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Gebäudeversicherung – Regulierungsbeauftragtenhaftung gegenüber einem Versicherungsnehmer

OLG Hamm – Az.: 20 U 88/18 – Beschluss vom 21.11.2018

Die Berufung der Kläger gegen das am 17.05.2018 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahren tragen die Kläger zu je 1/2.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 75.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger haben ursprünglich die Beklagte zu 1 – ein Zimmereiunternehmen -, die Beklagte zu 2) als Versicherer und den Beklagten zu 3) als von der Beklagten zu 2) eingesetzten Regulierungsbeauftragten auf Schadensersatz nach einem Gebäudeschaden in Folge eines Unwetters im Jahre 2013 in Anspruch genommen. Nach einer zwischenzeitlichen Klagerücknahme gegenüber der Beklagten zu 1) verfolgen sie ihre Ansprüche noch gegen die Beklagten zu 2) und 3).

Die Kläger sind Eigentümer des Gebäudes M-Straße in C, das sie von dem Voreigentümer X erwarben. Dieser unterhielt bei der Beklagten zu 2) eine Wohngebäudeversicherung, die auf die Kläger übergegangen ist. Dem Vertrag liegen die „Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung“ zugrunde (GA 24 ff.).

Noch vor dem Erwerb des Hauses durch die Kläger entstand im Jahre 2013 an diesem nach einem Unwetter ein erheblicher Schaden. Nachdem der Voreigentümer den Schaden bei der Beklagten zu 2) gemeldet hatte, beauftragte diese den Beklagten zu 3) mit der Feststellung der Schadenshöhe.

Im weiteren Verlauf wurde ein Kostenvoranschlag der ursprünglichen Beklagten zu 1) eingeholt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wer dies veranlasste. Der Beklagte zu 3) prüfte im Auftrag der Beklagten zu 2) den Kostenvoranschlag und gab zu erkennen, dass die dort angesetzten Kosten aus seiner Sicht in mehreren Punkten überhöht seien. Daraufhin erstellte die Beklagte zu 1) ein Angebot zu einem Pauschalpreis, der die Einwände des Beklagten zu 3) berücksichtigte.

Auf der Basis dieses Angebots beauftragten die Kläger die frühere Beklagte zu 1) mit der Durchführung der Reparaturarbeiten, die im Oktober 2013 abgeschlossen waren. Die vom Beklagten zu 1) in Rechnung gestellten Reparaturkosten wurden von der Beklagten zu 2) reguliert.

Am 01.11.2013 fand ein Ortstermin statt, bei welchem der Beklagte zu 3) die durchgeführten Arbeiten in Augenschein nahm.

Der Voreigentümer trat eventuelle Ansprüche gegen die Beklagten im Zusammenhang mit der Abwicklung des hier in Rede stehenden Versicherungsfalls an die Kläger ab.

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage Zahlung von weiteren Reparaturkosten in Höhe von 75.000,- EUR für die Beseitigung einer durchfeuchteten Wärmedämmung mit anschließenden Malerarbeiten sowie für die ordnungsgemäße Herstellung des Flachdaches.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe im Verhältnis zur Beklagten zu 2) kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu, weil es an einer der Beklagten zu 2) zurechenbaren Pflichtverletzung fehle. Seitens der Kläger sei nicht vorgetragen worden, dass der Beklagte zu 3) seine Rolle als „Helfer“ der Beklagten zu 2) überschritten habe, etwa indem er die Maßnahmen zur Schadensbeseitigung aus Sicht der Kläger verbindlich festgelegt hätte. Im Übrigen sei ein Schadensersatzanspruch auch verjährt. Dies gelte auch im Verhältnis zum Beklagten zu 3), wobei insoweit zudem nicht einmal eine Anspruchsgrundlage ersichtlich sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der genauen Argumentation des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil (GA 133 ff.) verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie machen geltend, die vom Beklagten zu 3) vorgenommenen „Kürzungen“ gegenüber dem ursprünglichen Kostenvoranschlag hätten Teile der Reparaturarbeiten betroffen, die für eine ordnungsgemäße und dichte Wiederherstellung des beschädigten Daches wesentlich gewesen wären. Ferner habe der Beklagte zu 3) übersehen, dass bereits eingetretenes Wasser zu weiteren Schäden geführt habe. Dem Beklagten zu 3) sei bekannt gewesen, dass der Voreigentümer die fachliche Ordnungsgemäßheit der Arbeiten selbst gar nicht habe beurteilen können. Außerdem sei das Auftreten des Beklagten zu 3) im Ortstermin am 01.11.2013 für die Kläger so zu verstehen gewesen, dass es dabei um die Abnahme der Werkleistung des Beklagten zu 1) ging; auch dies spreche dafür, dass die Beklagten zu 2) und 3) für den Umfang der durchgeführten Reparaturarbeiten verantwortlich seien.

Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 06.09.2018 (GA 192 ff.) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Landgerichts Münster vom 17.05.2018 (Az. 115 O 151/17) abzuändern und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 75.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen jeweils, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Kläger durch Beschluss vom 12.10.2018 (GA 215 ff.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da den Klägern weder im Verhältnis zur Beklagten zu 2) noch gegenüber der Beklagten zu 3) ein Schadensersatzanspruch zustehe.

Die Kläger haben sich gegen diesen Hinweis gewandt. Sie verweisen erneut darauf, dass aus Sicht des Voreigentümers keine Veranlassung bestand, der Sachkunde des Beklagten zu 3) nicht umfassend zu vertrauen. Bei einem weiteren Ortstermin im Jahre 2014 habe der Beklagte zu 3) im Übrigen selbst bestätigt, dass die Arbeiten von der Beklagten zu 1) nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden seien. Die rechtliche Problematik der Haftung eines sachkundig auftretenden Sachverständigen gegenüber dem Versicherungsnehmer bedürfe einer erneuten Bewertung durch den Bundesgerichtshof, damit dieser gegebenenfalls seine bisherige Rechtsprechung überdenken und korrigieren könne. Die vom Senat im Beschluss vom 12.10.2018 dargelegte Rechtsauffassung klinge „weltfremd“; der Senat verkenne, dass aus Sicht eines laienhaften Versicherungsnehmers aufgrund des Auftretens des Beklagten zu 3) verbindlich festgelegt worden sei, wie die Reparaturarbeiten auszuführen seien.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 14.11.2018 (GA 225 ff.) verwiesen.

II.

Gebäudeversicherung - Regulierungsbeauftragtenhaftung
(Symbolfoto: Von Rattana.R/Shutterstock.com)

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage sowohl hinsichtlich der Beklagten zu 2) als auch hinsichtlich des Beklagten zu 3) abgewiesen.

Die Berufungsangriffe der Kläger, wie sie sich aus der Berufungsbegründung vom 06.09.2018 (GA 192 ff.) und aus dem Schriftsatz vom 14.11.2018 (GA 225 ff.) ergeben, greifen nicht durch.

Den Klägern steht schon tatbestandlich ein Anspruch auf Zahlung von 75.000,- EUR nebst Zinsen weder gegen die Beklagte zu 2) noch gegen den Beklagten zu 3) zu. Sie sind durch die mit dem Voreigentümer der Immobilie vereinbarte Abtretung nicht Inhaber eines solchen Anspruchs geworden, weil in der Person des Voreigentümers ein solcher Anspruch nicht entstanden ist. Auch in ihrer Person ist ein solcher Anspruch nicht erwachsen.

1.

