Skip to content

Hausratversicherung – Hotel ähnliche Unterbringung bei Anmietung eines Wohnmobils

Wohnmobilmiete als hotelähnliche Unterbringung erstattungsfähig

Das OLG Köln hat im Urteil Az.: I-9 U 46/23 entschieden, dass Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils als hotelähnliche Unterbringung im Rahmen der Hausratversicherung erstattungsfähig sind. Diese Entscheidung korrigiert das vorherige Urteil des Landgerichts Aachen, welches die Kostenübernahme abgelehnt hatte. Die Beklagte wird zur Zahlung von 86.400,00 EUR sowie vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt, mit der Begründung, dass ein Wohnmobil als temporärer Wohnraumersatz vergleichbar mit Hotelkosten zu sehen ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-9 U 46/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Anmietung eines Wohnmobils kann als hotelähnliche Unterbringung angesehen werden, wenn die ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wird.
  2. Das Urteil stellt klar, dass Kosten für eine solche Unterbringung unter bestimmten Bedingungen von der Hausratversicherung übernommen werden müssen.
  3. Die Auslegung des Begriffs „Hotelkosten“ im Versicherungsvertrag wurde vom OLG Köln weiter gefasst als vom Landgericht Aachen.
  4. Es wird betont, dass Versicherungsnehmer in der Wahl ihrer Unterkunft grundsätzlich frei sind, solange die Kosten im vertraglich vereinbarten Rahmen bleiben.
  5. Schadensminderungspflichten der Versicherungsnehmer wurden vom Gericht berücksichtigt, jedoch nicht als Verstoß gegen die Erstattungsfähigkeit der Kosten gewertet.
  6. Die Erstattungsfähigkeit beschränkt sich auf die vertraglich vereinbarte Entschädigungsgrenze.
  7. Vorwürfe der Beklagten bezüglich einer angeblich vorsätzlichen Verzögerung der Schadensregulierung durch die Kläger wurden zurückgewiesen.
  8. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurden ebenfalls als erstattungsfähig angesehen.

Wohnmobil-Anmietung als versicherte Unterbringung bei Hausratversicherung

Wohnmobil Hochwasser
(Symbolfoto: Richard Nantais /Shutterstock.com)

Aufgrund des Jahrhundert-Hochwassers 2021 hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Hausratversicherungen die Mietkosten für ein Wohnmobil übernehmen müssen. Dies gilt als hotelähnliche Unterbringung im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchstabe c der Versicherungsbedingungen 2014 (VHB 2014).

Das Urteil des OLG Köln bestätigt die Auffassung, dass Versicherungsnehmer bei unbewohnbarer Wohnung Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine angemessene vorübergehende Unterkunft haben. Die Anmietung eines Wohnmobils kann dabei eine geeignete Alternative zu einem Hotel oder einer Ferienwohnung sein.

Im Zentrum des Rechtsstreits zwischen den Klägern und ihrer Hausratversicherung stand die Frage, ob Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils als Ersatzwohnraum nach einem Hochwasserschaden unter die Versicherungsleistung für hotelähnliche Unterbringung fallen. Die Kläger, deren Wohn- und Geschäftshaus im Juli 2021 durch ein Hochwasser erheblich beschädigt wurde, sahen sich gezwungen, ein Wohnmobil anzumieten, da ihr Eigentum unbewohnbar geworden war. Die Versicherung, bei der eine Hausratversicherung mit der Produktvariante „Premium“ abgeschlossen war, weigerte sich jedoch, die Kosten für das Wohnmobil zu übernehmen, was den Rechtsstreit auslöste.

Streitpunkt: Wohnmobil als hotelähnliche Unterbringung

Die Kläger argumentierten, dass das angemietete Wohnmobil aufgrund der Unbewohnbarkeit ihres Hauses und der Unmöglichkeit, eine adäquate Ersatzunterkunft zu finden, notwendig war. Sie beriefen sich auf die Versicherungsbedingungen, die eine Erstattung für notwendige Hotelkosten vorsehen, wenn die ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wird. Die Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass die Anmietung eines Wohnmobils nicht unter die vereinbarte Leistung für hotelähnliche Unterbringung falle, da ein Wohnmobil primär für Reisezwecke und nicht als stationäre Wohnunterkunft gedacht sei.

Juristische Auslegung und Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht Köln musste in seinem Urteil Az.: I-9 U 46/23 eine Entscheidung treffen, die nicht nur auf die Auslegung der Versicherungsbedingungen, sondern auch auf die Bedürfnisse der Versicherungsnehmer in Ausnahmesituationen einging. Das Gericht stellte fest, dass die Auslegung des Landgerichts Aachen zu eng gefasst war und entschied zugunsten der Kläger. Es urteilte, dass die Kosten für die Anmietung des Wohnmobils als hotelähnliche Unterbringung anzusehen sind und somit von der Hausratversicherung zu erstatten sind.

