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Krankentagegeldversicherung – Deckungsklage – Zeugenvernehmung des behandelnden Arztes

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt: Krankentagegeldversicherung besteht weiter – Verfahrensweise und Beweiswürdigung kritisiert

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat im Fall Az.: 4 U 1/14 entschieden, dass der Krankenversicherungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht aufgrund von Berufsunfähigkeit beendet wurde, sondern weiterhin besteht. Der Kläger erhält für einen bestimmten Zeitraum ein Krankentagegeld zugesprochen, während seine weitergehenden Ansprüche für einen anschließenden Zeitraum abgewiesen wurden. Das Gericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise aufgehoben und zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 1/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Krankenversicherungsvertrag wurde nicht aufgrund von Berufsunfähigkeit beendet, sondern besteht weiter.
  • Der Kläger erhält für die Zeit vom 23.05. bis zum 30.06.2011 Krankentagegeld in Höhe von 7.800 € zugesprochen.
  • Die weitergehenden Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 29.02.2012 wurden abgewiesen.
  • Die Verfahrensweise und Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers, wurde kritisiert.
  • Die Sache wurde an das Landgericht Halle zurückverwiesen für weitere Verhandlungen und Entscheidungen.
  • Die Feststellung der fortbestehenden Krankentagegeldversicherung bleibt unangefochten.
  • Die Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit liegt beim Versicherungsnehmer.
  • Die Vernehmung der behandelnden Ärztin als Zeugin wurde vom Gericht als notwendig erachtet.

Krankentagegeldversicherung: Die Bedeutung des behandelnden Arztes bei Deckungsklagen

Eine Krankentagegeldversicherung ist für viele Menschen eine wichtige Absicherung im Falle von Krankheit oder Unfall. Doch was passiert, wenn es zu Streitigkeiten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung kommt, zum Beispiel bei einer Deckungsklage? In solchen Fällen kann die Vernehmung des behandelnden Arztes als Zeuge von entscheidender Bedeutung sein. Der Arzt kann wichtige Informationen über die Art und Dauer der Erkrankung sowie die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten liefern und so dazu beitragen, die Ansprüche des Versicherten gegenüber der Versicherung durchzusetzen. Die Vernehmung des behandelnden Arztes ist ein wichtiger Bestandteil des Verfahrens, um die Ansprüche des Versicherten gegenüber der Versicherung durchzusetzen.

In einem aktuellen Fall vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt (Az.: 4 U 1/14) ging es um die Frage, ob ein Versicherungsnehmer Anspruch auf Krankentagegeld hat und ob der behandelnde Arzt als Zeuge vernommen werden sollte. Das Gericht entschied, dass der Krankenversicherungsvertrag weiterhin besteht und der Kläger für einen bestimmten Zeitraum ein Krankentagegeld erhält. Die weitergehenden Ansprüche des Klägers wurden jedoch abgewiesen. Die Verfahrensweise und Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers, wurde kritisiert. Die Sache wurde an das Landgericht Halle zurückverwiesen, um weitere Verhandlungen und Entscheidungen durchzuführen. Die Feststellung der fortbestehenden Krankentagegeldversicherung bleibt unangefochten. Die Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit liegt beim Versicherungsnehmer, und die Vernehmung des behandelnden Arztes als Zeuge wurde vom Gericht als notwendig erachtet.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, bei dem es um die Bedeutung des behandelnden Arztes bei Deckungsklagen in der Krankentagegeldversicherung geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum des Rechtsstreits zwischen einem selbständigen Architekten und seiner Krankentagegeldversicherung steht die Frage, ob die Versicherung die Zahlungen zu Recht eingestellt hat, indem sie auf eine angebliche Berufsunfähigkeit des Klägers verwies. Der Fall, der bis zum Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt eskalierte, beleuchtet die komplexe Interaktion zwischen medizinischen Bewertungen, vertraglichen Bedingungen und den Rechten von Versicherungsnehmern.