Soweit die Kläger Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) – also den von der Beklagten zu 2) eingesetzten Regulierungsbeauftragten – geltend machen, fehlt es schon an einer geeigneten Anspruchsgrundlage.

a)

Ansprüche unmittelbar aus § 280 Abs. 1 BGB scheiden aus. Ein eigenes Vertragsverhältnis zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten zu 3) besteht nicht. Es ist unstreitig, dass der Beklagte zu 3) von der Beklagten zu 2) in die Schadensabwicklung eingeschaltet wurde und auch nur zu dieser in einem vertraglichen Verhältnis stand.

b)

Ebenso wenig kommt ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass der Voreigentümer der Immobilie in den Schutzbereich des zwischen dem Beklagten zu 3) und der Beklagten zu 2) bestehenden Vertragsverhältnisses einbezogen wäre.

Damit die Haftung des Schuldners nicht unkalkulierbar ausgedehnt wird, sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen. Neben der Leistungsnähe des Schuldners muss ein Einbeziehungsinteresse des Gläubigers bestehen; ferner muss der Dritte schutzbedürftig sein (zu all dem Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 328 Rn. 16 ff.). Dies setzt voraus, dass an der Ausdehnung des vertraglichen Schutzes nach Treu und Glauben ein Bedürfnis besteht, weil der Dritte anderenfalls nicht ausreichend geschützt wäre.

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist eine Einbeziehung des Voreigentümers in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten zu 2) und dem Beklagten zu 3) bestehenden Vertragsverhältnisses abzulehnen (vgl. dazu auch OLG Nürnberg, Urteil vom 19.06.2001 – 1 U 925/01, VersR 2001, 1552). Es ist schon zweifelhaft, ob in Fallgestaltungen wie der vorliegenden ein Einbeziehungsinteresse des Versicherers besteht; jedenfalls aber war der Voreigentümer nicht schutzwürdig. Wenn er der Auffassung war, der Versicherer erbringe eine zu geringe Leistung, konnte er ohne Weiteres in diesem Verhältnis seine vertraglichen Rechte durchsetzen. Erbrachte dagegen der Werkunternehmer seine Leistung mangelhaft, standen dem Voreigentümer gegenüber diesem die vertraglichen Gewährleistungsrechte zu, deren Anspruchsvoraussetzungen nicht durch eine Schadensersatzverpflichtung des Versicherers unterlaufen werden dürfen.

c)

Schließlich besteht kein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 311 Abs. 3 BGB.

aa)

Gemäß § 311 Abs. 3 BGB kann ein Schuldverhältnis mit Rechten und Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB zwar auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Dies gilt gemäß § 311 Abs. 3 S. 2 BGB insbesondere dann, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

§ 311 Abs. 3 BGB hat die frühere Rechtsprechung zur culpa in contrahendo in das Gesetz übernommen, wonach ausnahmsweise eine persönliche Haftung des Vertreters oder Verhandlungsgehilfen anzunehmen war, wenn er besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Voraussetzung für eine Anwendung dieser Vorschrift ist danach, dass der Vertreter durch sein Auftreten eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernommen hat (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 311 Rn. 63). Nicht ausreichend ist hingegen das bloße Auftreten als „ausgewiesener Fachmann“ und „Wortführer“ (BGH, Urteil vom 07.12.1992 – II ZR 179/91, NJW-RR 1993, 342, juris Rn. 19 f.), ebenso wenig der Hinweis auf eine besondere eigene Sachkunde (BGH, Urteil vom 17.10.1989 – XI ZR 173/88, VersR 1990, 157, juris Rn. 17).

Die Auffassung der Kläger, der Bundesgerichtshof müsse Gelegenheit bekommen, seine bisherige Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Verhandlungsgehilfen gerade auch im Verhältnis zwischen einem Versicherungsnehmer einerseits und dem Regulierungsbeauftragten eines Versicherers andererseits „zu überdenken und ggf. zu korrigieren“, vermag der Senat nicht zu folgen. Die durch die Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Verhandlungsgehilfen aufgestellten Grundsätze sind seit langem anerkannt und entsprechen ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. zuletzt BGH, Urteil vom 17.04.2018 – II ZR 265/16, NJW-RR 2018, 873, juris Rn. 17). Konkrete Gründe, warum sie nicht auch auf das Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Regulierungsbeauftragten Anwendung finden sollten, tragen auch die Kläger nicht vor.

bb)

Danach kommt ein eigenes Schuldverhältnis zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten zu 3) nicht in Betracht.

