendeckung Ihr Gebäude auch gegen die finanziellen Folgen von Naturkatastrophen absichern können, die in den letzten Jahren durch den Klimawandel häufiger geworden sind. Ohne diese zusätzliche Deckung sind Schäden durch Ereignisse wie Hochwasser oder Rückstau in der Regel nicht von der Wohngebäudeversicherung abgedeckt. Es lohnt sich daher, den eigenen Vertrag genau zu prüfen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Arglistige Täuschung
Arglistige Täuschung liegt vor, wenn jemand wissentlich falsche Angaben macht oder wichtige Tatsachen verschweigt, um eine andere Person (hier die Versicherung) zu einem Vertragsschluss oder zu bestimmten Vertragsbedingungen zu verleiten. Entscheidend ist das vorsätzliche Verhalten mit Täuschungsabsicht; also die bewusste Absicht, den anderen über wesentliche Umstände zu täuschen. Im Versicherungsrecht führt arglistige Täuschung dazu, dass der Versicherer den Vertrag anfechten kann, was zur Rückabwicklung und zum Verlust des Versicherungsschutzes führt. Ein Beispiel ist das bewusste Verschweigen eines schweren Vorschadens beim Abschluss der Wohngebäudeversicherung.
Anfechtung
Die Anfechtung ist ein Recht, mit dem ein Vertragspartner einen Vertrag wegen bestimmter Mängel (z. B. wegen arglistiger Täuschung, § 123 BGB) rückwirkend für nichtig erklären kann. Im Fall einer wirksamen Anfechtung gilt der Vertrag „von Anfang an“ als nicht geschlossen (§ 142 Abs. 1 BGB). Für den Versicherer bedeutet dies, dass er keine Verpflichtung zur Leistung hat, da der Vertrag rechtlich gar nicht besteht. Beispiel: Wurde ein Vorschaden bewusst verschwiegen, darf die Versicherung den Vertrag anfechten und muss daher bei einem späteren Schaden nicht zahlen.
Zurechnung von Verhalten des Versicherungsmaklers gem. § 166 Abs. 1 BGB
Nach § 166 Absatz 1 BGB wird ein Verhalten eines Dritten einem Vertragspartner zugerechnet, wenn dieser Dritte im Auftrag und Interesse des Vertragspartners handelt. Ein Versicherungsmakler agiert meist im Interesse des Versicherungsnehmers und ist als dessen Vertreter anzusehen. Folglich werden Falschangaben oder Täuschungen des Maklers dem Versicherungsnehmer rechtlich zugerechnet. Das bedeutet, dass arglistige Täuschungen des Maklers den Versicherungsnehmer treffen, auch wenn dieser sie nicht selbst vorgenommen hat, wodurch die Versicherung Anfechtungsrechte gegen den Versicherungsnehmer geltend machen kann.
Elementarschadendeckung
Die Elementarschadendeckung ist ein Zusatzbaustein zur Wohngebäudeversicherung, der Schutz gegen Schäden durch bestimmte Naturereignisse bietet, die über den Grundschutz hinausgehen. Dazu zählen beispielsweise Überschwemmungen, Rückstau, Erdbeben, Erdrutsch, Lawinen oder Schneedruck. Ohne diesen Zusatz sind viele dieser Naturgefahren nicht abgesichert. Die Elementarschadendeckung ist besonders für Gebäude in risikobehafteten Lagen wichtig, etwa in Überschwemmungsgebieten. Beispiel: Ein Hochwasserschaden am Wohnhaus wird nur übernommen, wenn eine Elementarschadendeckung besteht.
Vertragsübernahme (Portfoliowechsel) und Übernahme der Anfechtungsrechte
Bei einem Versicherungswechsel oder Portfolio-Wechsel übernimmt der neue Versicherer mit dem Vertrag auch die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Versicherers, einschließlich des Rechts auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 22 VVG in Verbindung mit § 123 BGB). Das bedeutet, auch wenn der neue Versicherer erst später Vertragspartner wird, kann er den Vertrag wegen damals bereits vorliegender Täuschung anfechten. Dies schützt Versicherer davor, dass anfechtbare Verträge „mitgeschleppt“ werden. Ein Beispiel ist der Fall, wenn ein Versicherungsvertrag mit verschwiegenen Schäden von einem Versicherer an einen anderen übertragen wird und der neue Versicherer dessen Anfechtungsrecht ausübt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 123 BGB (Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung): Regelt die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen arglistiger Täuschung, wenn eine Partei durch falsche Angaben zur Abgabe der Willenserklärung verleitet wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Versicherungsunternehmen konnte den Vertrag wirksam anfechten, weil die Versicherungsmaklerin bei der Antragstellung arglistig getäuscht hat, indem sie den Hochwasservorschaden verschwiegen hat.
- § 166 Absatz 1 BGB (Zurechnung von Handlungen des Vertreters): Bestimmt, dass die Täuschung eines Vertreters oder Beauftragten dem vertretenen Hauptmann zugerechnet wird, wenn dieser in dessen Interesse handelt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das arglistige Verhalten der Versicherungsmaklerin wird dem Hauseigentümer als Auftraggeber zugerechnet, da der Makler als Vertreter des Versicherungsnehmers handelt.
- § 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) (Anfechtung bei arglistiger Täuschung): Erlaubt dem Versicherer die Anfechtung des Versicherungsvertrags, wenn bei Vertragsschluss arglistig getäuscht wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der aktuelle Versicherer kann den Vertrag anfechten, obwohl er erst nachträglich den Vertrag übernommen hat, da das Täuschungsrisiko mit dem Vertrag übertragen wurde.
- § 142 Absatz 1 BGB (Wirkung der Anfechtung): Bestimmt, dass ein angefochtenes Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig gilt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Durch die wirksame Anfechtung gilt der Versicherungsvertrag rückwirkend als nie zustande gekommen, sodass kein Versicherungsschutz für den Hochwasserschaden bestand.
- BGB §§ 130-147 (Willenserklärungen, Formfreiheit): Diese Vorschriften legen fest, dass Verträge grundsätzlich formfrei geschlossen werden können, sofern keine besonderen Formvorschriften greifen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Versicherungsvertrag wurde trotz der Papierantragskorrekturen formwirksam durch die Online-Deckungsnote abgeschlossen, da diese als gültige Willenserklärung anerkannt wurde.
- Versicherungsvertragsrechtliche Grundsätze zur Personenbindung im Maklerrecht: Rechtslage, dass Versicherungsmakler als Vertreter des Versicherungsnehmers und nicht des Versicherers handeln, weshalb deren Wissen und Verhalten dem Versicherungsnehmer zugerechnet werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fehlangaben der Maklerin bezüglich des Vorschadens waren dem Hauseigentümer zuzurechnen, obwohl der Versicherer selbst nicht direkt getäuscht wurde.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 4 U 698/17 – Urteil vom 03.04.2018
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