Zwischen Krankentagegeld und Berufsunfähigkeit

Der Architekt, seit 2006 Inhaber einer Krankentagegeldversicherung bei der Beklagten, hatte bis Mai 2011 die vereinbarten Leistungen ohne Beanstandungen erhalten. Auslöser der Streitigkeiten war die Einstellung der Zahlungen durch die Versicherung, basierend auf einem Gutachten, das eine über 50%ige Erwerbsunfähigkeit des Klägers diagnostizierte – ein Zustand, den die Versicherungsbedingungen mit Berufsunfähigkeit gleichsetzen. Der Kläger, der zwischen September 2009 und Februar 2012 wegen einer Depression arbeitsunfähig gemeldet war, bestritt diese Einschätzung, indem er auf die Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit und nicht auf eine dauerhafte Berufsunfähigkeit hinwies.

Die juristische Auseinandersetzung

Auf der ersten juristischen Ebene erkannte das Landgericht Halle dem Kläger teilweise sein Recht zu und sprach ihm für einen begrenzten Zeitraum Krankentagegeld zu, wies jedoch die weitergehenden Forderungen ab. Das Gericht stützte sich dabei auf ein Sachverständigengutachten, das eine Arbeitsunfähigkeit bis Ende Juni 2011 bejahte, für die Zeit danach jedoch keine klaren Schlüsse zog. Die Weigerung des Landgerichts, die behandelnde Ärztin des Klägers als Zeugin zu hören, begründete es mit der Annahme eines unzulässigen Ausforschungsbeweises.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hob in seiner Entscheidung das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Es sah sowohl in der Berufung des Klägers als auch in der Anschlussberufung der Beklagten ausreichend Anlass, das erstinstanzliche Verfahren als fehlerhaft anzusehen, insbesondere wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers. Die Entscheidung des OLG betonte die Notwendigkeit, den medizinischen Zustand des Klägers und die daraus resultierende Arbeitsfähigkeit detailliert zu bewerten, wobei auch die berufsspezifischen Anforderungen des Klägers als selbständiger Architekt zu berücksichtigen sind.

Rechtliche Implikationen und offene Fragen

Das Oberlandesgericht kritisierte die unzureichende Auseinandersetzung mit den medizinischen und beruflichen Aspekten des Falls durch das Landgericht. Die Rückverweisung unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden und individuellen Bewertung von Arbeitsunfähigkeit im Kontext der Krankentagegeldversicherung. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der behandelnden Ärzte und deren Einschätzungen als zentrale Beweismittel, die nicht ohne fundierte Begründung ignoriert werden dürfen.

Fazit

Das Urteil des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt bringt den Fall zwar nicht zu einem abschließenden Urteil, setzt jedoch wichtige Maßstäbe für die Bewertung von Arbeitsunfähigkeitsansprüchen in der Krankentagegeldversicherung. Es betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung medizinischer Gutachten und die Berücksichtigung des individuellen Berufsbildes des Versicherten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Rolle spielt die Arbeitsunfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung?

Die Arbeitsunfähigkeit ist ein zentraler Begriff in der Krankentagegeldversicherung, da sie die Voraussetzung für die Leistungszahlung darstellt. Gemäß den Versicherungsbedingungen liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend nicht ausüben kann und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Versicherung leistet also nur, wenn der Versicherte zu 100 Prozent arbeitsunfähig ist und nicht arbeitet.

Die Krankentagegeldversicherung dient als finanzielle Absicherung für den Fall, dass der Versicherte aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht arbeiten kann und dadurch Einkommensverluste erleidet. Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer erhalten in Deutschland für die ersten sechs Wochen einer Krankschreibung eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und danach Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse, das jedoch unter dem Nettoeinkommen liegt. Die Krankentagegeldversicherung kann diese Lücke schließen und den Lebensstandard sichern, indem sie ab dem Zeitpunkt eintritt, ab dem die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld zahlt, also in der Regel ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit.

Es ist zu beachten, dass die private Krankentagegeldversicherung die Gesundheit des Antragstellers prüft und bei Vorerkrankungen eventuell keine Versicherung angeboten wird oder bestimmte Leistungsausschlüsse gelten. Zudem ist die Höhe des Krankentagegeldes vertraglich festgelegt und darf das jährliche Nettoeinkommen nicht übersteigen. Die Versicherung zahlt das Krankentagegeld für jeden Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit, und die Leistung ist steuerfrei.

In einigen Tarifen ist es mittlerweile auch möglich, eine Teilzahlung des Krankentagegeldes zu erhalten, wenn der Versicherte nach einer Krankheit wieder teilweise arbeiten kann. Dies ermöglicht einen flexibleren Wiedereinstieg in das Berufsleben nach einer längeren Krankheitsphase.

