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Kfz-Kaskoversicherung – Vandalismusschaden

Wegweisendes Urteil: Kfz-Versicherungen müssen für Vandalismusschäden aufkommen

In einem bemerkenswerten Urteil hat das OLG Hamm entschieden, dass einem Kläger Entschädigung aus seiner Kfz-Kaskoversicherung für einen Vandalismusschaden zusteht. Die Versicherung hatte argumentiert, dass die Schäden am Fahrzeug des Klägers nicht unter die Versicherungsbedingungen fallen würden. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die Schäden sowohl als Vandalismus als auch als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen anzusehen sind. Damit bestätigte es das Urteil des Landgerichts und lehnte die Berufung der Beklagten ab. Der Kläger hat demnach einen Anspruch auf Entschädigung für die Reparaturkosten seines durch Vandalismus beschädigten Fahrzeugs.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 44/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Vandalismusschaden anerkannt: Das Gericht erkannte die Lackschäden am Fahrzeug des Klägers als Vandalismusschaden und damit als versicherten Schaden an.
  2. Definition eines Unfalls: Zusätzlich wurden die Schäden auch als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen angesehen, wodurch der Entschädigungsanspruch des Klägers bestätigt wurde.
  3. Beweislast der Versicherung: Die Versicherung konnte nicht beweisen, dass der Schaden durch den Kläger selbst verursacht wurde, wodurch die Beweislast bei der Versicherung liegt.
  4. Keine Beweiserleichterungen für den Versicherer: Das Gericht stellte klar, dass für die Versicherung keine Beweiserleichterungen gelten, um ihre Argumentation zu unterstützen.
  5. Mut- oder böswillige Handlung: Es wurde festgestellt, dass die Schäden auf eine gezielte Handlung zurückzuführen sind, was für einen Vandalismusschaden spricht.
  6. Unabhängig vom Motiv des Täters: Das Motiv hinter der Beschädigung (mutwillig oder böswillig) ist für die Anerkennung des Schadens als Vandalismusschaden unerheblich.
  7. Schadenmuster: Das Schadenmuster deutet auf eine vorsätzliche Beschädigung hin, was gegen eine zufällige oder unbeabsichtigte Beschädigung spricht.
  8. Entschädigungsanspruch bestätigt: Der Kläger hat einen Anspruch auf Entschädigung der Nettoreparaturkosten aus der Vollkaskoversicherung.

Vandalismusschäden und Kfz-Kaskoversicherungen

Die Kfz-Kaskoversicherung bietet Fahrzeughaltern Schutz vor Schäden, die nicht durch einen Verkehrsunfall verursacht wurden. Sie deckt unter anderem Beschädigungen durch mutwillige Handlungen Dritter ab. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wann solche Vandalismusschäden als versichert gelten.

Sachbeschädigungen, die durch vorsätzliches zerstörerisches Handeln herbeigeführt werden, können durchaus versicherte Schäden im Rahmen der Kaskoversicherung darstellen. Entscheidend sind hierbei die konkreten Versicherungsbedingungen sowie die Umstände des Einzelfalls. Von Bedeutung ist etwa, ob die Beschädigung mutwillig oder böswillig erfolgte und ob vom Schadenbild auf eine vorsätzliche Handlung geschlossen werden kann.

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Versicherungsrecht: OLG Hamm entscheidet über Kfz-Kaskoversicherung und Vandalismusschaden

In einem richtungsweisenden Urteil des OLG Hamm, Az.: I-20 U 44/15, vom 10. Juni 2015, wurde ein bedeutender Fall im Bereich der Kfz-Kaskoversicherung und des Versicherungsrechts entschieden. Ein Versicherungsnehmer erhielt eine Entschädigung für Vandalismusschäden an seinem Fahrzeug, die die Versicherung zunächst ablehnte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Natur von Versicherungsansprüchen bei Vandalismus und Unfallschäden und die Beweislast, die mit solchen Ansprüchen verbunden ist.