Gründe für die gerichtliche Entscheidung

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die stationäre Unterbringung in einem Mietwohnwagen oder -wohnmobil als einer Hotelunterbringung ähnlich ansehen würde. Entscheidend sei hierbei, dass wie bei einer Hotelunterbringung wechselnde Gäste darin für eine befristete Zeit wohnen können. Die Mobilität des Wohnmobils stehe der Vergleichbarkeit zu einer Hotelunterbringung nicht entgegen. Zudem sei der Versicherungsnehmer in der Wahl der Unterkunft frei und dürfe sich von persönlichen Bedürfnissen leiten lassen.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit für Versicherungen, die Lebensrealitäten ihrer Versicherungsnehmer und die Flexibilität ihrer Versicherungsleistungen im Kontext unvorhergesehener Ereignisse zu berücksichtigen. Es betont außerdem die Wichtigkeit einer klaren und verständlichen Kommunikation der Versicherungsbedingungen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Fazit: Das OLG Köln hat mit seinem Urteil einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Frage geleistet, unter welchen Umständen Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils als hotelähnliche Unterbringung im Rahmen einer Hausratversicherung erstattungsfähig sind.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet im Versicherungsrecht der Begriff „hotelähnliche Unterbringung“?

Der Begriff „hotelähnliche Unterbringung“ im Versicherungsrecht bezieht sich auf eine temporäre Wohnmöglichkeit, die einem Hotel vergleichbar ist und in der Regel bei Unbewohnbarkeit der eigentlichen Wohnung infolge eines Versicherungsfalls in Anspruch genommen wird. Diese Art der Unterbringung kann notwendige Kosten wie die Miete für ein Hotelzimmer oder eine vergleichbare Unterkunft umfassen, jedoch ohne Nebenkosten wie Frühstück oder Telefonkosten. Die Versicherung deckt dabei nur die notwendigen Kosten, nicht die hypothetisch möglichen, und ist oft auf kurzfristige Zeiträume beschränkt. Bei längerfristiger Unbewohnbarkeit der Wohnung sind Versicherte angehalten, kostengünstigere Alternativen zu suchen.

Die Definition von „hotelähnlich“ kann auch auf andere Unterkunftsformen wie Wohnmobile ausgeweitet werden, wenn diese eine vergleichbare Funktion erfüllen und im Rahmen eines Versicherungsfalls als Ersatzwohnraum dienen. Im steuerrechtlichen Kontext wird eine Beherbergung als kurzfristig angesehen, wenn sie weniger als 6 Monate dauert, und das Vorhandensein von hotelähnlichen Vorrichtungen wie Essensausgabe oder Rezeption ist für die steuerliche Einordnung nicht zwingend erforderlich.

Zusätzlich kann die Bereitstellung von hotelähnlichen Leistungen, wie etwa Reinigungsdienst oder Frühstück, die steuerliche Behandlung einer Vermietung beeinflussen, da solche Leistungen auf eine gewerbliche Tätigkeit hindeuten können. Im Bauplanungsrecht kann die Bereitstellung von hotelähnlichen Nebenleistungen dazu führen, dass eine Ferienwohnung als Beherbergungsbetrieb eingestuft wird.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-9 U 46/23 – Urteil vom 05.12.2023

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Aachen (9 O 132/22) vom 19.01.2023 teilweise abgeändert und – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 86.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2021 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.995,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.07.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits insgesamt hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1. Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten als Hausratversicherer, Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils in der Zeit von Dezember 2021 bis Dezember 2022 zu erstatten, das die Kläger als Wohnraumersatz für ihr am 15.07.2021 überflutetes Wohngebäude angemietet haben.

Die Kläger unterhalten bei der Beklagten eine Hausratversicherung (Versicherungsschein Anlage K 5, Bl. 53 eA-LG), für das auf dem Grundstück O.-straße N01 in M. aufstehende Wohn- und Geschäftshaus. Der Hausratsicherung, die mit der Produktvariante „Premium“ vereinbart worden ist, liegen die „Vertragsbestimmungen zur UT. FD. Versicherung (HUS SFB 18 2018-4)“ zugrunde, deren Bestandteil die „Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen Grunddeckung Basis (VHB 2014)“ (Anlage K 1, Bl. 8 ff. eA-LG) sind. Die Beklagte ist zugleich Gebäudeversicherer bezüglich der auf dem Grundstück aufstehenden Gebäude.

Nach Abschnitt A § 8 Nr. 1 c) der VHB 2014 sind versichert „die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen“ Hotelkosten:

„für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z. B. Frühstück, Telefon), wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 180 Tagen. Die Entschädigung ist pro Tag auf 1 Promille der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Soweit durch den Vertrag eine nicht ständig bewohnte Wohnung versichert ist, sind Kosten für Hotel oder ähnliche Unterbringung nicht versichert.“

Ausweislich Abschnitt B Ziffer 1 „Hotelkosten – 7320“ der Besonderen Bedingungen für die Produktvariante Premium in der Hausratversicherung (BBH Premium 2014) (Anlage K 1, Bl 30 ff, eA-LG) gilt:

„Abweichend von Abschnitt A § 8 Nr. 1 c) VHS 2014 ist die Entschädigungsgrenze je Versicherungsfall auf 2 Promille der Versicherungssumme für den Hausrat erhöht. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 360 Tagen.“

Die Versicherungssumme beträgt 120.000,- EUR (vgl. Versicherungsschein, Anlage K 5, Bl. 43 eA-LG).

