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Hausratversicherung – Versicherungsschutz für Ruß- und Qualmschäden ohne Brandereignis

Sind Ruß- und Qualmschäden in der Hausratversicherung versichert, wenn kein Brand vorlag?

Das Landgericht Chemnitz hat in seinem Urteil vom 24. August 2022 eine Klage gegen eine Hausratversicherung bezüglich der Deckung von Ruß- und Qualmschäden ohne Brandereignis abgewiesen. Das Gericht entschied, dass diese Schäden nicht unter die versicherten Gefahren der Hausratversicherungspolice fielen, da kein Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen vorlag. Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, und das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 O 222/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Das LG Chemnitz hat die Klage einer Versicherungsnehmerin gegen ihre Hausratversicherung zurückgewiesen.
  2. Ruß- und Qualmschäden: Im Fokus standen Schäden durch Rauchentwicklung ohne offene Flammen.
  3. Kein Brandereignis: Das Gericht urteilte, dass kein Brand gemäß den Versicherungsbedingungen stattgefunden hat.
  4. Definition Brand: Ein Brand erfordert Feuer, das sich aus eigener Kraft ausbreiten kann.
  5. Sengschäden: Das Gericht stellte fest, dass die Schäden nicht als Sengschäden zu klassifizieren sind.
  6. Keine Entschädigung für Ruß- und Qualmschäden: Das Urteil besagt, dass reine Ruß- und Qualmschäden, die nicht mit einem Brand zusammenhängen, nicht versichert sind.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  8. Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Hausratversicherung und Deckungsschutz bei Ruß- und Qualmschäden

Hausratversicherung – Versicherungsschutz für Ruß- und Qualmschäden ohne Brandereignis
(Symbolfoto: Brian A Jackson /Shutterstock.com)

Der Schutz der eigenen vier Wände und des persönlichen Hab und Guts durch eine Hausratversicherung stellt einen wesentlichen Aspekt des Risikomanagements für viele Menschen dar. Besonders interessant wird es, wenn ungewöhnliche Schadensfälle wie Ruß- und Qualmschäden auftreten, die ohne ein klassisches Brandereignis entstehen. Diese Situationen werfen wichtige Fragen im Bereich des Versicherungsrechts auf, insbesondere bezüglich der Auslegung von Versicherungsbedingungen und dem Umfang des Versicherungsschutzes.

In der Praxis führen solche Schadensereignisse oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen, in denen geklärt werden muss, ob und inwieweit eine Hausratversicherung für die entstandenen Schäden aufkommt. Die Entscheidungen in solchen Fällen können weitreichende Folgen für Versicherungsnehmer und -geber haben, insbesondere wenn es um die Interpretation von Begrifflichkeiten wie Schadensereignis und die daraus resultierenden Klagen geht. Die folgenden Ausführungen geben Einblick in ein konkretes Urteil, das Licht auf diese Thematik wirft und somit für Versicherungsnehmer und -anbieter gleichermaßen von Bedeutung ist. Lassen Sie uns gemeinsam in die Details dieses spannenden Falles eintauchen.

Der Streit um Hausratversicherung und Rußschäden

Am Landgericht Chemnitz wurde ein Fall verhandelt, der sich um die Frage drehte, ob Ruß- und Qualmschäden, die ohne ein Brandereignis in einer Wohnung entstanden sind, von einer Hausratversicherung abgedeckt werden. Die Klägerin hatte gegen ihre Versicherungsgesellschaft geklagt, nachdem diese sich weigerte, für die Schäden aufzukommen, die durch dichte Rauchschwaden in ihrer Wohnung entstanden waren. Diese Schäden waren aufgetreten, nachdem die Klägerin einen Topf mit Braten auf dem Ceran-Kochfeld in ihrer Küche zurückgelassen hatte und dieser stark erhitzt wurde.

Die Klage und die Position der Versicherung

Die Klägerin forderte von ihrer Versicherungsgesellschaft eine Entschädigung in Höhe von 73.080,20 Euro für die entstandenen Schäden sowie die Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Versicherung lehnte eine Zahlung ab, da ihrer Meinung nach kein versichertes Schadensereignis gemäß den Versicherungsbedingungen vorlag. Die Versicherung argumentierte, dass die Schäden nicht durch einen Brand verursacht wurden, was eine Voraussetzung für eine Leistungspflicht im Rahmen der Hausratversicherung wäre.