Der Kern des Falls: Vandalismusschaden und Versicherungsanspruch

Die Auseinandersetzung begann, als der Kläger bei seiner Kfz-Versicherung einen Schaden geltend machte, der durch mut- oder böswillige Handlungen Dritter verursacht worden war. Die Schäden am versicherten Fahrzeug wurden durch Lackschäden ersichtlich, welche die Versicherung nicht als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen anerkennen wollte. Das Landgericht gab jedoch der Klage statt und sprach dem Kläger einen Entschädigungsanspruch in Höhe der geltend gemachten Nettoreparaturkosten zu. Die Entscheidung begründete sich sowohl auf Ziffer A.2.3.3 als auch auf Ziffer A.2.3.2 der allgemeinen Kaskobedingungen (AKB), die solche Schäden explizit einschließen.

Die rechtliche Herausforderung: Beweislast und Interpretation

Das Urteil unterstreicht, dass bei Schäden, die sowohl als Ergebnis mut- oder böswilliger Handlungen als auch als Unfälle interpretiert werden können, eine feine rechtliche Unterscheidung erforderlich ist. Der Senat stellte klar, dass dem Versicherungsnehmer keine Beweiserleichterungen zustehen, wie sie etwa bei Diebstahlschäden in der Teilkaskoversicherung Anwendung finden. Die Beweislast, dass ein Schaden nicht durch den Versicherungsnehmer selbst herbeigeführt wurde, liegt somit bei der Versicherung. Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung des Schadensbildes und der Umstände, unter denen der Schaden entstand, für die Beurteilung von Versicherungsansprüchen.

Die Entscheidung des Gerichts: Anerkennung des Vandalismusschadens

Der entscheidende Punkt des Urteils war, dass die Schäden am Fahrzeug des Klägers als Vandalismusschäden anerkannt wurden, die durch eine vorsätzliche Beschädigung seitens Dritter entstanden sind. Diese Anerkennung ist von großer Bedeutung, da sie die Versicherung verpflichtet, für die Reparaturkosten aufzukommen. Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück, da keine ausreichenden Beweise vorgelegt wurden, die gegen einen Vandalismusschaden sprechen würden. Stattdessen wurde festgestellt, dass die Schäden eindeutig auf eine gezielte Handlung zurückzuführen sind, was für eine mut- oder böswillige Beschädigung spricht.

Schlüsselargumente und ihre Bedeutung für Versicherungsnehmer

Das Urteil des OLG Hamm stellt einen wichtigen Bezugspunkt für Versicherungsnehmer dar, die mit ähnlichen Situationen konfrontiert sind. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer genauen Betrachtung des Schadensbildes und der Umstände, die zu einem Schaden geführt haben, um einen Versicherungsanspruch geltend machen zu können. Zudem zeigt es auf, dass die Versicherungen eine starke Beweislast tragen, wenn sie einen Schaden als nicht unter die Versicherungsbedingungen fallend einstufen möchten. Dies bietet Versicherungsnehmern eine stärkere Grundlage für die Durchsetzung ihrer Ansprüche im Fall von Vandalismus- oder Unfallschäden.

Insgesamt betont das Urteil die Bedeutung einer klaren und genauen Kommunikation zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern und unterstreicht die Notwendigkeit einer fairen und gerechten Behandlung von Versicherungsansprüchen, besonders in Fällen, in denen die Schadensumstände komplex sind.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter Vandalismusschäden am Fahrzeug?

Vandalismusschäden am Fahrzeug bezeichnen Schäden, die absichtlich und mutwillig von Personen verursacht werden, die nicht zum Betrieb des Fahrzeugs gehören. Diese Art von Schäden kann vielfältig sein und reicht von zerkratztem Lack, eingedellter Karosserie, abgetretenen Spiegeln, eingeschlagenen Scheiben, abgebrochenen Antennen bis hin zu schwerwiegenderen Beschädigungen wie Brandstiftung am Fahrzeug. Vandalismus erfordert ein vorsätzliches Handeln, also die absichtliche Beschädigung oder Zerstörung fremden Eigentums. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Beschädigung am Fahrzeug als Vandalismus gilt; versehentlich verursachte Schäden fallen nicht unter diese Kategorie.