Zwischen den Parteien kam es nach dem Schadensereignis zu Unstimmigkeiten hinsichtlich der Frage, ob die Sanierung des Wohngebäudes technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll – die Kläger behaupten, wegen einer Unterspülung der Grundmauern sei die Statik des Gebäudes gefährdet – oder das Gebäude abzureißen sei ebenso wie über die Höhe der Kosten einer Sanierung. Die Parteien übersandten sich wechselseitig Angebote bzw. Kostenschätzungen (vgl. Anlagen K 5, Bl. 113 ff. eA-LG; Anlage K 6, Bl. 123 ff.eA-LG). Die Kläger leiteten schließlich gegen die Beklagte vor dem Landgericht Aachen ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung des Schadensumfangs ein, das vor dem Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 9 OH 2/22 geführt wird.

Nach dem Vorfall lebten die Kläger, deren Kind zu diesem Zeitpunkt noch kein Jahr alt war und die Eigentümer eines Hundes von der Größe eines Golden Retrievers (vgl. Lichtbild Bl. 255 eA-LG) sind, zunächst einige Zeit in einem Ferienhaus in Spanien, wohnten danach auch wieder im Wohnhaus, wie sich aus der vorgerichtlichen Korrespondenz ergibt (vgl. Vorstandsbeschwerde der Kläger vom 07.10.2021 vorgelegt als Anlage K 12, Bl. 253 eA-LG und Email vom 24.09.2021, vorgelegt als Anlage K 17, Bl. 258 eA-LG). Ein im September 2021 eingeholtes mikrobiologisches Gutachten (Anlage K 13, Bl. 239 ff eA-LG) ergab eine erhöhte Schimmelpilzbelastung in den Wohnräumen. Das Haus war im Herbst 2021 ohne Stromversorgung und Heizung (Bl. 225 eA-LG und Anl. K 12, Bl. 255 eA-LG).

Mit Email vom 20.09.2021 (Anlage B 4, Bl. 110 eA-OLG) teilte die Beklagte den Klägern mit, sie würde versicherte Hotelkosten – oder die Kosten einer vergleichbaren Unterkunft – auf Nachweis erstatten oder bei Vorlage entsprechender Angebote auch ohne Nachweis mit einem Abschlag, wobei sich der Zahlbetrag nicht nach der Versicherungssumme, sondern den Kosten einer adäquaten Unterbringung bemessen würde. Auf die Vorstandsbeschwerde der Kläger wiederholte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten mit Schreiben vom 18.10.2021 (Anlage K 14, Bl. 237 f eA-LG), die Beklagten habe bereits die Übernahme der Unterbringungskosten im vertraglich vereinbarten Umfang zugesagt, eine Wahl der Unterkunft obliege den Klägern.

Am 09.12.2021 übersandten die Kläger dem Sachbearbeiter der Beklagten, Herrn C., ein Angebot (Schreiben Fa. G. Z. GmbH v. 08.12.2021, Anlage K 7, Bl. 133 eA-LG) über die Anmietung eines Wohnmobils für ein Jahr zum Tagesmietpreis von 260,- EUR nebst Umsatzsteuer. In einem Gespräch teilte Herr C. den Klägern am 10.12.2021 mit, er müsse eine Freigabe der Kostenübernahme von seinen Vorgesetzten einholen, grundsätzlich würden aber bis 250,- EUR/Tag als Unterkunftskosten übernommen; die Beklagte dürfe die Kläger nicht auf eine preiswertere Unterkunft verweisen. Mit Schreiben vom 14.12.2021 und 14.01.2022 (Anlage K 15, Bl. 235 eA-LG) lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab. Die Kläger schlossen gleichwohl ausweislich der Rechnung vom 21.12.2021 einen Jahresmietvertrag bezüglich des Wohnmobils zum Tagespreis von 260,- EUR zzgl. USt und eines einmaligen Übergabebetrags von 240,- EUR (vgl. Anlage K 2, Bl. 31 eA-LG).

Mit Schreiben vom 29.06.2022 (Anlage K 17, Bl. 231 f. eA-LG) informierte die Beklagte die Kläger darüber, dass sie den im Rahmen der Hausratversicherung versicherten Mietwertausfallschaden für den Zeitraum vom 15.07.2021 bis 15.07.2022 erstatte, weil eine Rücksprache mit dem Sachverständigen ergeben habe, dass der für die Sanierung des Wohngebäudes ursprünglich angenommene Zeitraum von sechs bis neun Monaten zu knapp bemessen und aufgrund der aktuellen Lage ein Zeitraum von 12 Monaten für die Wiederherstellung anzunehmen sei.

Die Kläger haben behauptet, das Gebäude sei weiterhin nicht bewohnbar. Sie hätten mehrere Monate vergeblich nach einer Ersatzunterkunft gesucht. Eine solche hätten sie nicht gefunden, weil sie nur einen befristeten Mietvertrag hätten abschließen wollen und zudem einen großen Hund hätten. Einen Wohnwagen als Unterkunft hätten sie nicht anmieten können, weil der Markt „leergefegt“ gewesen sei. Überdies sei ihnen nicht zumutbar gewesen, in einen evtl. nicht winterfesten Wohnwagen mit spartanischer Ausstattung zu ziehen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils seien keine versicherten Kosten i.S.v. § 8 Nr. 1 c VHB 2014. Anders als bei einem Hotel stehe bei der Anmietung eines Wohnmobils die Verschaffung einer Reisemöglichkeit im Vordergrund. Überdies seien die Kosten nicht notwendig infolge eines Versicherungsfalls. Die Kläger hätten nicht dargelegt, dass sie sich bemüht hätten, ein Hotel zu buchen oder eine vergleichbare Unterkunft zu mieten. Es hätte zudem ausgereicht, wenn die Kläger einen kostengünstigeren Wohnwagen gemietet hätten. Überdies seien die Kläger nicht gegen jegliche Unbewohnbarkeit versichert, sondern nur soweit ihnen eine Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil der Wohnung nicht zumutbar sei. Die Klagesumme übersteige die Entschädigungsgrenze von 86.400,- EUR.

Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, die Kläger hätten mehrfach gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Zum einen hätten sie die Sanierung des Wohngebäudes verzögert. Dazu hat die Beklagte behauptet, die Durchführung der vom Gutachter P. aufgezeigten Wiederherstellungsarbeiten sei aus technischer Sicht binnen ein bis zwei Monaten möglich gewesen. Zum anderen hat sie gemeint, die Anmietung eines Wohnmobils verstoße gegen die Schadensminderungspflicht. Die Anmietung eines funktional gleichwertigen Wohnwagenanhängers wäre ca. 75 % günstiger gewesen. Sogar der Kauf und anschließende Verkauf eines Wohnmobils wäre wirtschaftlich günstiger gewesen als die Anmietung für ein Jahr.

Die Beklagte hat ferner bestritten, dass die Kläger die Miete gezahlt haben. Tatsächlich sei die Höhe der Miete nur damit zu erklären, dass die Kläger das Wohnmobil nach Ablauf der Mietzeit zu Eigentum erwerben wollten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird Bezug auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils genommen.

2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anmietung eines Wohnmobils stelle – ausgehend von dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers – keine Anmietung eines Objektes im Sinne von Abschnitt A § 8 Nr. 1 c) VHB 2014 dar. Anders als ein Hotel diene ein Wohnmobil vornehmlich der Fortbewegung im Straßenverkehr im Zusammenhang mit Urlaubsreisen zu wechselnden Standorten. Insbesondere habe die Beklagte im Schreiben vom 18.10.2021 kein deklaratorisches Anerkenntnis hinsichtlich dieser Kosten abgegeben, denn sie habe sich ersichtlich nur im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten binden wollen. Auch aus § 242 BGB sei die Beklagte nicht zur Übernahme der Kosten verpflichtet, denn die Kläger hätten trotz Hinweis der Kammer nicht substantiiert dargelegt, dass sie nicht in der Lage gewesen seien, eine andere Unterkunft anzumieten. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass die Kläger mangels Bonität keine Ersatzwohnung hätten anmieten können, denn immerhin hätten sie im Januar 2022 die Jahresmiete für das Wohnmobil in einer Summe bezahlt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass den Klägern die Anmietung eines preisgünstigeren Wohnwagens oder einer kleinen Wohnung nicht zumutbar gewesen sei, denn das Wohnmobil sei auch nicht größer als ein Wohnwagen. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, dass den Klägern nicht möglich gewesen sei, dort weiter unterzukommen, wo sie bis zum Bezug des Wohnmobils gewohnt hätten.

Vor diesem Hintergrund könne offen bleiben, ob die Beklagte sich mit dem Vorschlag, die Versicherungssumme zwecks Erwerbs einer Eigentumswohnung auszuzahlen, hätte einverstanden erklären müssen, ob die Kläger sich überhaupt ernsthaft um eine Hotelunterbringung bemüht hätten oder ob die geltend gemachten Kosten in Ansehung etwaiger anderer Unterbringungskosten notwendig waren oder die Kläger gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

3. Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Sie rügen, das Landgericht habe Abschnitt A § 8 Nr. 1 c VHB 2014 fehlerhaft dahin ausgelegt, dass die Unterbringungskosten in einem Wohnmobil nicht erfasst seien. Der Vortrag der Beklagten, die Anmietung eines Wohnwagens sei günstiger gewesen, belege, dass diese selbst jedenfalls von der Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen Wohnwagen ausginge; daher seien auch Wohnmobilkosten erfasst. Das Wohnmobil befinde sich auf ihrem Grundstück und werde von ihnen dort seit über einem Jahr bewohnt. Überdies habe das Landgericht verkannt, dass die Beklagte ihnen mit Schreiben vom 18.10.2021 die Übernahme der Unterbringungskosten zugesagt und ihnen dabei ausdrücklich die Wahl der Unterkunft überlassen habe. Der Beklagten sei zu diesem Zeitpunkt schon bewusst gewesen, dass sie die Anmietung eines Wohnmobils beabsichtigten. Die Kläger sind der Ansicht, vor diesem Hintergrund sei das Schreiben vom 18.10.2021 als konkrete Leistungszusage anzusehen.

Als überraschend rügen die Kläger die Ausführung des Landgerichts, sie hätten nicht dargelegt, dass sie die Unterbringung bis zur Anmietung des Wohnmobils nicht hätten verlängern können. Es sei unstreitig gewesen, dass sie in Spanien gewohnt hätten. Es verstehe sich von selbst, dass dieser Aufenthalt nur vorübergehender Natur gewesen sei.