Was sind Obliegenheiten des Versicherten in der Krankentagegeldversicherung?

In der Krankentagegeldversicherung sind die Obliegenheiten des Versicherten wesentliche Pflichten, deren Einhaltung für den Erhalt der Versicherungsleistungen entscheidend ist. Obliegenheiten sind Bedingungen und Verhaltensregeln, die der Versicherte erfüllen muss, um im Versicherungsfall Anspruch auf Leistungen zu haben. Die wichtigsten Obliegenheiten in der Krankentagegeldversicherung umfassen:

  • Anzeige der Arbeitsunfähigkeit: Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit muss dem Versicherer unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist gemeldet werden. Dies ermöglicht es dem Versicherer, den Leistungsanspruch zeitnah zu prüfen.
  • Nachweis der Arbeitsunfähigkeit: Der Versicherte ist verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit durch ärztliche Atteste oder andere geeignete Nachweise zu belegen. Die Vorlage dieser Nachweise ist eine Grundvoraussetzung für die Zahlung des Krankentagegeldes.
  • Anzeige von Veränderungen: Jeder Berufswechsel oder jede andere relevante Veränderung, die Einfluss auf das Risiko oder den Versicherungsschutz haben könnte, muss dem Versicherer mitgeteilt werden. Dies schließt auch die Meldung von Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen, richterlich verfügten Unterbringungen oder Ansprüchen auf Leistungen Dritter ein.
  • Untersuchung durch vom Versicherer beauftragte Ärzte: Auf Verlangen des Versicherers muss sich der Versicherte von einem vom Versicherer benannten Arzt untersuchen lassen. Diese Untersuchungen dienen der Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit und der Feststellung des weiteren Leistungsanspruchs.

Die Nichtbeachtung dieser Obliegenheiten kann schwerwiegende Folgen haben. Eine Obliegenheitsverletzung kann dazu führen, dass der Versicherer die Zahlung des Krankentagegeldes ablehnt oder den Versicherungsvertrag anpasst. Insbesondere die Nichtvorlage erforderlicher Nachweise oder die verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit können als Verletzung der Obliegenheiten gewertet werden und die Leistungsfreiheit des Versicherers begründen.

Es ist daher für Versicherte von großer Bedeutung, die vertraglichen Obliegenheiten genau zu kennen und einzuhalten, um im Krankheitsfall den Anspruch auf Krankentagegeld nicht zu gefährden.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 4 U 1/14 – Urteil vom 20.11.2014

1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel – das Urteil des Landgerichts Halle vom 26. November 2013, Az.: 5 O 1147/11, wegen des in Absatz 2 der Entscheidungsformel dem Kläger für die Zeit vom 23.05. bis zum 30.06.2011 in Höhe von 7.800 € nebst Zinsen zuerkannten Zahlungsantrags und wegen der in Absatz 3 ausgesprochenen Abweisung der Klage im Übrigen betreffend das für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 29.02.2012 verlangte Krankentagegeld nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Landgericht Halle zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, zurückverwiesen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

u n d  b e s c h l o s s e n :

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.000,– € festgesetzt, wovon 48.800,– € auf die Berufung und 7.200,– € auf die Anschlussberufung entfallen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt oder begehrte die Feststellung dessen, dass seine bei der Beklagten ab dem 1. Juli 2006 bestehende Krankentagegeldversicherung nicht wegen Berufsunfähigkeit beendet worden sei, sondern, was mittlerweile außer Streit steht, fortbestehe, und macht zugleich noch die Zahlung von Krankentagegeld für die streitige Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 29. Februar 2012 wegen Arbeitsunfähigkeit in Höhe von 48.400,– € geltend, nachdem die Beklagte für die Zeit von Anfang September 2009 bis zum 22. Mai 2011 das vereinbarte Krankengeld gezahlt hatte.

