Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Dresden: Kein Versicherungsschutz für behaupteten Hagelschaden am Nebengebäude – Beweislast nicht erfüllt
- Der Ausgangspunkt des Rechtsstreits: Ein vermeintlicher Hagelschaden und die Forderung an die Wohngebäudeversicherung
- Das Landgerichtsurteil: Umfangreiche Beweisaufnahme ohne Nachweis eines Hagelschadens
- Berufung vor dem OLG Dresden: Klare Signale zur Zurückweisung mangels Erfolgsaussichten
- Die entscheidende Frage der Beweislast: Wer muss den Hagelschaden nachweisen?
- Bewertung der Beweismittel zum Hagelschaden: Zweifel an der Schadensursache durch Hagel überwiegen
- Vorzustand des Daches: Indizien für Altschäden und mangelnde Dichtigkeit schon vor dem Unwetter
- Keine Beweiserleichterung: Vorwurf der Beweisvereitelung gegen den Versicherer greift nicht
- Unbeachtlich: Zeugenaussage zur früheren Dachinspektion ändert nichts an der aktuellen Beweispflicht
- Gerichtliche Empfehlung: Berufung zurücknehmen und weitere Kosten vermeiden
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Schäden deckt eine Wohngebäudeversicherung typischerweise ab?
- Wer muss im Schadensfall den Schaden beweisen und welche Beweismittel sind dafür geeignet?
- Was sind die häufigsten Streitpunkte zwischen Versicherungsnehmern und Wohngebäudeversicherungen bei Hagelschäden?
- Was kann ich tun, wenn meine Wohngebäudeversicherung die Leistung ablehnt?
- Welche Rolle spielt ein Gutachter bei der Feststellung eines Hagelschadens?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 4 U 1487/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Dresden
- Datum: 12.01.2018
- Aktenzeichen: 4 U 1487/17
- Verfahrensart: Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO – beabsichtigte Zurückweisung der Berufung)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümerin eines Hauses mit Nebengebäude und Versicherungsnehmerin, die Versicherungsleistungen für einen angeblichen Hagelschaden am Nebengebäude forderte.
- Beklagte: Ein Versicherungsunternehmen, bei dem die Klägerin versichert war.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin beanspruchte Leistungen aus ihrer Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten für einen angeblichen Hagelschaden am Dach ihres Nebengebäudes im September 2011.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob der Klägerin der Nachweis gelungen ist, dass die Schäden am Dach ihres Nebengebäudes tatsächlich durch das versicherte Ereignis Hagel verursacht wurden. Das Landgericht hatte dies verneint.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Dresden beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen. Damit bestätigt das OLG die Entscheidung, dass kein Anspruch auf Versicherungsleistungen besteht.
- Begründung: Das Gericht begründete dies hauptsächlich damit, dass die Klägerin den Nachweis für einen durch Hagel verursachten Schaden am Dach nicht erbringen konnte. Weder Zeugenaussagen noch Sachverständigengutachten konnten sicher bestätigen, dass die Schäden auf Hagel zurückzuführen waren; zudem gab es Hinweise auf ältere Schäden. Das Landgericht durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass die erforderliche Überzeugung nach § 286 ZPO nicht erreicht wurde.
- Folgen: Die Entscheidung bedeutet, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen für den behaupteten Hagelschaden hat. Ihre Berufung wird voraussichtlich zurückgewiesen werden. Das Gericht schlug vor, die Berufung zurückzunehmen, um Gerichtsgebühren zu sparen.
Der Fall vor Gericht
OLG Dresden: Kein Versicherungsschutz für behaupteten Hagelschaden am Nebengebäude – Beweislast nicht erfüllt
Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem Beschluss vom 12. Januar 2018 (Az.: 4 U 1487/17) die Berufung einer Versicherungsnehmerin gegen ein Urteil des Landgerichts zurückgewiesen.

Kern des Streits war die Frage, ob ein Versicherer für einen behaupteten Hagelschaden an einem Nebengebäude aufkommen muss, obwohl unklar blieb, ob die Schäden tatsächlich durch Hagel verursacht wurden und Anzeichen für ältere Vorschäden bestanden. Das Gericht bestätigte, dass die Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalls, also den Hagelschaden, bei der Versicherungsnehmerin liegt und dieser Beweis im konkreten Fall nicht erbracht werden konnte.
Der Ausgangspunkt des Rechtsstreits: Ein vermeintlicher Hagelschaden und die Forderung an die Wohngebäudeversicherung
Eine Immobilienbesitzerin, die bei einem Versicherungsunternehmen eine Wohngebäudeversicherung (Versicherungsschein-Nr. … vom 03.02.2009) unterhält, meldete einen Schaden an ihrem Nebengebäude. Dieses Nebengebäude war unstrittig Teil des Versicherungsschutzes. Laut den vereinbarten Versicherungsbedingungen (WGB F 01/08, Ziffern 4.1.3 i.V.m. Ziffer 8.3 und 8.4) sind Hagelschäden als versichertes Risiko abgedeckt. Ein solcher Bedingungsgemäßer Hagelschaden liegt vor, wenn durch Hagel – definiert als „fester Witterungsniederschlag in Form von Eiskörnern“ – und dessen unmittelbare Einwirkung auf versicherte Sachen ein Schaden entsteht.
