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D&O-Versicherung – Abwehrkosten für Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren

D&O-Versicherung deckt Kosten für Strafverteidigung

Die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Übernahme der Verteidigungskosten im Rahmen einer D&O-Versicherung für strafrechtliche Ermittlungen gegen den Kläger wurde abgewiesen; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Es wurde bestätigt, dass der Kläger Anspruch auf vorläufige Leistungen aus der Versicherung hat, da die Einleitung des Strafverfahrens als Versicherungsfall gilt und die Beklagte keine wirksamen Einwände gegen die Deckung vorbringen konnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 U 64/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kläger hat Anspruch auf Deckung der Verteidigungskosten im Rahmen einer D&O-Versicherung für strafrechtliche Ermittlungen.
  • Die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Landgerichts wurde abgewiesen; die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
  • Die Versicherung hatte die Deckungszusage erteilt, weshalb sie sich nicht auf das Fehlen eines Versicherungsfalles berufen kann.
  • Eine arglistige Verletzung der Unterrichtungsobliegenheiten durch den Kläger liegt nicht vor.
  • Die Versicherungssumme steht dem Kläger zur Verfügung, da eine anteilige Leistungspflicht nach § 109 VVG im Kontext der vorläufigen Deckung nicht anwendbar ist.

Konflikte mit dem Gesetz sind für Unternehmen riskant

Als Geschäftsführer ist man stets in der Verantwortung und kann bei Fehlverhalten rasch ins Visier von Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren geraten. Die damit verbundenen Abwehrkosten für Anwälte, Gerichtsverfahren und Strafverteidiger sind häufig enorm. Eine spezielle D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) kann Führungskräften in solchen Fällen den Rücken stärken.

Diese Versicherung für Leitungsorgane übernimmt Vermögensschäden im Zusammenhang mit der Organ- oder Leitungstätigkeit. Gerade bei Strafverfolgung von Firmenvertretern leistet sie finanzielle Unterstützung für die kostenpflichtigen Verfahren.

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➜ Der Fall im Detail


D&O-Versicherung deckt Abwehrkosten in Strafverfahren

Im Fokus des Verfahrens stand der Anspruch auf Deckung von Abwehrkosten aus einer D&O-Versicherung im Rahmen eines Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Der Kläger, ehemaliger Geschäftsführer der K. GmbH, sah sich mit einem Steuerstrafverfahren konfrontiert. Das Finanzamt hatte den Verdacht, dass unter seiner Mitwirkung Steuerhinterziehung begangen wurde. Hieraus resultierend entstanden Verteidigungskosten, für deren Übernahme durch die D&O-Versicherung der Kläger eintrat.

Gerichtliches Vorgehen und Kernargumente

Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufung der Versicherung zurück und bestätigte die Vorinstanz, die den Versicherer zur Deckung der Abwehrkosten verpflichtet hatte. Zentral war dabei die Frage, ob die Verteidigungskosten, die im Rahmen eines Strafverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung entstanden, von der D&O-Versicherung zu tragen sind.

Entscheidungsbegründung des Gerichts

Das Gericht stellte klar, dass die Verteidigungskosten als Teil des Versicherungsschutzes anzusehen sind. Hierbei spielten insbesondere die Versicherungsbedingungen eine Rolle, die eine Deckung von Abwehrkosten in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren vorsehen. Die vorläufige Deckungszusage der Versicherung, die eine Rückforderung der Kosten im Falle einer späteren Feststellung der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ermöglicht, wurde als bindend erachtet.

Verteilung der Versicherungssumme

Interessant war die Diskussion um die anteilige Leistungspflicht der Versicherung, insbesondere im Hinblick auf § 109 VVG. Das Gericht entschied, dass eine Aufteilung der Versicherungssumme nach Kopfteilen, analog zu § 430 BGB, sachgerecht sei. Dies ermöglicht eine faire Verteilung der Versicherungssumme unter Berücksichtigung der individuellen Ansprüche.

Dieses Urteil verdeutlicht die Tragweite von D&O-Versicherungen bei der Deckung von Abwehrkosten in Strafverfahren. Es zeigt auf, dass Versicherungsbedingungen und vorläufige Deckungszusagen maßgeblich für den Umfang des Versicherungsschutzes sind. Die Entscheidung betont zudem die Notwendigkeit einer angemessenen Verteilung der Versicherungssumme, um den Schutz aller versicherten Personen zu gewährleisten.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist eine D&O-Versicherung und wofür wird sie benötigt?

Eine D&O-Versicherung, kurz für „Directors and Officers Liability Insurance“, ist eine spezielle Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die Führungskräfte und Entscheidungsträger in Unternehmen, wie Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte, gegen Haftungsansprüche absichert. Diese Versicherung wird benötigt, weil Führungskräfte aufgrund ihrer Entscheidungen und Handlungen im Rahmen ihrer Tätigkeit einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, persönlich für Schäden haftbar gemacht zu werden, die dem Unternehmen oder Dritten entstehen.

Die D&O-Versicherung deckt Vermögensschäden ab, die durch Managementfehler verursacht werden, und schützt die persönlichen Vermögen der versicherten Personen vor Ansprüchen, die aus ihrer beruflichen Tätigkeit resultieren. Sie übernimmt berechtigte Schadenersatzforderungen und wehrt unberechtigte Ansprüche ab, wobei sie auch die Kosten für die Rechtsverteidigung trägt.

Die Versicherung ist sowohl für das Unternehmen selbst als auch für die individuellen Führungskräfte von Vorteil. Für das Unternehmen bietet sie Schutz vor finanziellen Verlusten durch Haftungsansprüche gegen seine Entscheidungsträger und kann Image- und Reputationsrisiken mindern. Für die Führungskräfte bedeutet sie eine Absicherung gegen die finanziellen Risiken, die aus ihrer Verantwortung und den damit verbundenen Entscheidungen entstehen.

Die D&O-Versicherung ist daher ein wichtiges Instrument, um das persönliche Risiko von Managern und anderen Entscheidungsträgern zu minimieren und sicherzustellen, dass diese ihre Aufgaben ohne die ständige Sorge vor persönlicher Haftung für berufliche Entscheidungen wahrnehmen können.

Welche Rolle spielen Abwehrkosten bei einer D&O-Versicherung?

Abwehrkosten spielen bei einer D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) eine zentrale Rolle, da sie einen wesentlichen Bestandteil des Versicherungsschutzes darstellen. Diese Kosten umfassen die Aufwendungen, die für die Rechtsverteidigung der versicherten Personen – in der Regel Führungskräfte und Entscheidungsträger eines Unternehmens – im Falle von Haftpflichtansprüchen gegen sie entstehen. Die D&O-Versicherung deckt somit nicht nur berechtigte Schadenersatzforderungen ab, sondern übernimmt auch die Kosten, die bei der Abwehr unberechtigter oder überhöhter Ansprüche anfallen.

Die Übernahme der Abwehrkosten durch die D&O-Versicherung ist von großer Bedeutung, da rechtliche Auseinandersetzungen oft langwierig und kostspielig sind. Die Kosten für Anwälte, Gerichtsverfahren und mögliche Vergleichsverhandlungen können schnell in die Höhe steigen und ohne entsprechenden Versicherungsschutz eine erhebliche finanzielle Belastung für die betroffenen Führungskräfte darstellen. In einigen Fällen können die Abwehrkosten sogar den eigentlichen Schadensbetrag übersteigen.

Durch die Übernahme der Abwehrkosten ermöglicht die D&O-Versicherung den versicherten Personen, sich gegen unberechtigte Ansprüche zu verteidigen, ohne dass sie sich Sorgen um die damit verbundenen finanziellen Risiken machen müssen. Dies trägt dazu bei, dass Entscheidungsträger ihre Aufgaben mit größerer Sicherheit und ohne die ständige Angst vor persönlicher finanzieller Haftung ausüben können.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Bedingungen und Deckungsumfänge von D&O-Versicherungen variieren können. In manchen Policen werden die Abwehrkosten von der Deckungssumme abgezogen, was die verfügbare Summe für die Begleichung eines eventuellen Schadenersatzes reduzieren kann. In anderen Policen hingegen werden die Abwehrkosten zusätzlich zur Deckungssumme übernommen. Daher ist es entscheidend, die spezifischen Bedingungen und Konditionen der jeweiligen D&O-Versicherungspolice genau zu prüfen und zu verstehen.

Unter welchen Umständen deckt eine D&O-Versicherung die Kosten in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren?

Eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) bietet Schutz für Führungskräfte und Entscheidungsträger eines Unternehmens gegen Haftungsansprüche, die aus ihrer beruflichen Tätigkeit resultieren. Die Deckung von Kosten in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren durch eine D&O-Versicherung ist jedoch ein komplexes Thema, das stark von den spezifischen Bedingungen der jeweiligen Versicherungspolice und den gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Landes abhängt.

Grundsätzlich gilt, dass D&O-Versicherungen in der Regel nicht für Ansprüche oder Kosten aufkommen, die aus vorsätzlichem Fehlverhalten resultieren. Dies basiert auf dem Prinzip, dass Versicherungsschutz nicht für Handlungen gewährt wird, die bewusst gegen Gesetze oder Vorschriften verstoßen. Vorsätzliches Handeln, das zu Straf- oder Ordnungswidrigkeiten führt, ist somit in der Regel von der Deckung ausgeschlossen.

Im Gegensatz dazu können Kosten, die im Zusammenhang mit Verfahren wegen fahrlässigen Verhaltens entstehen, unter bestimmten Umständen von einer D&O-Versicherung gedeckt sein. Fahrlässigkeit bezieht sich auf Situationen, in denen die Führungskraft die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat, ohne jedoch vorsätzlich zu handeln. Ob und inwieweit Kosten für die Verteidigung in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren übernommen werden, hängt von den spezifischen Bedingungen der Versicherungspolice ab.

Einige D&O-Versicherungen bieten eine sogenannte „Abwehrkostenübernahme“ an, die die Kosten für die Rechtsverteidigung in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren umfassen kann, sofern das Verfahren mit einem Freispruch endet oder das Verfahren eingestellt wird, ohne dass ein Schuldspruch erfolgt. Dieser Schutz kann für Führungskräfte besonders wichtig sein, da selbst bei fahrlässigem Verhalten die Kosten für die Rechtsverteidigung erheblich sein können.