(1)

Soweit der Beklagte zu 3) auf den Voreigentümer einen besonders fachkundigen Eindruck vermittelte und aus dessen Sicht womöglich im Rahmen der Schadensabwicklung im Vordergrund stand, ist dies nach dem soeben Gesagten für eine Anwendung von § 311 Abs. 3 BGB nicht ausreichend. Ebenso wenig genügt der Verweis der Kläger, dass der Voreigentümer die fachliche Ordnungsgemäßheit der durchzuführenden Arbeiten selbst gar nicht beurteilen konnte. Allein das führt noch nicht dazu, dass der Versicherer ihn entsprechend zu beraten hätte, sondern der Voreigentümer hätte sich in diesem Fall entsprechendes Fachwissen anderweitig – durch Hinzuziehung eines eigenen Fachmannes – verschaffen müssen. Dass der Voreigentümer rein tatsächlich auf die Angaben des Beklagten zu 3) vertraut haben mag, genügt gerade nicht; denn für die Eigenhaftung des Vertreters reicht es nicht aus, dass der Vertragspartner dem Verhandelnden besonderes Vertrauen entgegenbringt (BGH, Urteil vom 07.12.1992 – II ZR 179/91, NJW-RR 1993, 342, juris Rn. 19).

(2)

Dass der Beklagte zu 3) darüber hinausgehend in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hätte, ist nicht ersichtlich.

(a)

Für einen verständigen Versicherungsnehmer war von Vornherein der Zweck der Begutachtung durch den Beklagten zu 3) erkennbar, nicht den Versicherungsnehmer bei der Beseitigung des Schadens zu beraten, sondern eine Grundlage für die Schadensberechnung durch den Wohngebäudeversicherer zu schaffen. Mag diese Begutachtung auch faktische Auswirkungen auf die Dispositionen der Kläger gehabt haben, so sind diese eher mittelbarer Natur und vermögen die Begründung eines eigenen Schuldverhältnisses nach § 311 Abs. 3 BGB nicht zu rechtfertigen (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 19.06.2001 – 1 U 925/01, VersR 2001, 1552, juris Rn. 8). Aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers in der Position des Voreigentümers wurde der Beklagte zu 3) im Rahmen der Interessenwahrnehmung für den Versicherer tätig, nicht aber zugunsten des Voreigentümers.

(b)

Soweit die Kläger gegen den Hinweisbeschluss des Senats vom 12.10.2018 vorbringen, es habe aus Sicht der Kläger keine Veranlassung bestanden, der Sachkunde des Beklagten zu 3) nicht umfassend zu vertrauen, kann dem aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Vielmehr war es auch für die Kläger ersichtlich, dass der Zweck der Begutachtung durch den Beklagten zu 3) nicht in ihrer Beratung bestand, sondern in der Ermittlung der von der Beklagten zu 2) geschuldeten Versicherungsleistung. Im Übrigen hat der Senat entgegen dem Vorbringen im Schriftsatz vom 14.11.2018 in seinem Hinweisbeschluss den Kürzungen durch den Beklagten zu 3) gerade nicht jegliche „Einflussnahme auf das Reparaturergebnis“ abgesprochen. Vielmehr hat der Senat gerade deutlich gemacht, dass solche Auswirkungen faktisch durchaus vorliegen mögen, aber die Begründung eines eigenen Schuldverhältnisses nicht zu rechtfertigen vermögen.