In Bezug auf die Versicherungsdeckung sind Vandalismusschäden in der Regel nicht durch die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt, da diese nur Schäden abdeckt, die man selbst an Fahrzeugen Dritter verursacht. Um gegen Vandalismusschäden abgesichert zu sein, ist eine Vollkaskoversicherung erforderlich. Diese deckt nahezu alle Arten von Vandalismusschäden ab, allerdings mit der Einschränkung, dass Schäden an Reifen oft ausgenommen sind, um das Risiko von Versicherungsbetrug zu minimieren. Die Teilkaskoversicherung bietet hingegen Deckung für bestimmte Schäden wie Glasbruch oder Brandschäden, falls das Fahrzeug beispielsweise in Brand gesetzt wurde.

Es ist auch zu beachten, dass die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung für Vandalismusschäden Auswirkungen auf die Schadenfreiheitsklasse haben kann, was zu höheren Versicherungsbeiträgen in der Zukunft führen kann. Daher empfehlen einige Versicherungen, kleinere Schäden möglicherweise selbst zu tragen, um eine Hochstufung und damit verbundene höhere Kosten zu vermeiden.

Zusätzlich zu den finanziellen Aspekten von Vandalismusschäden ist es wichtig, bei Feststellung solcher Schäden die Polizei zu informieren und den Schaden zu dokumentieren, um eine Anzeige zu erstatten. Dies ist ein wesentlicher Schritt, um mögliche Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen und unterstützt die polizeilichen Ermittlungen.

Wie wird ein Vandalismusschaden bei der Versicherung nachgewiesen?

Um einen Vandalismusschaden bei der Versicherung nachzuweisen, sind mehrere Schritte erforderlich, die darauf abzielen, die Glaubwürdigkeit und die Umstände des Schadens zu dokumentieren. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

  • Dokumentation des Schadens: Es ist entscheidend, den Schaden umfassend zu dokumentieren. Dazu gehören Fotos oder Videos, die den Schaden aus verschiedenen Perspektiven zeigen. Diese visuelle Dokumentation sollte unmittelbar nach Entdeckung des Schadens erfolgen, um den Zustand des Fahrzeugs genau festzuhalten.
  • Anzeige bei der Polizei: Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Erstattung einer Anzeige bei der Polizei, idealerweise unverzüglich nach Feststellung des Schadens. Die Polizeianzeige dient als offizieller Beleg, dass der Schaden durch Vandalismus entstanden ist. In manchen Fällen kann die Polizei auch Ermittlungen aufnehmen, die zur Identifizierung der Täter führen können.
  • Meldung bei der Versicherung: Der Schaden muss der Versicherung gemeldet werden, wobei die Meldung so schnell wie möglich erfolgen sollte. Viele Versicherungen setzen Fristen für die Schadensmeldung, deren Nichteinhaltung zu Problemen bei der Schadensregulierung führen kann. Bei der Meldung sollten alle relevanten Informationen zum Schaden und, falls vorhanden, die Polizeiakte angegeben werden.
  • Einholung eines Gutachtens: In vielen Fällen fordert die Versicherung ein Gutachten eines Sachverständigen, um den Umfang und die Ursache des Schadens zu bewerten. Das Gutachten dient als Grundlage für die Schadensregulierung durch die Versicherung.
  • Aufbewahrung von Belegen: Sollten Reparaturen notwendig sein, ist es wichtig, alle Belege und Rechnungen aufzubewahren. Diese dienen als Nachweis der entstandenen Kosten und sind für die Schadensregulierung durch die Versicherung erforderlich.
  • Kommunikation mit der Versicherung: Während des gesamten Prozesses ist eine offene und transparente Kommunikation mit der Versicherung wichtig. Sollten zusätzliche Informationen oder Dokumente benötigt werden, ist es ratsam, diese zeitnah bereitzustellen.

