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Privathaftpflichtversicherung – Fahrzeugzündung durch ein 13-jähriges Kind

Minderjähriger Traktorfahrer: Privathaftpflicht verweigert Schadenersatz

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim, welches die Deckungsklage aus einer Privathaftpflichtversicherung für Schäden durch die Zündung eines Fahrzeugs durch ein 13-jähriges Kind abgewiesen hatte, wurde zurückgewiesen. Das Landgericht Ellwangen bestätigte die Entscheidung und den Haftungsausschluss für Schäden, die durch den Gebrauch eines Fahrzeugs entstehen, und wies darauf hin, dass der Sohn des Klägers durch Betätigung der Zündung des Traktors als Führer des Fahrzeugs agierte und somit kein Versicherungsschutz besteht.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Landgericht Ellwangen wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim, welches eine Deckungsklage aus einer Privathaftpflichtversicherung für durch die Zündung eines Fahrzeugs durch ein 13-jähriges Kind entstandene Schäden abgelehnt hatte.
  • Der Haftungsausschluss gemäß den Besonderen Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung (BBR-PHV) gilt, da der Sohn des Klägers durch die Betätigung der Zündung des Traktors als Führer des Fahrzeugs agierte, was den Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellt.
  • Die Zündung des Motors und die dadurch ausgelöste Fortbewegung des Fahrzeugs wird als Gebrauch des Kraftfahrzeugs angesehen, der unter den Haftungsausschluss fällt.
  • Der Begriff des „Gebrauchs“ eines Fahrzeugs schließt den Betrieb im Sinne des § 7 StVG ein und umfasst die typischen, vom Gebrauch des Fahrzeugs selbst und unmittelbar ausgehenden Gefahren.
  • Die Würdigung der Beweise durch das Amtsgericht und die darauf basierende Entscheidung wurden als rechtsfehlerfrei angesehen.
  • Der Haftungsausschluss ist nicht wegen Intransparenz unwirksam, da er klar definiert, dass Schäden, die durch den Gebrauch eines Fahrzeugs entstehen, nicht versichert sind.
  • Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger; das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  • Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Fahrzeugführung durch Minderjährige

Kindlicher Bewegungsdrang sorgt oft für überraschende Situationen. Besonders, wenn es um den Umgang mit Kraftfahrzeugen geht, können Kinder und Jugendliche leicht zur Gefahr werden. Bereits die spielerische Betätigung von Fahrzeugkomponenten kann schwerwiegende rechtliche und finanzielle Folgen nach sich ziehen.

Doch wann liegt überhaupt eine Fahrzeugführung im rechtlichen Sinne vor? Und inwieweit greift in solchen Fällen der Versicherungsschutz einer Privathaftpflichtversicherung? Diese Fragen sind keineswegs trivial zu beantworten und haben Gerichte in der Vergangenheit mehrfach beschäftigt.

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➜ Der Fall im Detail


Privathaftpflicht und die Zündung durch ein Kind

Ein Fall, der das Landgericht Ellwangen beschäftigte, drehte sich um ein 13-jähriges Kind, das einen Traktor zündete, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte.

Privathaftpflicht: Minderjähriger Zündung Traktor
Haftungsausschluss bei Fahrzeuggebrauch: Kind zündet Traktor an (Urteil)
(Symbolfoto: lp-studio /Shutterstock.com)

Der Kern des Falls liegt in der Frage des Versicherungsschutzes durch eine Privathaftpflichtversicherung für Schäden, die aus dieser Handlung resultierten. Der Kläger suchte nach Deckungsschutz für den entstandenen Schaden, während die Versicherungsgesellschaft sich auf einen Haftungsausschluss berief. Dieser komplexe Fall berührt grundlegende Fragen des Versicherungsrechts und der Verantwortung Minderjähriger.

Der Weg zur gerichtlichen Entscheidung

Das Amtsgericht Heidenheim wies die Klage des Versicherungsnehmers ab, indem es sich auf den Haftungsausschluss gemäß den Bedingungen der Privathaftpflichtversicherung berief. Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein, die vom Landgericht Ellwangen geprüft wurde. Die Gerichte mussten dabei abwägen, ob die Handlung des Kindes, das Zünden des Traktors, unter den „Gebrauch“ eines Fahrzeugs fällt, was nach den Versicherungsbedingungen zu einem Ausschluss vom Versicherungsschutz führen würde.