Es ist jedoch wichtig, die genauen Bedingungen der D&O-Versicherungspolice zu prüfen und gegebenenfalls mit dem Versicherer oder einem Rechtsberater zu klären, unter welchen Umständen Kosten in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gedeckt sind. Die Versicherungsbedingungen können hinsichtlich der Deckung solcher Kosten variieren, und es können spezifische Ausschlüsse oder Bedingungen gelten, die den Versicherungsschutz einschränken.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 370 AO (Abgabenordnung) – Steuerhinterziehung Definiert Steuerhinterziehung als rechtswidriges Handeln, das zu einem unzutreffenden Steuerausweis führt. Im Kontext des Falls geht es um den Verdacht, dass unter der Mitwirkung des Klägers Steuerhinterziehung begangen wurde.
  • § 109 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Mehrere Versicherungsfälle und Versicherungssumme Regelt die Aufteilung der Versicherungssumme bei mehreren Geschädigten. Relevant für die Diskussion, wie die Versicherungssumme unter den betroffenen Personen aufgeteilt wird, falls die Summe für alle Ansprüche nicht ausreicht.
  • AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) der D&O-Versicherung Spezifiziert den Umfang des Versicherungsschutzes, einschließlich der Abdeckung von Abwehrkosten in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Wesentlich für die Bewertung, ob und inwieweit die Verteidigungskosten des Klägers gedeckt sind.
  • BB Strafrecht (Besondere Bedingungen für Strafrechtsschutz) Ergänzen oder modifizieren die allgemeinen Versicherungsbedingungen hinsichtlich des Strafrechtsschutzes. Im Fall relevant für die Frage, ob die Verteidigungskosten im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens vom Versicherungsschutz umfasst sind.
  • § 25 StGB (Strafgesetzbuch) – Mittäterschaft Definiert die Voraussetzungen und die rechtliche Bewertung von Mittäterschaft bei der Begehung einer Straftat. Im vorliegenden Fall relevant für die Beurteilung der rechtlichen Verantwortung des Klägers im Rahmen des Steuerstrafverfahrens.
  • § 522 Abs. 2 ZPO (Zivilprozessordnung) – Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung Erlaubt Gerichten, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Relevant für das gerichtliche Vorgehen und die Entscheidungsfindung im beschriebenen Fall.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Hamm – Az.: 20 U 64/22 – Beschluss vom 13.07.2023

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.01.2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (3 O 311/21) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 170.000,00 € festgesetzt (15.330,18 € Klage zzgl. 142.735,86 € negative Feststellungswiderklage).

G r ü n d e:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte (vorläufige) Leistungen aus einer den Strafrechtsschutz umfassenden A.-Versicherung geltend.

Die K. GmbH (im Folgenden: Versicherungsnehmerin), deren Geschäftsführer der Kläger war, unterhielt bei der beklagten Versicherung mit Wirkung ab dem 01.11.2010 einen A.-Versicherungsvertrag. Der Versicherung liegen die Manager Bedingungen 09/2008 (nachfolgend: AVB; Bl. 7 ff. eGA-I für die elektronische Gerichtsakte erster Instanz bzw. eGA-II für jene zweiter Instanz) sowie die im Versicherungsschein enthaltenen besonderen Bedingungen „Strafrechtsschutz“ (nachfolgend: BB Strafrecht; Bl. 96 ff., 98 eGA-I) zu Grunde.

Im März 2014 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z. unter anderem gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts, Straftaten gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1, 150 AO als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB begangen zu haben, ein (siehe Einleitungsvermerk Bl. 20 f. eGA-I). Hiervon erfuhr der Kläger Ende Juni 2016 (wohl am 28.06.2016, siehe E-Mail des klägerischen Verteidigers vom 31.08.2016, Bl. 148 eGA-II) im Zuge der Vollziehung eines Durchsuchungsbeschlusses sowie der vorläufigen Festnahme eines Mitbeschuldigten, dem weiteren Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin.

Die vom Kläger für seine Verteidigung mandatierte Kanzlei F. und Kollegen suchte mit Schreiben vom 24. August 2016 bei der Beklagten um Deckungsschutz nach (Bl. 22 eGA-I). Hierauf teilte die Beklagte unter dem 25.08.2016 mit (Bl. 23 eGA-I):

„Im Rahmen des mit unserem Haus abgeschlossenen A.-Vertrages ersetzt der Versicherer die notwendigen Abwehrkosten in u.a. Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen versicherte Personen, soweit die Einleitung des jeweiligen Verfahrens mit einer bei der versicherten Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung begründet wird. Kosten die nicht in Absprache mit dem Versicherer entstehen werden nicht erstattet.

Vorbehaltlich neuer Erkenntnisse die den Versicherungsschutz entfallen lassen würden und einer Prüfung Ihrer Honorarvereinbarung, erstatten wir die Kosten der Verteidigung im Steuerstrafverfahren gegen Herrn B.. Bitte teilen Sie uns noch mit, wie Sie Herrn B. gegenüber abrechnen.

Darüber hinaus halten Sie uns bitte stets informiert und sprechen weitere Schritte vorab mit uns ab.“

Die Honorarvereinbarung übersandte die Kanzlei F. und Kollegen unter dem 31.08.2016 (Bl. 24 eGA-I). Noch am selben Tag teilte die Beklagte mit (Bl. 25 eGA-I):

„… in der vorbezeichneten Angelegenheit erklären wir uns mit den übersandten Honorarvereinbarungen vorbehaltlich der jeweiligen Einzelüberprüfungen einverstanden.

Auch die Honorarnote für das [Anm.: nicht den Kläger betreffende] Haftbeschwerdeverfahren werden wir zunächst überprüfen. Grundsätzlich sind die versicherten Personen versicherungsrechtlich verpflichtet uns zu informieren sobald eine Inanspruchnahme vorliegt. Dies ist hier nicht geschehen. Da nur Kosten erstattet werden die in Absprache mit dem Versicherer anfallen, werden wir nunmehr alle bereits angefallenen Kosten prüfen.“

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld erhob mit Anklageschrift vom 18.12.2019 Anklage zum Landgericht Paderborn. Mit Schreiben vom 20.05.2021 rechnete die Kanzlei F. und Kollegen ihr Tätigwerden im Zeitraum vom 14.07.2016 bis zum 06.12.2016 in Höhe von 15.330,18 € gegenüber der Beklagten ab (Bl. 102 ff. eGA-I). Unter dem 27.05.2021 ließ die Beklagte den Ausgleich der anwaltlichen Kostenrechnung ablehnen (Bl. 26 ff. eGA-I).

Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich erfolgreich auf Freistellung von der Honorarforderung gemäß der Kostenrechnung vom 20.05.2021 sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Anspruch genommen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und wegen der Begründung des Landgerichts wird auf das am 08.02.2022 verkündete Urteil (Bl. 126 ff. eGA-I) Bezug genommen.

In der Folge lehnte das Landgericht Paderborn die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Kläger nach entsprechendem Hinweis vom 23.02.2022 (Bl. 76 eGA-II) und Verfahrenstrennung (Bl. 82 ff. eGA-II) mit gesondertem Beschluss ab. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 22.12.2022 die Anklage gegen den Kläger zur Hauptverhandlung zugelassen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung und verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Des Weiteren hat sie in der Berufungsinstanz negative Feststellungswiderklage betreffend weiterer zwischenzeitlich abgerechneter Kosten der Strafverteidigung in Höhe von 142.735,86 € erhoben.

Die Beklagte beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt sie erstmals in der Berufungsinstanz festzustellen, dass dem Widerbeklagten (und Kläger) keine über den klageweise geltend gemachten Teilbetrag in Höhe von 15.330,18 € hinaus gehenden Forderungen für die Kosten des Strafverteidigers Herrn Rechtsanwalt F. für die Verteidigung im Zusammenhang mit dem eingeleiteten Strafverfahren des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z. (Az.: N01), den Verfahren vor dem Landgericht Paderborn (Az.: 08 KLs-6 Js 38/14—4/21 und 08 KLs-6 Js 38/14-7/22) sowie sonstigen angefallenen Strafverteidigerkosten im Zusammenhang mit den Vorwürfe nach §§ 370 I Nr. 1, 150 AO, zustehen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sowie die Widerklage abzuweisen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 17.04.2023 (Bl. 204 ff. eGA-II) auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19.06.2023 (Bl. 254 ff. eGA-II) zu dem Hinweisbeschluss Stellung genommen. Mit ihrer Stellungnahme ist die Beklagte der im Hinweisbeschluss des Senats vertretenen Rechtsauffassung entgegentreten und hat sich erstmals unter Aufstellung neuen Sachvortrags auf eine bloß anteilige Leistungspflicht nach § 109 VVG berufen. Der Senat hat mit Beschluss vom 27.06.2023 darauf hingewiesen, dass er diese (neue) Einwendung nicht für durchgreifend erachtet (Bl. 275 ff. eGA-II). Auch dem ist die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.07.2023 (Bl. 288 ff. eGA-II), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, mit weiterem Rechtsvortrag und ergänzendem Sachvortrag entgegengetreten.

Auch wegen des weiteren Vortrags in dieser Instanz wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO (1) zurückzuweisen. Die in zweiter Instanz erhobene negative Feststellungwiderklage wird dadurch wirkungslos (2).

1.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

a) Mit seinem Hinweisbeschluss vom 17.04.2023 hat der Senat ausgeführt (Auslassungen gekennzeichnet mit „[…]“):

„Dem Kläger steht im Hinblick auf die streitgegenständliche Honorarforderung derzeit („vorläufig“) ein Anspruch auf Deckung zu. Es liegt ein Versicherungsfall vor (a), der geltend gemacht Anspruch ist nicht aufgrund des Vorliegens einer wissentlichen Pflichtverletzung (b) oder sonstigen Obliegenheitsverletzungen ausgeschlossen (c) und auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (d). Im Einzelnen gilt insoweit ergänzend und vertiefend zu den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts:

a) Es liegt ein Versicherungsfall vor.

aa) Die Beklagte kann sich schon deshalb nicht auf das Fehlen eines Versicherungsfalles berufen, weil sie mit der E-Mail vom 25. August 2016 (Bl. 23 eGA-I) Deckungszusage erteilt hat, aufgrund derer sie zumindest auf die ihr zum damaligen Zeitpunkt bekannten, den Versicherungsfall betreffenden Einwendungen verzichtet hat (vgl. zur Anerkenntniswirkung der Deckungszusage eingehend mit weiteren Nachweisen Senat, Beschluss vom 09.11.2018 – 20 U 86/18, juris Rn. 14 f.). In der genannten E-Mail heißt es ausdrücklich, dass die Beklagte die Kosten der Verteidigung im Steuerstrafverfahren gegen Herrn B. erstattet. Diese Erklärung war die Antwort auf die vorhergehende Anfrage vom 24. August 2016, mit ausdrücklich um Deckung nachgefragt wurde (Bl. 22 eGA-I).

