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Mobiltelefon-Versicherung – Leistungsausschlussklausel bei Diebstahl

AG Frankenthal – Az.: 3a C 252/16 – Urteil vom 02.03.2017

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 12.01.2017, Az. 3a C 252/16 wird aufrecht erhalten.

2. Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht vor Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 12.01.2017, Az. 3a C 252/16 darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden.

Tatbestand

Mit seiner am 22.08.2016 zugestellten Klage begehrt der Kläger als Versicherungsnehmer der Beklagten die bedingungsgemäße Kaufpreiserstattung für ein Mobiltelefon. Der Kläger kaufte am 27.11.2014 im M… ein über die Firma M… preissubventioniertes Mobiltelefon der Marke A… zum Ladenpreis von 359,00 €. Zugleich schloss er einen Versicherungsvertrag mit der Beklagten in dem Tarif „Plusschutz zwei Jahre“, der vor Ort angeboten wird, mit einer Einmalprämie in Höhe von 200,00 €.

Der Versicherungswert beträgt 839,82 €.

Nach dem Inhalt der dem Kläger ausgehändigten Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten heißt es in § 2 Ziff. 2.4 a):

„(…) wir leisten zudem Entschädigung bei Abhandenkommen des versicherten Gerätes durch

a) Diebstahl (…), unter Berücksichtigung von § 2 Ziff. 5 i) dieser Bedingungen (…).

In § 2 Ziff. 2.5 i) heißt es:

„(…) wir leisten ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschädigung für:

(…) i) Schäden, die durch Diebstahl oder versuchten Diebstahl (…) verursacht wurden, wenn die versicherte Sache

– unbeaufsichtigt abgelegt, in abgelegten Kleidungsstücken, abgestellten Taschen, Koffern oder Rucksäcken aufbewahrt wird, (…)“.

Das der Tochter des Klägers, der Zeugin N…., überlassene Mobiltelefon wurde von ihr am 14.03.2016 anlässlich ihres Urlaubes am L….. zum letzten Mal genutzt und ist in der Nacht vom 14.03. auf den 15.03.2016 am Strand abhanden gekommen, was die Zeugin gegen 04:00 Uhr feststellte und den örtlichen Polizeibehörden unmittelbar danach anzeigte.

Der Kläger behauptet, das Mobiltelefon sei seiner Tochter gestohlen worden. Zum Tatzeitpunkt habe sich das Mobiltelefon in ihrer Handtasche befunden, diese sei fest verschlossen gewesen und habe, mit einem Handtuch überdeckt, neben ihr auf einer Liege, auf der sie selbst gesessen habe, gelegen. Als seine Tochter gegen 04:00 Uhr morgens vom Strand aufbrechen wollte, habe sie festgestellt, dass die Handtasche mitsamt dem Inhalt weg ist.

Der Kläger hat ursprünglich angekündigt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 839,82 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 02.07.2016 zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.01.2017 war der Kläger säumig, gegen das antragsgemäß ergangene klageabweisende erste Versäumnisurteil, das dem Kläger am 16.01.2017 zugestellt worden ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 25.01.2017, eingegangen am 26.01.2017, Einspruch eingelegt und beantragt nunmehr unter Klageerweiterung:

1. Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 12.01.2017, Az. 3 a C 252/16 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 839,82 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 62,83 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und behauptet, angesichts des Zeitraums zwischen letzter Nutzung am Abend des 14.03.2016 und 04:00 Uhr am Morgen des 15.03.2016, könnte die Zeugin P… das Mobiltelefon ebenso wahrscheinlich verloren haben, hilfsweise habe sie das Mobiltelefon unbeaufsichtigt in ihrer Tasche neben sich aufbewahrt.

Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei eine Haftung der Beklagten ausgeschlossen.

Der Kläger führt unter Ergänzung seines bisherigen Sachvortrages aus, dass die Beklagte ebenfalls die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 62,83 € zu tragen habe.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin N…, wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 02.03.2017 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Mobiltelefon-Versicherung - Leistungsausschlussklausel bei Diebstahl
(Symbolfoto: Von pim pic/Shutterstock.com)

Der zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Einspruch des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG örtlich ausschließlich und gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig.

Der Kläger hat bereits im Grunde nach keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag vom 27.11.2014.

Zwischen den Parteien ist am 27.11.2014 ein Versicherungsvertragsverhältnis mit einer Laufzeit von zwei Jahren unter Zahlung einer einmaligen Versicherungsprämie in Höhe von 200,00 € bei einer versicherten Summe in Höhe von 839,82 € für das A…. zustande gekommen.

Zwar ist gemäß § 2 Ziff. 2.4 a) das Risiko des Diebstahls nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen versichert, allerdings greift ein Ausschluss gemäß § 22 Ziff. 2.5 i), wenn die versicherte Sache unbeaufsichtigt abgelegt, in abgelegten Kleidungsstücken, abgestellten Taschen, Koffern oder Rucksäcken aufgewahrt wird. Maßgebend für den Grad der erforderlichen Aufmerksamkeit ist dabei der jeweilige Gefährdungsgrad im Hinblick auf die lokalen Gegebenheiten.

