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Betriebshaftpflichtversicherung – Leistungsfreiheit Risikoausschluss

LG Köln – Az.: 20 O 393/17 – Urteil vom 09.05.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Verweisung, trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte war Betriebs-Haftpflichtversicherer der zwischenzeitlich insolventen Firma U Farbdesign UG in H (im Folgenden: Versicherungsnehmerin).

Versicherungsbeginn war der 8.10.2014. Vertragsgrundlage war die C-Police für das Maler-, Lackierer-, Stuckateur-Handwerk und die Raumausstatter (BÜBA-SIFA 2011), Bl. 77 ff. der Akten, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Es ist eine Selbstbeteiligung von 250 EUR je Schadenfall vereinbart.

Gemäß § 38 Ziffer 15 Buchst. d) der Versicherungsbedingungen waren vom Versicherungsschutz ausgenommen „Haftpflichtansprüche wegen Tätigkeitsschäden an Sachen, die sich beim Versicherungsnehmer zur Lohnbe- und/oder -verarbeitung oder zu sonstigen Zwecken befinden… Dieser Ausschluss gilt jedoch nur für solche Schäden, die bei dem unmittelbaren Bearbeitungsvorgang entstanden sind. Zu unmittelbaren Bearbeitungsvorgängen zählen nicht z.B. vor- oder nachgelagerte Verpackungstätigkeiten, Transporttätigkeiten oder Lagerung der Sachen“.

Gemäß § 39 Ziffer 1 der Versicherungsbedingungen sind ausgeschlossen Ansprüche, auch wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt, „a) auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, auf Schadenersatz statt der Leistung“.

Eine Entscheidung des OLG Köln vom 15.2.2010 (Az. 9 U 127/09) zu der Frage des Umfangs des Ausschlusses von Erfüllungsschäden war der Beklagten Anlass, eine Vertriebsinformation herauszugeben (Bl. 181/181 R der Akten) in der es unter XX.2 heißt: „Eingeschlossen ist die gesetzliche Haftpflicht wegen Tätigkeitsschäden an Sachen, die dem Versicherungsnehmer vom Auftraggeber zur Montage/zum Einbau zur Verfügung gestellt werden“.

Die Klägerin befasst sich unter anderem mit dem Anbringen von Fassadenverkleidungen. Sie hatte im Jahr 2015 den Auftrag, Fassadenplatten an dem Bauvorhaben „Grundschule D“ in Hamburg anzubringen.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Versicherungsnehmerin der Beklagten beauftragt, von ihr, der Klägerin, beigestellte Fassadenplatten zu grundieren und zu lackieren. Anschließend hätten die Fassadenplatten bei der Versicherungsnehmerin der Beklagten abgeholt und auf die Baustelle nach Hamburg verbracht werden sollen. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten habe die Malerarbeiten ordnungsgemäß ausgeführt und habe anschließend die Fassadenplatten zur Abholung bereitgestellt. Nachdem sie, Klägerin, die Fassadenplatten abgeholt habe, habe sie auf der Baustelle in Hamburg jedoch feststellen müssen, dass die Platten auf der Sichtseite zusammenklebten und sich beim Trennen der Platten die Farboberflächen mit Holzfasern von den Platten abgelöst hätten. In diesem Zustand hätten die Platten nicht eingebaut werden können, eine Überarbeitung sei nicht möglich gewesen. Der ihr infolgedessen entstandene Schaden belaufe sich gemäß Rechnung vom 19.10.2015, Bl. 131/132 der Akten, auf einen Gesamtbetrag von 27.144,13 EUR netto und zuzüglich von Zinsen und Kosten auf insgesamt 29.447,08 EUR.

Die Klägerin hat – unstreitig – beim Amtsgericht Uelzen gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten einen Vollstreckungsbescheid über einen Betrag von 29.702,49 EUR erwirkt. Sie hat die Forderung zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet. Die Insolvenzverwalterin hat die Forderung nicht bestritten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie

1.  29.247,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 27.144,13 EUR seit dem 4.12.2015 und aus 29.247,08 EUR seit dem 8.3.2016 zu zahlen;

2.  1.239,40 EUR an vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.1.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet das Tatsachenvorbringen der Klägerin mit Nichtwissen.

Die Beklagte macht geltend, dass der von der Klägerin erwirkte Vollstreckungsbescheid keine Bindungswirkung entfalte, weil dieser nämlich ohne ihre, der Versicherung, Kenntnis und Mitwirkung ergangen sei.