Die beiden in der E-Mail formulierten Vorbehalte, nämlich dass diese Zusage „vorbehaltlich neuer Erkenntnisse, die den Versicherungsschutz entfallen lassen würden“ und vorbehaltlich „einer Prüfung [der] Honorarvereinbarung“ erfolge, führen zu keiner anderen Beurteilung. Mit dem ersten Vorbehalt hat die Beklagte lediglich – dem Regelbild eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses entsprechend – zum Ausdruck gebracht, dass sie nur auf die ihr zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses bekannten Einwendungen verzichten will und mit dem zweiten, dass sich das deklaratorische Schuldanerkenntnis nur auf die Leistungspflicht dem Grunde nach beziehen soll. Dass die Beklagte ihre E-Mail vom 25. August 2016 auch selbst als Deckungszusage verstanden wissen wollte, belegt die den (damaligen) Mitangeschuldigten betreffende E-Mail vom 29. August 2016, mit der die Beklagte ausführt, sie habe für den Kläger bereits eine Kostenerstattung zugesagt (Bl. 84 eGA-I). Die weitere E-Mail vom 31. August 2016 (Bl. 25 eGA-I) konnte die Reichweite des bereits abgegebenen Anerkenntnisses nicht mehr nachträglich beschränken.

Die Beklagte kann deshalb insbesondere nicht mehr damit gehört werden, es liege bereits keine versicherte Tätigkeit im Sinne von Ziff. I. 3 AVB vor, weil die Errichtung eines Umsatzsteuerkarussells – wie sie dem Kläger vorgeworfen wird – nicht zu den Aufgaben eines Geschäftsführers gehöre. Bereits mit der Deckungsanfrage vom 24. August 2016 ist der Beklagten der Einleitungsvermerk gem. § 397 AO übermittelt worden, der den Kernvorwurf, nämlich die Vorspiegelung steuerfreier innergemeinschaftlicher Leistungen durch Lieferungen an Scheinfirmen (Bl. 20 eGA-I), mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt.

bb) Aber auch unabhängig vom Vorstehenden liegt ein Versicherungsfall vor. Nach den BB Strafrecht, die insoweit Ziff. III AVB verdrängen, ist Versicherungsfall nicht die schriftliche Erhebung eines Haftpflichtanspruchs, sondern die „Einleitung eine Strafverfahrens wegen einer Pflichtverletzung.“ Der Inhalt der Pflichtverletzung ist wiederum im Lichte der Ziff. I. AVB als Verletzung von gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen zu bestimmen. Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens erfolgte wegen des Verdachts der mittäterschaftlichen Steuerhinterziehung durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerklärungen. Die Pflicht zur Abgabe zutreffender Umsatzsteuervoranmeldungen und Erklärungen, die gem. § 34 AO den Kläger als Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin betraf, kann einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch (§ 43 Abs. 1 GmbHG) auslösen (vgl. Obarowski in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, § 2 URSB Rn. 11, Rn. 31). […]

Es liegt auch nicht deshalb ein Tätigwerden nur „bei Gelegenheit“ der Geschäftsführeraufgaben vor, weil die dem Kläger vorgeworfene Errichtung eines Umsatzsteuerkarussells nicht zu den Geschäftsführeraufgaben rechne. Der dahingehende Anklagevorwurf begründet den Bedingungshintergrund für die dem Kläger vorgeworfene Steuerverkürzung, die wiederum an die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen als (vermeintliche) Tathandlung anknüpft. Diese Tätigkeit gehört nach innerem Zusammenhang und äußerem Erscheinungsbild vorliegend indes gerade zu den Geschäftsführeraufgaben. Es kann deshalb dahinstehen, ob sich der Versicherer, wenn er – wie auch hier – gerade bei bestrittener Wissentlichkeit (vorläufig) eintrittspflichtig ist, diesem weitreichenden Leistungsversprechen generell nicht unter Hinweis darauf entziehen kann, dass im Falle von Wissentlichkeit andere Leistungsvoraussetzungen entfielen (vgl. dazu OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2021– 7 U 19/21 –, juris Rn. 69).

b) Auf den Leistungsausschluss wegen wissentlicher Pflichtverletzung nach Ziff. II. 1. Abs. 1 AVB selbst kann sich die Beklagte im vorliegenden vorläufigen Deckungsprozess ohnehin nicht berufen. Denn hier wirkt nach Ziff. II. 1 Abs. 2 AVB gerade das Streitigstellen der Wissentlichkeit durch die versicherte Person (vorläufig) leistungsbegründend. Festgestellt werden kann die Wissentlichkeit im Falle des Bestreitens nach dem eindeutigen Klauselwortlaut […] durch „rechtskräftige gerichtliche Entscheidung“. Der vorleistungspflichtige Versicherer ist nach einer entsprechenden Entscheidung auf die Rückforderung der aufgewendeten Kosten zu verweisen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2021– 7 U 19/21 –, juris Rn. 73 ff.; Obarowski in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, § 3 URSB Rn. 24).

Ob im Ausnahmefall anderes gelten mag, wenn das Streitigstellen offenkundig jeder Tatsachengrundlagen entbehrt und welche Möglichkeiten dem Versicherer ggf. einzuräumen sind, das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls zu überprüfen, ist hier nicht zu entscheiden. Denn dass das klägerische Bestreiten nicht jedweder Grundlage entbehrte, wird schon daran ersichtlich, dass eine mit drei Berufsrichtern besetzte Kammer des Landgerichts die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Kläger zunächst abgelehnt hat. Über die entsprechende Absicht der Kammer hat der Kläger die Beklagte unterrichtet. Weitergehende Informationen benötige die Beklagte zur Überprüfung der Frage, ob ein Leistungsausschluss nach Ziff. II. 1 eingreift, nicht.

Dass die Leistungspflicht der Beklagten unter dem Vorbehalt späterer Rückforderbarkeit wegen Wissentlichkeit steht, muss entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in den Tenor aufgenommen werden, weil dieser im Lichte der Gründe auszulegen ist.

c) Die Beklagte ist auch nicht nach Ziff. X. 6. wegen Obliegenheitsverletzungen seitens des Klägers frei geworden. Dies gilt sowohl für eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach den BB Strafrecht (aa) als auch für eine Verletzung der Unterrichtungsobliegenheit nach Ziff. IX. 3 AVB (bb).

aa) Die für eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit bereits nicht in erheblicher Weise aufgezeigt (1). Zudem wäre eine – unterstellte – Obliegenheitsverletzung nicht ursächlich für die Eintrittspflicht oder deren Umfang geworden (2).

(1) Nach den BB Strafrecht hat die Schadensanzeige (in Übereinstimmung mit § 30 Abs. 1 Satz 1 VVG) „unverzüglich“ zu erfolgen. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist nicht erkennbar, dass der Kläger diese Obliegenheit verletzt hat.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger seit Ende Juni 2016 – wohl seit dem 28.06.2016 im Zuge der Inhaftierung des Mitbeschuldigten (Bl. 148 eGA-I) – von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens Kenntnis hat. Die Behauptung der Beklagten, sie habe erst mit der Deckungsanfrage vom 24. August 2016 von den Ermittlungen erfahren, lässt sich mit dem Akteninhalt nicht in Einklang bringen und ist gemäß § 138 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Wie aus der vom Kläger vorgelegten E-Mail der Beklagten vom 11. November 2016 an den Versicherungsmakler Volkhausen hervorgeht (Anlage zum Schriftsatz vom 17. Januar 2022, Bl. 109 eGA-I), hatte bereits zuvor die vom Kläger (vormals) mandatierte Kanzlei D. Deckungsanfrage bei der Beklagten gestellt. Weil das Mandat zur Kanzlei D. bereits – wie aus der E-Mail des Klägers an die Beklagte vom gleichen Tag hervorgeht (Bl. 110 eGA-I) – zum 1. August 2016 beendet wurde, dürfte spätestens im Juli 2016 durch die Kanzlei D. eine Anzeige gegenüber der Beklagten erfolgt sein.

(2) Jedenfalls wäre eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit nicht ursächlich für die Eintrittspflicht oder deren Umfang geworden. Der Kausalitätsgegenbeweis nach Ziff. XI. 6. Abs. 2 Satz 1 AVB ist dem Kläger nicht wegen Arglist abgeschnitten (a) und schon auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts geführt (b).

(a) Der Kausalitätsgegenbeweis ist dem Kläger nicht nach Ziff. XI. 6. Abs. 2 Satz 2 AVB wegen Arglist abgeschnitten.

Arglist verlangt über das Wollen der Obliegenheitsverletzung hinaus, dass das Verhalten des VN zumindest bedingt vorsätzlich darauf gerichtet ist, dem VR einen Nachteil zuzufügen (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 31. Aufl. 2021, § 28 VVG Rn. 197 m.w.N.). Dieser Nachteil muss nicht in einer ungerechtfertigten Zahlung bestehen. Eine Bereicherungsabsicht ist mithin nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 04.05.2009 – IV ZR 62/07 -, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 22.06.2011 – IV ZR 174/09 -, juris Rn. 29; Prölss/Martin/Armbrüster aaO § 28 VVG Rn. 197 m.w.N.). Vielmehr genügt es als vom Versicherungsnehmer gewollter Nachteil, wenn Beweisschwierigkeiten überwunden werden sollen (BGH, Urteil vom 22.06. 2011 – IV ZR 174/09-, juris Rn. 29) oder wenn der Versicherer davon abgehalten werden soll, an sich gebotene Ermittlungen über die Berechtigung des Anspruchs anzustellen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2010 – 12 U 86/10 – juris Rn. 21; Prölss/Martin/Armbrüster aaO § 28 VVG Rn. 198 m.w.N). Arglistig handelt der Versicherungsnehmer schon dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 04.05.2009 – IV ZR 62/07 -, juris Rn. 9; BGH, Urteil v. 22.06.2011 – IV ZR 174/09 -, juris Rn. 29 m.w.N.; zum Ganzen OLG Köln, Beschluss vom 08.07.2020 – 9 U 111/20 –, juris Rn. 10).

Hieran gemessen ist Arglist nicht zu erkennen. Schon weil der Kläger nach derzeitigem Sach- und Streitstand (spätestens) im Juli zwei Strafverteidigerkanzleien mandatiert und diese auch zur Stellung von Deckungsanfragen bei der Beklagten beauftragt haben dürfte, ist eine vorsätzliche, jedenfalls aber – den Kausalitätsgegenbeweis abschneidende – arglistige Verletzung der Anzeigeobliegenheit nicht zu erkennen.

(b) Selbst wenn trotz der vorstehenden Erwägungen von einer (nur) vorsätzlichen Verletzung der Anzeigeobliegenheit auszugehen wäre, führte dies nicht zur Leistungsfreiheit.

(aa) Dabei kann dahinstehen, ob das in Ziff. X. 6 unter der Überschrift „Folgen einer Obliegenheitsverletzung“ vereinbarte Sanktionsregime auch auf eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach den BB Strafrecht, welche die Anzeigeobliegenheit nach Ziff. X. 1 als speziellere Regelung verdrängen dürfte, Anwendung findet. Dahingehende Zweifel bestehen deshalb, weil Ziff. X. 6 Sanktionen nur für eine Verletzung der „vorstehenden“ Obliegenheiten anordnet und sich damit zumindest ihrem Wortlaut nach nicht auf die in den BB Strafrecht geregelten Obliegenheiten bezieht.

