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Betriebsschließungsversicherung – coronabedingter Nachfrageeinbruch

OLG Celle – Az.: 8 U 61/21 – Urteil vom 08.07.2021

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Februar 2021 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.360,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung.

Die Parteien verbindet mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2017 eine Betriebsschließungsversicherung. Danach sind Betriebsschließungen in Höhe von kalendertäglich 412,00 Euro bei einer Haftzeit von maximal 30 Tagen versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung (AVB) zugrunde.

Gemäß § 1 Nr. 1 AVB leistet der Versicherer Entschädigung,

„… wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; (…)“

In § 1 Nr. 2 AVB heißt es sodann unter anderem weiter:

„Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

a) Krankheiten

b) Krankheitserreger

…“

Betriebsschließungsversicherung - coronabedingter Nachfrageeinbruch
(Symbolfoto: Von husjur02/Shutterstock.com)

Hinsichtlich des Inhalts der AVB und des Versicherungsscheins vom 19. September 2017 wird im Übrigen auf das Anlagenkonvolut K 1 (Bl. 3 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger betreibt einen Partyservice als Einzelhandelskaufmann unter der Firma H.-Party-Service am Versicherungsort „T.-M.-Straße 12, …“. Am Versicherungsort erfolgt die Produktion der Speisen. Von hier aus beliefert er zum einen mehrere Kinderbetreuungseinrichtungen täglich mit Mittagessen.

Zum anderen betreibt er im „Am Garten“ in Sch. eine Gastronomie, welche in der Saison vom 1. April bis 31. Oktober eines Jahres für nicht angemeldete Gäste geöffnet ist. Dieser Gastronomiestandort befindet sich nicht am Versicherungsort, sondern unter der Adresse O.-straße in XXXXX Sch..

Mit Allgemeinverfügung vom 17. März 2020 ordnete der Landkreis H. gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NdsVwVfG) i. V. m. § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unter anderem die Schließung von Bars, Clubs, Kulturzentren, Diskotheken, Kneipen und ähnlichen Einrichtungen sowie aller Verkaufsstellen des Einzelhandels an.

Nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung vom 17. März 2020 wurden für den Publikumsverkehr unter anderem folgende Betriebe geschlossen:

„Bars, Clubs, Kulturzentren, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen“.

Ferner heißt es am Ende von Ziffer 1 der Allgemeinverfügung:

„ausdrücklich ausgenommen von der Schließung sind: Der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, (…).“.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 (GVBl. 2020, S. 48) wurde der Betrieb untersagt von

„Restaurationsbetriebe(n), insbesondere Restaurants, Gaststätten, Imbisse, allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen, Mensen und Kantinen“.

Nach Satz 2 dieser Regelung ist hiervon ausgenommen

„das Angebot eines Außer-Haus-Verkaufs, soweit die Anforderungen des Absatzes 2 erfüllt werden.“.

Seit dem 17. März 2020 entfiel aufgrund der Schließung von Schulen und Kindertagesstätten die Belieferung von Kinderbetreuungseinrichtungen mit täglichen Mittagessen.

Mit Wirkung vom 21. März 2020 schloss der Kläger seinen Betrieb bis zum 11. Mai 2020.

Der Kläger hat gemeint, in der Belieferung von Kindertagesstätten sei eine Kantine im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zu sehen. Aufgrund der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 sei es zumindest faktisch zu einer Schließung seines Betriebs gekommen. Auch eine Betriebsschließung aufgrund des Coronavirus SARSCoV-2 sei vom Versicherungsschutz erfasst. Die Versicherungsbedingungen seien so zu verstehen, dass sich der Versicherungsschutz auf alle meldepflichtigen Krankheiten bzw. Krankheitserreger im Sinne von §§ 6, 7 IfSG erstrecke. Hierunter falle aber auch das Coronavirus gemäß Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums über die Ausdehnung der Meldepflicht vom 30. Januar 2020. Für diese Auslegung spreche unter anderem auch, dass die Beklagte in den Versicherungsbedingungen keinen Ausschluss für nachträglich in das Infektionsschutzgesetz aufgenommene Krankheiten vorgesehen habe. Im Übrigen sei die Regelung des § 1 der AVB intransparent gestaltet und deswegen gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.360,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits deshalb unbegründet, weil es keine Schließungsanordnung über die Fortführung des klägerischen Betriebs in der T.-M.-Straße gegeben habe und der Betrieb des Klägers somit gerade nicht infolge einer Seuchengefahr geschlossen worden sei. Für den vom Kläger betriebenen „Am Garten“ ergebe sich dies daraus, dass dieser Betrieb nicht vom Versicherungsvertrag erfasst sei. Die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten habe nichts mit einer Schließung des Betriebs des Klägers zu tun. Unabhängig hiervon scheitere ein Anspruch des Klägers aber auch daran, dass eine Betriebsschließung wegen des Coronavirus SARSCoV-2 nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Die in den Versicherungsbedingungen befindliche Auflistung der einen Versicherungsschutz begründenden Krankheiten und Krankheitserreger sei abschließend.

