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Kfz-Teilkaskoversicherung – Eindringen von Starkregen in Fahrzeug

OLG Karlsruhe – Az.: 12 U 78/19 – Beschluss vom 09.10.2019

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.05.2019 – 21 O 282/18 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Kläger streitet mit dem beklagten Versicherer über Ansprüche aus einer Kaskoversicherung aufgrund folgenden Sachverhalts:

Die Parteien verbindet eine Kaskoversicherung für einen Porsche 911/Carrera 4 Cabriolet. Es gelten die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung (AKB, Anlage B1), die folgende Bestimmungen unter A.2.2 enthalten:

„A.2.2.1 Welche Ereignisse sind in der Teilkasko versichert? Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung, Totalschaden oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:

[…]

Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung, Lawinen, Muren

A.2.2.1.3 Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung, Lawinen oder Muren auf das Fahrzeug.

[…]

A.2.2.2 Welche Ereignisse sind in der Vollkasko versichert? Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung, Totalschaden oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse: Ereignisse der Teilkasko

A.2.2.2.1 Versichert sind die Schadenereignisse der Teilkasko nach A.2.2.1.

[…]“

Am 09.06.2018 war der Porsche auf einem Gartengrundstück abgestellt, als es zu einem Unwetter mit Starkregen kam und Regenwasser auf der Erdoberfläche staute. In der Folge war die Elektronik des Fahrzeugs beschädigt.

Der Kläger hat behauptet, es habe eine Überschwemmung vorgelegen. Die Wasserkästen des Fahrzeugs seien überlastet worden. Dadurch sei Wasser in den Innenraum des Fahrzeugs gedrungen und habe dort die Elektronik beschädigt. Das gehe aus dem Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 (Anlage K 2) hervor. Danach sei das Fahrzeug dicht. Für die Reparatur würden Kosten von 8.534,20 Euro netto anfallen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.534,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, welcher ihm aus dem Schadensereignis vom 09.06.2018 (Überschwemmung/Wassereintritt in das Fahrzeug Porsche 911/Carrera 4 Cabriolet, Fahrzeugidentifizierungsnummer: …, amtliches Kennzeichen …) in Zukunft noch entstehen wird.

3. Der Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2018 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Schaden gehe allenfalls auf den nicht versicherten Starkregen zurück.

Mit Urteil vom 10.05.2019, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, soweit sie den hier getroffenen nicht widersprechen, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Schaden gehe nicht unmittelbar auf den Versicherungsfall zurück. Der Starkregen habe zu einer Überschwemmung des Grundstücks, nicht aber des Fahrzeugs geführt. Zu dem Wassereintritt in den Innenraum des Fahrzeugs sei es nach eigenem Vortrag des Klägers durch den von oben auf das Fahrzeug fallenden Regen und nicht durch das auf dem Grundstück aufgestaute Wasser gekommen.

Hiergegen hat der Kläger nach Zustellung am 15.05.2019 mit Schriftsatz vom 05.06.2019, hier eingegangen am 12.06.2019, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.06.2019, eingegangen am 08.07.2019, begründet.

Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiter.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe – Az. 21 O 282/18 – vom 10.05.2019 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.534,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, welcher ihm aus dem Schadensereignis vom 09.06.2018 (Überschwemmung/Wassereintritt in das Fahrzeug Porsche 911/Carrera 4 Cabriolet, Fahrzeugidentifizierungsnummer: …, amtliches Kennzeichen …) in Zukunft noch entstehen wird.

3. Der Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2018 zu zahlen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Kfz-Teilkaskoversicherung - Eindringen von Starkregen in Fahrzeug
(Symbolfoto: Piyawat Nandeenopparit/Shutterstock.com)

Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche zu Recht verneint. Die Berufung des Klägers zeigt weder Rechtsverletzungen auf, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht, noch Tatsachen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen.

1. Der Kläger kann von dem Beklagten nicht die Zahlung von 8.534,20 Euro aus § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit A.2.2.1.3 AKB verlangen. Nach dieser Bestimmung besteht Versicherungsschutz insbesondere bei Beschädigung des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch Überschwemmung. Zutreffend hat das Landgericht den Versicherungsschutz vorliegend verneint, weil der behauptete Schaden nicht durch die festgestellte Überschwemmung eingetreten ist. Im Einzelnen:

a) Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Überschwemmung auf Grundlage seiner Feststellungen bejaht. Wann eine entsprechende Überschwemmung vorliegt, ist durch Auslegung zu bestimmen, weil eine Definition fehlt.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Allgemeinen Bedingungen bei verständiger Würdigung (BGH, Urteil vom 18.12.1991 – IV ZR 204/90, juris, Rn. 13), aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs (BGH, Urteil vom 05.07.1989 – IVa ZR 24/89, juris, Rn. 10) verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92, juris, Rn. 14; Urteil vom 30.10.2002 – IV ZR 60/01, juris, Rn. 17).