(bb) Denn jedenfalls ist bereits auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts der Kausalitätsgegenbeweis nach Ziff. X. 6 Abs. 2 Satz 1 AVB geführt.

Insoweit muss der Versicherer zunächst im Rahmen der ihn treffenden Substantiierungslast dartun, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit ergriffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte; allgemeine Erwägungen genügen nicht (siehe Prölss/Martin/Armbrüster, 31. Aufl. 2021, VVG § 28 Rn. 258 m.w.N.). Die Verletzung der Anzeigeobliegenheit in (Straf-)Rechtsschutzfällen ist in diesem Sinne ursächlich, wenn der Versicherer im Falle rechtzeitiger und zutreffender Unterrichtung irgendeine Maßnahme getroffen hätte, die zu einer Senkung der von ihm zu ersetzenden Kosten geführt hätte (Prölss/Martin/Piontek, 31. Aufl. 2021, ARB 2010 § 17 Rn. 46). Dergleichen hat die Beklagte hier – zumal in Bezug auf die mit der streitgegenständlichen Rechnung abgerechneten Tätigkeiten – nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

bb) Es liegt auch keine die Leistungspflicht der Beklagten berührende Verletzung von Unterrichtungsobliegenheiten vor. Selbst wenn diese im Strafrechtsschutz bestünden (1), läge eine zum Leistungsausschluss führende Verletzung von Unterrichtungsobliegenheiten nicht vor (2).

(1) Dabei kann offen bleiben, ob im Anwendungsbereich der BB Strafrecht die allgemeinen Unterrichtungsobliegenheiten nach Ziff. IX. 3 AVB Anwendung finden oder diese nach dem Verständnishorizont des durchschnittlichen Versicherungsnehmers durch die Aussage in den BB Strafrecht, dass „grundsätzliche Anzeigepflichten“ nicht bestehen, abbedungen sind, zumal sich die in Ziff. X. 2 ff. AVB geregelten Obliegenheiten auf die „Minderung“ und „Abwehr“ eines Schadens sowie dessen „Ermittlung“ und „Regulierung“ beziehen und damit zwar auf die Inanspruchnahme wegen gesetzlicher Haftpflichtansprüche, nicht aber auf die Abwendung von Maßnahmen der Strafverfolgung zugeschnitten sind.

(2) Denn jedenfalls liegt eine zum Leistungsausschluss nach Ziff. X. 6 AVB berechtigende vorsätzliche oder gar arglistige Verletzung der Unterrichtungsobliegenheiten durch den Kläger nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die vorliegend inhaltlich jedenfalls eng umgrenzten (aa) Unterrichtungsobliegenheiten durch den Kläger verletzt wurden (bb). Zumindest wäre eine etwaige Verletzung der Unterrichtungsobliegenheiten nicht ursächlich für die Eintrittspflicht oder deren Umfang in Bezug auf die streitgegenständliche Rechnung geworden (cc).

(aa) Etwaige Unterrichtungsobliegenheiten des Klägers finden ihre Grenzen im Leistungszweck der vorliegenden A.-Versicherung (α) sowie der Billigkeit bzw. Zumutbarkeit der Erfüllung solcher Obliegenheiten (β). Überdies schuldete der Kläger keine Information über Umstände, über die die Beklagte bereits verfügte (γ).

(α) Weil der Beklagten der Einwand der Wissentlichkeit im hiesigen („vorläufigen“) Deckungsprozess abgeschnitten ist (siehe oben), können etwaige Unterrichtungsobliegenheiten der versicherten Person nicht darauf gerichtet sein, der Beklagten den Nachweis einer wissentlichen Pflichtverletzung zu ermöglichen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Klägerin habe ihr durch Obliegenheitsverletzungen die Erhebung des Einwands der wissentlichen Pflichtverletzung unmöglich gemacht, ist dies deshalb von vornherein unerheblich.

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck einer Strafrechtsschutz-Versicherung, wie sie der Kläger mit der vorliegenden A.-Versicherung genommen hat. Die Beklagte hat die Übernahme der „Kosten des Verfahrens“, also insbesondere der Verteidigerkosten, zugesagt. Der (vorläufige) Strafrechtsschutz dient damit jedenfalls der Finanzierung strafprozessual zulässigen Verteidigungsverhaltens im Ermittlungsverfahren, wie es im Hinblick auf die abgerechneten Tätigkeiten in Rede steht. Wenn und soweit mithin der Beschuldige im Strafverfahren von seinem Schweigerecht Gebrauch macht oder sich mit wahren, aber auch unwahren Einlassungen zu verteidigen versucht, handelt es sich um strafprozessual zulässiges Verteidigungshandeln, auf dessen (vorläufige) Finanzierung und Unterstützung die Beklagte mit dem gewährten Strafrechtsschutz ihr Leistungsversprechen gerichtet hat. Dem liefe es erkennbar zuwider, müsste der sich gegenüber den Ermittlungsbehörden verteidigende Beschuldigte im Verhältnis zu seinem A.-Versicherer nach dessen Belieben öffnen, um diesem die Prüfung (und ggf. Erhebung) des Einwands der Wissentlichkeit zu ermöglichen. Der sich gegen den strafrechtlichen Vorwurf Verteidigende muss deshalb seinen A.-Versicherer nicht in den Stand versetzen, sich zumindest im Versicherungsverhältnis „überführen“ zu lassen, zumal dies auch die Verteidigungsmöglichkeiten im Strafverfahren empfindlich beschränken könnte (siehe sogleich).

Dem A.-Versicherer ist deswegen versicherungsvertraglich nicht die Befugnis eingeräumt, wie hier indes in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts geschehen (Bl. 114 f. eGA-I), die versicherte Person gleichsam selbst zu den Anklagevorwürfen „zu vernehmen“ und aus der (angenommenen) Weigerung des Versicherungsnehmers, zu dem Vorwurf und dem Verteidigungsverhalten im Strafverfahren (wahrheitsgemäße) Angaben zu machen, eine Obliegenheitsverletzung im vorläufigen Deckungsprozess zu konstruieren. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dem Versicherer – wie hier geschehen – mitzuteilen, ob der Tatvorwurf bestritten wird.

Weiter ist zu beachten, dass dem Versicherer im Anwendungsbereich der BB Strafrecht die Befugnis zur Verfahrensführung nach Maßgabe von Ziff. X Nr. 4 AVB nicht eingeräumt ist. Diese Befugnis ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel auf Verfahren „über einen Haftpflichtanspruch“ beschränkt und erstreckt sich nicht auf Strafverfahren. In diesen unterliegt die versicherte Person keinen Weisungen des Versicherers (vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski, 2. Aufl. 2017, VVG § 101 Rn. 57). Mithin erstreckt sich eine etwaige Unterrichtungsobliegenheit von vornherein nicht auf solche Umstände, die dem Versicherer eine Überprüfung dahingehend ermöglichen, ob die gewählte Verteidigungsstrategie aus seiner Sicht sachgerecht ist.

Die Unterrichtungsobliegenheiten konnten durch die Bitte in der Deckungszusage vom 25. August 2016 (Bl. 23 eGA-I), die Beklagte stets informiert zu halten und weitere Schritte vorab mit ihr abzusprechen, weder konkretisiert noch erweitert werden. Vielmehr ging die genannte Bitte schon deshalb ins Leere, weil die Beklagte nicht befugt war, Einfluss auf die Verteidigungsstrategie zu nehmen und dahingehende Informationen deshalb auch nicht benötigte.

(β) Weiterhin findet eine etwaige Unterrichtungsobliegenheit – wie aus Ziff. X Nr. 3 Satz 1 2. HS AVB ausdrücklich hervorgeht – ihre Grenze in der „Billigkeit“ bzw. „Zumutbarkeit“ (vgl. hierzu Gädtke in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, AVB-AVG 2011/2013 Ziff. 7/8 Rn. 103).

Hieraus folgt im Mindesten, dass die Erfüllung einer etwaigen Unterrichtungsobliegenheit für die versicherte Person das Risiko einer Strafverfolgung, dass der ihm versprochene versicherungsrechtliche Strafrechtsschutz gerade mindern soll, nicht erhöhen darf. Es ist deswegen von vornherein ausgeschlossen, dass sich die Unterrichtungsobliegenheit auf Mitteilungen, Aufzeichnungen und Gegenstände (Beweismittel) erstreckt, die nach § 97 Abs. 1 StPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO der vertraulichen Verteidiger-Mandanten-Kommunikation unterfallen. Denn solche Beweismittel wären in den Händen des Versicherers nicht beschlagnahmefrei (vgl. § 97 Abs. 2 StPO). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann eine Obliegenheitsverletzung deshalb schon im Ansatz nicht darin erblickt werden, dass der Kläger bzw. dessen Verteidiger ihr nicht die Verteidigerhandakte überlässt.

Eine Obliegenheitsverletzung ist ferner nicht darin zu erblicken, dass der Kläger der Beklagten keine eigene Einsichtnahme in die Akten des Ermittlungsverfahrens ermöglicht hat. Der verteidigte Beschuldigte hat kein eigenes Einsichtsrecht, dies steht allein seinen Verteidigern zu, § 147 Abs. 1 StPO (vgl. nur BGH, Beschluss vom 01.09.2020 – 2 StR 45/20 –, Rn. 3). Auch seine akteneinsichtsberechtigten Verteidiger dürfen die Strafakten nicht an einen Rechtsschutzversicherer herausgeben (vgl. § 19 BORA). Aus diesen Gründen kommt eine entsprechende Obliegenheit zur Überlassung der Strafverfahrensakte nicht in Betracht. Jedenfalls würde mit ihrer Erfüllung Unbilliges – da gesetzlich nicht Vorgesehenes – verlangt. Auch einer Beiziehung der Strafakten im hiesigen Verfahren bedarf es daher nicht.

(γ) Zuletzt erstrecken sich die Unterrichtungsobliegenheiten nicht auf Informationen, über die die Beklagte bereits verfügt. Der Beklagten liegt nach eigenem Bekunden die 530 Seiten umfassende Anklageschrift, aus der sie im hiesigen Verfahren auch auszugsweise zitiert hat, vor (vgl. Bl. 45 f., 50 ff. eGA-I). Weil eine Anklageschrift neben den zur Last gelegten Taten üblicherweise auch die Angabe der Beweismittel sowie das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen enthält und so einen substantiellen Überblick über Gang und Inhalt des Ermittlungsverfahrens bietet, ist bereits unklar, inwiefern sich die Beklagte (noch) unzureichend unterrichtet fühlt bzw. gefühlt hat.