Mit Urteil vom 16. Februar 2021 (Bl.92 ff. d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Betriebsschließung wegen des Coronavirus SARSCoV-2 stelle keinen Versicherungsfall dar. Aufgrund der Verwendung des Wortes „folgende“ in § 1 Ziffer 2 der AVB müsse ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung davon ausgehen, dass allein die in den Bedingungen im Einzelnen namentlich aufgezählten Krankheiten und Erreger vom Versicherungsschutz erfasst seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Der Kläger ist der Ansicht, bei der Regelung in § 1 Nr. 2 der AVB handele es sich nicht um eine abschließende Aufzählung. Der verständige Versicherungsnehmer müsse davon ausgehen, dass sein Versicherungsschutz sich nach dem IfSG richte.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 16. Februar 2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.360,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler im Sinne von §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit § 1 AVB zu.

Der Versicherungsfall ist nicht eingetreten. Gemäß § 1 Nr. 1 Buchst. a) AVB leistet der Versicherer Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt.

1. Im vorliegenden Fall scheitert ein Anspruch bereits daran, dass die zuständige Behörde den Betrieb des Klägers nicht schloss. Der Betrieb des Klägers war weder von der Allgemeinverfügung des Landkreises H. vom 17. März 2020 noch von der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 betroffen.

a. Nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung vom 17. März 2020 wurden für den Publikumsverkehr lediglich Bars, Clubs, Kulturzentren, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen geschlossen. Ausdrücklich ausgenommen von der Schließung waren unter anderem der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 wurde von der landesweiten Schließung das Angebot eines Außer-Haus-Verkaufs ausgenommen. Der Cateringbetrieb des Klägers fällt demnach nicht unter die Betriebsschließung.

aa. Soweit man auf den Betrieb am Versicherungsort in der T.-M.-Straße abstellt, liegt dort eine Einrichtung im oben genannten Sinn unstreitig nicht vor.

Der Kläger hat insoweit in der Klageschrift vorgetragen, dass es sich bei dem Betrieb am Versicherungsort um einen Partyservice handele und am Versicherungsort (lediglich) die Produktion der Speisen erfolge.

Nach dem Wortlaut der Regelungen ist der Partyservice, dessen Service in der – ausschließlichen – Zubereitung und Lieferung außer Haus besteht, kein Betrieb, in dem Gäste vor Ort bewirtschaftet werden. Auch nach der Begründung der Allgemeinverfügung des Landkreises H. fällt ein Partyservice nicht hierunter. In der Begründung der Allgemeinverfügung wird hierzu ausgeführt:

„Alle Geschäfte und Einrichtungen, die nicht unmittelbar dem täglichen oder gesundheitlichen Versorgungsbedarf dienen, erhöhen durch Kundinnen und Kunden sowie Besucherinnen und Besucher unnötig die Anzahl der Nahkontakte und tragen damit zu einer erheblichen Steigerung des Infektionsrisikos bei. Es ist daher notwendig, den Betrieb dieser Geschäfte und Einrichtungen gänzlich zu untersagen, weil auch bei einer Beschränkung eine Übertragung des Erregers nicht verlässlich unterbunden werden kann.“