Die juristische Begründung des LG Ellwangen

Das Landgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Berufung des Klägers zurück. In seiner Begründung stützte sich das Gericht auf die Versicherungsbedingungen, die klarstellen, dass Schäden, die durch den Gebrauch eines Fahrzeugs entstehen, nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind. Das Gericht legte dar, dass das Zünden des Motors und die daraus resultierende Bewegung des Fahrzeugs als „Gebrauch“ im Sinne der Versicherungsbedingungen zu interpretieren sind. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Sohn des Klägers in dem Moment, in dem er die Zündung betätigte, als „Führer“ des Fahrzeugs agierte.

Die rechtlichen Feinheiten des Urteils

Die Entscheidung des Landgerichts Ellwangen verdeutlicht die Bedeutung der genauen Auslegung von Versicherungsbedingungen und der Definition von Begriffen wie „Gebrauch“ und „Führer“ eines Fahrzeugs. Das Gericht erörterte auch die Frage der Führerschaft bei minderjährigen Personen und kam zu dem Schluss, dass auch spielerisch motivierte Handlungen, die zu einer Bewegung des Fahrzeugs führen, unter diese Definition fallen können. Zudem wurde die Rechtsauffassung bestätigt, dass der Haftungsausschluss in den Versicherungsbedingungen nicht wegen Intransparenz unwirksam ist.

Konsequenzen und Kosten

Die Zurückweisung der Berufung hatte zur Folge, dass der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und eine Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 543 ZPO nicht gegeben sind. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Verständnisses und der Anerkennung der Bedingungen von Versicherungsverträgen und hebt die Verantwortlichkeit von Fahrzeugführern, unabhängig von deren Alter, hervor.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was deckt eine Privathaftpflichtversicherung ab?

Eine Privathaftpflichtversicherung bietet Schutz vor den finanziellen Folgen, wenn man selbst oder mitversicherte Personen wie Familienmitglieder oder Kinder einen Schaden verursachen. Die Versicherung deckt dabei in der Regel Personen-, Sach- und Vermögensschäden ab, die unabsichtlich Dritten zugefügt werden.

Personen-, Sach- und Vermögensschäden

  • Personenschäden: Verletzungen oder gesundheitliche Schädigungen anderer Personen, bis hin zum Tod.
  • Sachschäden: Beschädigung oder Zerstörung von fremdem Eigentum.
  • Vermögensschäden: Finanzielle Verluste, die nicht direkt aus Personen- oder Sachschäden resultieren, sondern beispielsweise aus dem Ausfall von Arbeitskraft.

Weitere Leistungen

  • Passiver Rechtsschutz: Abwehr unberechtigter Ansprüche, notfalls auch vor Gericht.
  • Gefälligkeitsschäden: Schäden, die bei Hilfeleistungen im privaten Bereich entstehen, können unter bestimmten Bedingungen abgedeckt sein.
  • Forderungsausfalldeckung: Übernahme von Schäden, die man selbst erleidet, wenn der Verursacher zahlungsunfähig ist.

Besonderheiten bei Kindern

Kinder unter 7 Jahren (und im Straßenverkehr bis 10 Jahre) gelten als deliktunfähig und können für Schäden, die sie verursachen, nicht haftbar gemacht werden. Viele Versicherungen bieten jedoch an, deliktunfähige Kinder in die Haftpflichtversicherung einzuschließen, um im Schadensfall dennoch Leistungen zu erbringen.

Ausschlüsse

  • Vorsätzlich verursachte Schäden: Diese sind von der Haftpflichtversicherung ausgeschlossen.
  • Schäden zwischen Familienmitgliedern: Oft sind Schäden, die innerhalb der Familie entstehen, nicht abgedeckt.

Wichtig zu beachten

  • Deckungssumme: Die Höhe der Deckungssumme ist entscheidend für den Umfang des Schutzes.
  • Meldung von Risikoänderungen: Neue Risiken, wie die Anschaffung eines Hundes, müssen der Versicherung gemeldet werden.
  • Weltweiter Schutz: Die Versicherung gilt in der Regel weltweit, jedoch oft mit einer zeitlichen Begrenzung für Auslandsaufenthalte.

Zusammenfassend bietet eine Privathaftpflichtversicherung einen umfassenden Schutz vor den finanziellen Risiken, die durch unabsichtlich verursachte Schäden an Dritten entstehen können. Sie ist eine der wichtigsten Versicherungen für Privatpersonen und sollte auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.

Wie wird die Verantwortung bei Schäden durch Minderjährige gehandhabt?

Die Verantwortung bei Schäden durch Minderjährige wird im deutschen Rechtssystem durch eine Kombination aus Deliktsfähigkeit, Aufsichtspflicht der Eltern und Versicherungsschutz geregelt. Die Deliktsfähigkeit, also die Fähigkeit, für eigenes Handeln rechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, ist bei Kindern und Jugendlichen altersabhängig geregelt.