(bb) An all dem Vorstehenden gemessen ist die Verletzung einer etwaigen Unterrichtungsobliegenheit bereits nicht dargelegt.

Soweit es die wesentlichen, das Ermittlungsverfahren betreffenden Informationen anbelangt, nämlich die Einleitung des Ermittlungsverfahrens, die erstmalige Kenntniserlangung vom Tatvorwurf, die Inhaftierung des Mitbeschuldigten sowie die insoweit eingelegte Haftbeschwerde, die Beendigung des Mandats zur Kanzlei D., die Anklageerhebung, die zunächst erfolgte Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens sowie die anschließende Zulassung der Anklage durch das Oberlandesgericht, hat der Kläger die Beklagte jeweils zeitnah informiert bzw. hat die Beklagte anderweitig Kenntnis erlangt. Mit dem übermittelten Tätigkeitsbericht hat sie zuletzt nachträglich auch substantielle Kenntnisse über die entfalteten Tätigkeiten erlangt (siehe dazu noch sogleich). Welche weitergehenden Informationen die – sogar über die Anklageschrift verfügende – Beklagte noch für die Überprüfung ihrer Leistungspflicht betreffend die streitgegenständliche Honorarforderung nach Grund und Höhe benötigt, ist weder dargelegt noch erkennbar.

(cc) Jedenfalls ist bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts der Kausalitätsgegenbeweis, auf den sich der Kläger mangels Arglist berufen kann (α), geführt (β).

(α) Dem Kläger ist nicht wegen Arglist der Kausalitätsgegenbeweis abgeschnitten. Aufgrund des zumindest unklaren Verhältnisses der (reduzierten) Anzeigeobliegenheiten nach den BB Strafrecht zu den allgemeinen Unterrichtungsobliegenheiten nach den AVB sowie der weiteren Umstände, dass etwaige Unterrichtungsobliegenheiten den vorstehend umrissenen Einschränkungen unterlägen, die Bitte der Beklagten nach weiteren Informationen in der Deckungszusage deshalb zu pauschal war und die Beklagte auch in der Folge – außerhalb des hiesigen Verfahrens – keine konkreten Informationen mehr nachgefragt hatte, ist eine arglistige Verletzung etwaiger Obliegenheitsverletzungen weder dargelegt noch ersichtlich.

Hinzu kommt, dass die nach Ziff. X. Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 AVB mögliche Sanktionierung Grenzen hat. Diese werden durch das Ausmaß der Gefährdung der Interessen des Versicherers gezogen. Gefährdet das arglistige Verhalten des Versicherungsnehmers das Interesse des Versicherers an korrekter Abwicklung des Schadens nur im Hinblick auf bestimmte Schadenspositionen, die keine Einheit bilden, weil sie ohne Weiteres auch selbstständig hätten versichert werden können, so ist nur insoweit Leistungsfreiheit geboten (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, 31. Aufl. 2021, VVG § 28 Rn. 201). Ebenso liegt es hier im Hinblick auf die mit der streitgegenständlichen Rechnung verfolgten Positionen. Inwiefern Verhaltensweisen des Klägers, die nach dem abgerechneten Zeitraum liegen und die die Beklagte als Beleg der Arglist heranzieht, ihre Interessen im Hinblick auf die mit der streitgegenständlichen Rechnung abgerechneten Positionen berühren, ist weder dargelegt noch erkennbar.

(β) Der Kausalitätsgegenbeweis ist bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt geführt. Die insoweit (sekundär) darlegungsbelastete Beklagte hat auch auf Hinweis nicht dargelegt, welche Informationen bzw. deren frühere Erteilung aus welchen Gründen zu einer Reduzierung des Umfangs ihrer Leistungspflicht – soweit die streitgegenständliche Honorarforderung betreffen – hätten führen können. Die Ausführungen der Beklagten bleiben insoweit pauschal oder finden – etwa soweit sie anführt, sie habe die Verteidigungsstrategie nicht gehörig kontrollieren und auf diese Einfluss nehmen können – in den ihr mit dem Versicherungsvertrag eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollbefugnissen keine Grundlage.

d) Die Klageforderung ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Nach den BB Strafrecht übernimmt die Beklagte in Erweiterung von Ziff. VI. 5. AVB die Kosten von nach den Vorschriften des Strafrechts eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Nach Ziff. VI. 5 der AVB übernimmt die Beklagte die Kosten nach Maßgabe des RVG oder mit ihr abgestimmte höhere Kosten, wenn mit ihrer Zustimmung ein Strafverteidiger für die versicherte Person bestellt wird.

aa) Die Beklagte hat der Bestellung des Verteidigers zugestimmt. Soweit der Versicherer – wie hie – nachträglich von der Bestellung eines Verteidigers erfährt und danach gegenüber dem Versicherungsnehmer zum Ausdruck bringt, dass er diese Bestellung billige, genehmigt er diese (Langheid/Wandt/Littbarski, 2. Aufl. 2017, VVG § 101 Rn. 57). Dies ist hier mit E-Mail vom 25. August 2016 (Bl. 23 eGA-I), mit der die Beklagte gegenüber dem klägerischen Verteidiger Deckung zugesagt und um Übermittlung der Abrechnungsgrundlage gebeten hatte, geschehen.

bb) Weiterhin hat die Beklagte mit E-Mail vom 31. August 2016 (Bl. 25 eGA-I) ihr Einverständnis mit der ihr übermittelten Honorarvereinbarung „vorbehaltlich der jeweiligen Einzelüberprüfungen“ erklärt. Damit hat die Beklagte das – im Übrigen auch angemessene (vgl. Schmuckemeyer, r+s 2019, 131/133) – Stundenhonorar von 250 € gebilligt.

cc) Zuletzt ist auch die Rechnung vom 20.05.2021 über 15.330,18 € hinsichtlich des abgerechneten Aufwands nicht zu beanstanden. Aus der der Rechnung beigefügten Stundenaufstellung (Bl. 104 eGA-I) geht deutlich hervor, an welchen Tagen, welche Tätigkeiten in welchem Umfang entfaltet wurden. Erstinstanzlich hat die Beklagte nicht geltend gemacht, dass die Stundenaufstellung nicht nachprüfbar sei, die abgerechneten Stunden tatsächlich nicht angefallen wären oder die aufgewendeten Stunden nicht erforderlich gewesen seien. Nur vorgerichtlich hat die Beklagte mit Schreiben vom 27.05.2021 Einwendungen gegen die Plausibilität eines 1,25-stündigen Telefonats vom 14.06.2016 geltend gemacht, ist hierauf aber im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zurückgekommen (Bl. 26 f. eGA-I).

Es ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass der abgerechnete Gesamtaufwand von 51,45 Stunden unter Zugrundelegung der unangegriffenen Ausführungen im Tätigkeitsbericht übersetzt wäre. Angesichts der Komplexität der Materie (siehe dazu Einträge vom 05. und 06.08.2016), die sich an der Schnittstelle zwischen Straf- und Steuerrecht bewegt und insoweit die anspruchsvolle Problematik der Steuerbarkeit innergemeinschaftlicher Lieferungen und Leistungen unter Einbeziehung von Einkaufsagenten zum Gegenstand hat, dem Umfang der Ermittlungsakten (siehe dazu Eintrag vom 22.08.2016), die bis dahin angelegten, teils fremdsprachigen, Beweismittelordner in einen Umfang von über 800 Seiten, 25 Firmenakten mit einem Umfang von jeweils 200 bis 500, teilweise auch bis zu 1.000 Seiten (Eintrag vom 01.09.2016), die 12-bändige und seinerzeit über 2.336 Seiten umfassende Hauptakte, von der im streitgegenständlichen Zeitraum zumindest zwei Bände mit einem Umfang von 536 Seiten zu sichten waren, und zwar nebst begleitenden steuerlichen (siehe Einträge vom 14.08. und vom 14.10.2016) und kaufmännischen Unterlagen (siehe Einträge vom 15.10. und 22.11.2016), sowie dem Umstand, dass vorliegend die Verteidigung des Klägers mit der des Mitbeschuldigten abzustimmen war (siehe etwa Eintrag vom 16.12.2016), sind Art und Umfang der aufgewendeten Tätigkeiten nachvollziehbar dargestellt und nicht übersetzt.

e) Die zugesprochenen Nebenforderungen sind mit der Berufungsbegründung bereits nicht in zulässiger Weise angegriffen.“

b) An diesen wie vorstehend wiedergegebenen Ausführungen hält der Senat nach erneuter Prüfung und unter Berücksichtigung der mit Schriftsätzen vom 19.06.2023 und vom 11.07.2023 erhobenen Einwendungen der Beklagten fest.

Mit ihrer Stellungnahme greift die Beklagte nicht eigens die Ausführungen im Hinweisbeschluss an, dass ein Versicherungsfall – zumindest aufgrund deklaratorischen Schuldanerkenntnisses – feststeht,

dem Kläger eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach den BB Strafrecht schon deswegen nicht vorgeworfen werden kann, weil er den Schadensfall – anders als die Beklagte unter Verstoß gegen ihre prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) geltend gemacht hat – nach Aktenlage bereits vor dem 24. August 2016 hat anzeigen lassen, die Beklagte mangels eingeräumter Befugnis zur Verfahrensführung nicht in die Lage versetzt werden muss, die Sachgerechtigkeit der Verteidigungsstrategie überprüfen zu können, die Beklagte vom Kläger nicht die Einsichtnahme in die strafrechtliche Ermittlungsakte verlangen kann, weil dieser selbst kein Akteneinsichtsrecht hat und sein Verteidiger nicht zur Weitergabe an die Beklagte befugt ist, die Beklagte auch nicht die Überlassung der Handakte verlangen kann, weil diese vertrauliche Kommunikation beinhaltet, die in den Händen der Beklagten nicht beschlagnahmefrei wäre, eine (unterstellte) Verletzung der Anzeige– und Unterrichtungsobliegenheiten für Anfall oder Höhe des Schadens nicht ursächlich geworden wäre, und die Klageforderung – ihr Bestehen unterstellt – der Höhe nach gerechtfertigt ist.

Vielmehr vertieft die Beklagte mit ihrer Stellungnahme (lediglich) ihren Vortrag zum Vorliegen einer arglistigen, den Kausalitätsgegenbeweis abschneidenden Verletzung der Unterrichtungsobliegenheiten (aa) und erhebt in ihren Stellungnahmen auf den Hinweisbeschluss erstmals den Einwand nur anteiliger Leistungspflicht aus § 109 VVG (bb). Beide Ansätze verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg.

aa) Eine arglistige Verletzung der Unterrichtungsobliegenheit nach den Ziff. IX. 3 AVB – deren Anwendbarkeit neben den BB Strafrecht trotz der im Hinweisbeschluss angeführten Bedenken unterstellt – liegt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Stellungnahme von 19.06.2023 nicht vor (1). Läge sie objektiv vor, fehlte es zumindest an der Arglist des Klägers (2).