Sie beruft sich ferner auf den Haftungsausschluss: „nicht gedeckter Erfüllungsanspruch“. Leistungsgegenstand der Versicherungsnehmerin seien Fassadenplatten gewesen und nur der angebliche Schaden an diesem Platten werde durch die Klägerin geltend gemacht.

Daneben sei sie auch wegen einer Obliegenheitsverletzung der Versicherungsnehmerin leistungsfrei, die weder das gegen sie im Haftpflichtverhältnis eingeleitete Mahnverfahren angezeigt noch gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt habe und die den Vollstreckungsbescheid habe rechtskräftig werden lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der Sitzung sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Der Rechtsstreit ist durch das ursprünglich angerufene Landgericht Oldenburg an das Landgericht Köln verwiesen worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Unabhängig von der Frage, ob der gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten erwirkte Vollstreckungsbescheid Bindungswirkung für die Beklagte hat und ob der Klägerin die darin titulierten Ansprüche zustehen, und ob der Versicherungsnehmerin der Beklagten eine Obliegenheitsverletzung anzulasten ist,  ist die Klage deshalb unbegründet, weil die Beklagte aufgrund des Risikoausschlusses in § 39 Ziffer 1 Buchst. a) der Versicherungsbedingungen leistungsfrei ist, weil vorliegend Ansprüche der Klägerin gegen die Versicherungsnehmerin betroffen sind, bei denen es sich um Ansprüche handelt „auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, auf Schadenersatz statt der Leistung“.

Die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen sind als an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung in diesem Sinne einzuordnen.

Eine solche liegt vor, wenn der gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Schadensersatzanspruch das unmittelbare Interesse des Gläubigers am eigentlichen Leistungsgegenstand befriedigen soll (BGH, Beschluss vom 29.09.2004 – IV ZR 162/02). Nach gefestigter Rechtsprechung umfasst das Erfüllungsinteresse des Bestellers die Neuherstellung des Werks und die Beseitigung des Mangels sowie solche Schäden, die dem Besteller zur Behebung des Mangels zugefügt werden müssen (OLG Köln VersR 2003, 1166, LG Köln, Urt. v. 26.08.2009, 20 O 215/07) Den Gegensatz dazu bilden Schäden, die über das Erfüllungsinteresse hinausgehen. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Bestimmung der Leistungspflicht anhand des Gegenstands des Vertrages (OLG Naumburg, VersR 1997, 179).

Die Versicherungsnehmerin der Beklagten sollte von der Klägerin beigestellte Fassadenplatten lackieren und diese zur Abholung durch die Klägerin bereitstellen. Im Zuge dieser von ihr geschuldeten Leistungen ist es zur Beschädigung gekommen, weil die Versicherungsnehmerin der Beklagten die noch nicht durchgetrockneten Fassadenplatten mit der lackierten Seite übereinander gestapelt hatte.

Dabei handelt es sich nicht um Schäden außerhalb der eigentlichen Werkleistung. Bei der Neuanschaffung der Fassadenplatten handelt sich um ein Erfüllungssurrogat, da das ursprüngliche Erfüllungsinteresse des Bestellers an der Lieferung von lackierten Fassadenplatten im gewünschten Farbton betroffen ist. Inhaltlich und seinem Umfang nach geht der Nacherfüllungsanspruch daher dahin, alle Maßnahmen zu erbringen, um den Zustand herzustellen, der nach dem Inhalt des Werkvertrages von vornherein bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung hätte herbeigeführt werden müssen. Hierbei erstreckt sich die Nacherfüllungsverpflichtung nicht nur darauf, die eigene mit Mängeln versehene Leistung nachträglich in einen mangelfreien Zustand zu versetzen. Die Nacherfüllungsverpflichtung umfasst vielmehr auch alle Leistungen, die vorbereitend erforderlich sind, um die Mangelbehebung erst zu ermöglichen, sowie alle Leistungen, die notwendig werden, um nach durchgeführter Mangelbehebung den zuvor bestehenden Zustand wieder herzustellen.

Bei den beschädigten Fassadenplatten, die von der Klägerin nach eigenem Vortrag neu angeschafft und neu lackiert werden mussten, handelt es sich auch nicht um einen typischen Mangelfolgeschaden, da die Beschädigung der Kabel nicht bei Gelegenheit der Ausführung der Werkleistung erfolgte, sondern eine Sache betraf, die Gegenstand der Werkleistung war. Der Ausschluss des §  39 Ziffer 1 a) BÜBA-SIFA 2011 erfasst jedenfalls solche Schadensersatzansprüche, die den Schaden am Leistungsgegenstand selbst betreffen (vgl. zu einer ähnlichen Klausel: OLG Koblenz VersR 2000, 94 mit Verweis auf BGH VersR 1981, 771 (772)). Es war vertraglich von Vorneherein vorgesehen, dass die Fassadenplatten dem Einfluss des Werkunternehmers, d.h. der Versicherungsnehmerin der Beklagten, ausgesetzt sind. Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung ist gerade nicht die Abdeckung des Unternehmerrisikos (OLG Koblenz, VersR 2000, 94).