Die Versicherungsnehmerin gab an, am 11. September 2011 sei es zu einem Hagelereignis gekommen, das Schäden am Dach des Nebengebäudes verursacht habe. Sie forderte daraufhin entsprechende Leistungen von ihrer Versicherung.
Das Landgerichtsurteil: Umfangreiche Beweisaufnahme ohne Nachweis eines Hagelschadens
Das zunächst mit dem Fall befasste Landgericht führte eine Umfangreiche Beweisaufnahme durch, um zu klären, ob tatsächlich ein versicherter Hagelschaden am Dach des Nebengebäudes vorlag. Hierzu wurden mehrere Zeugen vernommen: der Ehemann der Versicherungsnehmerin, ein direkter Nachbar sowie ein weiterer Anwohner. Darüber hinaus holte das Gericht ein schriftliches meteorologisches Gutachten ein, um die Wetterlage am Schadentag zu rekonstruieren. Ein schriftliches Sachverständigengutachten aus dem Dachdeckerhandwerk sollte die Art und Ursache der Schäden bewerten. Dieses wurde später durch ein schriftliches Ergänzungsgutachten präzisiert, und der gerichtlich bestellte Sachverständige wurde zusätzlich mündlich angehört. Auch ein sachverständiger Zeuge, der im Auftrag des Versicherers bereits vorgerichtlich ein Gutachten erstellt hatte, wurde als Zeuge vernommen.
Nach Abschluss dieser umfassenden Beweiserhebung kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der Nachweis eines bedingungsgemäßen Hagelschadens nicht erbracht worden sei. Folglich wies es die Klage der Immobilienbesitzerin auf Zahlung von Versicherungsleistungen ab. Gegen dieses Urteil legte die Versicherungsnehmerin Berufung ein.
Berufung vor dem OLG Dresden: Klare Signale zur Zurückweisung mangels Erfolgsaussichten
Das Oberlandesgericht Dresden teilte in seinem Beschluss mit, dass es beabsichtige, die Berufung der Versicherungsnehmerin gemäß § 522 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Diese Vorschrift erlaubt es Berufungsgerichten, eine Berufung ohne Hauptverhandlung zurückzuweisen, wenn sie einstimmig davon überzeugt sind, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Eine mündliche Verhandlung wurde auch aus anderen Gründen nicht als geboten erachtet.
Im Ergebnis bestätigte das OLG Dresden damit die Entscheidung des Landgerichts: Der Versicherungsnehmerin steht kein Anspruch auf Versicherungsleistungen für den behaupteten Hagelschaden vom 11. September 2011 zu. Das Gericht gab der Versicherungsnehmerin Gelegenheit zur Stellungnahme und regte an, die Berufung zur Kostenersparnis zurückzunehmen.
Die entscheidende Frage der Beweislast: Wer muss den Hagelschaden nachweisen?
Das Oberlandesgericht bekräftigte einen fundamentalen Grundsatz des Versicherungsrechts: Die Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalles, also für das Vorliegen eines Hagelschadens, der die Leistungspflicht des Versicherers auslöst, liegt nach allgemeinen Beweislastregeln bei der Versicherungsnehmerin. Dies bedeutet, sie muss dem Gericht die volle Überzeugung vermitteln, dass der Schaden tatsächlich durch Hagel im Sinne der Versicherungsbedingungen entstanden ist. Das Gericht verwies hierbei auf ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 27.06.1994, IV ZR 129/93) und einschlägige Rechtskommentare (Prölss/Martin, VVG).
Der Nachweis eines bedingungsgemäßen Hagelschadens gemäß den Ziffern 8.2.1 in Verbindung mit 8.3 der vereinbarten Wohngebäudeversicherungsbedingungen (WGB F 01/08) ist der Versicherungsnehmerin nach Auffassung des OLG Dresden – ebenso wie zuvor dem Landgericht – nicht gelungen.
Bewertung der Beweismittel zum Hagelschaden: Zweifel an der Schadensursache durch Hagel überwiegen
Das Oberlandesgericht schloss sich der sorgfältigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung des Landgerichts vollumfänglich an. Es sah keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen könnten, und sah daher auch keine Notwendigkeit für eine erneute Beweiserhebung.