(1) Das Bestehen von Unterrichtungsobliegenheiten unterstellt, hat der Kläger solche jedenfalls nicht verletzt.

(a) Soweit der Senat ausgeführt hat, die Beklagte könne sich derzeit nicht auf eine wissentliche Pflichtverletzung berufen, erfolgten diese Ausführungen zunächst im Kontext des Leistungsausschlusses nach Ziff. II. 1. Abs. 1 AVB und nicht im Rahmen eine Verletzung der Unterrichtungsobliegenheiten nach Ziff. IX. 3 AVB. Unabhängig hiervon ist die Behauptung der Beklagten, sie berufe sich „derzeit“ nicht auf den Leistungsausschluss nach Ziff. II. 1 Abs. 1 AVB, auch unzutreffend (siehe vielmehr Berufungsbegründung, S. 11 ff. = Bl. 40 ff. eGA-II; aufrechterhalten mit S. 1 f. des Schriftsatzes vom 19.06.2023 = Bl. 254 f. eGA-II).

Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe es der Beklagten „unmöglich gemacht […], den der Deckungsanfrage zugrundeliegenden Sachverhalt zu prüfen und sachgemäße Entscheidungen über die Abwicklung des Versicherungsfalls zu treffen“, bleibt weiterhin unklar, auf welche ihr angeblich vorenthaltenen Informationen sie sich insoweit beziehen will.

Den ihr zur Verfügung stehenden Informationen konnte sie sowohl das Vorliegen eines Versicherungsfalles entnehmen als auch, dass der Kläger den strafrechtlichen Vorwürfen entgegentritt. Ins einzelne gehende Informationen zur Verfahrensführung benötigte die Beklagte nicht, weil ihr eine Einwirkung auf die Verfahrensführung nicht eingeräumt ist. Wie der Senat im Einzelnen ausgeführt hat, konnte sie aus den ihr überreichten Tätigkeitsberichten, deren Inhalt und Aussagekraft sie nach wie vor nicht bestreitet, den Umfang der entfalteten anwaltlichen Tätigkeit entnehmen und mit der – von ihr gebilligten – Honorarvereinbarung in Abgleich bringen.

Soweit sie zuletzt geltend macht, der Kläger mache es der Beklagten aufgrund Obliegenheitsverletzungen unmöglich, den Einwand der Wissentlichkeit zu erheben, verkennt sie, dass der Kläger Wissentlichkeit bestreitet und die Beklagte nach den zu Grunde liegenden AVB erst mit einem Anerkenntnis (hier nicht relevant) oder einem rechtskräftigen, die Wissentlichkeit feststellenden Urteil zur Rückforderung befugt ist (Ziff. II. 1 Abs. 2 AVB). Der Einwand der Wissentlichkeit ist ihr deshalb bis zur Rechtskraft eines solchen Urteils abgeschnitten. Hierauf bezieht sich die Aussage des Senats, die Unterrichtungsobliegenheiten seien nicht darauf gerichtet, der Beklagten bereits vorzeitig den Einwand der Wissentlichkeit zu ermöglichen.

(b) Die Unterrichtungsobliegenheiten sind vor diesem Hintergrund nach Maßgabe der im Hinweisbeschluss angeführten Erwägungen beschränkt.

(aa) Zutreffend ist zwar, dass im Zivilrechtsstreit der nemo tenetur Grundsatz nicht gilt, so dass die Unterrichtung eines Versicherers nicht allein deshalb sanktionsfrei unterlassen werden kann, weil bei wahrheitsgemäßer Auskunft Straftaten offenbart werden müssten. Im Übrigen hängt die Reichweite der Auskunftsobliegenheiten aber vom jeweiligen Leistungsversprechen des Versicherers ab.

Verspricht der A.-Versicherer – wie hier geschehen – im Falle bestrittener Wissentlichkeit gerade die (vorläufige) Finanzierung strafprozessual zulässigen Verteidigungsverhaltens im Ermittlungsverfahren und behält er sich die Rückforderbarkeit der Versicherungsleistung (erst) mit Rechtskraft eines die Wissentlichkeit feststellenden, rechtskräftigen Urteils vor, so bemisst sich die Reichweite der Unterrichtungsobliegenheiten nach diesem Leistungsversprechen.

Die zur Kfz-Haftpflichtversicherung (BGH, Urteil vom 25.10.1952 – II ZR 24/25 –, BeckRS 2008, 17859; BGH, Urteil vom 16.02.1967 – II ZR 73/65 –, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 12.03.1976 – IV ZR 79/73 –, BeckRS 2008, 19751 Rn. 24; BGH, Urteil vom 01.12.1999 – IV ZR 71/99 –, juris Rn. 14; siehe ferner die weiter von der Beklagten angeführte Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts, Urteil vom 30.04. 2008 – 5 U 614/07 – juris Rn. 24), zur Gebäudeversicherung (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2005 – IV ZR 307/04 –, juris Rn. 13) oder zur Valorenversicherung (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2011 – IV ZR 38/09 –, juris Rn. 39) ergangene Rechtsprechung, nach der der strafprozessuale Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit die Offenbarungsobliegenheiten gegenüber dem Versicherer nicht suspendiert und auch solche Umstände anzugeben sind, die dem Versicherer den Einwand der Leistungsfreiheit ermöglichen, ist auf die vorliegende A.-Versicherung, soweit den Strafrechtsschutz betreffend, nicht übertragbar.

Die vorzitierte Rechtsprechung fußt auf dem Gedanken, dass es dem Schädiger für den Fall, dass er bei wahrheitsgemäßen Angaben gegenüber dem Haftpflichtversicherer „Schwierigkeiten im Strafverfahren“ zu besorgen hätte, seinen Versicherer „eben nicht in Anspruch nehmen“ dürfe (BGH, Urteil vom 25.10.1952 – II ZR 24/25 –, BeckRS 2008, 17859). Dieser Gedanke kann auf eine Versicherung, deren Zweck es gerade ist, die versicherte Person vor „Schwierigkeiten im Strafverfahren“ möglichst zu bewahren, keine Anwendung finden.

Dass die Beklagte mit der vorliegenden A.-Versicherung nur solchen Personen (vorläufigen) Strafrechtsschutz gewähren will, die ihre Wissentlichkeit zu Recht bestreiten – also im Falle des Vorwurfs von Vorsatzdelikten unschuldig und deswegen im gerichtlichen Strafverfahren freizusprechen wären – geht aus den Bedingungen nicht hervor. Vielmehr legt Ziff. II. 1 Abs. 2 AVB für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich das Gegenteil nahe, wenn diese die Rückforderbarkeit der Versicherungsleistung daran knüpft, dass die die Wissentlichkeit bestreitende versicherte Person durch rechtskräftiges Urteil gleichsam widerlegt wird.

Dass versicherte Personen selbst dann Versicherungsschutz genießen können, wenn sie dringend tatverdächtig sind, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass sich die Beklagte nach den BB Strafrechtsschutz auch zur Stellung von Kautionen verpflichtet hat.

Vor diesem Hintergrund kann der Auffassung der Beklagten, es liefe dem Sinn und Zweck einer Strafrechtsschutz A.-Versicherung zuwider, wenn auch dem „Straftäter Deckungsschutz zu gewähren“ wäre (die Beklagte meint damit ja schon den etwaigen Straftäter, nicht etwa nur erwiesene Fälle), jedenfalls für das hiesige Bedingungswerk nicht beigetreten werden. Wird die versicherte Person verurteilt und mit rechtskräftigem Urteil Wissentlichkeit festgestellt, so ist die Beklagte zur Rückforderung berechtigt. Wird die versicherte Person aufgrund zulässigen Verteidigungsverhaltens freigesprochen oder ist zumindest Wissentlichkeit nicht festgestellt, so bleibt es bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen bei der Leistungspflicht der Beklagten. Der Wunsch der Beklagten, dem seine Wissentlichkeit Bestreitenden auch auf andere Weise und frühzeitiger als durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung Wissentlichkeit nachweisen zu können, insbesondere unter Rückgriff auf Unterrichtungsobliegenheiten, hat in den AVB der Beklagten keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr kann hiernach Wissentlichkeit nur durch „rechtskräftiges Urteil“ oder „Anerkenntnis“ festgestellt werden. Bei einem Bedingungswerk wie dem Vorliegenden bleibt es dem A.-Versicherer deswegen auch versagt, bis zur Feststellung der „Wissentlichkeit“ die vorläufige Rechtsschutzgewährung mit der Begründung abzulehnen, es bestünden erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des Vortrags der versicherten Person (Koch, WuB 2022, 34/35). An diesem Leistungsversprechen muss sich die Beklagte festhalten lassen.

Anderes gilt auch nicht deswegen, weil die versicherte Person, soweit sie vom A.-Versicherer Abwehrrechtsschutz gegen eine Inanspruchnahme nach § 43 GmbHG verlangen würde, ggf. umfassend offenbarungspflichtig wäre und der Beklagten insoweit auch ein Prozessführungsrecht zustünde. Auch wenn eine solche Inanspruchnahme vorläge, bliebe es der versicherten Person unbenommen, von einer Inanspruchnahme des (zivilrechtlichen) Abwehrrechtsschutzes abzusehen und sich allein auf die Inanspruchnahme des Strafrechtsschutzes zu beschränken bzw. – wie hier nicht – gegenüber dem Versicherer zur Erlangung zivilrechtlichen Abwehrschutzes weiter als nach dem Strafrechtsschutz erforderlich zu offenbaren (wenn auch unter Inkaufnahme der Gefahr, hierdurch den Strafrechtsschutz wegen dann anzuerkennender „Wissentlichkeit“ zu verlieren).

(bb) Auch wäre es der versicherten Person unzumutbar, sich gegenüber dem Versicherer in dem von der Beklagten gewünschten Umfang zu den Tatvorwürfen „vernehmen“ lassen zu müssen, um im Genuss des strafrechtlichen Versicherungsschutzes zu bleiben.