Gerichtliche Auslegung der Versicherungsbedingungen

Das Gericht befasste sich eingehend mit der Auslegung der Versicherungsbedingungen. Es stellte fest, dass ein Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen ein Feuer ist, das sich aus eigener Kraft ausbreiten kann. Da im Fall der Klägerin keine offenen Flammen zu erkennen waren, lag laut Gericht kein Brand vor. Zudem entschied das Gericht, dass die Versicherungsbedingungen nicht so auszulegen seien, dass sie auch isolierte Ruß- oder Qualmschäden abdecken, die nicht in direktem Zusammenhang mit einem Brand stehen.

Entscheidung des LG Chemnitz und deren Folgen

Letztendlich wies das LG Chemnitz die Klage der Versicherungsnehmerin ab. Es entschied, dass die Schäden, die in ihrer Wohnung entstanden waren, nicht unter die versicherten Gefahren fielen. Die Klägerin wurde zudem verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dieses Urteil stellt ein wichtiges Beispiel dafür dar, wie Gerichte die Bedingungen von Hausratversicherungen interpretieren und welche Herausforderungen sich für Versicherte ergeben können, wenn unklar ist, inwieweit bestimmte Schäden abgedeckt sind.

Das Urteil des LG Chemnitz bietet einen detaillierten Einblick in die Komplexität der Thematik rund um Hausratversicherungen und den Umfang des Versicherungsschutzes bei ungewöhnlichen Schadensfällen. Es verdeutlicht, wie wichtig eine genaue Kenntnis der Versicherungsbedingungen für Versicherungsnehmer ist, insbesondere im Hinblick auf die Definition und Abdeckung von Schadensfällen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie definiert eine Hausratversicherung Ruß- und Qualmschäden?

Hausratversicherungen definieren Ruß- und Qualmschäden in der Regel als Schäden, die durch Rauch oder Ruß entstehen, welcher plötzlich und bestimmungswidrig austritt. Dies kann beispielsweise durch einen Brand oder eine Verpuffung verursacht werden. In den Versicherungsbedingungen wird festgelegt, dass jede unmittelbare Zerstörung oder Beschädigung von versicherten Sachen durch Rauch oder Ruß abgedeckt ist, sofern dieser bestimmungswidrig aus Feuerungs-, Heizungs-, Koch- oder Trockenanlagen austritt.

Allerdings gibt es Einschränkungen: Schäden, die durch die dauerhafte Einwirkung von Rauch oder Ruß entstehen, sind in der Regel nicht mitversichert. Zudem sind Sengschäden, also lokal begrenzte Schäden ohne offene Flamme, häufig nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Ein Beispiel für einen nicht versicherten Schaden wäre die Verschmutzung von Räumlichkeiten durch Rauch, der von einer Feuerschale im Garten in ein offenes Fenster zieht, da hier kein Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegt.

Einige Versicherungstarife bieten jedoch einen umfassenderen Schutz, der keine Einschränkung des Versicherungsschutzes auf bestimmungswidrig ausgetretenen Rauch vorsieht. Es ist daher ratsam, die genauen Bedingungen der jeweiligen Hausratversicherung zu prüfen und gegebenenfalls einen Tarif zu wählen, der einen erweiterten Schutz bietet.

Im Schadensfall übernimmt die Hausratversicherung in der Regel auch die Kosten für die Reinigung, Aufräumung und Entsorgung sowie für Schutz- und Bewegungskosten, die im Zusammenhang mit dem Brand entstanden sind.


Das vorliegende Urteil

LG Chemnitz – Az.: 5 O 222/22 – Urteil vom 24.08.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage aufgrund eines Schadensereignisses vertragliche Leistungen aus einer Hausratversicherung.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Versicherung unter der Bezeichnung „…“ mit der Versicherungsnummer …. Der Vertrag beinhaltet als Leistungsbausteine eine Privathaftpflichtversicherung, eine Hausratversicherung, eine Privat- und Verkehrsrechtsschutzversicherung sowie Immobilienrechtsschutz für eine selbstbewohnte Wohneinheit. Dem Vertrag liegen die Versicherungsbedingungen der Beklagten für den „…“ (im Folgenden: Versicherungsbedingungen), vorgelegt im Anlagenkonvolut K 1, zugrunde.