Die Zeugenaussagen lieferten keinen eindeutigen Beweis für einen Hagelschaden. Der Ehemann der Versicherungsnehmerin und die Versicherungsnehmerin selbst hatten den Hagel nicht unmittelbar miterlebt, sondern gaben lediglich an, davon gehört zu haben. Ein Nachbar bekundete zwar, tischtennisballgroße Hagelkörner gesehen zu haben, berichtete jedoch von keinen Schäden an seinem eigenen, nahegelegenen Hausdach oder seiner Fotovoltaikanlage. Er habe nach dem Ereignis zwar „Einschläge“ am Dach der Versicherungsnehmerin bemerkt, konnte aber nicht sagen, ob diese vor dem angeblichen Hagelsturm bereits vorhanden waren, da er den Zustand vorher nicht speziell beachtet hatte. Ein weiterer Anwohner hatte zwar selbst Hagelschäden an seinem Eigentum, konnte aber keine Angaben zum Dach der Versicherungsnehmerin machen – weder zum Zustand vor dem Ereignis noch dazu, ob es überhaupt von Hagel betroffen war.
Auch die Sachverständigenaussagen zum Schadensbild stützten die Behauptung eines Hagelschadens nicht überzeugend. Sowohl der vom Versicherer beauftragte sachverständige Zeuge als auch der gerichtlich bestellte Sachverständige hielten Schäden durch Hagelkörner aufgrund des vorgefundenen Schadensbildes für unwahrscheinlich oder zumindest nicht eindeutig feststellbar. Der Sachverständige des Versicherers erklärte, Hagelkörner verursachten typischerweise Brüche und Abplatzungen an Dachziegeln, nicht aber glatte Löcher, wie sie teilweise am Nebengebäude vorhanden waren. Der Gerichtssachverständige bewertete das Schadensbild ebenfalls als eher untypisch für einen Hagelschaden. Er führte aus, dass bei einem Hagelereignis dieser Intensität flächigere Schäden und auch Schäden an umliegenden Gebäuden zu erwarten gewesen wären, was hier nicht der Fall war. Er hielt es zwar für möglich, dass einige der Einschlagslöcher durch Hagel verursacht wurden, konnte dies aber keinesfalls sicher bestätigen. Entscheidend war zudem, dass beide Sachverständige übereinstimmend feststellten, dass zahlreiche Abplatzungen, Schadstellen und Löcher eindeutig alte Beschädigungen darstellten, was sie im Einzelnen anhand von Verwitterungsmerkmalen und Moosbewuchs begründeten.
Das Gericht verwies auf das im deutschen Zivilprozess geltende Beweismaß des § 286 ZPO. Danach muss der Richter von der Wahrheit einer Behauptung voll überzeugt sein; eine bloße „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ oder eine subjektive Möglichkeit genügt nicht. Angesichts der erheblichen Unsicherheiten, des untypischen Schadensbildes und der Feststellungen der Sachverständigen zu Altschäden durfte das Landgericht zu Recht davon ausgehen, dass die Schadensursache Hagel nicht mit der erforderlichen Sicherheit bewiesen sei. Dies rechtfertigte keine erneute Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz gemäß § 529 ZPO.
Vorzustand des Daches: Indizien für Altschäden und mangelnde Dichtigkeit schon vor dem Unwetter
Die Versicherungsnehmerin hatte argumentiert, das Dach sei vor dem behaupteten Hagelschaden dicht gewesen. Diese Behauptung, gestützt auf Aussagen des Nachbarn und ihres Ehemanns, sah das Landgericht jedoch als widerlegt oder zumindest nicht bewiesen an – eine Einschätzung, der sich das OLG anschloss. Beide Sachverständige hatten übereinstimmend bekundet, dass der Zustand des Dachstuhls und die inneren Schäden am Nebengebäude auf deutlich ältere Schäden und bereits länger bestehende Undichtigkeiten hindeuteten. Insbesondere beim Ehemann der Versicherungsnehmerin als Zeugen berücksichtigte das Gericht zudem ein offensichtliches Eigeninteresse an einem für die Versicherungsnehmerin günstigen Verfahrensausgang.
Das Landgericht war auch nicht verpflichtet, der Behauptung der Versicherungsnehmerin weiter nachzugehen, das Dach habe in den drei Jahren seit Abschluss des Versicherungsvertrages keine erhebliche Verschlechterung erfahren. Selbst wenn dies bewiesen worden wäre, hätte es an der Einschätzung nichts geändert. Denn daraus könnte ebenso gut geschlossen werden, dass das Dach bereits vor diesem Zeitraum undicht und sanierungsbedürftig war. Die Versicherungsnehmerin trug im Übrigen nicht substantiiert vor, wie die von beiden Sachverständigen festgestellte erhebliche Verfallsstufe und Fäulnis im Dachstuhl durch den einmaligen, behaupteten Hagelschaden vom 11. September 2011 entstanden sein soll.
Keine Beweiserleichterung: Vorwurf der Beweisvereitelung gegen den Versicherer greift nicht
Die Versicherungsnehmerin versuchte zudem, sich auf Beweiserleichterungen oder eine Umkehr der Beweislast zu berufen. Sie warf dem Versicherer bzw. dessen vorgerichtlich tätigen Sachverständigen ein missbilligenswertes Verhalten vor, das als Beweisvereitelung zu werten sei. Konkret ging es darum, dass der Sachverständige des Versicherers bei seiner Erstbesichtigung keine Dachziegel ausgebaut oder gesichert hatte, um sie später genauer untersuchen zu können.