Dass der Versicherer hinsichtlich der ihm anvertrauten Informationen zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, gewährleistet – wie im Hinweisbeschluss näher ausgeführt – nicht deren Beschlagnahmefreiheit. Die frühere Feststellung, Fälle solcher Beschlagnahmen seien nicht bekannt (Senatsurteil vom 11.04.1975 – 20 U 253/74 –, VersR 1976, 579), ist überholt. Mittlerweile entspricht es durchaus der Praxis, dass insbesondere Strafverfolgungs- und Steuerfahndungsbehörden Auskünfte von Versicherungsunternehmen verlangen und die Herausgabe von beweisbedeutsamen Akten fordern oder Mitarbeiter des Versicherers als Zeugen vernehmen lassen (siehe etwa KG, NStZ 1995, 146 ff.; ferner aus Sicht eines großen Versicherers: Kusnik, VersR 2014, 550; vgl. auch Guntermann, r+s 2022, 442/443). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil aufgrund der dem Kläger vorgeworfenen Schadenshöhe ein gewichtiges staatliches Aufklärungsinteresse besteht, dass die Ausschöpfung der strafprozessualen Ermittlungsbefugnisse deutlich wahrscheinlicher macht, als es in Fällen von Alltagskriminalität wie insbesondere der Verkehrsunfallflucht der Fall wäre.

Dass der Beklagten im Bereich der A.-Versicherung Fälle solcher Beschlagnahmen nicht bekannt sein mögen, ist aus Sicht des Senats darauf zurückzuführen, dass sich versicherte Personen, die einen der hiesigen A.-Versicherung vergleichbaren Strafrechtsschutz genießen, ihrem Versicherer nicht in dem hier von der Beklagten für angezeigt gehaltenen Umfang offenbaren und es deshalb von vornherein an entsprechendem beschlagnahmefähigen Beweismaterial fehlt. Dem entspricht, dass dem Senat kein Fall bekannt, in dem ein A.-Versicherer, der selbstständigen Strafrechtsschutz versprochen hat, den Versuch unternommen hätte, den Versicherten zu den Anklagevorwürfen zu „vernehmen“, von diesem die Ermittlungsakte oder gar die Handakte seines Verteidigers zu erlangen und letztere auf diese Weise effektiv der Beschlagnahmefreiheit zu entziehen.

Die Beklagte kann sich für ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht mit Erfolg auf frühere Rechtsprechung des Senats berufen. Zwar trifft es zu, dass der Senat – allerdings wiederum bezogen auf die Kfz-Haftpflichtversicherung – ausgeführt hat, dass es „einhellig anerkannt ist, da[ss] der VN zwar im Strafverfahren leugnen darf, dem Versicherer aber die Wahrheit sagen mu[ss]“ (Senatsurteil vom 11.04.1975 – 20 U 253/74 –, VersR 1976, 579). Doch abgesehen davon, dass der dortige Fall eine Konstellation zum Gegenstand hatte, in der der Versicherungsnehmer gegenüber seinem Versicherer – anders als hier ersichtlich – unwahre Angaben gemacht hatte, hat der Senat es seinerzeit ausdrücklich offen gelassen, „ob dieser Standpunkt aufrechterhalten bleiben kann, wenn die Ermittlungsbehörden dazu übergehen sollten, die Akten der Versicherer einzusehen oder zu beschlagnahmen oder die Sachbearbeiter als Zeugen vorladen zu lassen, um durch die Angaben der Versicherten gegenüber den Versicherungen, die hiervon abweichenden Einlassungen im Ermittlungs- und Strafverfahren zu widerlegen.“

Im Hinblick auf die Kfz-Versicherung hat der Bundesgerichtshof eine Unzumutbarkeit der Erfüllung der Anzeigeobliegenheit im Falle der Verkehrsunfallflucht im Übrigen auch deswegen abgelehnt, weil § 142 StGB den Unfallbeteiligten entsprechende Angaben zumutet (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 –, juris Rn. 14). Eine vergleichbare, die Selbstbelastungsfreiheit tangierende (Straf-)Norm besteht für die hier in Rede stehenden Vermögens- und Steuerdelikte nicht.

(cc) Es ist auch nicht unangemessen, dass die Beklagte nach ihren Bedingungen zur (vorläufigen) Leistung verpflichtet und im Nachhinein – bei festgestellter Wissentlichkeit – auf die Rückforderung zu verweisen ist. Dies entspricht gerade dem Risiko, welches sie mit Ziff. II. 1 Abs. 2 AVB vertraglich übernommen hat (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2021– 7 U 19/21 –, juris Rn. 73 ff.; Obarowski in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, § 3 URSB Rn. 24).

Die Unterrichtungsobliegenheit nach Ziff. IX. 3 AVB – dessen Einschlägigkeit weiter unterstellt – wird hierdurch auch nicht entwertet. Schon die Annahme der Beklagten, zivilrechtliche Haftpflichtansprüche gegen versicherte Personen beruhten regelmäßig auch auf strafrechtlich relevanten Tatsachen, ist unzutreffend. Es gibt eine Vielzahl von Fallkonstellationen, in der eine Außenhaftung des Geschäftsführers aufgrund (grob) fahrlässigen Verhaltens in Betracht kommt, ohne dass hierdurch zugleich ein Straftatbestand verwirklicht wäre (siehe überblicksartig zu entsprechenden Konstellationen: BeckOK GmbHG/Pöschke, 56. Ed. 1.6.2023, GmbHG § 43 Rn. 412 ff.).

Anderes folgt auch nicht aus dem von der Beklagten angeführten, speziell auf den Strafrechtsschutz in der A.-Versicherung bezogenen Beitrag von Guntermann. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, dass „sich der Auskunftsanspruch des VR nach Erteilung einer Deckungszusage auf die Auskünfte und Unterlagen [reduziert], die zur Prüfung des Umfangs der Leistungspflicht des VR erforderlich sind. Ist, wie dies in wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren häufig geschieht, ein Zeithonorar vereinbart, sind dies die Auskünfte und Unterlagen, die zur Prüfung des durch den Rechtsanwalt geltend gemachten Zeitaufwands erforderlich sind. Diese Prüfung kann dem VR häufig ermöglicht werden, ohne dass sensible Details der Verteidigungsstrategie offengelegt werden müssen“ (Guntermann, r+s 2022, 442/446). Eben diese Anforderungen legt auch der Senat zugrunde, denen der Kläger – nicht aber die Beklagte mit ihren Auskunftsverlangen – genügt hat.

(c) Der Kläger hat die Beklagte auch – soweit sie über die Informationen nicht bereits anderweitig verfügte – in Erfüllung seiner (nach den vorstehenden Maßgaben reduzierten) Aufklärungsobliegenheiten hinreichend informiert.

Die Beklagte hatte so, wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, Kenntnis über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens und die hierfür maßgeblichen Gründe, den Zeitpunkt der erstmaligen Kenntniserlangung vom Tatvorwurf durch den Kläger, die Inhaftierung des Mitbeschuldigten sowie die insoweit eingelegte Haftbeschwerde, die Beendigung des Mandats zur Kanzlei D., die Anklageerhebung sowie den Inhalt der Anklageschrift, die zunächst erfolgte Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens sowie die anschließende Zulassung der Anklage durch das Oberlandesgericht sowie – mit dem übermittelten Tätigkeitsbericht – auch über die entfalteten anwaltlichen Tätigkeiten, die der Klageforderung zugrunde liegen.

Es bleibt nach wie vor offen, welche weiteren Informationen die Beklagte für die Prüfung und Abwicklung der (vorläufigen) Deckung im Umfang der Klageforderung vermisst. Soweit die Beklagte geltend macht, sie könne mangels wahrheitsgemäßer Angaben zu den Tatvorwürfen nicht beurteilen, ob der Kläger die ihm vorgeworfenen Taten begangen habe und dies wissentlich erfolgt sei, ist dies aus den oben genannten Gründen unerheblich.

(2) Es fehlt im Übrigen auch an einer Arglist des Klägers. Zur Erteilung der Auskünfte und Überlassung der Unterlagen, die die Beklagte im hiesigen Gerichtsverfahren erfolglos verlangt hat, war der Kläger versicherungsvertraglich nicht gehalten, weil weder für den Senat erkennbar ist, noch für den Kläger erkennbar sein musste, zu welchen – nach dem Vertrag relevanten – Zwecken die Beklagte weitergehende Auskunft benötigen könnte. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss verwiesen.

bb) Soweit sich die Beklagte auf eine anteilige Leistungspflicht beruft, weil die Versicherungssumme angesichts der Inanspruchnahme des Mitgeschäftsführers erschöpft zu werden drohe, bleibt dies ohne Erfolg. § 109 VVG ist vorliegend nicht anwendbar (1) und kommt in seinem Regelungsgehalt bei dem vorliegenden Bedingungswerk auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung zum Tragen (2). Die Versicherungssumme ist deshalb ausreichend (3).

(1) § 109 VVG („Mehrere Geschädigte“) ist in einer Konstellation wie der hiesigen weder direkt noch analog anwendbar.

(a) § 109 VVG ist nicht direkt anwendbar. § 109 Satz 1 VVG setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer gegenüber mehreren Dritten verantwortlich ist und deren Ansprüche die Versicherungssumme übersteigen (was voraussetzt, dass es sich um versicherte Ansprüche handelt). Vorliegend fehlt es sowohl an einer Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für Haftpflichtansprüche mehrerer „Dritter“ (aa) als auch – sollte gegen den Wortlaut des Gesetzes hieran angeknüpft werden können – an einer entsprechenden Haftung der versicherten Geschäftsführer (bb).

(aa) Eine Haftung der Versicherungsnehmerin gegenüber mehreren Dritten ist von der Beklagten nicht dargetan.

Mit Schriftsatz vom 11.07.2023 hat die Beklagte betreffend eine Haftung der Versicherungsnehmerin auf einen Umsatzsteuerbescheid vom 23.06.2016 über 4.929.187,93 € verwiesen. Damit ist aber nicht die von § 109 Satz 1 VVG geforderte Mehrheit von Haftpflichtgläubigern, sondern allenfalls ein einziger Haftpflichtgläubiger – der Fiskus – dargetan. Im Übrigen kommt § 109 Satz 1 VVG insoweit auch deshalb nicht zum Tragen, weil die Beklagte aus dem A.-Vertrag nicht der Versicherungsnehmerin selbst, und schon gar nicht im Hinblick auf deren Steuerverbindlichkeiten, verpflichtet ist (hierfür hätte die Versicherungsnehmerin etwa eine sog. „entity coverage“/Side-C-Deckung nehmen müssen; siehe Lange, VersR 2014, 1413/1414). Insoweit ist die Versicherungssumme deshalb schon gar keinem Zugriff ausgesetzt.

Auch soweit die Beklagte in dem genannten Schriftsatz neben dem Fiskus auf weitere – nicht näher spezifizierte – Insolvenzgläubiger der Versicherungsnehmerin abhebt, ist weder dargetan noch erkennbar, dass deren Ansprüche irgendetwas mit dem hier in Rede stehenden Versicherungsfall zu tun hätten, geschweige denn überhaupt versichert wären.