Einrichtungen im Sinne von Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landkreises H. setzen demnach den Kontakt von und mit Besucherinnen und Besuchern oder Kundinnen und Kunden voraus, der durch die Schließung verhindert werden soll. Ein solcher Kundenkontakt findet aber bei einem Partyservice an der Betriebsstätte, in der ausschließlich die Zubereitung der Speisen erfolgt, nicht statt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landkreises H. und § 5 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie „Abhol- und Lieferdienste“ bzw. „Außer-Haus-Verkauf“ ausdrücklich von der Schließung ausgenommen wurden. Bei dem Betrieb des Klägers am Versicherungsort handelt es sich – unstreitig – um einen Lieferservice. Der Betrieb beliefert Kindertagesstätten, eine Gastronomie sowie in geringem Umfang Privatkunden zu Hause. Eine Bewirtschaftung vor Ort – am Versicherungsort – findet nicht statt.

bb. Soweit man auf die Belieferung mit Mittagessen von Kindertagesstätten abstellt, liegt auch insoweit kein von der Schließung betroffener Betrieb vor. Insoweit handelt es sich unstreitig um die bloße Lieferung von Mittagessen. Dieses Angebot ist ausdrücklich nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landkreises H. als auch nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie von der Betriebsschließung ausgenommen.

Dass der Kläger selbständig vor Ort eine eigenständige Verpflegungsstätte innerhalb der jeweiligen Kindertagesstätten betrieben hat, hat der Kläger nicht vorgetragen. Lediglich in der Belieferung von Kindertagesstätten kann, angesichts der ausdrücklichen Ausnahmetatbestände, nicht der Betrieb einer Kantine bzw. mehrerer Kantinen gesehen werden.

cc. Soweit man auf den „Am Garten“ abstellt, kann darin eine ähnliche Einrichtung im Sinne von Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landkreises H. als auch eine Gaststätte im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie gesehen werden. Unstreitig befindet sich diese Gaststätte jedoch nicht am Versicherungsort und stellt daher nicht den versicherten Betrieb dar. Nach § 4 Nr. 1 Buchst. a) AVB besteht Versicherungsschutz nur innerhalb des Versicherungsortes. Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b) AVB ist Versicherungsort die im Versicherungsvertrag bezeichnete Betriebsstätte des versicherten Betriebes. Ausweislich des Versicherungsscheins (Anlage K 1, Bl. 3 d. A.) befindet sich der Versicherungsort in der T.-M.-Straße und nicht am Ort des „Am Garten“. Dass die Zubereitung der im „Am Garten“ angebotenen Speisen am Versicherungsort erfolgt, ändert daran nichts, weil die Bewirtschaftung als zentrales Wesenselement der Gaststätte im „Am Garten“ erfolgt, mithin nicht in dem versicherten Betrieb.

b. Damit hat der Kläger vorgetragen, dass er wenigstens Teile seines Betriebs grundsätzlich weiter hätte fortführen können und aufgrund der Allgemeinverfügung des Landkreises H. und der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie lediglich die Nachfrage nach den von ihm angebotenen Leistungen teilweise eingebrochen ist. Hierauf beruhende Umsatzverluste werden von der Betriebsschließungsversicherung aber grundsätzlich nicht erfasst. Diese greift vielmehr nur ein, wenn der konkrete Betrieb durch die zuständige Behörde geschlossen wird. Allein die mit einer Allgemeinverfügung verbundene Erschwernis der Geschäftsfortführung aufgrund eines nur noch eingeschränkten Kundenkreises, mithin ein reiner Umsatzrückgang bei im Übrigen durchaus noch möglicher Betriebsfortführung ist hingegen in der Regel kein Fall der Betriebsschließung.

c. Zwar wird in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass der Versicherungsfall auch bei einer faktischen oder Teil-Betriebsschließung eintritt, wenn diese analog den Bindungswirkungen einer Taxe gemäß § 76 Satz 2 VVG den vom Versicherungsnehmer üblicherweise erzielten Ertrag um 10 % oder mehr reduziert (vgl. Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) (AVB BS 2002), Rn. 3). Die Annahme eines Versicherungsfalls bereits bei einer Umsatzeinbuße von wenigstens 10 % kann allerdings mit dem Wortlaut in § 1 AVB nicht in Einklang gebracht werden. Danach schuldet der Versicherer Leistungen nur dann, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte schließt. Danach wird die behördlich angeordnete Einstellung des Betriebs versichert und nicht eine gegebenenfalls nur auf äußeren Umständen beruhende Umsatzeinbuße.