Das OLG Dresden wies diesen Vorwurf zurück. Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr setzen voraus, dass die Beweisführung für eine Partei durch ein schuldhaftes und vorwerfbares Verhalten der Gegenseite unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert wird. Davon konnte hier keine Rede sein. Der Sachverständige des Versicherers hatte nach seiner fachlichen Einschätzung die vorgefundenen Löcher nicht für Hagelschäden gehalten und daher keinen Anlass gesehen, Ziegel zu Beweiszwecken zu sichern. Der Versicherer wiederum hatte aufgrund dieses Gutachtens keinen Grund, an dessen Richtigkeit zu zweifeln. Es gab keinen objektiven Anhaltspunkt für die Behauptung der Versicherungsnehmerin, der Versicherer habe bewusst eine unzureichende Aufnahme des Schadens vorgenommen oder vornehmen lassen, um eine spätere Beweisführung zu vereiteln.
Zudem war der Versicherungsnehmerin das Gutachten des Versicherers frühzeitig bekannt. Es wäre ihr daher ohne Weiteres möglich gewesen, bei der nachfolgenden umfassenden Dachsanierung selbst Ziegel als Beweismittel zu sichern oder gemäß Ziffer 14.2 der Versicherungsbedingungen einen eigenen Sachverständigen zu benennen, um ihre Ansprüche zu untermauern. Dies hatte sie jedoch unterlassen.
Unbeachtlich: Zeugenaussage zur früheren Dachinspektion ändert nichts an der aktuellen Beweispflicht
Schließlich hielt das Gericht auch die von der Versicherungsnehmerin beantragte Vernehmung einer weiteren Zeugin (P.) für nicht erforderlich. Diese Zeugin sollte offenbar Angaben zum Zustand des Daches bei Abschluss des Versicherungsvertrages machen. Das OLG stellte klar, dass selbst wenn diese Zeugin das Dach damals als dicht und intakt eingeschätzt hätte und diese Einschätzung dem Versicherer zuzurechnen wäre, dies keine günstigeren Rechtsfolgen für die Versicherungsnehmerin im aktuellen Schadensfall hätte.
Die Bereitschaft eines Versicherers, ein älteres oder möglicherweise sanierungsbedürftiges Dach zum gleitenden Neuwert zu versichern, bedeutet nicht, dass der Versicherungsnehmer vom Nachweis befreit wäre, dass festgestellte Schäden in einem konkreten Schadensfall tatsächlich auf einem versicherten Ereignis beruhen. Eine solche Auslegung würde die Versicherungsbedingungen, die klar definieren, welche Gefahren versichert sind und wann ein Versicherungsfall vorliegt, ad absurdum führen. Die Verpflichtung, die Ursächlichkeit des Schadens durch Hagel nachzuweisen, bleibt bei der Versicherungsnehmerin, und dieser Nachweis war ihr im gesamten Verfahren nicht gelungen. Eine allgemeine Zusage, ein Dach zu versichern, ist nicht mit einer konkreten Deckungszusage für einen spezifischen Schaden zu verwechseln, die unter Umständen als Schuldanerkenntnis wirken könnte.
Gerichtliche Empfehlung: Berufung zurücknehmen und weitere Kosten vermeiden
Angesichts der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Berufung legte das Oberlandesgericht Dresden der Versicherungsnehmerin abschließend nahe, ihre Berufung zurückzunehmen. Dies hätte für sie den Vorteil, zwei Gerichtsgebühren zu sparen, die bei einer Zurückweisung durch Beschluss oder Urteil ansonsten anfallen würden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Dieses Urteil verdeutlicht, dass bei Hagelschäden die Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalls beim Versicherungsnehmer liegt, der nachweisen muss, dass die Schäden tatsächlich durch ein versichertes Ereignis (Hagel) und nicht durch vorbestehende Mängel verursacht wurden. Die Gerichte verlangen dabei nicht nur die bloße Wahrscheinlichkeit, sondern eine volle richterliche Überzeugung anhand objektiver Indizien wie typischer Schadensbilder und sachverständiger Bewertungen. Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit, bei Verdacht auf Hagelschäden umgehend für eine lückenlose Beweissicherung zu sorgen, etwa durch zeitnahe Dokumentation und gegebenenfalls eigene Sachverständigengutachten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Schäden deckt eine Wohngebäudeversicherung typischerweise ab?
Eine Wohngebäudeversicherung schützt Ihr Haus oder Gebäude vor finanziellen Folgen durch verschiedene Gefahren. Sie deckt typischerweise Schäden am Gebäude selbst und fest damit verbundenen Teilen (wie Einbauküchen, Bodenbelägen oder Sanitäranlagen) ab.