Dass sie über Monate hinweg keinen angemessenen Ersatzwohnraum hätten finden können, sei Gegenstand einer Onlinekonferenz vom 24.09.2021 mit Vertretern der Beklagten gewesen. Überdies – so behaupten die Kläger – böten Hotels keine Langzeitvermietung an. Zudem hätte eine Hotelunterbringung ihren Bedürfnissen nicht entsprochen, weil sie – schon wegen des Kleinkindes – eine Küche benötigten.

Die Kläger behaupten, die Beklagte habe in der Vergangenheit vorsätzlich die Schadensregulierung massiv verzögert, weshalb sie bis heute nicht mit der Sanierung des Objektes hätten beginnen können. Mit der Anmietung des Wohnmobils hätten sie sich im Rahmen der maximalen Versicherungssumme gehalten und bereits deshalb nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Es dürfe als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, dass ein angemessenes Hotelzimmer nicht zu einem günstigeren Preis hätte angemietet werden können.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 19.01.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Aachen zum Aktenzeichen 9 O 132/22

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 86.832,00 EUR (in Worten: sechsundachtzigtausendachthundertzweiunddreißig Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 23.12.2021 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.995,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 13.07.2022 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie habe vor der Online-Konferenz vom 24.09.2021 oder überhaupt vor der Anmietung des Wohnmobils keine Kenntnis von einer entsprechenden Planung der Kläger gehabt, ein Wohnmobil anzumieten.

Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten von einer Hotelunterbringung abgesehen, weil sie die weitergehenden Vorteile eines Wohnmobils nutzen wollten. Im Übrigen benutzten die Kläger das Wohnhaus zumindest teilweise: anlässlich des Ortstermins am 15.08.2022 im selbständigen Beweisverfahren hätten Lebensmittel in der Küche auf dem Tisch gestanden, zudem habe das Wohnmobil nur eine Frischwasserzuleitung, nicht jedoch eine Abwasserleitung, was darauf hindeute, dass die Kläger neben der Küche auch die Sanitärräume nutzten.

Die Kläger hätten die vom Gutachter P. vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen wissentlich nicht umgesetzt, weil sie unbedingt den Abriss des Gebäudes erreichen wollten. Tatsächlich habe das im selbständigen Beweisverfahren zwischenzeitlich vorgelegte Gutachten ergeben, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Statik nicht durch das Hochwasser, sondern wegen der Verwendung mangelhaften Mörtels bei der Errichtung des Gebäudes bedingt sei.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache überwiegend, i.H.v. 86.400,- EUR, Erfolg. Die Auslegung des Begriffs „Hotelkosten“ i.S.v. Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c) VHB 2014 durch das Landgericht ist zu eng und damit unzutreffend. Dass die Kläger gegen Schadensminderungspflichten verstoßen haben, hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht konkret dargetan.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts handelt es sich bei den Kosten für die Anmietung des Wohnmobils um Kosten einer – einem Hotel – ähnlichen Unterbringung i.S.d. der Versicherungsbedingungen, Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c) VHB 2014.

a) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 15.02.2017 – IV ZR 91/16 -, juris Rn. 17). Begriffe in allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren und nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens auszulegen, sofern der allgemeine Sprachgebrauch mit dem verwendeten Begriff eine bestimmte, klar umrissene Bedeutung verbindet und der Begriff nicht erkennbar aus der Fachwissenschaft übernommen wurde. In erster Linie ist vom Wortlaut auszugehen, der verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urt. v. 08.05.2013 – IV ZR 84/12 -, juris Rn. 10).

Im Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend erkannt, dass die Auslegung des Begriffs der „ähnlichen Unterbringung“ im Hinblick darauf vorzunehmen ist, dass sie nur eine Unterbringung erfasst, die einer Hotelunterkunft entspricht. Diese ist gekennzeichnet von der Unterbringung üblicherweise wechselnder Belegschaft oder Gäste (Spielmann in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, 4. Aufl. 2022, § 26 Rn. 98). Nicht erfasst werden daher die Kosten für die Mitbenutzung einer Privatwohnung, die etwa aus sittlicher Pflicht von Eltern oder nahen Angehörigen oder entgeltlich (zur Mitbenutzung) zur Verfügung gestellt wird (Spielmann, aaO., Rn. 98; Jula in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 8 Versicherte Kosten, Rn. 12). Aus solchen Privatunterkünften, die nur aus Anlass des konkreten Versicherungsfalls kurzzeitig umgewidmet werden, wird eine hotelähnliche Unterbringung nicht hergeleitet werden können (Spielmann, aaO., Rn. 98). Bei der Wahl der versicherten Möglichkeiten der Unterbringung ist der Versicherungsnehmer frei (OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.01.2016 – 5 U 15/15 -, juris Rn. 51; Klimke in Martin/Prölss, VVG, 31. Aufl. 2021, VHB A. § 8 Rn. 11).