In Teil A, Baustein Hausratversicherung SicherheitPlus Fassung 2012, Nr. 1.2. der Versicherungsbedingungen heißt es auszugsweise:

„1.2.1 Welche Gefahren sind versichert?

(1) Versicherte Gefahren

Entschädigt werden versicherte Sachen (siehe Ziffer 1.1.1), die durch

– Brand, Blitzschlag oder Explosion (siehe Ziffer 1.2.2), Verpuffung, Sengschäden,

[…]

zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen (Versicherungsfall).

[…]

1.2.2 Was ist unter den Gefahren Brand, Blitzschlag und Explosion zu verstehen?

(1) Definition Brand

Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. Ersetzt werden auch Brandschäden, die an versicherten Sachen dadurch entstehen, dass sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden; dies gilt auch für Sachen, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder weitergeleitet wird (Feuer-Nutzwärmeschäden).“

Nachdem die Klägerin am Nachmittag des 17.02.2021 in der Küche ihrer Wohnung Essen in Form eines Bratens unter Benutzung von Öl zubereitet hatte, verließ sie die Küche, wobei sie den Topf auf dem Ceran-Kochfeld hinterließ. Später stellte sie im Flur- und Küchenbereich sehr dichte weiße Rauchschwaden fest. Offene Flammen waren nicht zu erkennen. Ursache der Rauentwicklung war, dass das Ceran-Kochfeld weiter heizte und der Inhalt des Topfes in der Folge stark erhitzt wurde.

Im Zeitraum vom 05.03.2021 bis zum 08.03.2021 nahm das Unternehmen … aus … im Auftrag der Beklagten zur Beseitigung der Geruchsbeeinträchtigung eine Art Neutralisation der Luft vor. Allerdings war auch nach Abschluss dieser Maßnahme ein erheblicher Brandgeruch in Form von Rauchgeruch in der Wohnung festzustellen.

Die Klägerin erstattete am 18.02.2021 oder am 19.02.2021 eine Schadensanzeige bei dem für sie zuständigen Mitarbeiter der Beklagten. Sie forderte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2021 die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 17.03.2021 auf, ihre Eintrittspflicht dem Grunde nach anzuerkennen. Mit Schreiben vom 23.03.2021 lehnte die Beklagte weitere Zahlungen ab.

Die Klägerin trägt vor, dass sie vor Verlassen der Küche den Ceran-Herd ausgeschaltet habe. Die Einrichtungsgegenstände ihrer Wohnung seien durch die massive Rauchentwicklung am 17.02.2021, die Rauchablagerung und den Brandgeruch irreparabel beschädigt worden. Nach wie vor wiesen sowohl die Wände als auch die Möbel, insbesondere in der Küche, einen gräulich braunen schmierigen Film bzw. bräunlich gelbe Ablagerungen auf. Der Schaden durch die Kosten der Ersatzbeschaffung belaufe sich insgesamt auf den eingeklagten Betrag. Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, dass die Beklagte ihre Eintrittspflicht dem Grunde nach durch die Beauftragung des Unternehmens … anerkannt habe. Die Klägerin beruft sich zudem darauf, dass zumindest ein Sengschaden vorliege. Dies habe auch der Versicherungsombudsmann mit Schreiben vom 06.10.2021 der Beklagten mitgeteilt.

Die Klageschrift der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 11.02.2022 ist der Beklagten am 07.03.2022 zugestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie Versicherungsleistungen in Höhe von 73.080,20 EUR zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.158,52 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, dass die Beauftragung des Unternehmens … aus Kulanz erfolgt sei. Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass bereits kein versichertes Ereignis vorliege. Die Beklagte meint ferner, dass Klägerin grob fahrlässig gehandelt habe. Sie behauptet hierzu, dass die Klägerin nach dem Ende des Bratvorganges den Herd nicht abgeschaltet und die Küche verlassen habe, ohne sich nochmals darüber zu vergewissern, dass der Herd ausgeschaltet sei.