Die Kerngefahren: Was meist versichert ist
Die grundlegende Abdeckung einer Wohngebäudeversicherung umfasst in der Regel Schäden, die durch bestimmte, im Vertrag festgelegte Ereignisse verursacht werden. Die wichtigsten dieser sogenannten „versicherten Gefahren“ sind:
- Feuer: Dies umfasst Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion. Stellen Sie sich vor, ein Blitz schlägt ins Dach ein und verursacht einen Brand – die Reparaturkosten für das Dach und die vom Feuer beschädigten Gebäudeteile wären hier typischerweise versichert.
- Leitungswasser: Hier geht es um Schäden, die entstehen, wenn Wasser aus Rohren, Waschmaschinen, Geschirrspülern oder Heizungsanlagen austritt und das Gebäude beschädigt. Zum Beispiel ein Wasserrohrbruch in der Wand, der Nässeflecken und Putzschäden verursacht. Auch Frostschäden an Rohren können hierunter fallen.
- Sturm und Hagel: Versichert sind Schäden, die direkt durch Stürme (ab einer bestimmten Windstärke, meist Windstärke 8) oder durch Hagel verursacht werden. Denken Sie an abgedeckte Dachziegel nach einem schweren Sturm oder beschädigte Fensterscheiben durch Hagelkörner.
Zusätzliche Risiken: Elementarschäden und weitere
Neben diesen Kerngefahren können Sie den Schutz Ihrer Wohngebäudeversicherung oft erweitern. Eine wichtige Erweiterung ist die Deckung sogenannter Elementarschäden. Dies sind Schäden durch Naturereignisse, die über Sturm und Hagel hinausgehen, wie zum Beispiel:
- Überschwemmung (durch Starkregen, Hochwasser)
- Rückstau (wenn Wasser aus der Kanalisation ins Haus drückt)
- Erdrutsch oder Erdsenkung
- Schneelast (Schäden durch zu viel Schnee auf dem Dach)
- Lawinen
Diese Elementarschadenversicherung ist nicht automatisch in jeder Police enthalten und muss in der Regel extra vereinbart werden.
Zusätzlich können je nach Vertrag auch Schäden durch andere Ursachen versichert sein, etwa durch Vandalismus, Fahrzeuganprall oder Graffiti.
Der Blick in den Vertrag ist entscheidend
Für Sie als Eigentümer ist es ganz entscheidend zu wissen, welche Schäden Ihre spezielle Wohngebäudeversicherung abdeckt und welche nicht. Nicht jede Police ist gleich. Die genauen versicherten Gefahren, Ausschlüsse (Schäden, die nicht bezahlt werden) und Bedingungen sind immer in Ihrem individuellen Versicherungsvertrag und den dazugehörigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) aufgeführt. Dort finden Sie auch Details zur Höhe der Deckungssumme und eventuellen Selbstbehalten.
Das bedeutet: Auch wenn die genannten Gefahren wie Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel typisch sind, sollten Sie unbedingt die Bedingungen Ihrer eigenen Versicherungspolice prüfen, um genau zu verstehen, welchen Schutz Sie haben und ob zusätzliche Risiken wie Elementarschäden eingeschlossen sind.
Wer muss im Schadensfall den Schaden beweisen und welche Beweismittel sind dafür geeignet?
Wenn ein Schaden entstanden ist, zum Beispiel an Ihrem Eigentum, stellt sich die Frage, wer beweisen muss, dass dieser Schaden tatsächlich vorliegt und wie er entstanden ist. Grundsätzlich gilt im deutschen Recht der wichtige Grundsatz: Wer etwas behauptet, muss es auch beweisen.
Das bedeutet im Schadensfall: Die Person, die einen Schaden geltend macht und dafür Ersatz verlangt, trägt die Beweislast. Wenn Sie also einen Schaden erlitten haben und möchten, dass jemand anderes (z.B. eine Versicherung oder der Verursacher) dafür aufkommt, liegt es zunächst an Ihnen, zu beweisen:
- Dass ein Schaden entstanden ist.
- Wie hoch der Schaden ist.
- Und dass der Schaden durch ein bestimmtes Ereignis (den sogenannten Versicherungsfall, wie z.B. einen Sturm oder Wasserschaden, oder eine Handlung des Verursachers) verursacht wurde.
Man nennt dies die Beweislast. Sie tragen die Last, die notwendigen Fakten für Ihren Anspruch nachzuweisen.
Welche Beweismittel können helfen?
Um den Schaden und seine Ursache zu beweisen, können verschiedene Dinge als Beweismittel dienen:
- Fotos und Videos: Diese sind oft das erste und wichtigste Beweismittel. Machen Sie detaillierte Aufnahmen vom Schaden aus verschiedenen Blickwinkeln und der Umgebung. Auch Fotos, die den Zustand vor dem Schaden dokumentieren, können hilfreich sein.
- Zeugenaussagen: Hat jemand den Schadensfall beobachtet? Oder kann jemand bestätigen, wie der Zustand vor dem Schaden war? Zeugen können ihre Beobachtungen schildern.