Aber auch eine Teilschließung des Betriebs wird von der Klausel nicht erfasst, denn in § 1 AVB wird der Versicherungsfall nicht davon abhängig gemacht, dass der Betrieb oder „Teile“ davon kraft behördlicher Anordnung schließen müssen. Dies wird vielmehr von einer Schließung des Betriebs als Gesamtheit abhängig gemacht, zumal anderenfalls nur eine Betriebseinschränkung vorläge (vgl. Schmidt in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 25. Edition, Stichwort Corona-Krise und Versicherungsrecht). Für dieses Ergebnis spricht weiter, dass das Leistungsversprechen des Versicherers im Fall einer Betriebsschließung eine pauschale Tagesentschädigung vorsieht. Wird aber im Versicherungsfall die Zahlung einer bestimmten Summe vertraglich festgesetzt, die nicht aufgrund eines konkreten Vermögensschadens, sondern auf der Grundlage einer abstrakten Bedarfsdeckung vereinbart wird, handelt es sich nicht um eine Schadensversicherung, sondern um eine Summenversicherung (vgl. Günther/Piontek, RuS 2020, 242 [245]; Rixecker in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl., § 11, Rn. 67). Wenn aber nicht der konkrete Schaden des Betriebs versichert ist, verbietet sich nicht nur der Rückgriff auf § 76 VVG, weil diese Vorschrift nur die Schadensversicherung betrifft. Es verbietet sich auch die Definition des Versicherungsfalls auf der Basis des tatsächlich eingetretenen Umsatzverlustes bei einer Teilschließung, zumal auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrags und der Vereinbarung der Tagespauschale üblicherweise seinen Betrieb als Ganzes im Blick haben wird und nicht nur Teile davon.

2. Unabhängig davon scheitert ein Anspruch des Klägers nach § 1 Nr. 1 AVB auch daran, dass die behördlichen Anordnungen betreffend den Coronavirus SARSCoV-2 nicht dem Versicherungsschutz gemäß § 1 Nr. 1, Nr. 2 AVB unterfallen.

a. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteil vom 31. März 2021 – IV ZR 221/19; BGH, Urteil vom 18. November 2020 – IV ZR 217/19; BGH, Urteil vom 8. Januar 2020 – IV ZR 240/18; BGH, Urteil vom 20. Juli 2016 – IV ZR 245/15).

b. Der in erster Linie maßgebliche Bedingungswortlaut macht einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer klar, dass der Versicherer lediglich das Risiko bestimmter Krankheiten oder Krankheitserreger übernehmen will. Verhielte es sich anders, hätte die Beklagte es bei der Regelung in § 1 Nr.1 AVB belassen können. Die ergänzende Aufzählung in § 1 Nr. 2 AVB wäre demgegenüber nicht nur sinnlos, sondern – aufgrund der nur teilweisen Aufzählung der in §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Krankheitserreger – auch falsch gewesen. Eine um Beachtung des Sinnzusammenhangs bemühte Auslegung muss deshalb zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei der Aufzählung in § 1 Nr. 2 AVB um eine abschließende Darstellung der versicherten Risiken handelt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 15. Februar 2021 – 7 U 335/20).

c. Auch die Bezugnahme auf die in §§ 6, 7 IfSG „namentlich“ genannten Krankheiten führt nicht zu einer abweichenden Auslegung. Zwar wird das Adverb „namentlich“ mit Begriffen wie „besonders“, „vor allem“ oder „hauptsächlich“ gleichgesetzt (vgl. Duden, 28. Aufl., Stichwort „2namentlich“), was für eine nur beispielhafte Aufzählung sprechen könnte. Ein solches Wortverständnis würde der im vorliegenden Fall von der Beklagten gewählten Verwendung des Wortes allerdings nicht gerecht. Denn die Beklagte verwendete diesen Begriff nicht als Adverb, sondern als Adjektiv. Damit machte sie deutlich, lediglich die in den §§ 6 und 7 IfSG konkret mit Namen aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsschutz einbeziehen zu wollen (vgl. Duden, 28. Aufl., Stichwort „1namentlich“). Das wird durch den Zusatz „die folgenden“ nochmals besonders hervorgehoben. Hiermit erreichte sie zugleich eine zusätzliche Klarstellung dahingehend, dass nicht alle in §§ 6, 7 IfSG aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger dem Versicherungsschutz unterfallen sollten, sondern nur die von der Beklagten ausdrücklich in den Versicherungsbedingungen aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger (vgl. auch Rixecker in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl., § 11, Rn. 61).