(c)

Schließlich vermag der Senat auch der Auffassung der Kläger nicht zu folgen, wonach der Versicherer deutlich zu machen habe, dass es sich um eine „private unverbindliche Einschätzung“ handele und der Versicherungsnehmer „letztendlich immer die volle Verantwortung für sein eigenes Reparaturverhalten“ trage. Letzteres ergibt sich vielmehr hinreichend deutlich aus den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden AVB und – schon unabhängig davon – dem offenkundigen Sinn und Zweck des Einsatzes eines Regulierungsbeauftragten durch den Versicherer. Denn der Wohngebäudeversicherer schuldet regelmäßig – und so auch hier – nur die Erstattung der für eine Reparatur des Gebäudes erforderlichen Kosten, nicht aber die Durchführung der Reparatur selbst (vgl. § 11 der Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung, GA 24 ff., im Folgenden: AStB 2002). Es ist demnach grundsätzlich Sache des Versicherungsnehmers, für eine entsprechende Reparatur Sorge zu tragen und zu entscheiden, in welcher Art und Weise sie ausgeführt wird. Für eine Beratungspflicht des Versicherers, etwa aus § 6 Abs. 4 S. 1 VVG, besteht angesichts dieser klaren Regelungen keine Grundlage.

d)

Da mithin schon keine Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 3) besteht, kann dahinstehen, ob der Beklagte zu 3) sich – was zweifelhaft ist – mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen könnte.

2.

Ebenso wenig besteht gegenüber der Beklagten zu 2) ein Schadensersatzanspruch, den die Kläger durch die Abtretungsvereinbarung mit dem Voreigentümer hätten erlangen können.

Denn auch für den Voreigentümer ergibt sich ein solcher Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB.

Zwar bestand zwischen dem Voreigentümer und der Beklagten zu 2) ein Schuldverhältnis in Form des Versicherungsvertrages. Die Beklagte zu 2) hat aber weder selbst eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt, welche kausal den hier in Rede stehenden Schaden verursacht hätte, noch ist ihr eine solche Pflichtverletzung eines Dritten zurechenbar.

Gemäß § 241 Abs. 2 BGB sind die Parteien eines Schuldverhältnisses verpflichtet, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen. Zu den eigentlichen leistungsbezogenen Pflichten treten aufgrund dessen weitere Verhaltens- und Schutzpflichten. Ihr Inhalt und Umfang ist gesetzlich nicht geregelt, sondern hängt von dem jeweiligen Vertragszweck, der Verkehrssitte und den Anforderungen eines redlichen Geschäftsverkehrs ab (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 241 Rn. 7).

a)

Gemessen hieran hat die Beklagte zu 2) zunächst keine eigene Pflicht verletzt, aufgrund derer der Voreigentümer (und nach der Abtretung nunmehr die Kläger) den Ersatz des von ihnen im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadens verlangen könnten.

Wenn man dem klägerischen Vortrag entnehmen wollte, dass die von der Beklagten zu 2) ausgekehrte Versicherungsleistung hinter der Summe zurückblieb, auf welche der Voreigentümer womöglich Anspruch hatte, läge darin zwar eine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB. Denn eine solche liegt auch in der bloßen Nichterfüllung einer Leistungsverpflichtung (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 280 Rn. 13).

Eine derartige Pflichtverletzung führt aber nicht ohne Weiteres, sondern nur beim Hinzutreten weiterer Umstände zu einer Schadensersatzverpflichtung. Insbesondere kommt beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 286 BGB eine Pflicht zum Ersatz des Verzögerungsschadens in Betracht.

Den vorliegend geltend gemachten Schaden können die Kläger aber nicht als einen solchen Verzögerungsschaden geltend machen. Wie dargelegt schuldete die Beklagte zu 2) nur die Erstattung der für eine Reparatur des Gebäudes erforderlichen Kosten, nicht aber die Durchführung der Reparatur selbst. Dass etwa die (frühere) Beklagte zu 1) nur deshalb in dem konkret geschehenen Umfang – und nicht entsprechend dem ursprünglich vorgelegten Kostenvoranschlag – beauftragt wurde, weil die Beklagte zu 2) keine höhere Leistung erbrachte und den Klägern eigene Geldmittel nicht zur Verfügung standen, tragen die Kläger – auch auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 12.10.2018 hin – selbst nicht vor. Sie berufen sich vielmehr darauf, die Beklagten zu 2) und 3) hätten in unzulässiger Weise inhaltlich auf die Ausführung der Reparatur Einfluss genommen (dazu noch unten). Dies ist aber keine Frage eines Verzögerungsschadens in Folge einer (teilweisen) Nichterfüllung durch die Beklagte zu 2).