- Schriftliche Dokumente: Dazu gehören Rechnungen über die Reparatur des Schadens, Kostenvoranschläge, Lieferscheine oder auch Korrespondenz mit der Gegenseite. Im Falle von Naturschäden können auch offizielle meteorologische Daten des Deutschen Wetterdienstes (z.B. über Sturm, Hagel) relevant sein.
- Gutachten: Bei komplexen Schäden ist ein Gutachten durch einen unabhängigen Sachverständigen oft unerlässlich. Ein Sachverständiger kann die Art und den Umfang des Schadens fachlich beurteilen, die Ursache feststellen und die Reparaturkosten ermitteln.
Die Beweisführung kann je nach Fall einfach oder sehr komplex sein. Es ist wichtig, möglichst frühzeitig Beweismittel zu sammeln und zu sichern, da sich Spuren von Schäden mit der Zeit verändern können oder Zeugen sich nicht mehr genau erinnern.
Was sind die häufigsten Streitpunkte zwischen Versicherungsnehmern und Wohngebäudeversicherungen bei Hagelschäden?
Wenn ein Hagelschaden an Ihrem Wohngebäude auftritt, kommt es leider nicht immer zu einer reibungslosen Schadenregulierung. Es gibt typische Punkte, die zwischen Ihnen als Versicherungsnehmer und Ihrer Wohngebäudeversicherung zu Meinungsverschiedenheiten führen können.
Ein häufiger Streitpunkt ist die Ursache des Schadens. Die Versicherung prüft genau, ob der Schaden tatsächlich durch Hagel entstanden ist. Manchmal ist es schwierig, neuen Hagelschaden klar von Vorschäden oder normalen Abnutzungserscheinungen zu unterscheiden. Stellen Sie sich zum Beispiel ein Dach vor, das schon älter ist. Dellen vom Hagel müssen klar von bereits vorhandenen Macken oder Brüchen unterschieden werden.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Höhe der Entschädigung. Hier spielen oft die Begriffe Neuwert und Zeitwert eine Rolle.
- Der Neuwert ist, was es kosten würde, das beschädigte Teil brandneu wiederherzustellen oder zu ersetzen.
- Der Zeitwert berücksichtigt das Alter und den Zustand des beschädigten Teils vor dem Schaden. Er ist also der Wert, den das Teil zum Zeitpunkt des Schadens noch hatte.
Welcher Wert ersetzt wird, hängt von Ihrem Versicherungsvertrag ab. Wenn Ihr Vertrag den Neuwert versichert, sollte die Versicherung die Kosten für eine Wiederherstellung im Neuzustand übernehmen. Ist nur der Zeitwert versichert, erhalten Sie möglicherweise weniger Geld, da der Abzug für Alter und Abnutzung berücksichtigt wird. Hier kann es schnell zu Streit kommen, welcher Wert angemessen ist.
Auch die Angemessenheit der Reparaturkosten führt oft zu Diskussionen. Sie legen vielleicht einen Kostenvoranschlag einer Handwerksfirma vor, der Versicherung erscheint dieser aber zu hoch. Die Versicherung kann eigene Gutachter beauftragen, deren Einschätzung sich von Ihrer unterscheidet. Die Frage ist dann, welche Reparaturmethode und welche Kosten tatsächlich notwendig und üblich sind, um den Schaden fachgerecht zu beheben.
Zuletzt kann es auch darum gehen, ob überhaupt ein versicherter Hagelereignis stattgefunden hat. Manchmal gibt es Zweifel am genauen Zeitpunkt des Schadens oder daran, ob die Intensität des Unwetters ausreichte, um den geltend gemachten Schaden zu verursachen. Oft werden Wetterdaten oder Zeugenaussagen herangezogen, um dies zu klären.
Was kann ich tun, wenn meine Wohngebäudeversicherung die Leistung ablehnt?
Wenn Ihre Wohngebäudeversicherung eine Leistung ablehnt, bedeutet das, dass die Versicherung den Schaden an Ihrem Gebäude nicht übernehmen möchte. Es ist wichtig zu verstehen, warum die Versicherung die Zahlung verweigert. Lesen Sie daher das Ablehnungsschreiben genau durch. Vergleichen Sie die darin genannten Gründe mit Ihrem Versicherungsvertrag, insbesondere den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Dort sind die versicherten Gefahren und Ausschlüsse geregelt.
Wenn Sie die Begründung der Versicherung nicht nachvollziehen können oder die Einschätzung des Schadens anzweifeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist, ein eigenes Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen einholen zu lassen. Dieses sogenannte Gegengutachten kann die Feststellungen der Versicherung oder deren Gutachters überprüfen und eine andere Sichtweise auf die Schadenursache oder den Umfang des Schadens liefern.
Eine weitere Möglichkeit, eine Einigung außerhalb eines Gerichtsverfahrens zu finden, ist die Kontaktaufnahme mit dem Ombudsmann für Versicherungen. Dies ist eine neutrale Schlichtungsstelle. Sie prüft den Fall und versucht, eine faire Lösung zwischen Ihnen und der Versicherung zu vermitteln. Dieses Verfahren ist für Sie in der Regel kostenlos.
