Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 130/18 – Beschluss vom 31.01.2019
I. Die Klägerin wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den 2. Rechtszug auf 21.773,23 € festzusetzen.
Gründe
I.
Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten restlichen Werklohn aus der Reparatur eines Brandschadens an dem Feldhäcksler K (Fahrgestellnummer …) gem. Rechnung vom 23.10.2014 (Anl. K 4, Bl. 10 – 19 d. A.) in Höhe von 21.747,06 € (23.158,67 € ./. Herstellerkulanzgutschrift in Höhe von 1.411,61 €) sowie weitere 26,17 € aus der Lieferung eines Ölablaßschlauches gemäß Rechnung vom 30.10.2014 (Anl. K 6), mithin insgesamt 21.773,23 €.
Die Reparaturarbeiten waren aufgrund eines vorangegangenen Brandschadens an dem Feldhäckslers vom 28.09.2014 notwendig geworden.
Am 24.10.2014 gegen 4.00 Uhr morgens kam es an dem K-Feldhäcksler zu einem weiteren Brandschaden im Betriebsgebäude des Beklagten. Der Beklagte hatte den Feldhäcksler erst wenige Stunden vorher (23.10.2014, 17.00 Uhr) aus der Werkstatt der Klägerin abholen lassen. Dazu musste das Gerät auf einer Strecke von 15 km von G nach H bewegt werden, anschließen war der Häcksler auf dem Betriebsgelände des Beklagten in dem sog. Boxenlaufstall abgestellt worden. Die Brandursache ist zwischen den Parteien streitig. Bei dem zweiten Brandschaden vom 24.10.2014 entstand an dem Häcksler unstreitig ein Totalschaden in Höhe von 289.081,00 € (= Zeitwert gem. Gutachten des Sachverständigen Dr. G vom 03.12.2014 i.H.v. 309.081,00 € abzgl. Restwert in Höhe von 20.000,00 €). Unstreitig erhielt der Beklagte von seiner Maschinenversicherung – wegen Unterversicherung – den Brandschaden nur teilweise in Höhe von 196.411,33 € ersetzt.
Die Parteien streiten über die ordnungsgemäße Ausführung der Reparaturarbeiten der Klägerin nach dem ersten Brandschaden. Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe die Reparatur nach dem ersten Brandschaden nicht ordnungsgemäß ausgeführt und dadurch den Totalschaden an dem Feldhäcksler durch den zweiten Brand am 24.10.2014 schuldhaft verursacht. Der Beklagte meint, der Klägerin stehe deshalb der geltend gemachte Werklohnanspruch nicht zu. Hilfsweise hat er die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen des brandbedingten Totalschadens erklärt.
Die Betriebshaftpflichtversicherung der Klägerin (Y) hat nach Vorlage der Gutachten H vom 17.11.2014 (B 2) und L vom 18.12.2014 (B 1) mit Schreiben vom 17.02.2015 (Anl. B 4, Bl. 54 d. A.) gegenüber dem Beklagtenvertreter folgende Erklärung abgegeben:
Nach Prüfung der Gutachten zur Brandursache erkennen wir die Haftung an. Gegen einen Verkauf der beschädigten Maschine haben wir keine Einwände. Wir bitten jedoch noch um konkrete Nachweise zur Schadenshöhe. Bitte reichen Sie uns auch Ihre Vollmacht ein. Diese war Ihrer Mail nicht beigefügt.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 21.773,23 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 113,29 € für die Zeit vom 24.10.2014 bis zum 03.12.2014, aus 23.158,67 € für die Zeit vom 07.11. bis zum 03.12.2014, aus 21.747,06 € seit dem 04.12.2014 und aus 26,17 € seit dem 14.11.2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens (Sachverständiger Ho vom 16.10.2017 und 18.05.2018 sowie ergänzendes mündliches Gutachten vom 13.06.2018) mit dem angefochtenen Urteil vom 22.08.2018 die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der geltend gemachte Werklohnanspruch gem. §§ 631, 632 BGB in Höhe von 21.773,23 € entstanden sei. Nach dem Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens sei nämlich nicht zweifelsfrei bewiesen, dass der zweite Brandschaden vom 24.10.2014 durch eine fehlerhaft ausgeführt Reparatur von Mitarbeitern der Klägerin verursacht worden sei. Der Anspruch sei jedoch aufgrund der erklärten Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch (Totalschaden an Feldhäcksler) gem. §§ 781, 387 ff. BGB erloschen. Die Erklärung der Haftpflichtversicherung der Klägerin vom 17.02.2015 (Anl. B 4) sei als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten. Dieses Schuldanerkenntnis sei nicht durch die Anfechtungserklärungen der Klägerin vom 05.05.2015 und 22.10.2015 (Anl. K 14) als nichtig anzusehen, weil ein Anfechtungsgrund nach § 119 BGB nicht gegeben sei. Die vorgerichtlichen Gutachten L und H seien nicht offensichtlich unrichtig gewesen mit der Folge, dass sich die Klägerin weder aufgrund eines erweiterten Erklärungsirrtums noch nach Treu und Glauben von dem ausdrücklichen Anerkenntnis ihrer Haftpflichtversicherung lösen könne.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Sie behauptet, dass der Beklagte den zweiten Brandschaden allein zu vertreten habe, weil unstreitig der sog. Batteriehauptschalter beim Abstellen der Maschine in dem Boxenlaufstall nicht ausgestellt gewesen war. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der zweite Brand nicht von der Maschine ausgegangen sei, sei er durch einen Anfahrschaden an die Hallenelektrik verursacht worden. Auch insoweit treffe den Beklagten das alleinige Verschulden. Die Erklärung der Haftpflichtversicherung der Klägerin vom 17.02.2015 stelle kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Es handele sich insoweit lediglich um „ein Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst“. Im Übrigen sei diese Erklärung wirksam nach § 119 BGB angefochten worden. Die vorgerichtlichen Gutachten der Sachverständigen L und H seien offensichtlich unrichtig gewesen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 21.773,23 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 113,29 € für die Zeit vom 24.10.2014 – 03.12.2014, aus 23.158,67 € für die Zeit vom 07.11. – 03.12.2014, aus 21.747,06 € seit dem 04.12.2014 und aus 26,17 € seit dem 14.11.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat i. S. v. § 522 Abs. 2 ZPO offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird vollumfänglich Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 26.11.2018 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Der Klägerin steht gem. §§ 631, 632 BGB die geltend gemacht Restlohnforderung in Höhe von 21.773,23 € zu. Die Verletzung einer Nebenpflicht bei Ausführung des Reparaturauftrags nach dem ersten Brandschaden konnte der Klägerin nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden. Insoweit ist das Urteil auch nicht angefochten.
2. Die geltend gemachte Werklohnforderung in Höhe von 21.773,23 € ist durch die Hilfsaufrechnung des Beklagten wegen des brandbedingten Totalschadens an dem Feldhäcksler gem. §§ 387, 389 BGB erloschen. Das Schreiben der Versicherung vom 17.02.2015 (Anl. B 4, Bl. 54 d. A.) stellt ein sowohl den Versicherer als auch die Klägerin als Versicherungsnehmerin verpflichtendes deklaratorisches Anerkenntnis gegenüber dem Beklagten dar. Die Haftung der Klägerin folgt deshalb aus dem mit dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Schuldbestätigungsvertrag. Die Schadenshöhe ist unstreitig (vgl. S. 6 des angefochtenen Urteils). Der aufgrund des zweiten Brandes bei dem Beklagten verbleibende Fahrzeugschaden beläuft sich auf 92.669,67 € (= Zeitwert abzgl. Restwert = 289.081,00 € abzgl. Zahlung durch die Maschinenversicherung in Höhe von 196.411,33 €).
B
ei dem Schreiben der Haftpflichtversicherung der Klägerin vom 17.02.2015 (Anl. B 4) handelt es sich nicht um ein „Zeugnis gegen sich selbst“, das allenfalls eine Umkehr der Beweislast zur Folge hätte. Vielmehr handelt es sich eindeutig um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis entsprechend § 781 BGB. Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt (BGH, Urteil vom 19.11.2008, IV ZR 293/05, NJW-RR 2009, 382; OLG Bamberg, Urteil vom 27.01.2010, 3 U 28/08, BauR 2010, 1596 – 1599, juris Rn 27 + 28). Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers hat ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Grund zum einen in dem Haftpflichtverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Geschädigten und zum anderen im Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer. Der Haftpflichtversicherer ist – auch bei fehlendem Direktanspruch wie im vorliegenden Fall – aufgrund der uneingeschränkten Verhandlungsvollmacht des Versicherungsnehmers aus § 5 Nr. 7 AHB in der Praxis regelmäßig der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten; dieser soll sich auf das Wort des Versicherers verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der Versicherer seinem Versicherungsnehmer, dem Schädiger gegenüber leistungsfrei ist. Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten (§§ 133, 157 BGB) ist die ihm erteilte Regulierungszusage deshalb dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt. Darin liegt ein beide Rechtsverhältnisse umfassendes, den Versicherer wie den Versicherungsnehmer verpflichtendes deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten (BGH, a. a. O.; OLG Bamberg, a. a. O., juris Rn 28).
Das Schreiben der Versicherung vom 17.02.2015 (Anl. B 4) stellt ohne Zweifel eine entsprechende Regulierungszusage in dem o. g. genannten Sinne dar. Das Schreiben erfolgte in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadensfall vom 24.10.2014 und der Schadensanzeige des Beklagtenvertreters vom 06.02.2015 (Anl. B 3). Der Haftpflichtversicherung der Klägerin waren auch die beiden Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. H vom 17.11.2014 (Anl. B 2) und L vom 18.12.2014 (Anl. B 1) zur Brandursache zum Zeitpunkt der Anerkenntniserklärung vom 17.02.2015 bekannt. Durch die vorgenannte Regulierungszusage der klägerischen Haftpflichtversicherung kam deshalb zwischen den Parteien ein sog. Schuldbestätigungsvertrag (deklaratorisches Anerkenntnis) beschränkt auf den Haftungsgrund zustande.