Soweit demgegenüber eingewendet wird (Griese, VersR 2021, S. 147 ), die auf sprachwissenschaftlicher Ebene bestehende unterschiedliche Verwendungsmöglichkeit schließe die Eindeutigkeit der AVB aus, kann dem nicht gefolgt werden. Denn als adverbiale Verbindung ergibt das Wort „namentlich“ in dem Nebensatz „im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ keinen Sinn (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21).

d. Dem Verständnis einer abschließenden Aufzählung der vom Versicherungsschutz erfassten Krankheiten und Krankheitserreger steht nicht der in § 2 Nr. 8 AVB geregelte Risikoausschluss entgegen. Danach haftet der Versicherer nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.

Zwar zählt zu den Prionenerkrankungen unter anderem die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 d) IfSG explizit erwähnte humane spongiforme Enzephalopathie (vgl. Ackermann, Medizinische Mikrobiologie, Infektiologie, 2. Aufl., Seite 61). Auch ist der stellenweise in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Fortmann, RuS 2020, 665; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., AVB BS 2002, Rn. 11) zuzustimmen, dass es dieses Risikoausschlusses angesichts der abschließenden Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 AVB grundsätzlich nicht bedurft hätte. Auf der Grundlage des Ausschlusses von Prionenerkrankungen kann allerdings keine den Versicherungsnehmer begünstigende Auslegung der versicherten Risiken gemäß § 305c Abs. 2 BGB vorgenommen werden. Denn eine solche Auslegung setzt immer einen gewissen Auslegungsspielraum voraus. Das ist angesichts der eindeutig abschließenden Formulierung in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 AVB aber nicht der Fall. Vielmehr ist die Definition der versicherten Risiken klar auf die aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger begrenzt und auch für einen nicht juristisch ausgebildeten Laien nicht misszuverstehen. Wenn aber die Beschreibung des versicherten Risikos keine vernünftigen Zweifel an dessen Umfang aufkommen lässt, dann fehlt es bereits an der Grundlage für eine Auslegung der entsprechenden Klausel zugunsten des Versicherungsnehmers.

3. Mit der Risikoausschlussklausel in § 2 Nr. 8 AVB lässt sich auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und auf dieser Grundlage eine Unwirksamkeit der abschließenden Aufzählung in § 1 Nr. 2 AVB begründen. Insbesondere stellt die Risikoausschlussklausel in § 2 Nr. 8 AVB keinen Widerspruch zu der eindeutig (s. o.) abschließenden Definition des versicherten Risikos in § 1 Nr. 2 AVB dar.

a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgt aus dem für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Transparenzgebot, dass die Rechtsposition des Vertragspartners nicht unklar geregelt sein darf. Bereits die Klauselfassung muss der Gefahr vorbeugen, dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Durch eine unzutreffend oder missverständlich formulierte Klausel darf der Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2007 – V ZR 283/06; BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 121/04).

b. Im vorliegenden Fall wird der Versicherungsnehmer durch die Definition der versicherten Risiken und den nachfolgenden Risikoausschluss aber nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten. Dabei ist bereits fraglich, inwieweit ein durchschnittlicher, medizinisch in der Regel nicht spezialisierter Versicherungsnehmer zwischen der in § 2 Nr. 8 AVB erwähnten Prionenerkrankung einerseits und den in § 1 Nr. 2 AVB aufgeführten Krankheiten und Krankheitserregern zu differenzieren vermag (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 – IV ZR 235/19: zur Unzulässigkeit einer Auslegung des Begriffs der „Sturmflut“ auf der Grundlage von DIN-Vorschriften oder behördlichen Regelungen), zumal die nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige humane spongiforme Enzephalopathie nur eine von mehreren Erscheinungsformen der Prionenerkrankung darstellt (vgl. Mattle/Mumenthaler, Neurologie, 13. Aufl., Seite 100, 101). Doch selbst wenn das der Fall wäre, käme er im Ausgangspunkt zu keinen widersprüchlichen Ergebnissen. Denn die Risikoausschlussklausel beinhaltet lediglich eine Bestätigung der dem Versicherungsnehmer ohnehin bereits vermittelten Informationen dahingehend, dass über die in § 1 Nr. 2 AVB aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger hinaus kein Versicherungsschutz besteht und dass das auch – erst recht – bei einer Prionenerkrankung nicht der Fall ist (s. o).