Sollte auch der Weg über den Ombudsmann nicht zum Erfolg führen, bleibt als letzter Schritt oft eine gerichtliche Klärung. Dabei wird der Fall vor Gericht verhandelt, und ein Richter entscheidet, ob die Versicherung zur Leistung verpflichtet ist oder nicht.
Wichtig ist, dass für die Geltendmachung von Ansprüchen und für rechtliche Schritte bestimmte Fristen gelten. Werden diese Fristen versäumt, kann es sein, dass der Anspruch endgültig verloren geht.
Das Versicherungsvertragsrecht und die Abläufe bei der Klärung von Streitigkeiten mit Versicherungen können komplex sein. Die genaue Auslegung der Vertragsbedingungen, die Bewertung von Gutachten und die Einhaltung der formalen und zeitlichen Vorgaben erfordern spezifisches Wissen.
Welche Rolle spielt ein Gutachter bei der Feststellung eines Hagelschadens?
Ein Gutachter ist eine unabhängige Person mit besonderem Fachwissen, die bei der Beurteilung von Schäden, zum Beispiel nach einem Hagelunwetter, eine wichtige Rolle spielt. Stellen Sie sich den Gutachter wie einen Fachexperten vor, der den „Zustand“ des beschädigten Objekts genau untersucht.
Die Hauptaufgabe des Gutachters ist es, den Schaden objektiv zu beurteilen. Das bedeutet, er prüft neutral und sachlich, ob der vorliegende Schaden tatsächlich durch Hagel verursacht wurde. Er begutachtet Art und Umfang des Schadens – also, was genau beschädigt ist (z.B. Dachziegel, Fassade, Fenster) und wie schwer die Beschädigung ist.
Weiterhin schätzt der Gutachter die notwendigen Reparaturkosten ein. Diese Schätzung dient oft als Grundlage für die Regulierung des Schadens, beispielsweise durch eine Versicherung oder zur Klärung von Ansprüchen zwischen Mietern und Vermietern bezüglich der Instandsetzung.
Sowohl die Person, die den Schaden meldet (z.B. der Eigentümer oder Mieter), als auch die Stelle, die potenziell für die Regulierung zuständig ist (oft eine Versicherung), können einen Gutachter beauftragen. Wenn sich die Gutachten der beiden Seiten stark unterscheiden oder es generell Unstimmigkeiten über Ursache, Umfang oder Kosten gibt, kann in einem rechtlichen Streitfall, etwa vor Gericht, ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hinzugezogen werden. Dessen Meinung hat im Verfahren besonderes Gewicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Gutachter liefert mit seiner Expertise die technische Grundlage dafür, festzustellen, was passiert ist, wie schlimm es ist und wie es behoben werden kann. Sein Bericht ist oft entscheidend dafür, wie ein Hagelschadenfall weiter behandelt wird.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Beweislast
Beweislast bedeutet, wer im Streitfall die Pflicht hat, Tatsachen zu zeigen, die den Anspruch oder die Verteidigung begründen. Im Versicherungsrecht trägt grundsätzlich die Versicherungsnehmerin die Beweislast dafür, dass ein versicherter Schaden, hier ein Hagelschaden, tatsächlich eingetreten ist. Das heißt: Sie muss dem Gericht mit Beweismitteln zeigen, dass das Schadensereignis tatsächlich stattgefunden hat und Ursache für die Schäden ist. Das ist wichtig, weil ohne ausreichenden Beweis kein Anspruch auf Versicherungsleistungen besteht (vgl. § 286 ZPO).
Beispiel: Wenn Sie von einem Sturm Schäden an Ihrem Dach melden, müssen Sie auch beweisen, dass der Sturm die Schäden verursacht hat – etwa durch Fotos, Zeugenaussagen oder Gutachten.
Bedingungsgemäßer Hagelschaden
Ein bedingungsgemäßer Hagelschaden liegt vor, wenn ein Schaden durch ein konkretes, im Versicherungsvertrag versichertes Hagelereignis entstanden ist. „Bedingungsgemäß“ bedeutet, dass der Schaden den im Vertrag festgelegten Voraussetzungen entspricht – hier: „Hagel“ wird als fester Witterungsniederschlag definiert, und der Schaden muss durch die unmittelbare Einwirkung von Hagel auf das versicherte Gebäude verursacht sein. Ohne diesen Nachweis entfällt die Leistungspflicht der Versicherung (§ 1 Versicherungsvertragsgesetz, VVG).
Beispiel: Wenn Hagelkörner das Dach zertrümmern und abplatzen, ist das ein bedingungsgemäßer Schaden. Sind die Schäden aber bereits älter oder durch andere Ursachen entstanden, greift die Versicherung nicht.