Danach wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer auch die stationäre Unterbringung in einem Mietwohnwagen oder -wohnmobil als eine einer Hotelunterbringung ähnliche Unterkunft ansehen. Denn ebenso wie ein Hotel, eine Ferienwohnung, eine Pension oder Gaststätte mit „Fremdenzimmern“ zeichnet sich ein Wohnmobil bzw. ein Wohnwagen, der zeitweise vermietet wird, dadurch aus, dass wechselnde Gäste darin für eine befristete Zeit wohnen, sei es zu Arbeitsaufenthalten (bspw. Saisonarbeiter, Arbeiter auf Montage) oder zu touristischen Zwecken. Allein der – vom Landgericht für ausschlaggebend erachtete – Aspekt der Mobilität des Wohnmobils im Unterschied zur Hotelunterkunft, also der Umstand, dass ein Wohnwagen grundsätzlich mit Hilfe eines PKW bzw. ein Wohnmobil aus eigener Motorkraft im Straßenverkehr zum Reisen benutzt und zu wechselnden Standorten bewegt werden kann, steht der Vergleichbarkeit zu einer Hotelunterbringung aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers nicht entgegen.

Der Senat verkennt nicht, dass ein Wohnmobil gerade durch die Motorisierung deutlich teurer ist als ein Wohnwagen. Darauf kommt es im Rahmen der Erstattung der Unterbringungskosten aber nicht an. Der Versicherungsnehmer muss keine dem Wohnungsstandard entsprechende Unterkunft finden. Er ist in der Wahl der Unterkunft grundsätzlich frei und darf sich dabei von persönlichen Bedürfnissen und privaten Befindlichkeiten leiten lassen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.01.2016 – 5 U 15/15 – juris Rn. 51 f.; Jula in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 8 VHB 2010 Rn. 12). Bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Grenzen besteht der zugesagte Versicherungsschutz (OLG Saarbrücken, aaO., Rn. 52; Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, VHB 2016 – VSMod §A8 Rn. 11). Danach sind Kosten für die Anmietung eines Wohnmobils als Kosten einer ähnlichen Unterbringung wie Hotelkosten grundsätzlich nach Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c VHB 2014 erstattungsfähig. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger das Wohnmobil nicht als Wohnraumersatz, sondern etwa zu Reisezwecken angemietet haben, hat die Beklagte nicht konkret vorgetragen und ergeben sich für den Senat nicht aus dem Akteninhalt.

b) Angesicht dieser Auslegung von Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c VHB 2014 kommt es auf die Frage, ob die Beklagte gerade die Kosten der Unterbringung in einem Wohnmobil mit Email vom 20.09.2021 (Anlage B 4, Bl. 110 eA-OLG) und mit Schreiben vom 18.10.2021 (Anlage K 14, Bl. 237 eA-LG) anerkannt hat, nicht an. Dies dürfte im Ergebnis aber auch nicht anzunehmen sein.

Zwar können die Parteien eines Versicherungsvertrags unter Schadensminderungsgesichtspunkten eine entsprechende Vereinbarung schließen, wonach der Versicherungsnehmer eine Unterkunft vom Versicherer erstattet erhält, die eigentlich weder Hotel noch hotelähnliche Unterbringung ist. Dies setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer sich einseitig eine andere Unterkunft besorgt, die gerade nicht Hotel oder ähnliche Unterbringung darstellt (Spielmann in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, 4. Aufl. 2022, § 26 Rn. 99).

Allerdings ist der Email vom 20.09.2021 und dem Schreiben vom 18.10.2021 lediglich eine Zusage zu entnehmen, die tatsächlichen Unterbringungskosten im Rahmen des vertraglich vereinbarten Umfangs zu übernehmen oder den Betrag fiktiver Kosten gegen Vorlage entsprechender Angebote mit einem Abschlag auszuzahlen. Die Behauptung der Kläger, sie hätten bereits am 24.09.2021 erwogen, ein Wohnmobil anzumieten, dies sei in der Videokonferenz besprochen worden, hat die Beklagte bestritten.

2. Als weitere Voraussetzung für einen Anspruch auf Übernahme der Unterbringungskosten sieht Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c) VHB 2014 vor, dass die dauerhaft bewohnte Wohnung unbewohnbar und dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit ist anhand von subjektiven Kriterien, nämlich den Besonderheiten des Versicherungsnehmers zu beurteilen (vgl. Genz, VersR 2022, 201, 205 f.).

Das Wohnhaus der Kläger war im Herbst 2021 und Winter 2022 unbewohnbar. Aus der Vorstandsbeschwerde vom 07.10.2021 (Anlage K 12, Bl. 252 ff. eA-LG) ergibt sich, was die Beklagte nicht bestreitet, dass das Wohnhaus ohne Stromversorgung und Heizung war. Zudem war das Haus feucht und mit Schimmelsporen belastet. Für die Familie der Kläger, insbesondere ihren Säugling, war das Haus daher nicht bewohnbar.

Die Beklagte beruft sich erfolglos darauf, die Kläger hätten vor Anmietung des Wohnmobils zeitweise in dem Haus gewohnt und auch im Sommer 2022 die Küche und die Sanitäranlagen des Hauses benutzt. Allerdings entfällt der Anspruch auf die Erstattung der Unterbringungskosten in Gänze, wenn dem Versicherungsnehmer zuzumuten ist, einen bewohnbaren Teil des Wohnhauses zu nutzen („Alles oder Nichts“- Prinzip, vgl. Spielmann in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, 4. Aufl. 2022, § 26 Rn. 94).