Der am 20. Dezember 1963 geborene, als selbständiger Architekt tätige und seit dem 1. März 2012 wieder voll arbeitende Kläger schloss bei der Beklagten im Jahr 2006 eine Krankentagegeldversicherung, die ausweislich des Versicherungsscheins vom 18. Dezember 2006 (Bl. 46 Bd. I d. A.) für den Fall der Arbeitsunfähigkeit ein kalendertägliches Krankentagegeld von 200 € vorsieht. Die vertraglich geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung enthalten als Teil I die MB/KT 2009 (Bl. 48 – 53 Bd. I d. A.), worin sich namentlich folgende Regelungen finden:

§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

I

1 Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

2 Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Eine während der Behandlung neu eingetretene und behandelte Krankheit oder Unfallfolge, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, begründet nur dann einen neuen Versicherungsfall, wenn sie mit der ersten Krankheit oder Unfallfolge in keinem ursächlichen Zusammenhang steht. Wird Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig durch mehrere Krankheiten oder Unfallfolgen hervorgerufen, so wird das Krankentagegeld nur einmal gezahlt.

3 Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

4 …

§ 9 Obliegenheiten

I

1 …

4 Die versicherte Person hat für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen; sie hat insbesondere die Weisungen des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Genesung hinderlich sind.

§ 10 Folgen von Obliegenheitsverletzungen

I

1 Der Versicherer ist mit den in § 28 Abs. 2 bis 4 VVG (siehe Anhang) vorgeschriebenen Einschränkungen ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der in § 9 Abs. 1 bis 6 genannten Obliegenheiten verletzt wird.

§ 15 Sonstige Beendigungsgründe

I

1 Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen

a) …

b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufungsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. …

c) …

In der Zeit von September 2009 bis Ende Februar 2012 war der Kläger vornehmlich wegen einer Depressionserkrankung arbeitsunfähig krank geschrieben, wobei er sich zunächst in hausärztlicher und später in fachärztlicher Behandlung befand. Seit März 2012 ist er wieder in seinem alten Beruf tätig.

Die Beklagte, die zunächst während der Zeit der Krankschreibung das vereinbarte Krankentagegeld beanstandungslos an den Kläger zahlte, ließ mit Schreiben vom 30. März 2011 (Bl. 41, 42 Anlagenband) verlauten, dass der Kläger nur noch bis zum 22. Mai 2011 Krankentagegeld erhalten werde, da er auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom 7. März 2011 (Bl. 12 – 40 Anlagenband) auf absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig sei und damit nach den MB/KT 2009 als berufsunfähig zu gelten habe.

Der Kläger hat unter Verweis auf eine Bescheinigung seiner behandelnden Ärztin, der Diplom-Medizinerin P., vom 17. Mai 2011 (Bl. 58 Bd. I d. A) behauptet, bei ihm habe keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, sondern lediglich eine vorübergehende Erkrankung vorgelegen, weshalb, anders als die Beklagte meine, die Krankentagegeldversicherung nicht erloschen sein könne und ihm folglich für die gesamte Zeit seiner Krankschreibung ein Leistungsanspruch in Höhe des vereinbarten Krankentagegeldes zustehe.

Der Kläger hat zunächst für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 31. Juli 2011 Zahlung in Höhe von 14.000,– € (70 Tage x 200 €) und mit Schriftsatz vom 11. März 2013 (Bl. 7 – 9 Bd. II d. A.), die Klage erweiternd, für den Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 29. Februar 2012 weitere 42.200,– € (211 Tage x 200 €) geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass der private Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungs-Nr. … vom 01.11.2006 nicht aufgrund seiner Berufsunfähigkeit am 22.02.2011 zum 22.05.2011 geendet habe und vielmehr fortbestehe, sowie die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.000,– € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage sowie 42.200,– € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter Verweis auf das von ihr vorprozessual eingeholte Gutachten des Dr. Sch. zunächst vorgetragen, die Krankentagegeldversicherung sei auf Grund einer spätestens seit 22. Februar 2011 vorliegenden Berufsunfähigkeit des Klägers nach Maßgabe von § 15 Abs. 1 Buchstabe b) MB/KT 2009 zum 22. Mai 2011 beendet worden, weshalb auch kein weitergehender Leistungsanspruch des Klägers mehr bestehen könne. Mit Blick auf ein gerichtlicherseits im laufenden Verfahren vom Landgericht eingeholtes Sachverständigengutachten des Privat-Dozenten Dr. med. F. N. vom 10. Januar 2013 (Beiakte) hat sie hieran jedoch nicht mehr festgehalten und nunmehr behauptet, der Kläger sei nicht berufsunfähig, sondern vielmehr arbeitsunfähig gewesen, weshalb unter diesem Gesichtspunkt nach § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 ein Leistungsanspruch ausscheide.