b)

Soweit die Kläger eine mangelhafte Erstellung des Werkes – nämlich der Reparatur des klägerischen Daches – durch die Beklagte zu 1) geltend machen, mag die Beklagte zu 1) dadurch gegenüber den Klägern eine Pflicht aus dem zwischen diesen Parteien bestehenden Schuldverhältnis (Werkvertrag) verletzt haben.

Dies ist der Beklagten zu 2) aber nicht zuzurechnen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Kläger selbst die (frühere) Beklagte zu 1) mit der Ausführung der Werkleistung, also mit der Reparatur des Daches, beauftragt haben. Wie dargelegt schuldet der Versicherer gerade nicht die Durchführung der Werkleistung, sondern nur eine Geldzahlung. Daraus folgt, dass ein vom Versicherungsnehmer beauftragter Handwerker nicht Erfüllungsgehilfe des Versicherungsnehmers ist, weil er nicht im Rahmen der Erfüllung einer vom Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer geschuldeten Verbindlichkeit tätig wird (OLG Celle, Urteil vom 20.05.2009 – 8 U 6/09, VersR 2010, 526).

Deshalb führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, dass die Kläger gegen den Hinweisbeschluss des Senats vom 12.10.2018 unter anderem eingewandt haben, der Beklagte zu 3) selbst habe bei einem späteren Ortstermin im Jahre 2014 eingeräumt, dass die Arbeiten durch die Beklagte zu 1) seinerzeit nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Eine solche mangelhafte Werkleistung durch die Beklagte zu 1) ist gerade nichts, was sich die Beklagte zu 2) zurechnen lassen müsste.

c)

Schließlich kann eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 2) auch nicht daraus hergeleitet werden, dass sie sich ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten zu 3) zurechnen lassen müsste.

aa)

Ein von dem Versicherer eingeschalteter Regulierungsbeauftragter wird, wie bereits ausgeführt, als Hilfsperson des Versicherers für diesen tätig, um eine Grundlage für die Berechnung der Versicherungsleistung zu schaffen. Die mit einer solchen Tätigkeit teils verbundenen faktischen Auswirkungen auf Entscheidungen des Versicherungsnehmers genügen aus den bereits dargelegten Gründen regelmäßig nicht, um in Fällen, in denen die Berechnung der Versicherungsleistung womöglich fehlerhaft erfolgt, von einer Pflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer auszugehen.

Eine solche dem Versicherer zurechenbare Pflichtverletzung des Regulierungsbeauftragten liegt vielmehr, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nur dann vor, wenn der Regulierungsbeauftragte sich nicht mit der Ermittlung der Versicherungsleistung für den Versicherer begnügt, sondern in pflichtwidriger Weise unmittelbaren Einfluss auf die Art und Weise der Durchführung der Schadensbeseitigung nimmt, insbesondere wenn er in einer aus Sicht des Versicherungsnehmers verbindlichen Weise die zur Schadensbeseitigung durchzuführenden Maßnahmen objektiv unzureichend festlegt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2012 – 9 U 64/11, VersR 2013, 757, juris Rn. 23). In diesen Fällen kommt eine Verletzung der Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB in Betracht, auf die Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen, und diese Pflichtverletzung ist dem Versicherer regelmäßig gemäß § 278 Abs. 1 BGB zurechenbar.

bb)

Vorliegend ist aber nicht dargelegt, dass der Beklagte zu 3) als Regulierungsbeauftragter in einer solchen Weise Einfluss auf die konkrete Art und Weise der Durchführung der Reparaturarbeiten genommen hätte.