Mit Beschluss vom 28.03.2022 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.08.2022 Beweis erhoben anhand des im Termin erlassenen Beweisbeschlusses durch uneidliche Vernehmung von Herrn …, einem Mitarbeiter des Unternehmens …, als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und wegen der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.08.2022 verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erbringung von Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 73.080,20 EUR aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag gemäß § 1 Satz 1 VVG i.V.m. den Versicherungsbedingungen zu.

Die Beklagte kann gegen einen solchen Anspruch der Klägerin mit Erfolg einwenden, dass das Schadensereignis vom 17.02.2021 kein versichertes Ereignis nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen darstellt. Mangels Versicherungsfall ist die Beklagte daher nicht zur Leistung an die Klägerin verpflichtet.

Nach Teil A, Baustein Hausratversicherung SicherheitPlus Fassung 2012, Nr. 1.2.1 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen werden versicherte Sachen entschädigt, die durch Brand, Blitzschlag oder Explosion, Verpuffung, Sengschäden zerstört oder beschädigt werden. Im zu beurteilenden Fall hat allerdings kein Brand zu den von der Klägerin behaupteten Beschädigungen an den Einrichtungsgegenständen in ihrer Wohnung geführt. Gleichfalls besteht keine Entschädigungspflicht der Beklagten aufgrund eines Sengschadens.

a) Zunächst ist im Zuge des Schadensereignisses vom 17.02.2021 kein Brand aufgetreten. Auch sind die von der Klägerin geltend gemachten Schäden an ihren Einrichtungsgegenständen als reine Ruß- oder Qualmschäden nicht zu ersetzen.

aa) Nach Teil A, Baustein Hausratversicherung SicherheitPlus Fassung 2012, Nr. 1.2.2 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen ist ein Brand ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag.

An dieser Definition gemessen, handelt es sich bei dem in Rede stehenden Schadenereignis nicht um einen Brand. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwar im Flur- und Küchenbereich der Wohnung der Klägerin sehr dichte weiße Rauchschwaden festzustellen, aber offene Flammen bzw. Feuer nicht zu erkennen waren.

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin können die vorgenannten Versicherungsbedingungen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch isolierte Beschädigungen durch Ruß oder Qualm erfasst werden. Das Gericht braucht daher nicht zu entscheiden, ob die (behaupteten) Schäden an den Einrichtungsgegenständen in der Wohnung der Klägerin durch die massive Rauchentwicklung am 17.02.2021, die Rauchablagerung und den Brandgeruch verursacht worden sind.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Allgemeine Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. Es ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen und der mit ihr verfolgte Zweck sowie ihr Sinnzusammenhang zusätzlich zu berücksichtigen, soweit diese Aspekte für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteil vom 24.01.2014 – IV ZR 344/12, juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 25.07.2012 – IV ZR 201/10, juris Rn. 21).

Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzustimmen, dass ein verständiger Versicherungsnehmer davon ausgeht, dass im Falles eines Brandes auch die Ruß- und Qualmschäden mit ersetzt werden. Hierfür spricht, dass sich aus der Formulierung „durch“ ergibt, dass ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen versicherter Gefahr und versichertem Schaden erforderlich, aber auch ausreichend ist. Von daher sind auch sog. Folgeschäden versichert (Prölss/Martin/Klimke, VVG, 31. Auflage 2021, § 1 VHB Rn. 2). Die Klägerin verkennt dabei allerdings, dass im vorliegenden Fall gerade kein Brand vorlag. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird der Klausel – im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut – demgegenüber nicht entnehmen können, dass auch reine Ruß- oder Qualmschäden, die nicht auf einem Brand im Sinne der vorgenannten Definition zurückzuführen sind bzw. mit einem solchen im Zusammenhang stehen, von der Leistungspflicht der Beklagten umfasst sind.

b) Das Schadensereignis vom 17.02.2021 ist hinsichtlich der geltend gemachten Schäden an den Einrichtungsgegenständen der Klägerin ebenso nicht als Sengschaden einzuordnen. In diesem Zusammenhang sind die (behaupteten) Ruß- oder Qualmschäden an den Einrichtungsgegenständen auch nicht als Folgeschäden dem Grunde nach ersatzfähig.

aa) In den Versicherungsbedingungen wird der Begriff des Sengschadens nicht definiert. Nach der Darstellung der Beklagten auf ihrer Internetseite (www.allianz.de/recht-und-eigentum/hausratversicherung/sengschaden/) ist unter einem Sengschaden ein lokal begrenzter Schaden zu verstehen, der durch Hitze entsteht, ohne dass es zu Feuerentwicklung oder einem Brand kommt. Als typische Ursachen für Sengschäden werden glimmende Zigaretten, glühende Aschereste oder elektrisch erzeugte Hitze genannt.