Das Landgericht Halle hat auf der Grundlage zweier Beschlüsse vom 14. August (Bl. 166 – 169 Bd. I d. A.) und vom 14. November 2012 (Bl. 180 Bd. I d. A.) Beweis durch Einholung eines medizinischen Gutachtens des Privat-Dozenten Dr. med. F. N. vom 10. Januar 2013 (Beiakte) erhoben und zudem den Sachverständigen im mündlichen Termin vom 23. September 2013 (Bl. 46 – 49 Bd. II d. A.) ergänzend angehört.

Mit Urteil vom 26. November 2013 (Bl. 69 – 76 Bd. II d. A.) hat es antragsgemäß festgestellt, dass der Krankenversicherungsvertrag nicht aufgrund Berufsunfähigkeit beendet worden sei, sondern weiterhin fortbestehe, sowie darüber hinaus die Beklagte für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011 zur Zahlung eines Krankentagegeldes an den Kläger in Höhe von 7.800,– € nebst Zinsen verurteilt (Absatz 2 der Entscheidungsformel) und die Klage im Übrigen, betreffend das noch anschließend bis zum 29. Februar 2012 verlangte Krankengeld, abgewiesen (Absatz 3 der Entscheidungsformel).

Zur Begründung hat es angeführt, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. der Eintritt einer Berufsunfähigkeit zu dem von der Beklagten behaupteten Zeitpunkt am 22. Februar 2011 sich nicht habe feststellen lassen. Demgegenüber sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine vom Kläger zu beweisende Arbeitsunfähigkeit nur für die Zeit bis zum 30. Juni 2011 anzunehmen, weshalb ein weitergehender Krankentagegeldanspruch für die anschließende Zeit ausscheide. Sichere Feststellungen dazu, dass der Kläger auch noch nach dem 30. Juni 2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, ließen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht treffen. Dem in diesem Zusammenhang vom Kläger gestellten Antrag auf Vernehmung seiner behandelnden Ärztin der Dipl.-Med. P. sei hingegen nicht nachzugehen gewesen, da es sich hierbei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren, was die vollständige Zahlung des geltend gemachten Krankentagegeldes anbelangt, unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiterverfolgt, wobei er vor allem die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit als unzureichend und fehlerhaft beanstandet, da das Landgericht die Ausführungen des Sachverständigen missverstanden bzw. diese nur selektiv verarbeitet und insbesondere nicht berücksichtigt habe, dass der Sachverständige Dr. N. ausdrücklich keine Zweifel an der Richtigkeit und Korrektheit der Krankheitsdiagnose der behandelnden Ärztin erhoben habe. Darüber hinaus sei aber auch die Zurückweisung seines Beweisantrags als verfahrensfehlerhaft zu rügen, da es sich hierbei keineswegs, wie das Landgericht meine, um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt habe.

Der Kläger hat im zweitinstanzlichen Verhandlungstermin am 17. Juli 2014 seine Klage erweitert und seinen bis dato für die Zeit vom 1. August 2011 bis zum 29. Februar 2012 geltend gemachten Zahlungsantrag dahingehend korrigiert, dass er nunmehr für 213 statt zuvor 211 Kalendertage Krankentagegeld beansprucht, das heißt einen um 400 € erhöhten Betrag von insgesamt 42.600,– € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.200,– € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage sowie 42.600,– € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen, h i l f s w e i s e, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Halle zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und im Wege der A n s c h l u s s b e r u f u n g, das Urteil des Landgerichts wegen des teilweise zugesprochenen Zahlungsantrags abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wendet sich nicht mehr gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der gegenständliche Krankenversicherungsvertrag mangels festgestellter Berufsunfähigkeit weiter fortbestehe, beanstandet aber, dass nicht der gesamte, sondern nur ein Teil des geltend gemachten Zahlungsantrags als unbegründet angesehen worden sei, da es dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der unbestimmten und vagen Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht gelungen sei, eine über den 22. Mai 2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit, sei es auch nur zeitweise, nachzuweisen. Ungeachtet dessen habe es der Kläger zudem verabsäumt, seine konkrete berufliche Tätigkeit ausreichend darzutun, weshalb allein deshalb nicht auf eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit bis zum 30. Juni 2011, wie vom Landgericht angenommen, geschweige denn darüber hinaus geschlossen werden könne.