(1)

Es ist schon nicht erkennbar, inwieweit die nach dem Klägervortrag vom Beklagten zu 3) vorgenommenen Kürzungen an dem von der früheren Beklagten zu 1) überreichten Kostenvoranschlag überhaupt Art und Umfang der durchzuführenden Arbeiten betrafen. Eine Kürzung bei solchen Positionen, die in keinem Zusammenhang mit den eigentlichen am Dach durchzuführenden Arbeiten standen (z.B. Position 01.02, Bereitstellung von Containern zum Abtransport von Schutt) kann nämlich von Vornherein keine Pflichtverletzung sein, die zum Ersatz des hier in Rede stehenden Schadens verpflichten könnte. Gleiches muss aber auch für solche Positionen gelten, die lediglich betragsmäßig gekürzt wurden, ohne den Umfang der durchzuführenden Arbeiten zu verändern; hinsichtlich solcher Positionen war es nämlich schlicht Angelegenheit des früheren Beklagten zu 1) als Werkunternehmer zu prüfen, ob aus seiner Sicht eine wirtschaftliche Durchführung dieser Arbeiten möglich ist, und ggf. Sache des Voreigentümers, darauf zu reagieren. Auch auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 12.10.2018 ist zu alledem kein weiterer Sachvortrag der Kläger erfolgt.

(2)

Aber selbst wenn der Beklagte zu 3) konkrete Kürzungen vorgenommen haben sollte, welche die Art und den Umfang der durchzuführenden Arbeiten betrafen, änderte dies nichts daran, dass er damit aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers keineswegs diese Arbeiten verbindlich festlegte, sondern lediglich eine Grundlage für die Entschädigungsberechnung durch die Beklagte zu 2) schaffen wollte. Er wurde damit ausschließlich im Rahmen der Interessenwahrnehmung für die Beklagte zu 2) als Versicherer tätig. Dass diese Tätigkeit rein faktisch eine gewisse Leitwirkung für die Kläger gehabt haben mag, ändert aus den bereits dargelegten Gründen nichts daran, dass der Beklagte zu 3) dennoch ihnen gegenüber keinerlei verbindliche Reparaturvorgaben machte.

Auch der Vortrag der Kläger, der Beklagte zu 3) habe die Arbeiten der früheren Beklagten zu 1) nach deren Fertigstellung „abgenommen“, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es liegt auf der Hand, dass der Versicherer nach Durchführung der Arbeiten zur Prüfung seiner Leistungspflicht ermitteln darf, ob diese zu einer vollständigen Wiederherstellung des früheren Zustandes geführt haben, zumal dies Voraussetzung für die Auszahlung der „Neuwertspitze“ (§ 11 Nr. 6 AStB 2002) sein kann. Konkrete Umstände, die darauf hindeuten würden, dass der Beklagte zu 3) auch im Verhältnis zu den Klägern für eine verbindliche Prüfung einstehen wollte, dass die Arbeiten im werkvertraglichen Sinne mangelfrei erbracht worden waren, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(3)

Der erstmalig in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag der Kläger, der Beklagte zu 3) habe zudem auch übersehen, dass durch bereits eingetretenes Wasser die Dachisolierung schon so weit geschädigt war, dass es im Inneren des Gebäudes zu weiteren Schäden durch Schwamm- und Schimmelbildung gekommen sei, betrifft eine gänzlich andere Vermögensposition als die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Schäden und vermag der Klage daher ebenso wenig zum Erfolg zu verhelfen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob dieser Vortrag nach Maßgabe von § 531 ZPO novenrechtlich überhaupt beachtlich ist.

d)

Auch hinsichtlich der Beklagten zu 3) kommt es angesichts des Vorstehenden auf die Frage des Bestehens einer Verjährungseinrede nicht an.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10 Satz 2, § 711 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses unmittelbar aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

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