Deliktsfähigkeit und Altersgrenzen

  • Kinder unter 7 Jahren sind generell deliktsunfähig und somit nicht haftbar für Schäden, die sie verursachen. Im Straßenverkehr gilt diese Regelung sogar bis zum Alter von 10 Jahren.
  • Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren sind beschränkt deliktsfähig. Das bedeutet, sie haften nur dann, wenn sie die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatten.

Aufsichtspflicht der Eltern

Eltern haften für Schäden, die durch ihre Kinder verursacht werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht variieren je nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes sowie der konkreten Situation. Wenn Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind, können sie nicht für Schäden haftbar gemacht werden, die ihr Kind verursacht hat.

Rolle der Versicherung

Viele Familienhaftpflichtversicherungen decken Schäden ab, die durch deliktsunfähige Kinder verursacht werden. Es ist wichtig, beim Abschluss einer solchen Versicherung darauf zu achten, dass auch Schäden durch deliktsunfähige Kinder mitversichert sind. Im Schadensfall prüft die Versicherung die Haftungsfrage und übernimmt berechtigte Forderungen, während unberechtigte Forderungen abgewehrt werden.

Die Verantwortung bei Schäden durch Minderjährige hängt stark vom Alter des Kindes, der Einsichtsfähigkeit und der Einhaltung der Aufsichtspflicht durch die Eltern ab. Versicherungen spielen eine wichtige Rolle, indem sie finanziellen Schutz bieten, auch wenn weder das Kind noch die Eltern direkt haften.

Was bedeutet der „Gebrauch“ eines Fahrzeugs in der Versicherungspraxis?

Der „Gebrauch“ eines Fahrzeugs in der Versicherungspraxis bezieht sich auf Handlungen, die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Fahrzeugs in Zusammenhang stehen. Dies umfasst typischerweise das Fahren, Parken, Be- und Entladen sowie weitere Vorgänge, die mit dem Betrieb des Fahrzeugs verbunden sind.

Bestimmungsgemäße Nutzung

  • Fahren: Das Lenken des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen oder auf Privatgelände.
  • Parken: Das Abstellen des Fahrzeugs gehört ebenfalls zum Gebrauch, da es eine notwendige Pause in der Nutzung darstellt.
  • Be- und Entladen: Vorgänge, die mit dem Transport von Waren oder Personen verbunden sind, gelten als Teil des Gebrauchs.

Versicherungsdeckung

  • Kfz-Haftpflichtversicherung: Schäden, die im Rahmen des Gebrauchs eines Fahrzeugs entstehen, sind in der Regel durch die Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt.
  • Kaskoversicherung: Eigenschäden am Fahrzeug können durch eine Teil- oder Vollkaskoversicherung abgedeckt sein, je nachdem, welche Ereignisse im Vertrag eingeschlossen sind.

Grenzfälle und Ausschlüsse

  • Vorsatz: Schäden, die vorsätzlich beim Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden, sind von der Versicherung ausgeschlossen.
  • Straftaten: Bei der Nutzung des Fahrzeugs zu illegalen Zwecken, wie beispielsweise bei Fluchtfahrten nach einem Diebstahl, kann der Versicherungsschutz entfallen.

Wichtig zu beachten

  • Versicherungsbedingungen: Die genaue Definition von „Gebrauch“ kann je nach Versicherung und deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen variieren.
  • Schadensmeldung: Im Schadensfall ist es wichtig, den Vorfall zeitnah der Versicherung zu melden und alle relevanten Informationen bereitzustellen.