Auf der Grundlage einer solchen Lesart besitzt die Risikoausschlussklausel lediglich eine klarstellende Bedeutung. Von einer Intransparenz der abschließenden Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 AVB kann im Lichte eines solchen Verständnisses der Versicherungsbedingungen keine Rede sein.

c. Weitergehende Rückschlüsse könnte ein um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer aus der Risikoausschlussklausel nur dann ziehen, wenn ihm bekannt wäre, dass Versicherer in ihren Versicherungsbedingungen üblicherweise um die Vermeidung von Redundanzen bemüht sind. Nur in dem Fall würde sich für ihn die Frage stellen, ob die Risikoausschlussklausel nicht nur als eigentlich überflüssige Klarstellung zu verstehen ist, sondern möglicherweise eine weitergehende Leistungspflicht des Versicherers wieder einschränken soll.

Eine solche Überlegung setzt allerdings genau die versicherungsrechtlichen Spezialkenntnisse voraus, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen nicht herangezogen werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 – IV ZR 235/19; BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – IV ZR 292/14; BGH, Urteil vom 25. Juli 2012 – IV ZR 201/10; BGH, Urteil vom 19. Mai 2004 – IV ZR 29/03; BGH, Urteil vom 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92; BGH, Urteil vom 16. Juni 1982 – IVa ZR 270/80).

Doch selbst wenn man solche Spezialkenntnisse heranziehen wollte, würde ein Versicherungsnehmer dann lediglich zu dem Ergebnis kommen, dass neben der – eher ungewöhnlichen – Wiederholung einer bereits zuvor getroffenen Aussage auch die Möglichkeit eines Widerspruchs in Betracht zu ziehen wäre. Weil aber die vorangegangene Aufzählung der versicherten Risiken in § 1 Nr. 2 AVB erkennbar abschließend ist, wird ein Versicherungsnehmer im Anschluss der Möglichkeit einer lediglich klarstellenden Risikoausschlussklausel in § 2 Nr. 8 AVB den Vorzug geben.

d. Schließlich spricht auch die Regelung des § 2 AVB insgesamt dafür, dass sich aus § 2 Nr. 8 AVB keine Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich des § 1 Nr. 2 AVB ergeben. Denn bei den übrigen Tatbeständen des § 2 AVB handelt es sich offensichtlich nicht um Einschränkungen des in § 1 eröffneten Anwendungsbereichs, sondern um – vom Versicherungsfall losgelöste – allgemeine Tatbestände, bei deren Eintritt eine Betriebsschließung nicht versichert wird. Ereignisse von Krieg, Terror, Kernenergie etc. stellen eigenständige, nicht versicherte Ereignisse dar. Soweit § 2 AVB als eigenständiger Tatbestand die Prionenerkrankung oder den Verdacht hierauf ausdrücklich ausschließt, kann dies im Kontext der übrigen Ausschlusstatbestände, die im Übrigen auch in keinem inhaltlichen Zusammenhang zu § 1 Nr. 2 AVB stehen, nur als eigenständiger Ausschlusstatbestand verstanden werden, dem als solchem – wie die übrigen Tatbestände des § 2 AVB – keine Aussagekraft über den Anwendungsbereich des § 1 Nr. 2 AVB zukommt.

4. Die abschließende Aufzählung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 AVB stellt auch keinen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB dar.

a. Mit der abschließenden Aufzählung der versicherten Risiken verstoßen die Versicherungsbedingungen nicht gegen ein gesetzliches Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Ob eine Formularbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar ist oder nicht, beurteilt sich maßgeblich danach, ob die gesetzliche Regelung auf die Interessen beider Parteien berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen beruht oder reinen Zweckmäßigkeitserwägungen folgt. Denn verdanken Vorschriften des dispositiven Rechts ihre Entstehung einem sich aus der Natur der Sache ergebenden Gerechtigkeitsgebot, so müssen bei einer abweichenden Regelung durch AGB regelmäßig Gründe vorliegen, die für die von ihnen zu regelnden Fälle das dem dispositiven Recht zugrundeliegende Gerechtigkeitsgebot infrage stellen und eine abweichende Regelung als mit Recht und Billigkeit vereinbar erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2017 – VIII ZR 13/17).