Gegen dieses Verständnis spricht vorliegend auch nicht, dass gemäß § 38 Ziffer 15 Buchstabe d) BÜBA-SIFA 2011 auch Tätigkeitsschäden mitversichert waren, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit an oder mit diesen Sachen entstanden sind.  Es wird nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Ausschluss des § 39 Ziffer 1 (Erfüllungsansprüche) weiterhin gilt. Stellt der Schadensersatzanspruch des Bestellers ein Erfüllungssurrogat dar, greift der Ausschluss des § 39 Ziffer 1 BÜBA-SIFA 2011 folglich trotz der Erstreckung des Versicherungsschutzes auf Tätigkeitsschäden ein. Darunter können z.B. Ansprüche wegen der Beschädigung von Maschinen, die der Besteller zur Durchführung der Werkleistung zur Verfügung gestellt hat, fallen (LG Köln, a.a.O.).

Keine Ansprüche herleiten kann die Klägerin auch aus der Vertriebsinformation der Beklagten, wonach unter Ziffer XX.2 zukünftig auch eingeschlossen sein sollte „die gesetzliche Haftpflicht wegen Tätigkeitsschäden an Sachen, die dem Versicherungsnehmer vom Auftraggeber zur Montage/zum Einbau zur Verfügung gestellt werden“. Dem steht bereits entgegen, dass vorliegend die Fassadenplatten der Versicherungsnehmerin der Beklagten weder zur Montage noch zum Einbau übergeben worden sind, sondern dass deren Aufgabe darin bestand, diese zu lackieren.

Bei der Beurteilung des Sachverhaltes hat die Kammer auch nicht verkannt, dass gemäß § 38 Ziffer 15 Buchst. d) der Versicherungsbedingungen sich der Haftungsausschluss wegen Tätigkeitsschäden an Sachen, die sich beim Versicherungsnehmer zur Lohnbe- und/oder -verarbeitung oder zu sonstigen Zwecken befinden, nur auf solche Schäden bezieht, die bei dem unmittelbaren Bearbeitungsvorgang entstanden sind und dass dazu nicht zählen „vor- und nachgelagerte Verpackungstätigkeiten, Transporttätigkeiten oder Lagerung der Sachen“.

Vorliegend ist der Schaden an den Fassadenplatten zwar durch die der Lackierung nachfolgende unsachgemäße Lagerung zur Abholung durch die Klägerin entstanden. Diese teilweise Wiedereinbeziehung der Tätigkeitsschäden in den Versicherungsschutz ist jedoch im Zusammenhang mit dem weiteren, fortgeltenden Haftungsausschluss des Erfüllungsschadens in § 39 Ziffer 1 BÜBA-SIFA 2011 zu sehen, zu werten und davon abzugrenzen. Der Einschluss der Lagerungsschäden in den Versicherungsschutz muss in Abgrenzung zu dem nicht versicherten Erfüllungsschaden dahingehend verstanden werden, dass damit Schäden gemeint sind, die anlässlich der Lagerung an der fremden Sache verursacht werden, die jedoch nicht die eigentlich geschuldete Werkleistung betreffen. Letzteres ist hier aber der Fall, wo durch die unsachgemäße Lagerung der Fassadenplatten die geschuldete Werkleistung, nämlich das Lackieren der Platten, zerstört worden ist, was zugleich bedeutet, dass die Werkleistung nicht ordnungsgemäß erbracht worden ist, weshalb die Versicherungsnehmerin der Beklagten ja gerade die Nachbesserung bzw. Schadenersatz wegen Nichterfüllung der Leistung schuldete. Die in den Versicherungsschutz einbezogenen Verpackungstätigkeiten, Transporttätigkeiten oder die Lagerung der Sachen betreffen erkennbar nur solche Fälle, in denen beispielsweise ein zur Reparatur übergebener Gegenstand nach dessen ordnungsgemäß durchgeführter Reparatur beim Verpacken/beim Transport/beim Lagern hinfällt oder auf andere Weise, etwa durch das Verschütten von Flüssigkeit, beschädigt wird, ohne dass die eigentliche Werkleistung davon betroffen wäre.

Die Klage ist daher unbegründet. Die geltend gemachte Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 281, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 29.247,08 EUR festgesetzt.

 

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