Zusammenfassend ist der „Gebrauch“ eines Fahrzeugs ein weit gefasster Begriff, der alle Handlungen umfasst, die mit der normalen Nutzung des Fahrzeugs einhergehen. Die Versicherungsdeckung hängt von den spezifischen Bedingungen des Versicherungsvertrags ab und sollte im Detail verstanden werden, um im Schadensfall angemessen reagieren zu können.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 1 VVG in Verbindung mit Ziffer 1.1 AHB: Regelt die Grundlagen des Versicherungsschutzes in der Haftpflichtversicherung. Erläuterung: Dies ist zentral, um zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen Schäden generell durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt sind und spielt eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der Deckungspflicht im konkreten Fall.
  • Ziffer 7.1 BBR-PHV in Verbindung mit PH 150: Spezifiziert die Ausschlüsse in der Privathaftpflichtversicherung, insbesondere bezüglich des Gebrauchs von Fahrzeugen. Erläuterung: Hierdurch wird klar, warum Schäden, die durch den Gebrauch eines Fahrzeugs entstehen, möglicherweise nicht von der Privathaftpflichtversicherung gedeckt sind.
  • § 7 StVG: Definiert den Begriff des Gebrauchs eines Fahrzeugs im rechtlichen Sinne. Erläuterung: Dieses Gesetz hilft zu klären, wann die Handlungen mit einem Fahrzeug als „Gebrauch“ gelten, was für die Versicherungsdeckung relevant ist.
  • § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB: Regelt die Unwirksamkeit unangemessener Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Erläuterung: Die Überprüfung der Transparenz und Fairness von Versicherungsbedingungen ist essenziell, um die Rechte der Versicherten zu schützen.
  • §§ 540, 313a ZPO: Befassen sich mit den Besonderheiten des Berufungsverfahrens. Erläuterung: Diese Vorschriften sind für das Verständnis des Verfahrensablaufs und der Prüfungsbefugnisse des Berufungsgerichts wichtig.
  • § 97 Abs. 1 ZPO: Regelt die Kostenentscheidung bei erfolgloser Berufung. Erläuterung: Dies gibt Aufschluss darüber, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, was für die Prozessführung von Bedeutung ist.


Das vorliegende Urteil

LG Ellwangen – Az.: 1 S 3/15 – Urteil vom 24.04.2015

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim vom 04.12.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.400,00 Euro festgesetzt.

Gründe

(§§ 540, 313 a ZPO)

Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat die auf Deckungsschutz aus einer Privathaftpflichtversicherung gerichtete Klage zu Recht mit Verweis auf den Haftungsausschluss gemäß Ziffer 7.1 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung (BBR-PHV) in Verbindung mit PH 150 (Klauseln zur privaten Haftpflichtversicherung) abgewiesen und einen diesbezüglichen Anspruch des Klägers aus § 1 VVG in Verbindung mit Ziffer 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Urteil des Amtsgerichts verwiesen. Auch das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Das Berufungsgericht hat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, hinsichtlich derer auf das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim vom 04.12.2014 Bezug genommen wird, zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich weder aus der Berufungsbegründung noch aus dem angefochtenen Urteil noch aus der von Amts wegen gebotenen Prüfung.

Das Amtsgericht hat sich bei seiner Tatsachenfeststellung an den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO gehalten. Die Würdigung der Beweise kann in der Berufungsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Gericht alle Umstände vollständig berücksichtigt hat und nicht gegen Denk- oder Naturgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln verstoßen hat. Das Gericht hat im Urteil die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen. Es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (vgl. Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28. Januar 2008, Az. 12 U 50/07). Diese Anforderungen erfüllt das angefochtene Urteil.

Das Berufungsgericht kann die aufgrund des Vortrags der Parteien, der Beweisaufnahme und der weiteren vorliegenden Umstände vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen gut nachvollziehen und teilt sie. Die Würdigung der Beweise ist rechtsfehlerfrei. Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln zeigt die Berufung nicht auf. Der Hinweis des Klägers, der Zeuge … habe lediglich eine Vermutung im Hinblick auf das Drehen des Zündschlüssels geäußert, verkennt, dass das Amtsgericht seine Überzeugung im Hinblick auf die Betätigung der Zündung durch den Sohn des Klägers nicht auf die Vermutung des Zeugen, sondern vielmehr auf die Aussage des Geschädigten, dass der Zündschlüssel immer im Traktor steckt, auf die optischen („Dann macht er auch so einen Satz“) und akustischen Wahrnehmungen des Zeugen … („Ich weiß, wie […] es sich anhört, wenn man den Traktor anlässt und die Kupplung nicht richtig kommen lässt. […] Meines Erachtens war es hier genauso, es waren die gleichen Geräusche“) sowie auf die vom Zeugen daraus gezogenen technischen Schlussfolgerungen gestützt hat. Mit seinen Angriffen gegen die Beweiswürdigung der Vorderrichterin setzt der Kläger lediglich seine eigene, hiervon abweichende Würdigung der Beweise an die Stelle der richterlichen Würdigung, ohne Rechtsfehler der gerichtlichen Entscheidung aufzuzeigen. Auch die vom Amtsgericht aus den getroffenen Feststellungen gezogenen rechtlichen Folgerungen weisen keinen Rechtsfehler auf.