II.

Beide Rechtsmittel, d. h. sowohl die Berufung des Klägers (1) als auch die Anschlussberufung der Beklagten (2), erweisen sich nach den §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO bzw. nach § 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 ZPO als gleichermaßen zulässig und haben in der Sache insoweit Erfolg, als auf den Hilfsantrag des Klägers die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nebst zugrunde liegendem Verfahren, was das insgesamt streitgegenständliche Krankentagegeld für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 29. Februar 2012 anbelangt, an das Landgericht Halle zurückzuverweisen war.

Trotz der nur auf eine Erhöhung des vom Landgericht teilweise zuerkannten Zahlungsantrags abzielenden Berufung des Klägers war das Urteil hinsichtlich einer Entscheidung über das Krankentagegeld im Ganzen, d. h. sowohl wegen der in dem angefochtenen Urteil dem Kläger zugesprochenen 7.200,– € nebst Zinsen als auch wegen der Abweisung der Klage im Übrigen nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben, weil nicht nur der Kläger, sondern auch die Beklagte das Urteil in zulässiger Weise mit der Anschlussberufung wegen des dort teilweise zuerkannten Zahlungsantrags angefochten hat und damit das erstinstanzliche Urteil insgesamt nach Maßgabe des § 528 Satz 1 und 2 ZPO wegen des dort teils zuerkannten, teils aberkannten Krankentagegelds gleichermaßen der Prüfung und Abänderung des Berufungsgerichts unterlag.

Die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung der fortbestehenden Krankentagegeldversicherung ist seitens der Beklagten, wie im mündlichen Termin vom 17. Juli 2014 ausdrücklich klargestellt, hingegen nicht mit der Anschlussberufung angefochten worden, weshalb das Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen ist und es hierzu keiner Entscheidung des Senats mehr bedarf.

1. Das Landgericht hat das rechtliche Gehör des Klägers in entscheidungserheblicher Weise verletzt, worin ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt, aufgrund dessen eine umfängliche bzw. aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist, weshalb eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz dem Senat gleichermaßen zweckdienlich wie geboten erscheint.

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das erkennende Gericht namentlich dazu, entscheidungserheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und diese bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen (BVerfG, NJW 2000, 131; BGH, ZIP 2007, 1524; BGH, Urteil vom 22. Juni 2009, Az.: II ZR 143/08, zitiert nach juris, Rdnr. 2; OLG München, Urteil vom 18. Dezember 2008, Az.: 19 U 5582/07, zitiert nach juris, Rdnr. 11; OLG Rostock, Urteil vom 16. April 2008, Az.: 1 U 42/08, zitiert nach juris, Rdnr. 28, 29).

Gegen diese Grundsätze hat das Landgericht verstoßen, indem es verfahrensfehlerhaft dem Antrag des Klägers, seine behandelnde Ärztin, die Diplom-Medizinerin P., als Zeugin zum Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum zu vernehmen, nicht nachgegangen ist und den Beweisantrag mit haltloser Begründung als unzulässigen Ausforschungsbeweis unberücksichtigt gelassen hat, was bei Meidung einer ebenso umfangreichen wie aufwendigen Beweisaufnahme in zweiter Instanz eine Aufhebung des angefochtenen Urteils nebst Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unumgänglich erscheinen lässt.

Keinen Bedenken begegnet indessen der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Kläger als Versicherungsnehmer für die ihm günstige, einen Leistungsanspruch begründende Arbeitsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastet ist, wobei der Versicherer richtigerweise nicht an die Bewertung des jeweils behandelnden Arztes gebunden ist und folglich eine Krankschreibung für sich allein betrachtet noch nicht für die Annahme einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit ausreichen kann. Für den nach § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 maßgeblichen medizinischen Befund ist vielmehr allein auf eine objektive, zum damaligen Zeitpunkt vertretbare ärztliche Einschätzung abzustellen.