Die Zeugin P… hat bei ihrer Vernehmung bekundet, dass sie das versicherte Mobiltelefon in ihrer fest verschlossenen Handtasche aufbewahrt und diese unmittelbar neben sich auf einer Strandliege am L… abgestellt und mit einem Handtuch bedeckt habe. Nach ihren Angaben soll ihr gegenüber ihr Tauchlehrer, der Zeuge N….., gesessen haben. Als sie gegen morgens 04:00 Uhr den Strand verlassen habe, habe sie festgestellt, dass die gesamte Handtasche gestohlen worden ist. Dies haben sie und ihr Begleiter dann um ca. 04:30 Uhr bei der örtlichen Polizei gemeldet.

Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen wird ein gesteigerter persönlicher Gewahrsam insbesondere während der Zeit, in der sich der Versicherungsnehmer in der Öffentlichkeit aufhält oder fortbewegt verlangt, wobei das Maß des geforderten Sicherungsverhaltens vom Wert des Gegenstandes, der Intensität des Diebstahlanreizes sowie insbesondere dem Gefährdungsgrad der jeweiligen Örtlichkeit und Situation abhängt. Erforderlich ist, dass der Versicherungsnehmer den Gegenstand entsprechend seinem äußeren Wert und den äußeren Umständen der Gefährdung sichert und körpernah trägt oder hält, so dass die naheliegende Gefahr des Verlusts vermieden werden kann und er jederzeit bereit und in der Lage ist, einen möglichen Diebstahlsversuch abzuwehren (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 15.01.2004 – 3 U 39/03 -; LG Saarbrücken, Urt. v. 23.12.1999 – 13 AS 83/99 – VersR 2000, 1235, zitiert nach juris; AG Köln, Urt. v. 12.10.2009 – 147 C 16/09 zitiert nach juris: Rz. 7; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § § 1 AVBR 92 Rz. 24). Die Frage, ob hierfür ständiger Blick- oder Körperkontakt erforderlich ist oder nur die permanente Zugriffsmöglichkeit, hängt daneben z.B. auch von der jeweiligen Reisephase ab (vgl. LG München, Urt. v. 13.12.1995 – 15 S 15448/95 – zitiert nach juris, zu § § 1 Abs 4 Buchst b ReiseGepAVB 1980).

Einen derartigen gesicherten Gewahrsam hat der Kläger nicht nachgewiesen. Er würde nach dem Gefährdungsgrad der Örtlichkeit an einem Strand nachts in Thailand voraussetzen, dass die Zeugin einen körperlichen Kontakt zum Mobilfunktelefon oder zumindest zum Verschlussmechanismus oder zu dem Umhängeriemen der Handtasche hielt. Denn ohne diese Sicherung bestand die nahe liegende Gefahr, dass jemand unbemerkt den Reißverschluss der Handtasche öffnet und das Mobilfunktelefon herauszieht oder gar die gesamte Handtasche wie vorliegend entwendet, ohne dass die Zeugin dies hätte sicher vermeiden können und ohne dass sie damit jederzeit bereit und in der Lage ist, einen möglichen Diebstahlsversuch abzuwehren.

Nach den Gesamtumständen ist es daher nicht ausreichend, dass die Zeugin das Mobiltelefon in einer verschlossenen, mit einem Handtuch abgedeckten Handtasche neben sich auf die Liege abgestellt hat, da es angesichts des an einem (öffentlichen) Strand bestehenden erhöhten Gefährdungsgrades für Taschen- oder Trickdiebstähle geboten ist, zumindestens einen permanenten Kontakt mit der Handtasche zu halten (vgl. hierzu LG Berlin, Urteil vom 09.09.2010 – 7 S 26/10, AG Offenburg, Urteil vom 13.06.2007 – 1 C 123/06 jeweils m.w.N.).

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Bedecken der Handtasche mit einem Handtuch zwar einen ungehinderten Blick darauf verwehrt hat, zumal gerade kein körperlicher Kontakt zu der Handtasche bestanden hat, indes jedoch auch einen jederzeitigen Blickkontakt der Zeugin auf die Handtasche einschränkt. Die Klausel § 2 Ziff. 2.5. i) ist als Allgemeine Versicherungsbedingung auch wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden, § 305 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Insbesondere liegt hierin keine überraschende Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 BGB, wonach Normen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden, denn angesichts des regelmäßig hohen Wertes moderner Mobiltelefone und des damit einhergehenden hohen Diebstahlrisikos inbesondere in einem Schwellenland wie T….., ist die Beschränkung des vom Versicherer übernommenen Risikos in diesem Fall unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Verkehrskreise auch üblich. Dies gilt auch und gerade, wenn wie vorliegend, keine ausschließliche Diebstahlversicherung abgeschlossen wurde, sondern vielmehr eine allgemeine Versicherung, die eine Vielzahl von Gefahren abdecken soll. Angesichts des Inhalts von § 2 Ziff. 2.5 i) handelt es sich um ein Leistungsausschluss und nicht um eine (erhöhte) Obliegenheit, bei der nicht allumfassend jedes Risiko versichert ist, sondern nur eine Vielzahl von Risiken durch das Versicherungsvertragsverhältnis abgesichert sind. Dies kommt auch ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung in § 2 Ziff. 2.4 a) der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zum Ausdruck, wonach Diebstahl ausdrücklich nur unter Berücksichtigung von § 2 Ziff. 2.5 i) versichert ist.

Da ein Anspruch bereits im Grunde nach nicht besteht, hat der Kläger daneben keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 343 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 und 709 Satz 3 ZPO.

 

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