Die weiteren Ansprüche, zu denen die Beklagte mit den Schriftsätzen vom 19.06.2023 und 11.07.2023 ausgeführt hat (Ansprüche der Versicherungsnehmerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG, Haftungsbescheid des Finanzamts für die Steuerverbindlichkeiten der Versicherungsnehmerin gegen den Mitgeschäftsführer, Verteidiger- und Gerichtskosten), träfen im Falle ihres Bestehens nicht die Versicherungsnehmerin sondern versicherte Personen. Diese Konstellation wird indes vom Wortlaut des § 109 Satz 1 VVG nicht erfasst.

(bb) Auch wenn gegen den Wortlaut des § 109 Satz 1 VVG an Ansprüche gegen die Versicherten angeknüpft werden könnte, fehlt es an einer Mehrheit von Gläubigern.

Zunächst kann in der A.-Versicherung im Hinblick auf Ansprüche nach § 43 Abs. 2 GmbHG die Versicherungsnehmerin selbst nicht als (außenstehende) „Dritte“ im Sinne des § 109 VVG angesehen werden (siehe dazu Grooterhorst/Looman, r+s 2014, 157/159 ff.; anders der Versicherungsnehmer in der KFZ-Versicherung im Hinblick auf den Direktanspruch aus § 115 Abs. 1 VVG: BGH, Urteil vom 10. Juni 1986 – VI ZR 113/85 –, juris Rn. 8).

§ 109 Satz 1 VVG ist eine Schutzbestimmung zugunsten der einzelnen Geschädigten, denen das Risiko der Erschöpfung der Versicherungssumme gleichmäßig aufgebürdet werden soll. Die Vorschrift bringt eine Abkehr von dem in der Einzelzwangsvollstreckung herrschenden Prioritätsprinzip und ordnet eine gleichmäßige Befriedigung der Haftungsgläubiger an (BGH, Urteil vom 26. Juni 1985 – IVa ZR 264/83 –, juris Rn. 20 zu § 156 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F.). Sinn und Zweck des § 109 VVG ist es deshalb vornehmlich, zwischen außenstehenden Geschädigten, die regelmäßig keinerlei Einfluss auf die Höhe der vom Haftpflichtigen vereinbarten Deckungssumme haben, einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Bei der A.-Versicherung liegt es gerade anders, weil hier die Höhe der Deckungssumme zwischen Gesellschaft, Organwalter und Versicherer vereinbart werden kann (vgl. Armbrüster, VersR 2014, 1/3; Peppersack, r+s 2018, 117/120 f.; siehe auch Langheid/Rixecker/Langheid, 7. Aufl. 2022, VVG § 109 Rn. 1). Der „geschädigte“ Versicherungsnehmer hat es deshalb selbst in der Hand, für hinreichenden Deckungsschutz zu sorgen.

Soweit die Beklagte alternativ auf den Insolvenzverwalter abhebt, macht dieser die Ansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG für die insolvente Versicherungsnehmerin geltend (§ 80 Abs. 1 InsO), ist aber – offenkundig – nicht selbst Geschädigter.

Soweit die Beklagte auf Verteidiger- und Gerichtskosten abhebt, mögen diese zwar nach dem hiesigen Bedingungswerk die Versicherungssumme belasten, es handelt sich insoweit aber nicht um Ansprüche von Geschädigten, sondern um Abwehrkosten, die nicht geeignet sind, den Tatbestand des § 109 VVG zu eröffnen.

Als außenstehende (geschädigte) Dritte kommt hier im Verhältnis zu den Versicherten allenfalls der Fiskus in Betracht, der den früheren Mitgeschäftsführer per Haftungsbescheid für die Steuerschulden der Versicherungsnehmerin in Anspruch genommen hat. Dies allein begründet aber nicht die von § 109 Satz 1 VVG vorausgesetzte Mehrheit von Geschädigten (s.o.).

(b) Auch eine analoge Anwendung des § 109 VVG kommt vorliegend im Hinblick auf das hier vereinbarte Bedingungswerk nicht in Betracht.

Die Verteilungsregel des § 109 Satz 1 VVG dient dem Schutz außenstehender (geschädigter) Dritter; vorliegend geht es indes nicht um mehrere Geschädigte, sondern umgekehrt um mehrere (potentielle) Schädiger (versicherte Personen) und die Reichweite des diese begünstigenden vertraglichen Leistungsversprechens (siehe Armbrüster, VersR 2014, 1/3). Auf den Umstand, dass geschädigte Dritte im Sinne des § 109 VVG regelmäßig auf die Höhe der Deckungssumme keinen Einfluss nehmen können, es vorliegend aber gerade anders liegt, wurde oben bereits hingewiesen.

Im Übrigen besteht jedenfalls im vorliegenden Fall für eine analoge Anwendung des § 109 VVG auch deshalb kein Raum, weil die Auslegung des Versicherungsvertrags ergibt, dass die Beklagte, indem sie „vorläufige Deckung“ bei bestrittener Wissentlichkeit versprochen hat, sich im Rahmen der „vorläufigen Deckung“ nicht auf die Einleitung und den Abschluss des (u.U. langwierigen) Verteilungsverfahrens nach § 109 VVG berufe kann (siehe näher sogleich).

(2) Fehlt es – wie hier – an einer ausdrücklichen Regelung im Versicherungsvertrag, wie die Versicherungssumme aufzuteilen ist, so bedarf es der (ergänzenden) Auslegung des Versicherungsvertrags.

(a) Eine denkbare Aufteilung der Versicherungssumme nach dem Prioritätsprinzip, demzufolge der in einer Versicherungsperiode zeitlich früher eingetretene Schadensfall – um die Gefahr des Verbrauchs der Versicherungssumme für nachfolgende Schadensfälle derselben Periode – zunächst zu regulieren ist, muss versagen, wenn es – wie hier – um einen einheitlichen Versicherungsfall geht, aus dem mehrere versicherte Personen Leistung beanspruchen (Armbrüster, VersR 2014, 1/6; Peppersack, r+s 2018, 117/121). Dass vorliegend das Prioritätsprinzip keine Anwendung finden kann, stellt auch die Beklagte letztlich nicht in Abrede.

(b) Eine quotale Aufteilung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 109 VVG ist aus den oben genannten Gründen gleichfalls nicht sachgerecht. Im Übrigen ist auch nicht einzusehen, weshalb derjenige, der (möglicherweise) den größeren Schaden zu verantworten hat, gegenüber dem (möglicherweise) in geringerem Umfang haftenden Versicherten privilegiert werden sollte.

Hiergegen bringt die Beklagte nichts Erhebliches vor, wenn sie auf die gesamtschuldnerische Haftung der versicherten Personen und die bloß quotale Aufteilung der Versicherungssumme verweist. Dass die versicherten Personen im Außenverhältnis zunächst als Gesamtschuldner haften, hat mit der Frage, in welchem Umfang sie die Beklagte in Anspruch nehmen können, nichts zu tun (im Übrigen lässt sich eine gesamtschuldnerische Haftung, bei der jeder Schuldner unabhängig vom Umfang seines Mitwirkungsbeitrags für den vollen Betrag in Anspruch genommen werden kann, gerade gegen die Anwendung des § 109 VVG anführen; vgl. Lange, VersR 2014, 1413/1423).

(c) Sach- und interessengerecht ist es vielmehr zumindest vorliegend, die Versicherungssumme entsprechend § 430 BGB nach Kopfteilen aufzuteilen (ebenso Armbrüster, VersR 2014, 1/6; siehe auch Peppersack, r+s 2018, 117/123).

Dies gilt jedenfalls deswegen, weil die Beklagte auch im Strafrechtsschutz „vorläufige“ Deckung bei bestrittener und noch nicht geklärter Wissentlichkeit versprochen hat. Dann besteht aber ein greifbares Bedürfnis des Klägers, angesichts eines bereits betriebenen Strafverfahrens schnell in den Genuss der Versicherungsleistung zu kommen, ohne dass zuvor das Bestehen und der Umfang konkurrierender Versicherungsansprüche geklärt werden müsste oder gar der Ausgang eines Verteilungsverfahrens abzuwarten wäre. Der Strafrechtsschutz ist vorliegend (weitere) Hauptleistungspflicht der Beklagten. Für den Kläger ist sie – für die Beklagte erkennbar – von existentieller Bedeutung. Im Spannungsfeld zwischen strafrechtlich relevant handelnden und zu Unrecht mit deliktischen Vorwürfen konfrontierten Organen juristischer Personen hat die Beklagte dem Bedürfnis des – bis zum Nachweis des Gegenteils – als redlich und als zu Unrecht beschuldigt geltenden Geschäftsführers nach bestmöglicher Absicherung vor existenzvernichtenden juristischen Auseinandersetzungen durch die Zusage von Verteidigungskosten im Rahmen der „vorläufigen Deckung“ bei bestrittener Wissentlichkeit den Vorrang eingeräumt. Der Kläger muss sich deshalb „im Zweifel“ bei Streit über die erhobenen Vorwürfe zunächst auf die Rechtsschutzfunktion verlassen können dürfen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 7. Juli 2021 – 7 U 19/21 –, juris Rn. 63, 74). Diese Leistungsversprechen unterliefe die Beklagte, könnte sie den Kläger im Rahmen der vorläufigen Deckung darauf verweisen, dass zunächst ein Verteilungsverfahren nach § 109 VVG abzuwarten sei.

Nach welchen Regeln sich ein etwaiger Rest der Versicherungssumme nach Gewährung der „vorläufigen Deckung“ verteilt, ist hier nicht zu entscheiden.

(3) Für den Kläger steht damit – die Behauptungen der Beklagten über den Umfang der dem Mitgeschäftsführer drohenden Haftung zu Grunde gelegt – jedenfalls die Hälfte der Versicherungssumme von 3.000.000 € zur Verfügung, welche zur Abdeckung der Klageforderung ausreicht.

2.

Die Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO hat zur Folge, dass die von der Beklagten erhobene negative Feststellungswiderklage analog § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verliert (BGH, Urteil vom 03.11.2016 – III ZR 84/15, juris Rn. 14).

3.

Die Sache weist keine Grundsatz- oder Rechtsfortbildungsbedeutung auf. Auf die ggf. grundsatzbedeutsame Frage, wie grundsätzlich in der A.-Versicherung eine defizitäre Versicherungssumme verteilt werden kann, kommt es im Hinblick auf die hier allein streitige „vorläufige Deckung“ im Strafrechtsschutz nicht an. Die vorliegend vorgenommene Auslegung des Versicherungsvertrags beruht auf Besonderheiten des hiesigen Bedingungswerks. Auch ist eine Divergenz nicht ersichtlich. Soweit sich die obergerichtliche Rechtsprechung mit vergleichbaren Klauseln befasst hat, ist dort eine vergleichbare Auslegung wie die hier vertretene vorgenommen worden (OLG Frankfurt, Urteil vom 7. Juli 2021 – 7 U 19/21 –, juris Rn. 57 ff.).

III.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der angefochtenen Entscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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