Hiervon ausgehend, ist die Klausel dahin zu verstehen, dass dem Versicherungsnehmer das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Danach liegt eine Überschwemmung vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung nicht voraus, dass ein Gewässer über die Ufer tritt. Dieses Verständnis entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 21.05.1964 – II ZR 9/63, BeckRS 2008, 24504 Urteil vom 26.04.2006 – IV ZR 154/05, juris, Rn. 9) zu § 12 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe c S. 1 und 4 AKB, die anwendbar bleibt, weil die Bestimmungen inhaltsgleich sind (OLG Hamm, Urteil vom 02.11.2016 – I-20 U 19/16, Rn. 35).

Das Landgericht hat diese Grundsätze zutreffend angewandt und ist entgegen der Berufungserwiderung zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Überschwemmung des Gartengeländes bestanden hat. Nach den Feststellungen, an die der Senat nach § 529 Abs. 1 ZPO gebunden ist, ist Regenwasser während eines Starkregens nicht vom Grundstück abgeflossen, sondern hat sich auf der Erdoberfläche knöcheltief gestaut. Der Fall ist mit der Überflutung einer Fahrbahn während eines Unwetters vergleichbar, die eine Überschwemmung darstellt (OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.1973 – 10 U 83/73, VersR 1974, 234).

b) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass sich aus dem Vortrag des Klägers kein Sachverhalt ergibt, aufgrund dessen eine haftungsbegründende Kausalität angenommen werden könnte.

Nach A.2.2.1.3 AKB muss die Beschädigung des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile gerade durch die Überschwemmung verursacht worden sein. Hierfür ist erforderlich, dass die Überschwemmung unmittelbar auf das Fahrzeug oder seine Teile eingewirkt hat (KG Berlin, Beschluss vom 01.07.2016 – 6 U 71/16, juris, unter 1.a.; OLG Hamm, Urteil vom 02.11.2016 – I-20 U 19/16, juris, Rn. 25; Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., A.2 Kaskoversicherung, Rn. 229). Das Merkmal der Unmittelbarkeit setzt voraus, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache sein muss (OLG Hamm, Urteil vom 02.11.2016 – I-20 U 19/16, juris, Rn. 26; Klimke in Prölss/Martin, AKB, A.2.2.1, Rn. 58; vgl. BGH, Urteil vom 19.10.1983 – IVa ZR 51/82, juris, Rn. 21).

Diese Voraussetzungen sind hier auch nach eigenem Vortrag des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger hat unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 (Anlage K 2) und die ergänzende Auskunft mit Schreiben vom 25.07.2018 (Anlage K 3) behauptet, die Wasserkästen hätten das Regenwasser nicht aufnehmen oder ableiten können, so dass es in den Innenraum des Fahrzeugs gelangt und die Elektronik beschädigt habe. Das Überlaufen der Wasserkästen ist aber keine Folge der Überschwemmung des Grundstücks, denn diese war nur knöcheltief, reichte also nicht bis zur Höhe der Motorhaube, wo sich die Wasserkästen befinden. Das Überlaufen der Wasserkästen beruhte auf dem Starkregen selbst. Insoweit handelt es sich um einen Schaden infolge des Eindringens einer Wettererscheinung, die in A.2.2.1.3 nicht genannt ist.

Soweit der Kläger auch hat behaupten wollen, maßgeblich sei nicht die Überschwemmung des Grundstücks, sondern eine Überschwemmung der Wasserkästen, ist ihm nicht zu folgen. Wenn Regenwasser unmittelbar in das Fahrzeuginnere gelangt, ohne zuvor zu einer Überflutung des Geländes geführt zu haben, handelt es sich bereits um keine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingung (KG Berlin, Beschluss vom 01.07.2016 – 6 U 71/16, juris, unter 1.a.; OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2015 – I-20 U 233/14, juris, Rn. 9; Klimke in Prölss/Martin, AKB, A.2.2.1, Rn. 56). Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht entgegen dem Berufungsvorbringen zu Recht von einer Beweiserhebung zur Kausalität des Starkregens abgesehen, weil es nicht entscheidungserheblich ist, ob der als solches nicht versicherte Starkregen zum Überlaufen der Wasserkästen geführt hat.

III.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

 

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