Dies zugrunde gelegt, kann in dem Schadensereignis – in Übereistimmung mit der Einschätzung des Versicherungsombudsmanns in seinem Schreiben vom 06.10.2021 – ein Sengschaden erblickt werden, aber lediglich hinsichtlich des Bratens im Topf. Die von der Klägerin geltend gemachten Schäden an ihren Einrichtungsgegenständen wurden allerdings nach ihrer Darstellung durch die Rauchentwicklung, die Rauchablagerung und den Brandgeruch verursacht. Diese sind daher nicht mehr unter den Begriff eines Sengschadens zu fassen.

bb) Die vorgenannten Versicherungsbedingungen können auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass im Falle eines Sengschadens eine Entschädigungspflicht der Beklagten für sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Folgeschäden, also auch Ruß- oder Qualmschäden, besteht.

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht davon ausgehen, dass bei einem Sengschaden alle in diesem Zusammenhang eingetretenen Beschädigungen in der Wohnung als Folgeschäden vom Versicherungsschutz umfasst sind. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass es sich bei Sengschäden um lokal begrenzte Schäden handelt. Daher ist eine enge Auslegung des Umfangs der dahingehenden Einstandspflicht der Beklagten angezeigt. Die Sichtweise der Klägerin könnte zu einer „uferlosen“ Einstandspflicht der Beklagten für Sengschäden führen, was diese ersichtlich (und für einen verständigen Versicherungsnehmer erkennbar) bei der Aufnahme des Sengschadens in die versicherten Gefahren nicht bezweckt hat. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass es hinsichtlich der versicherten Gefahren „Brand“ und „Sengschäden“ eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf Erstattungsfähigkeit der Ruß- und Qualmschäden als Folgeschäden vornimmt. Diese Unterscheidung ist jedoch geboten. Entscheidend ist dabei die Überlegung, dass es bei einem Brand typischerweise zu einer Rauchentwicklung kommt und daher typischerweise Ruß- und Qualmschäden auftreten, während dies bei einem Sengschaden typischerweise gerade nicht der Fall ist.

c) Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Beklagte ihre Eintrittspflicht dem Grunde nach durch die Beauftragung des Unternehmens … anerkannt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht ein derartiges Anerkenntnis der Beklagten nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, § 286 Abs. 1 ZPO.

Hiergegen spricht bereits, dass die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.08.2022 selbst eingeräumt hat, dass der Herr … – ein Mitarbeiter der Beklagten – zu ihr gesagt hat, dass sie mit der Geruchsneutralisation klein anfangen und dann weitersehen. In dieser Formulierung vermag das Gericht kein Anerkenntnis dem Grunde nach zu erblicken.

Zudem hat der Zeuge … ausgesagt, dass Herr … der Klägerin mitgeteilt hat, dass kein Brandschaden und damit kein Schadensereignis vorliegt. Er hat gegenüber der Klägerin zwar eine Zusage für die Durchführung der Geruchsneutralisation gegeben. Dies sollte aber aus Kulanz geschehen. Danach sollte die Angelegenheit für die Beklagte abgeschlossen sein. Bei der Aussage des Zeugen … hat das Gericht keine Anhaltspunkte dafür gewonnen, die gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage bzw. gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen. Die Schilderungen des Zeugen waren anschaulich, nachvollziehbar und überzeugend.

2. Mangels einer Hauptforderung kann die Klägerin auch keine Prozesszinsen gemäß §§ 291 Satz 1, Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB von der Beklagten beanspruchen.

Gleichfalls hat die Klägerin gegen die Beklagte aus diesem Grund keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verzugs nach den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1, 249 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

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