Es ist zu beachten, dass die Beweislast in der Regel beim Versicherungsnehmer liegt. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer nachweisen muss, dass der Schaden tatsächlich durch Vandalismus entstanden ist und die Schadensursache den Bedingungen der Versicherungspolice entspricht.

Inwiefern unterscheiden sich Voll- und Teilkaskoversicherung bei Vandalismus?

Die Hauptunterschiede zwischen Vollkasko- und Teilkaskoversicherung in Bezug auf Vandalismus liegen im Umfang der abgedeckten Schäden und den Auswirkungen auf den Versicherungsnehmer. Hier eine detaillierte Übersicht:

Vollkaskoversicherung

  • Umfang der Abdeckung: Die Vollkaskoversicherung deckt mutwillig herbeigeführte Beschädigungen am Fahrzeug ab, die durch Vandalismus entstehen. Dazu gehören beispielsweise zerkratzter Lack, zerstochene Reifen oder Schäden durch Steinwürfe.
  • Selbst verschuldete Unfälle: Neben Vandalismusschäden deckt die Vollkaskoversicherung auch selbst verschuldete Unfallschäden am eigenen Auto ab.
  • Auswirkungen auf den Schadenfreiheitsrabatt: Schäden, die über die Vollkaskoversicherung reguliert werden, können sich auf den Schadenfreiheitsrabatt auswirken und somit zu höheren Versicherungsbeiträgen in der Zukunft führen.
  • Selbstbeteiligung: Bei der Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung muss der Versicherungsnehmer in der Regel eine vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung einkalkulieren.

Teilkaskoversicherung

  • Umfang der Abdeckung: Die Teilkaskoversicherung kommt für Schäden am Fahrzeug auf, die durch bestimmte Ereignisse wie Brand, Glasbruch oder Einbruch entstanden sind. Vandalismusschäden, die nicht unter diese Kategorien fallen (wie z.B. Kratzer im Lack oder Dellen), sind in der Regel nicht durch die Teilkasko abgedeckt.
  • Keine Abdeckung für selbst verschuldete Unfälle: Im Gegensatz zur Vollkasko deckt die Teilkasko keine selbst verschuldeten Unfallschäden am eigenen Fahrzeug ab.
  • Keine Auswirkungen auf den Schadenfreiheitsrabatt: Schäden, die über die Teilkaskoversicherung reguliert werden, wirken sich nicht auf den Schadenfreiheitsrabatt aus.
  • Spezifische Schadensfälle: Die Teilkasko tritt in spezifischen Fällen ein, wie z.B. bei Schäden durch Böller, Brand oder Explosion sowie bei eingeschlagenen Scheiben. Oft werden auch zerschlagene Abdeckungen von Scheinwerfern und Rückleuchten von der Teilkaskoversicherung ersetzt.