Das Amtsgericht hat in Anbetracht dieser Feststellungen mit zutreffenden Erwägungen bejaht, dass die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses gemäß Ziffer 7.1 BBR-PHV 100 erfüllt sind. Danach ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft-, Wasserfahrzeugs oder Kraftfahrzeuganhängers wegen Schäden, die durch deren Gebrauch verursacht werden, nicht versichert. Der Begriff des Gebrauchs schließt den Betrieb im Sinne von § 7 StVG ein und geht noch darüber hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1980, – IVa ZR 17/80 -, BGHZ 78, 52 ff.). Hiervon sind die typischen, vom Gebrauch des Fahrzeugs selbst und unmittelbar ausgehenden Gefahren gedeckt (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.1993, – IV ZR 243/92 -, ; BGH, Urteil vom 13.12.2006, – IV ZR 120/05 BGHZ 170, 182 ff.). Ein Gebrauch eines Fahrzeugs liegt insbesondere dann vor, wenn die für das Fahrzeug typischen Funktionen in Tätigkeit gesetzt werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 30.01.1991, – 20 U 225/90 -, ; Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 29. Auflage 2015, AKB 2008, zu A.1.1, Rn. 7). Hat der Sohn des Klägers die Zündung des Traktors betätigt und ist es daraufhin zu einer Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs und in weiterer Folge zu dem streitgegenständlichen Schaden gekommen, so wurde von dem Kraftfahrzeug „Gebrauch“ gemacht. Das Zünden des Motors und eine dadurch ausgelöste Fortbewegung stellt den Hauptanwendungsfall des Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs dar. Der Sohn des Klägers war auch Führer des Traktors. Es ist umstritten, ob Fahrer nur derjenige sein kann, dessen Handlung subjektiv auf die Fortbewegung des Fahrzeugs gerichtet war (bejahend: OLG Celle, Beschluss vom 03.03.2005, – 8 W 9/05 -, NJW-RR 2005, 623 f.; LG Hildesheim, Urteil vom 21.12.1999, – 3 O 202/98 -, VersR 2002, 750 f.; LG Freiburg, Urteil vom 22.02.1990, – 6 O 629/89 -, ; a. A. LG Koblenz, Urteil vom 07.05.1991, – 6 S 398/90 -, RuS 1994, 256; LG Dortmund, Urteil vom 2 S 51/09, – 2 S 51/09 -, NJW-RR 2010, 1472 f.; OLG Hamm, Urteil vom 27.11.1987, – 20 U 234/87 -, ). Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der hier zu entscheidende Fall anders gelagert ist als die Sachverhalte, über die das OLG Celle, das LG Hildesheim und das LG Freiburg zu entscheiden hatten. Bei dem vom OLG Celle entschiedenen Fall saß die 14-jährige Tochter auf dem Beifahrersitz und startete den Motor, um durch das Umdrehen des Zündschlüssels nur die Batterie des Fahrzeugs als Energiequelle in Gang zu setzen und um hierdurch die Inbetriebnahme des Autoradios zu ermöglichen. Das Landgericht Hildesheim hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem der Schädiger, der weder auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte noch die Fahrertür geöffnet hatte, beim Abziehen des Zündschlüssels versehentlich den Motor angelassen hatte. Das Landgericht Freiburg verneinte die Führereigenschaft eines zehnjährigen Jungen, der zusammen mit Spielkameraden ausprobiert hatte, ob er ein Fahrzeug in Gang setzen kann, unter anderem mit dem Argument, es fehle insoweit an der tatsächlichen Gewalt über das Fahrzeug. Hier hatte der Sohn des Klägers allerdings auf dem Fahrersitz des Traktors Platz genommen und die Zündung betätigt. Er hatte damit selbst die vom Landgericht Freiburg verlangte tatsächliche Gewalt über das Fahrzeug, das heißt eine gewisse Dauer und Festigkeit der Beziehung zu Sache und die Möglichkeit, beliebig auf sie einzuwirken (vgl. LG Freiburg, a. a. O.), erlangt. Welcher Auffassung letztendlich zu folgen ist, kann allerdings dahingestellt bleiben, da selbst wenn man zugrunde legt, dass sich der Sohn des Klägers nur aus spielerischen Gründen auf den Fahrersitz gesetzt und die Zündung betätigt hat, dessen Führereigenschaft im Sinne von Ziffer 7.1 BBR-PHV 100 zu bejahen ist. Denn wer solche Handlungen vornimmt, seien sie auch spielerisch motiviert, bezweckt die Fortbewegung des Kraftfahrzeugs.

Zuletzt ist Ziffer 7.1 BBR-PHV 100 auch nicht wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden rechtlichen Erwägungen im Urteil des Oberlandesgerichts München vom 04.07.2013 an (vgl. OLG München, Urteil vom 04.07.2013, – 29 U 430/13 -, MDR 2013, 1278 f.).

Da die Berufung des Klägers daher keinen Erfolg hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 543 ZPO nicht vorliegen.

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