Andererseits gilt es zu bedenken, dass eine nachträgliche, geraume Zeit nach der Erkrankung liegende Überprüfung nicht mehr an den damaligen Erkrankungszustand direkt anknüpfen kann und mithin für einen erst später mit der Beurteilung befassten Sachverständigen regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Dies gilt, wie der Sachverständige Dr. N. ausdrücklich betont hat, mit Blick auf eine bedingungsgemäß erforderliche vollständige Arbeitsunfähigkeit für die Einschätzung des Schweregrads der hier dem Grunde nach unstreitigen Depressionserkrankung des zwischenzeitlich gesundeten Klägers in besonderer Weise, da in einem derartigen Fall, im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen, gerade auf keine bildgebenden oder sonst irgendwie objektiv manifestierten Befunde zurückgegriffen werden kann.

Vor diesem Hintergrund hätte sich auch dem Landgericht geradezu aufdrängen müssen, dass den damaligen Feststellungen der behandelnden Diplom-Medizinerin P. eine gewissermaßen grundlegend zentrale Bedeutung für die Beweiswürdigung zur Frage einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers zukommt, da die Angaben der ärztlichen Zeugin dem gerichtlichen Sachverständigen immerhin wichtige Anknüpfungstatsachen für sein Gutachten hätten vermitteln können, insbesondere dann, wenn eine Vernehmung der Ärztin in Anwesenheit des Sachverständigen erfolgt wäre, um diesem die Möglichkeit zu eröffnen, direkte Fragen an die Zeugin zu richten.

Mit der abwegig als unzulässigen Ausforschungsbeweis begründeten Zurückweisung des entsprechenden Beweisantrags hat das Landgericht das rechtliche Gehör des Klägers in schwerwiegender Weise verletzt.

Bereits nach dem eigenen Verständnis des Landgerichts handelte es sich bei der Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers um einen für den Ausgang des Rechtsstreits zentralen Punkt, weshalb das Gericht zwingend zunächst einen Hinweis nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hätte erteilen müssen, um dem Kläger auf diese Weise Gelegenheit zur Vertiefung seines Vortrages zu geben, bevor es überhaupt den Beweisantrag hätte zurückweisen dürfen. Dessen unbeschadet handelt es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts bei dem Antrag auf Vernehmung der Diplom-Medizinerin P. als Zeugin aber auch keineswegs um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, das heißt um eine rein spekulative und deshalb prozessual unzulässige Behauptung des Klägers gleichsam ins Blaue hinein. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang verkannt, dass sich der Vortrag des Klägers mitnichten als substanzlos darstellte, sondern vielmehr mit den durchgängigen Krankschreibungen seiner Ärztin, denen zumindest ein gewisser Indizwert für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit beizumessen ist, faktisch hinreichend untersetzt war.

Überdies hat das Landgericht außer Acht gelassen, dass der Kläger – einerseits bedingt durch fehlende eigene medizinische Sachkunde, andererseits aber auch womöglich infolge seiner Depressionserkrankung – gar nicht in der Lage gewesen sein dürfte, etwas Entscheidendes oder Erhellendes zu den Feststellungen der Ärztin über sein spezifisches Krankheitsbild beizutragen.

In Anbetracht der vorstehend erläuterten Verfahrensdefizite und des daraus weiterhin in erheblichem Maße resultierenden Aufklärungsbedarfs, was die Feststellung einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit des Klägers letztlich in dem gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum anbelangt, erachtet der Senat nach pflichtgemäßem Ermessen eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nebst Zurückweisung der Sache an das Landgericht für die prozessual allein zweckgerechte und sachlich gebotene Maßnahme.

Die Frage einer Zurückverweisung ist auch im Termin am 17. Juli 2014 vor dem Senat ausführlich erörtert worden, ohne dass gegen ein derartiges, allgemein für sachdienlich erachtetes Procedere Bedenken vonseiten einer Partei geäußert worden wären. Angesichts der gleichermaßen umfangreich wie aufwendig zu erwartenden Fortsetzung der Beweisaufnahme entspricht es auch dem vorrangigen Interesse der Parteien, vor dem Landgericht als primär zuständiger Tatsacheninstanz neu vortragen und zweckdienlicherweise schon dort eine Klärung der nach wie vor grundlegend streitigen Fakten herbeiführen zu können.

2. Ebenso wenig wie mit Blick auf das Rechtsmittel des Klägers überzeugt auch von der Warte der Beklagten aus die mit der Anschlussberufung zu Recht beanstandete Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der dem Kläger bereits ein Teil des Krankentagegeldes zuerkannt worden ist.