Zusammenfassend bietet die Vollkaskoversicherung einen umfassenderen Schutz, der auch Vandalismusschäden abdeckt, die über die Grenzen der Teilkasko hinausgehen. Die Wahl zwischen Voll- und Teilkasko sollte daher unter Berücksichtigung des Fahrzeugwerts, des Risikos von Vandalismusschäden und der persönlichen Risikobereitschaft getroffen werden.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 522 Abs. 2 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit für ein Gericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Im Kontext des Urteils zeigt dies, dass das Berufungsgericht keine Notwendigkeit sah, die Angelegenheit weiter zu verhandeln, da die Entscheidung des Landgerichts als rechtlich fundiert angesehen wurde.
  • Allgemeine Kaskobedingungen (AKB), Ziffer A.2.3.3 und A.2.3.2: Diese Teile der Versicherungsbedingungen definieren, was unter einem versicherten Schaden zu verstehen ist, insbesondere im Kontext von Vandalismus und Unfallschäden. Die Bedeutung dieser Ziffern im Urteil unterstreicht, dass Lackschäden am Fahrzeug des Klägers als versicherte Schäden anerkannt wurden, sowohl unter dem Aspekt des Vandalismus als auch eines Unfalls.
  • § 81 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalles und die Folgen ihrer Verletzung. Im vorliegenden Fall betont das Gericht, dass dem Versicherungsnehmer keine Beweiserleichterungen zustehen und somit der Grundsatz der Beweislast, speziell in Bezug auf die Herbeiführung des Versicherungsfalls, relevant ist.
  • Prinzip der Beweislast: Im Kontext der Versicherungsansprüche spielt das Prinzip der Beweislast eine wesentliche Rolle. Es bestimmt, welche Partei die Verantwortung trägt, die Tatsachen eines Falls zu beweisen. Hier legt das Gericht dar, dass die Beweislast bei der Versicherung liegt, insbesondere in Bezug darauf, dass der Schaden nicht durch den Versicherungsnehmer verursacht wurde.
  • Begriff des Vandalismusschadens: Der Begriff Vandalismusschaden ist zentral für den Fall, da er den Typ des Schadens definiert. Vandalismusschäden sind Schäden, die durch mut- oder böswillige Handlungen Dritter entstehen. Das Gericht betont, dass die Schäden am Fahrzeug des Klägers als solche anerkannt wurden.
  • Bedeutung der Schadensbilder: Die Interpretation von Schadensbildern spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung von Versicherungsansprüchen. Im besprochenen Urteil war das Schadensbild ein wesentliches Element zur Unterstützung der Feststellung, dass es sich um einen versicherten Vandalismusschaden handelt.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 44/15 – Beschluss vom 10.06.2015

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.

I.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, weil dem Kläger aus dem Vollkaskoversicherungsvertrag ein Entschädigungsanspruch iHd geltend gemachten Nettoreparaturkosten zusteht.

Dies ergibt sich sowohl aus Ziffer A.2.3.3 der vorgelegten AKB als auch aus Ziffer A.2.3.2, weil sich die Lackschäden am versicherten Fahrzeug nicht nur als Ergebnis einer mut- oder böswilligen Handlung Dritter darstellen, sondern zugleich als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen.

Dabei steht der Senat auf dem Standpunkt, dass dem Versicherungsnehmer weder für den Versicherungsfall des Unfalls noch für das Bestehen eines Vandalismusschadens Beweiserleichterungen zustehen, wie sie die Rechtsprechung für den Versicherungsfall Diebstahl in der Teilkaskoversicherung entwickelt hat (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, VVG 29. Aufl. 2015, A.2.3 AKB 2008, Rn. 2, 17; so aber für den Vandalismusschaden Stiefel/Mayer/Stadler aaO, Rn. 83, mit Verweis auf OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.1995 – 4 U 146/94 – juris). Ob nämlich ein Fahrzeug durch ein plötzlich von außen mechanisch wirkendes Ereignis oder durch eine mut- oder böswillige Handlung Dritter beschädigt wird, entzieht sich nicht typischerweise der Wahrnehmung des Versicherungsnehmers und ist regelmäßig schon durch das Schadensbild nachweisbar, so dass es insoweit keiner aus dem Versicherungsversprechen abzuleitender Beweiserleichterungen bedarf (BGH, Urteil vom 25.06.1997 – IV ZR 245/96 – Rn. 6). Ebenso wenig stehen deshalb dem Versicherer Beweiserleichterungen für die von ihm zu beweisenden Fragen der Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer (und nicht durch einen Dritten) zu, wie sie sich aus § 81 VVG und Ziffer A.2.3.3 AKB ergeben (BGH aaO, Rn. 7; ebenso zur Beweislast des Versicherers OLG Köln, Urteil vom 03.06.2008 – 9 U 35/07 – Rn. 7, juris; Urteil vom 13.12.2011 – 9 U 83/11 – Rn. 12, juris).

Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes:

1. Dass der geltend gemachte Schaden zunächst vorbehaltlich der Frage der Täterschaft als bedingungsgemäßer Vandalismusschaden zu werten ist, ergibt sich schon aus dem Schadenbild, welches offenbar auf eine gezielte und damit vorsätzliche Beschädigung des Fahrzeugs hindeutet. Dies genügt für die Annahme einer mut- oder böswilligen Beschädigung, denn eine solche liegt vor, wenn der Vorsatz des Täters auf eine Beschädigung des Wagens gerichtet ist (Stiefel/Mayer/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB A Rn. 77). Dass die Lackschäden am Wagen des Klägers nicht auf versehentlichen Kollisionen beruhen, ist offensichtlich und steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Ob das Motiv des Täters eine bloße sinnlose Beschädigungslust war und er damit mutwillig handelte, oder ob er aus feindlicher Haltung dem Fahrzeugeigentümer gegenüber und damit böswillig tätig wurde, ist dabei unerheblich (vgl. Stiefel/Mayer/Stadler aaO, Rn. 78). Der Beweis eines Vandalismusschadens ist hier nicht dadurch in Frage gestellt, dass es dem Täter mit der Beschädigung sämtlicher Bauteile offenbar darauf ankam, einen möglichst hohen Schaden herbeizuführen. Nach Wertung des Senats ist es vielmehr kennzeichnend für eine böswillige Beschädigung, dass der Täter gezielte Schäden verursacht, statt wahllos und unüberlegt vorzugehen (so aber OLG Köln, Urteil vom 13.12.2011 – 9 U 83/11 – Rn. 14). Schließlich kann es gerade einem aus Neid oder feindlicher Gesinnung und damit böswillig vorgehenden Täter darauf ankommen, eine möglichst umfängliche Beschädigung herbeizuführen. Dass sich Vandalismusschäden häufig, ggf. sogar typischerweise als das Ergebnis spontaner bzw. unüberlegter (und damit eher mutwilliger) Handlungen darstellen und damit weniger schadensträchtig sind als der Schaden am Fahrzeug des Klägers, ist damit ohne Belang und nicht im Wege einer sachverständigen Begutachtung näher aufzuklären. Das Versicherungsversprechen bezieht sich nicht nur auf aus Sicht der Beklagten typische Vandalismusschäden von Randalierern und damit auf mutwillig herbeigeführte Schäden, sondern ausdrücklich auf sämtliche Schäden auch aufgrund böswilliger Handlungen, die von einem Dritten begangen wurden.

Im Übrigen ist nach dem aus den vorgelegten Photos ersichtlichen Schadenbild nicht auszuschließen, dass die Schäden in relativ kurzer Zeit und ohne größere Überlegungen (und damit von einem mutwillig handelnden Täter) angebracht wurden. Es handelt sich schließlich durchweg um schmale Kratzer, die schnell in den Lack gezogen werden können. Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die im mittleren und unteren Karosseriebereich ersichtlichen Schäden auch darauf beruhen könne, dass der Täter sich hinter dem Auto bückte, um nicht entdeckt zu werden. Ein kompliziertes Beschädigungsmuster, welches einem ggf. spontan handelnden Randalierer nicht zuzutrauen wäre, ist damit nicht gegeben.

Maßgeblich ist damit, ob der Beklagten mit dem Verweis auf das aus ihrer Sicht untypische Schadenbild der Beweis dafür gelingen kann, dass nicht ein Dritter die Schäden herbeigeführt hat, sondern der Kläger selber bzw. eine von ihm beauftragte Person. Dies ist aus Sicht des Senats zu verneinen. Die Beweislast liegt bei der Beklagten (vgl. nur Knappmann, aaO, Rn. 17 und 19 m.w.N.)

Zwar mag das Schadenbild, insbesondere die Beschädigung sämtlicher Bauteile und der damit einhergehende hohe Reparaturaufwand indiziell dafür sprechen, dass der Kläger ein eigenes Interesse an der Beschädigung haben könnte, um eine (möglichst hohe) Entschädigungsleistung von der Beklagten zu erlangen. Allerdings sind die Schäden hier auch in Bereichen angebracht, die nicht erst bei näherem Hinsehen auffallen, sondern auch im täglichen Gebrauch des Fahrzeugs ins Auge springen und den Fahrzeugnutzer so erheblich stören können (Seitenspiegel, Tankdeckel, Dach). Es ist auch nicht dargetan, dass der Kläger diese Beeinträchtigungen zwischenzeitlich im Wege einer sog. „Billigreparatur“ hat beseitigen lassen und so kaum spürbare Nachteile durch die Schäden hat.