Selbst wenn die Kläger nach ihrer Rückkehr aus Spanien zunächst im Wohnhaus gewohnt haben, war ihnen spätestens im Herbst und nach Vorlage des mikrobiologischen Gutachtens nicht mehr zumutbar, im nicht beheizbaren, feuchten Haus mit ihrem Kleinkind zu wohnen. Überdies hatten die Kläger die Sorge, dass die Statik des Hauses nicht gewährleistet ist. Denn ein Statiker, der das Wohnhaus nach dem Hochwasserereignis in Augenschein genommen hatte, hat ihnen gegenüber unstreitig Bedenken die Statik betreffend geäußert.

Soweit die Beklagte behauptet, die Kläger hätten im Sommer 2022 Küche und Badezimmer des Hauses benutzt, wäre es ihnen jedenfalls nicht zumutbar, sich auf diese Räume als Wohnräume zu beschränken. Die Kläger haben mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.12.2022 im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen (Bl. 223 eA-LG), das Haus verfüge nach wie vor nicht über Strom und Heizung. Dem ist die Beklagte in der Berufungserwiderung, mit der sie erstmals zu dem Schriftsatz Stellung nehmen konnte, nicht entgegen getreten. Ein feuchtes, nicht beheizbares Haus ist jedoch als Wohnung, insbesondere zum Schlafen und längerem Aufenthalt in geschlossenen Räumen, nicht nutzbar.

3. Soweit Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c VHB 2014 vorsieht, dass nur „notwendige“ Kosten erstattet werden, ist dies kein Kriterium der Schadensminderung. Damit wird vielmehr lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das „Ob“ der Kostenentscheidung durch den Versicherungsfall veranlasst sein muss. Dass die Kosten auch der konkreten Höhe nach erforderlich gewesen sein müssen, ergibt sich daraus nicht (OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.01.2016 – 5 U 15/15 -, juris Rn. 44 f; Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, VHB 2016 VSMod A8, Rn. 2; Genz, VersR 2022, 205).

Vor diesem Hintergrund sind die – allerdings im Rahmen der Ausführungen zu einem Anspruch auf Erstattung der Kosten nach § 242 BGB angestellten – Überlegungen des Landgerichts, die Kläger hätten nicht dargelegt, warum sie weiter nicht in der Unterkunft leben konnten, in der sie in den Monaten vor Bezug des Wohnmobils gelebt hatten, im Rahmen des § 8 VHB 2014 unerheblich.

4. Allerdings unterliegt der Versicherungsnehmer grundsätzlich der Schadensminderungsobliegenheit des § 82 VVG bzw. Abschnitt B. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VHB 2014. Bei der Schadensminderung im Sinne dieser Vorschriften geht es allerdings nicht – anders als bei der Schadensminderungspflicht des Geschädigten im Rahmen des Schadensersatzrechts – um die Abwendung oder Minderung der grundsätzlich mit Prämien erkauften Versicherungsleistung. Die Schadensminderungsobliegenheit nach § 82 VVG zielt vielmehr auf eine Abwehr von Beschädigungen des Versicherungsgegenstandes, nicht auf eine Minderung der grundsätzlich versicherten Kosten (OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.02.2016 – 5 U 15/15 -, juris Rn. 51; Voit in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 82 Rn. 11, Kassing in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, 4. Aufl. 2022, § 17 Rn. 8; MüKoVVG/Looschelders, 3. Aufl. 2022, VVG, § 82 Rn. 27). Der Versicherer ist dadurch ausreichend geschützt, dass die Kosten ohnehin sowohl der Höhe nach als auch in zeitlicher Hinsicht beschränkt sind (OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.01.2016 – 5 U 15/15 -, juris Rn. 51). Im Einzelfall können die Versicherungsbedingungen i.V.m. Treu und Glauben gebieten, zumutbare Möglichkeiten der Verringerung der Entschädigung in Anspruch zu nehmen, bspw. Rabatte (Voit in Prölss/Martin, aaO., § 82 Rn. 11).

Der Versicherer, der sich auf einen Verstoß des Versicherungsnehmers gegen Schadensminderungsobliegenheiten beruft, muss nachweisen, welche konkreten Maßnahmen der Versicherungsnehmer zur Abwendung bzw. Minderung des Schadens hätte unternehmen müssen (Kassing in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, § 17 Rn. 17; Voit in Prölss/Martin, aaO., § 82 Rn. 20). Ferner ist er darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung verstoßen hat. Demgegenüber muss der Versicherungsnehmer – bei einem nachgewiesenen Verstoß gegen Schadensminderungspflichten – sich vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit entlasten.

a) Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die Kläger hätten die Sanierungsarbeiten vorsätzlich verzögert, weil sie auf einen Abriss des Hauses beharrten, statt dieses, wie eigentlich möglich, zu sanieren. Die Sanierungsarbeiten seien „technisch“ binnen zwei Monaten durchführbar gewesen.

Zwar kann der Anspruch im Rahmen der Hotelkostenunterbringung nach § 82 VVG über eine Leistungskürzung entfallen, wenn der Versicherungsnehmer infolge schuldhaften Verhaltens die Wiederherstellung der Wohnung verzögert (Spielmann in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherungsrecht, 4. Aufl. 2022, § 17 Rn. 101), allerdings ist den Klägern – unterstellt sie hätten die Sanierung des Gebäudes verzögert – ein schuldhafter Verstoß gegen Schadensminderungsobliegenheiten nicht vorzuwerfen.