Beweismaß (§ 286 ZPO)
Das Beweismaß beschreibt, wie sicher ein Gericht von der Richtigkeit einer Behauptung überzeugt sein muss. Nach § 286 ZPO muss der Richter von der Wahrheit einer behaupteten Tatsache „voll überzeugt“ sein. Eine bloße Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Im Schadensfall bedeutet das, dass die Versicherungsnehmerin klar und eindeutig nachweisen muss, dass der konkrete Hagelschaden tatsächlich eingetreten ist – Zweifel führen zur Ablehnung des Anspruchs. Dieses strenge Beweismaß schützt Versicherer davor, für ungewisse oder unklare Schäden zahlen zu müssen.
Beispiel: Wenn Sie behaupten, ein Sturm hätte Ihr Dach beschädigt, muss das Gericht sicher sein, dass der Schaden vom Sturm stammt und nicht etwa von Altersschwäche oder anderen Einflüssen.
Beweisvereitelung
Beweisvereitelung liegt vor, wenn eine Partei durch absichtliches oder schuldhaftes Verhalten verhindert, dass die andere Partei ihre Beweise erbringen kann, z. B. durch das Vernichten oder Zurückhalten wichtiger Beweismittel. Im Versicherungsfall könnte dies die Nicht-Sicherung beschädigter Materialien oder das bewusste Unterlassen einer Schadensaufnahme sein. Eine Beweisvereitelung kann zu einer Beweiserleichterung oder sogar Beweislastumkehr führen, wenn dadurch die Beweisführung der Gegenseite erheblich erschwert wird. Im vorliegenden Fall wurde dies aber vom Gericht abgelehnt, weil kein nachweisliches pflichtwidriges Verhalten des Versicherers vorlag.
Beispiel: Wenn ein Versicherer Unfallspuren am Auto absichtlich entfernt, um die Schadensursache zu verschleiern, könnte dies Beweisvereitelung sein.
Umfangreiche Beweisaufnahme
Eine umfangreiche Beweisaufnahme ist ein gerichtliches Verfahren, bei dem verschiedene Beweismittel (Zeugenaussagen, Gutachten, Schriftstücke) gesammelt und bewertet werden, um strittige Tatsachen zu klären. Hier wurde sie eingesetzt, um festzustellen, ob das Dach am Nebengebäude tatsächlich durch Hagel beschädigt wurde. Der Zweck ist, dem Gericht eine fundierte Grundlage zur Entscheidung zu geben. Die Vielzahl an Beweisen und Expertenmeinungen erhöht die Wahrscheinlichkeit einer sachgerechten Würdigung der Schadensursache.
Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall hört das Gericht Zeugen, wertet Polizeiberichte und Sachverständigengutachten aus, um die Unfallursache eindeutig zu klären.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere § 1 Abs. 1 und § 86: Regelt die Rechte und Pflichten aus einem Versicherungsvertrag, insbesondere den Leistungsanspruch bei Eintritt des Versicherungsfalls. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin muss gemäß VVG den Eintritt des versicherten Schadensereignisses (Hagelschaden) beweisen, um die Leistungspflicht der Versicherung auszulösen.
- Wohngebäudeversicherungsbedingungen (WGB F 01/08), Ziffern 4.1.3, 8.2.1, 8.3 und 8.4: Definieren die versicherten Gefahren, insbesondere dass Hagelschäden als versichertes Risiko gelten, und konkretisieren die Voraussetzungen für den Leistungsfall. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Nachweis, dass der Schaden durch Hagel im Sinne der Bedingungen entstanden ist, ist Voraussetzung für einen Versicherungsleistungsanspruch; dieser Nachweis wurde nicht erbracht.
- § 286 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Beweiswürdigung und das Beweismaß im Zivilverfahren, wonach der Richter von der Wahrheit einer Tatsache voll überzeugt sein muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht durfte die Leistungspflicht der Versicherung nur bejahen, wenn die Klägerin die Hagelschäden mit hoher Überzeugung nachweist; dies war hier nicht der Fall.
- § 522 Abs. 2 ZPO: Erlaubt die Zurückweisung einer Berufung ohne mündliche Verhandlung, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Dresden nutzte diese Vorschrift, um die Berufung der Versicherungsnehmerin wegen fehlender Erfolgsaussichten sofort zurückzuweisen.
- Grundsatz der Beweislastverteilung im Versicherungsrecht (ständige BGH-Rechtsprechung, z.B. BGH Urteil vom 27.06.1994, IV ZR 129/93): Die Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalls liegt beim Versicherungsnehmer. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin musste den Hagelschaden beweisen; das scheiterte aufgrund der unzureichenden Beweismittel.
- Beweiserleichterungen und Beweislastumkehr im Zivilprozess: Setzen voraus, dass eine Partei durch das schuldhafte Verhalten der Gegenseite an der Beweisführung gehindert wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Behauptung der Klägerin, der Versicherer habe eine Beweisvereitelung begangen, wurde zurückgewiesen, da keine schuldhafte Behinderung der Beweisaufnahme vorlag.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 4 U 1487/17 – Beschluss vom 12.01.2018
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