b. Im vorliegenden Fall stellt § 1 Nr. 1 Buchst. a), Nr. 2 AVB bereits deshalb keinen Verstoß gegen ein gesetzliches Leitbild dar, weil es keine gesetzlichen Vorgaben zum Deckungsschutz einer Betriebsschließungsversicherung gibt. Das VVG selbst enthält keine speziellen Vorschriften zur Betriebsschließungsversicherung. Auch die allgemeinen Bestimmungen des VVG werden von der streitgegenständlichen Klausel nicht berührt. Ebenso wenig kann ein solches Leitbild aus §§ 6, 7 IfSG abgeleitet werden. Diese Vorschriften beruhen nicht auf einem Ausfluss von Gerechtigkeitserwägungen. Es handelt sich vielmehr um eine Vorschrift des öffentlichen Rechts, die ausschließlich dem Schutz der Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten dient (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 15. Februar 2021 – 7 U 335/20).

5. Durch die Klausel in § 1 Nr. 2 AVB wird auch nicht die Erreichung des Vertragszwecks unzulässig gefährdet, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dies ist nur dann der Fall, wenn AGB-Klauseln wesentliche Rechte oder Pflichten entgegen den vertragstypischen Erwartungen des redlichen Geschäftsverkehrs einschränken. Insoweit fehlt es aber bereits an typischen Erwartungen des Geschäftsverkehrs an eine Betriebsschließungsversicherung. Die enumerative Aufzählung dem versicherten Risiko unterfallender Krankheiten und Krankheitserreger ist vielmehr eine von mehreren typischen Ausprägungen einer solchen Versicherung (vgl. Rixecker in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl., § 11, Rn. 60, 61).

Insoweit mag aus Sicht des Versicherungsnehmers das berechtigte Interesse bestehen, auch zukünftig entstehende Krankheiten und Krankheitserreger, die noch nicht vom IfSG erfasst sind, in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Dass dieses Interesse nach den vorliegenden AVB nicht abgedeckt ist, stellt aber keine Gefährdung des Vertragszwecks dar. Denn jedenfalls aus Sicht des Versicherers besteht das Interesse, nur die bislang bekannten und kalkulierbaren Risiken auf der Grundlage der ihm bekannten Krankheiten und Krankheitserreger abzusichern. Soweit der Versicherungsnehmer einen darüberhinausgehenden Schutz erstrebt, bedürfte es angesichts der namentlichen Auflistung ganz bestimmter Krankheiten und Krankheitserreger einer ausdrücklichen Vereinbarung über den insoweit unbegrenzten Versicherungsschutz.

6. Die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf bestimmte Krankheiten und Krankheitserreger stellt auch im Übrigen keine unangemessene Regelung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Zwar ist auch das Leistungsversprechen des Versicherers einer Inhaltskontrolle zugänglich, sofern die Unwirksamkeit der Klausel nicht aufgrund einer dann fehlenden Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags insgesamt führen würde (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1994 – IV ZR 107/93).

Allerdings liegen die Voraussetzungen einer unangemessenen Benachteiligung nicht vor. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Vertragsgestaltung die Eigeninteressen des Verwenders gegenüber den Interessen des Vertragspartners ohne rechtfertigenden Grund unverhältnismäßig stark zur Geltung bringt, ohne dass dies durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2004 – III ZR 293/03). Im vorliegenden Fall übernahm die Beklagte in ihren Versicherungsbedingungen in einem erheblichen Umfang die in §§ 6, 7 IfSG aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger und machte eine hierdurch bedingte Betriebsschließung zum Gegenstand des Versicherungsschutzes. Dass die Interessen des Klägers hierdurch unverhältnismäßig eingeschränkt wurden und in keinem vernünftigen Verhältnis zur Gegenleistung des Klägers stehen, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich. Welche Erwartungen der Kläger seinerseits mit dem Abschluss des Vertrags verknüpfte und inwieweit diese Erwartungen enttäuscht wurden, spielt für die Frage der Wirksamkeit von § 1 Nr. 2 AVB hingegen keine entscheidende Rolle.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen.

 

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