Mit der Behauptung der Beklagten, die Sanierungsmaßnahmen seien binnen zwei Monaten durchführbar gewesen, lässt sich eine vorsätzliche Verzögerung der Sanierungsmaßnahme nicht begründen. Die Beklagte selbst ist im Juni 2022 – gutachterlich beraten – zu der Erkenntnis gelangt, dass die ursprünglich veranschlagte Sanierungsdauer von sechs bis neun Monaten nicht realisierbar war und hat nachträglich eine solche von 12 Monaten im Rahmen der Mietwertausfallversicherung in Ansatz gebracht (vgl. Anlage K 17, Bl. 232 eA-LG).

Der Umstand, dass die Kläger zunächst nicht die Sanierung in Auftrag gegeben, sondern ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet haben, um das Ausmaß der Schäden zu klären, stellt keinen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflichten dar. Es ist unstreitig, dass ein Statiker den Klägern bestätigt hat, die Statik des Gebäudes sei gefährdet. Bei dieser Sachlage stellt das Zurückstellen der Sanierung zugunsten der Klärung des Schadensumfangs kein vorwerfbares Fehlverhalten dar.

b) Der weitere Vorwurf der Beklagten, die Kläger hätten mit dem Wohnmobil eine zu teure Unterkunft angemietet, vermag eine Obliegenheitsverletzung schon objektiv nicht zu begründen.

Im Übrigen ist in Ermangelung eines konkreten Nachweises durch die Beklagte, dass die Kläger in einem Hotel, einer Ferienwohnung oder einer Gaststätte, die ihren Bedürfnissen gerecht geworden wären, zu einem günstigeren Preis untergekommen wären, nicht davon auszugehen, dass die Kläger gegen Schadensminderungsobliegenheiten verstoßen haben.

c) Der Vorwurf, die Kläger hätten ihrer Schadensminderungsobliegenheit nicht genügt, weil sie das Wohnmobil nicht gleich gekauft hätten, greift nicht. Einen solchen Erwerb hätten die Kläger selbst finanzieren müssen, ohne die Chance auf Erstattung des Verlustes bei einem Wiederverkauf zu haben. Die Kläger hatten im Rahmen der Hausratversicherung lediglich Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten. Einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihnen Geld zum Erwerb eines Wohnmobils zur Verfügung stellt, hatten sie nicht. Die Beklagte hatte es dementsprechend auch ausdrücklich abgelehnt, sich an den Kosten des Erwerbs einer Eigentumswohnung zu beteiligen.

Soweit die Beklagte den Klägern weiter unterstellt, sie wollten eigentlich nur den Erwerb des Wohnmobils durch die Unterkunftskosten finanzieren, ist dieser Vorwurf angesichts der unstreitigen Betroffenheit der Kläger von der Hochwasserkatastrophe unbehelflich und mangels Vortrag ausreichender Indizien nicht nachvollziehbar. Allein der in der Berufungserwiderung angeführte Umstand, dass die Rechnungsnummer des Angebots mit den Buchstaben „KV“ beginnt (vgl. Anlage K 2, Bl. 31 eA-LG) belegt die Behauptung der Beklagten, die Kläger wollten das Wohnmobil zu Eigentum erwerben, nicht. Die Kläger haben durch Vorlage des Fahrzeugscheins mit einem Zeitungsausschnitt aus Juli 2022 nachgewiesen, dass das Wohnmobil weiter im Eigentum der Vermieterin stand. Die Höhe der Jahresmiete selbst ist ebenfalls kein Indiz für eine Absicht der Kläger, das Eigentum an dem Wohnmobil zu erwerben. Denn bei Ausschöpfung der vertraglich vereinbarten Höchstunterkunftsdauer erreichen die Kosten der Unterkunft voraussichtlich bei jeder hotelähnlichen Unterkunftsart – zu denken ist an eine Ferienwohnung oder ein kleines Ferienhaus – den Kaufpreis für die entsprechende Immobilie. Denn auch für Ferienwohnungen werden Wochenpreise in einer Höhe aufgerufen, die die Miete für – nicht lediglich für kurze Dauer vermietete – Wohnungen deutlich übersteigen und die Versicherungssumme ausschöpfen.

5. Danach steht den Klägern grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung der Unterbringungskosten zu, wobei nur die tatsächlich entstandenen Kosten i.R.d . vertraglich vereinbarten Umfangs – hier 240,- EUR/Tag (2 Promille von 120.000,- EUR) erfasst sind. Dass die Kosten, die Gegenstand der Klage sind, tatsächlich entstanden sind, ist unstreitig und durch die Rechnung vom 21.12.2021 belegt. Soweit die Beklagte zunächst in der Klageerwiderung bestritten hat, dass die Kläger die mit der Klageschrift vorgelegte Rechnung bezahlt haben, haben die Kläger mit der Replik einen Kontoauszug vorgelegt, der zumindest indiziell belegt, dass die Rechnung bezahlt worden ist. Im Übrigen kommt es auf die Erfüllung des Anspruchs des Vermieters gegen den Versicherungsnehmer für die Frage, ob die Kosten tatsächlich entstanden sind und der Versicherungsnehmer einen Anspruch gegen den Versicherer hat, nicht an.

6. Die geltend gemachten Nebenansprüche auf Zinsen und auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten ergeben sich aus Verzug.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt auf § 92 Abs. 1, 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

2. Die Revision ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

3. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 86.832,00 EUR festgesetzt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!