Soweit die Klägerin aus dem unstreitigen Umstand, dass der Batteriehauptschalter beim Abstellen der Maschine am 23.10.2014 nicht ausgestellt worden war sowie aufgrund des behaupteten Anfahrschadens an die Hallenelektrik andere Brandschadensursachen aus der Sphäre des Beklagten behauptet, ist sie wegen des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ihrer Haftpflichtversicherung vom 17.02.2015 mit diesen Einwendungen ausgeschlossen. In dem Anerkenntnis vom 17.02.2015 (Anl. B 4) kommt klar und unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Haftung dem Grunde nach anerkannt wird, mithin die zeitnah vor dem zweiten Brand an der Maschine durchgeführte Reparaturmaßnahme der Klägerin schadensursächlich gewesen ist. In dem vorgenannten Anerkenntnis vom 17.02.2015 ging es nur noch um „konkrete Nachweise zur Schadenshöhe“. Entsprechende Einwendungen der Klägerin zu anderweitigen Brandschadensursachen oder zum Mitverschulden nach § 254 BGB können deshalb keine Berücksichtigung mehr finden. Die Klägerin muss sich an dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis ihrer Haftpflichtversicherung vom 17.02.2015 dem Grunde nach festhalten lassen.
Die Haftpflichtversicherung der Klägerin hat das Anerkenntnis vom 17.02.2015 auch nicht wirksam mit Schreiben vom 05.05.2015 bzw. 22.10.2015 gem. §§ 119, 142 BGB angefochten. Ein rechtserheblicher Anfechtungsgrund liegt nicht vor. Die Erklärung vom 17.02.2015 ist zweifellos als „Anerkenntnis dem Grunde nach“ zu verstehen. Bei dem Erklärenden handelt es sich um einen professionellen Versicherer (Y Versicherung AG). Es bestehen keine Zweifel daran, dass sich der Erklärende über den Inhalt seiner Erklärung und die Rechtsfolgen im Klaren war. Es liegt auch kein sog. erweiterter Inhaltsirrtum vor. Die zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses am 17.02.2015 bereits vorliegenden Gutachten H und L waren nicht offensichtlich unrichtig. Schließlich hat auch der gerichtliche Sachverständige Ho nicht definitiv ausschließen können, dass der Brandentstehungsort am sog. Kabel 30 innerhalb der Fahrerkabine gelegen haben kann (vgl. S. 5 des Protokolls vom 13.06.2018, Bl. 639 d. A.). Schließlich geht der Sachverständige Ho – ausgehend von der Tatsache, dass der Batteriehauptschalter beim Abstellen der Maschine nicht ausgestellt war – auch davon aus, dass als Brandursache „ein Kriechstrom im Bereich des Kabels 30“ als Ursache angenommen werden kann. Das sog. Kabel 30 ist jedoch L, es hat an der Batterie seinen Ausgangspunkt und wird dann weitergeführt zunächst in den Motor, von dort zur Lichtmaschine und anschließend zur Kabinenelektrik. Wegen fehlender Dokumentation konnte nicht nachgewiesen werden, in welchem Bereich des Kabels es zu einer Überhitzung gekommen ist. Dazu hätte es – so der Sachverständige Ho – einer kompletten Demontage der elektrischen Leitungen bedurft. Schließlich kommen neben einem Defekt des Stromkreises auch andere Brandursachen aus der Maschine selbst oder aufgrund des Anschlusses der Dosiermittelanlage in Betracht. Die Gutachten der Sachverständigen L und H waren mithin nicht offensichtlich unrichtig. Vielmehr hat der Gerichtsgutachter Ho den möglichen Entstehungsort des zweiten Brandschadens an der Elektrik nur in Nuancen anders gedeutet. Ein erweiterter Inhaltsirrtum liegt deshalb nicht vor.
Die Berufung des Beklagten auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist auch nicht i. S. v. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin muss sich die Erklärung ihrer Haftpflichtversicherung aufgrund der uneingeschränkten Verhandlungsvollmacht aus § 5 Nr. 7 AHB zurechnen lassen. Die Haftpflichtversicherung hätte die Möglichkeit gehabt, das in Auftrag gegebene Parteigutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M vom 14.10.2015 (Anl. K 13) abzuwarten oder sich mögliche Einwendungen zum Haftungsgrund bei Abgabe der Erklärung vorzubehalten. Das aber hat sie gerade nicht getan.
Nach alledem ist die Berufung offensichtlich unbegründet.