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Wohngebäudeversicherung – Durchnässungsfolgeschaden

LG Tübingen, Az.: 4 S 7/14, Beschluss vom 01.10.2014

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nagold vom 10.06.2014, Az. 3 C 24/24, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Der Kläger macht mit der Klage nach behaupteter Abtretung weitere Ansprüche aus einem Leitungswasser- bzw. Rohrbruchschaden vom 13.08.2011 aus einer zwischen seiner Ehefrau und der Beklagten abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung einschließlich Leitungswasserversicherung geltend, den diese teilweise reguliert hat.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil im schriftlichen Verfahren nach § 128 ZPO am 10.06.2014 abgewiesen und die Klagabweisung damit begründet, dass ein Entschädigungsanspruch aus der Leitungswasserversicherung für den von der Beklagten nicht regulierten und geltend gemachten Filter- und Leuchtenschaden, der mit Rechnung der Fa. Schwimmbad … vom 09.09.2011 (Bl. 35 d. Akte) abgerechnet wurde, nicht besteht, weil es sich hierbei nicht um durch die Leitungswasser- bzw. Rohrbruchversicherung versicherte Schäden handelt.

Gegen das dem Kläger am 13.06.2014 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 10.07.2014, der beim Landgericht Tübingen am gleichen Tag per Fax einging, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 12.08.2014, der am gleichen Tag per Fax einging, hat er die Berufung begründet.

Der Kläger trägt vor, das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei dem geltend gemachten Schaden um Beschädigungen an nichtversicherten Sachen gehandelt habe. Alle abgerechneten Schadenspositionen und hierbei insbesondere der Filter und die Leuchten seien auf ein Leck in der zur wasserführenden Leitung gehörenden Filteranlage, die den Pool seines Einfamilienhauses versorge, zurückzuführen, deren Beseitigungskosten die Beklagte zu tragen habe, was sich aus einer vorzunehmenden Auslegung der Versicherungsbedingungen ergebe. Der ausgetauschte Filter mit Filtereinsatz und dem Filtergehäuse betreffe das auszutauschende und versicherte Rohrsystem. Die Poolleuchten, die nach dem Bruch im Rohrsystem durch das Wasser im Pool nicht mehr gekühlt worden seien, seien aufgrund der bestehenden Leitungswasserversicherung zu erstatten. Im Übrigen verweist der Kläger zur Begründung seiner Berufung auf die bereits beim Amtsgericht Nagold eingereichten Schriftsätze.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung die Anträge der ersten Instanz weiter und beantragt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.669,45 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus p.a. seit dem 28.07.2012 zu zahlen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Rechtsanwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von 215,- € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten- über dem Basiszinssatz hieraus p.a. seit Rechtshängigkeit des Klagantrages Ziffer 2 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger keine weitergehenden Ansprüche aus der bestehenden Leitungswasser- bzw. Rohrbruchversicherung zustehen.

II.

Wohngebäudeversicherung - Durchnässungsfolgeschaden
Symbolfoto: devon/Bigstock

1.) Die gemäß § 511 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung des Klägers hat nach der Überprüfung des angefochtenen Urteils anhand des gesamten Berufungsvorbringens keine Aussicht auf Erfolg und ist nach übereinstimmender Auffassung der Kammer offensichtlich unbegründet. Das Amtsgericht Nagold hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen.

2.) Zutreffend hat das Amtsgericht einen Anspruch des Klägers aus der bestehenden Leitungswasser- bzw. Rohrbruchversicherung mit der Begründung, die nunmehr geltend gemachten Schäden seien nicht versichert, verneint.

a) Es kann hierbei, wie vom Amtsgericht zurecht angenommen, dahin gestellt bleiben, ob der Kläger durch eine wirksame Abtretung aktivlegitimiert ist.

b) Die mit Rechnung der Firma Schwimmbad … vom 09.09.2011 abgerechneten Serviceleistungen in Form eines Austauschs des Filterbehälters und der Leuchten sind nicht vom Versicherungsschutz gedeckt.

(1) Gemäß Ziffer 2.1 b) der in das Versicherungsverhältnis einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 2009) werden nach Ziffer 1 der VGB 2009 versicherte Sachen entschädigt, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. Entschädigt wird gemäß Ziffer 2.2 VGB 2009 auch ein Bruchschaden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschaden an sonstigen Leitungswasser führenden Einrichtungen. Der Begriff des Leitungswassers wird hierbei durch Ziffer 3.2 VGB 2009, der Begriff des Rohrbruchs durch Ziffer 3.3 VGB 2009 näher umschrieben.