Denn letztlich bleibt auch für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb das Landgericht angesichts der im Ganzen sehr vage und unbestimmt gebliebenen Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. gerade für Ende Juni 2011 zu einer maßgeblichen Zäsur gelangt ist und bis zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers meinte als erwiesen ansehen zu können.

Zu Recht rügt die Beklagte in diesem Zusammenhang auch, das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit nach § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 auf die jeweils vom Versicherungsnehmer zuletzt beruflich ausgeübte Tätigkeit beziehen muss, weshalb es die konkrete Berufsgestaltung des jeweiligen Versicherungsnehmers, die gerade bei einer selbständigen Tätigkeit wie im vorliegenden Fall sehr unterschiedlich ausfallen kann, im Einzelfall genauestens zu klären gilt, zumal sie für den medizinischen und vielleicht auch noch speziell benötigten arbeitsmedizinischen Sachverständigen eine essentiell notwendige Anknüpfungsgrundlage für die Einschätzung einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit bedeutet. Hierzu befinden sich bisher lediglich in dem vorprozessualen Gutachten des Dr. Sch. gewisse, allerdings nicht ausreichende Angaben zu der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit (Bl. 24, 25 Anlagenband). Folglich hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. N. diesen Aspekt nur recht kurz angesprochen bzw. ansprechen können, indem er auf die durch eine Depressionserkrankung besonders eingeschränkte und für den selbständig tätigen Kläger notwendige Fähigkeit, auf seine Kunden aktiv zuzugehen, knapp eingegangen ist, allerdings – mangels vorheriger Aufklärung des konkreten Berufsbildes – in der Sache nur wenig überzeugend, weshalb der Kläger, nach notwendiger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, dort Gelegenheit haben wird und wird nehmen müssen, seinen bislang hierzu recht dürftigen und unzulänglichen Vortrag substanziell zu ergänzen.

Andererseits bedarf schließlich auch noch der Einwand der Beklagten der Aufklärung, der Kläger habe dadurch, dass er eine intensivere Behandlung seiner Depressionserkrankung im Rahmen einer stationären Therapie ablehnte, gegen die für ihn nach § 9 Abs. 4 MB/KT 2009 bestehende Obliegenheit, die Weisung des Arztes gewissenhaft zu befolgen, mit der Folge verstoßen, dass ein möglicher Leistungsanspruch entsprechend § 10 Abs. 1 MB/KT 2009 nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 bis 4 VVG ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt worden sei.

So erscheint zumindest nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht ganz fernliegend, dass aus medizinischer Sicht durchaus eine intensivere Behandlung des Klägers im Rahmen einer stationären Therapie in Betracht gekommen wäre, was offenbar auch die Diplom-Medizinerin P. als behandelnde Ärztin seinerzeit genauso sah, indes zu beherzigen der Kläger gleichwohl damals keine Bereitschaft zeigte. Ungeachtet der Frage der Kausalität einer solchen, zumindest denkbaren Obliegenheitsverletzung für einen fehlgeschlagenen bzw. verzögerten Heilungserfolg dürfte allerdings zunächst von der insoweit für das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung beweisbelasteten Beklagten nachzuweisen sein, dass seitens der behandelnden Ärztin, der Dipl.-Med. P., tatsächlich eine eindeutige ärztliche Weisung, eine stationäre Therapie zu besuchen, an den Kläger ergangen ist und diesem zudem wegen der Missachtung einer solchen Weisung ein Verschulden anzulasten wäre, was wegen einer möglicherweise krankheitsbedingt eingeschränkten Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Therapie nebst einer hierzu eventuell auch krankheitsbedingt fehlenden Motivation indes zweifelhaft erscheinen könnte und auch noch nötigenfalls der prozessualen Aufklärung in erster Instanz bedarf.

III.

Über die Kosten der Berufungsinstanz wird mit der Hauptsache in erster Instanz zu befinden sein.

Obgleich es an einem unmittelbar vollstreckbaren Inhalt fehlt, war das Urteil, mit Blick auf die sich insoweit aus den §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO vollstreckungsrechtlich ergebenden Konsequenzen, gemäß § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (s. dazu Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 538 Rdnr. 59).

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, weil die von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist entsprechend den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 2 und 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO festgesetzt worden.

 

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