Dass der Kläger den Reparaturbetrag an die Werkstatt seines Schwagers überweisen lassen wollte, spricht ebenso wenig dafür, dass ihm die Schäden zuzurechnen sind. Es ist vielmehr nahe liegend, dass er die Schäden in dieser Werkstatt beheben lassen wollte, in der für ihn die notwendigen Arbeiten zuverlässig und ggf. sogar günstiger erledigt werden konnten als anderswo.

Auch seine Eigenschaft als Finanzberater ist in diesem Zusammenhang nicht dahin zu deuten, dass der Kläger den Schaden initiiert hat. Seine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen und von den für ihn günstigsten Regulierungsmöglichkeiten gerät dem Kläger nicht zum Nachteil.

Soweit die Beklagte in den Angaben des Klägers zum Schadenort bei der Polizei bzw. in der erst am 02.01.2014 erstatteten Strafanzeige Belege für eine Verantwortlichkeit des Klägers sieht, vermag der Senat dieser Wertung nicht beizutreten. Insofern hat schon das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Angabe des Wohnortes als Schadenort nach dem Inhalt der Ermittlungsakte offenbar darauf beruhte, dass der Kläger sich nicht sicher war, wo der Wagen beschädigt wurde, weil er ihn bei der Fahrt am Silvesterabend nach X nicht besonders untersucht hatte. Dies ist durch die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau im Termin vor dem Landgericht auch bestätigt worden. Dass die Strafanzeige erst am Tag nach Entdeckung der Schäden erfolgte, beruhte zudem offenbar darauf, dass der 01.01.2014 ein Feiertag war. Widersprüchliche Angaben des Klägers und seiner Ehefrau dazu sieht der Senat nicht, weil der Kläger und seine Ehefrau vor dem Landgericht übereinstimmend angegeben haben, dass am Nachmittag des 01.01.2014 nur der Schwager kontaktiert wurde. Dass der Kläger erst am Folgetag die Polizei informierte, hat seine Ehefrau nachvollziehbar damit erklärt, dass am 01.01.2014 ein Feiertag war. Im Übrigen ist das von der Beklagten angeführte Motiv für eine absichtliche Verzögerung der Strafanzeige schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Kläger nach ihrem Vortrag widersprüchliche Angaben zum Schadenort machte. Dies wäre nicht zu erwarten, wenn der Kläger die Strafanzeige erst nach genauer Planung des weiteren Vorgehens erstattet hätte.

Schließlich vermag die Beklagte auch mit dem pauschalen Verweis auf „mehrere“ in der Vergangenheit von ihr regulierte Schadenereignisse des Klägers kein Indiz vorzuweisen, welches für sich genommen oder in der Gesamtschau zu belegen vermag, dass die Schäden vom Kläger zu verantworten sind.

2. Unabhängig davon steht dem Kläger auch deshalb ein Entschädigungsanspruch aus der Vollkaskoversicherung zu, weil die geltend gemachten Schäden an seinem Fahrzeug einen versicherten Unfallschaden iSd Ziffer A.2.3.3 AKB darstellen. Die Lackkratzer sind die Folge einer von außen auf das Fahrzeug einwirkenden mechanischen Gewalt. Dass sie offenbar willentlich angebracht worden sind, schließt die Annahme eines bedingungsgemäßen Unfalls nicht aus (vgl. BGH aaO, Rn. 10). Damit ist der Versicherungsfall Unfall gegeben. Den Versicherer trifft die Beweislast, dass der Versicherungsnehmer oder einer seiner Repräsentanten den Versicherungsfall iSd § 81 Abs. 1 VVG herbeigeführt haben (s. o.). Diesen Beweis hat die Beklagte nach den vorstehenden Erörterungen nicht geführt.

II.

Auf die Gebührenreduktion für den Fall einer Berufungsrücknahme wird hingewiesen (KV-Nr. 1222).

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