(2) Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der Filteranlage und den Leuchten des Pools nicht um vom Versicherungsschutz nach Ziffer 2.1 b) oder Ziffer 2.2 VGB 2009 erfasste versicherte Sachen. Weder die Filteranlage, noch die Leuchten wurden durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt, noch ist deren Defekt als Bruchschaden anzusehen und gemäß Ziffer 2.2 und 3.3 VGB 2009 zu ersetzen.

(a) Die Beschädigungen des Filters und der Leuchten stellen keinen versicherten Nässeschaden bzw. Durchnässungsfolgeschaden dar, der vom Schutz der Leitungswasserversicherung umfasst ist, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat. Versichert sind nur solche Schäden, die adäquate Folge des ausgetretenen Wassers sind. Nicht ausreichend für die Annahme eines Versicherungsfalls ist es, wenn der Schaden nur adäquate Folge des Austritts ist (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., Rn. 20 zu E I). Der Versicherungsfall des Leitungswasserschadens liegt nach den hier vereinbarten Bedingungen vor, wenn das versicherte Gebäude durch Wasser, das bestimmungswidrig aus mit den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen oder aus deren wasserführenden Teilen ausgetreten ist, beschädigt wird. Die Leuchten wurden jedoch nicht durch das auslaufende Wasser, und nur ein solcher Schaden ist von der Leitungswasserversicherung zu begleichen, sondern durch eine Trockenlegung beschädigt, die eventuell durch das aus dem Schwimmbad auslaufende Wasser bedingt ist. Hierbei handelt es sich nicht um die adäquate Folge des ausgetretenen Wassers. Auch die Filteranlage war nicht durch austretendes Wasser beschädigt worden, sondern die Beschädigung der Filteranlage führte zum Austreten des Wassers.

(b) Beschädigungen der Filteranlage und der Leuchten unterfallen auch nicht dem Versicherungsschutz der bestehenden Rohrbruchversicherung.

(aa) Die in Ziffer 2.2 und 3.3 VGB 2009 geregelte Rohrbruchversicherung betrifft ein gesondertes, von dem nach Maßgabe der Ziffern 2.1 b) und 3.2 VGB 2009 versicherten Leitungswasserrisiko zu unterscheidendes Risiko. Bruch benennt dabei, anders als Leitungswasser, nicht eine versicherte Gefahr, sondern eine Erscheinungsform des Sachschadens. Demnach deckt die Rohrbruchversicherung zwar die Kosten der Rohrbruchbeseitigung selbst, nicht aber Folgeschäden aus einem solchen Rohrbruch (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.07.2004 – 12 U 88/04, Rn. 26, zitiert nach juris; OLG Koblenz, Urteil vom 19.12.2006 – 9 U 215/05, Rn. 11, zitiert nach juris). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt hierbei bei verständiger Würdigung, dass bei einem Rohrbruch nur der reine Rohrbruchschaden von der Versicherung zu ersetzen ist, nicht aber auch Folgeschäden eines, wenn auch durch Rohrbruch bedingten, Schadens aus dem bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).

(bb) Nach diesen Ausführungen fällt der Schaden an den Leuchten als Folgeschaden nicht unter den Versicherungsschutz der Rohrbruchversicherung.

(cc) Weiter wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse den in den VGB 2009 in Ziffer 3.3 verwendeten Begriff der Bruchschäden an Rohren bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges auch nicht so verstehen, dass damit alle wasserführenden Teile innerhalb eines Gebäudes gegen jeglichen Bruch versichert sind, sondern nur Rohre im eigentlichen Sinn von diesem Schutz erfasst sind (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2012 – 5 U 144/12, Rn. 19, zitiert nach juris). Der Bruch einer Filteranlage ist deshalb nicht vom Versicherungsschutz der Rohrbruchversicherung gedeckt.

III.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern kein Urteil des Berufungsgerichts. Die Kammer ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung, nicht geboten ist. Im Hinblick auf die fehlenden Erfolgsaussichten regt die Kammer unbeschadet der Möglichkeit der Stellungnahme an, die Berufung aus Kostengründen zurück zu nehmen.

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