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Kfz-Kaskoversicherung – Anforderungen an Beweis eines Einbruchdiebstahls

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 11 U 74/21 – Urteil vom 04.05.2022

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 24.03.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 14 O 246/18 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Berufungsurteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Gebührenstreitwert wird sowohl für die Berufungsinstanz als auch – unter Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht von Amts wegen – für den ersten Rechtszug festgesetzt auf € 7.900,00.

Gründe

I.

(Ohne Niederschrift tatsächlicher Feststellungen gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 ZPO.)

II.

Kfz-Kaskoversicherung - Anforderungen an Beweis eines Einbruchdiebstahls
(Symbolfoto: fongbeerredhot/Shutterstock.com)

A. Die Berufung ist zwar an sich statthaft und ebenso im Übrigen zulässig; sie wurde insbesondere sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet (§ 511 Abs. 1 und 2 sowie § 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel aber erfolglos. Denn die Eingangsinstanz hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gesetzliche Gründe i.S.d. § 513 Abs. 1 ZPO, auf die eine Berufung allein gestützt werden kann, existieren nicht: Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung nach dem Verständnis des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere – dem Rechtsmittelführer günstigere – Entscheidung; maßgebend ist in diesem Zusammenhang stets die objektive Richtigkeit des angegriffenen Richterspruchs (arg. § 561 ZPO; vgl. dazu MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl., § 513 Rdn. 6; Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 513 Rdn. 5). Die Beklagte, ein privater Kraftfahrzeug-Versicherer, schuldet dem Kläger, ihrem Versicherungsnehmer, der unter anderem im Autohandel tätig ist und einen Imbiss innehatte (LGU 2), aus der Kfz-Teilkasko-Versicherung mit € 150,00 Selbstbehalt, die unstreitig im September 2017 zwischen beiden Seiten über den am 05.12.2002 erstzugelassenen Personenkraftwagen der Modellreihe … mit der FIN … und dem amtlichen Kennzeichen … nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (Fassung Juli 2016) (Kopie GA I 44, 46 ff.), künftig zitiert als AKB, bestand, weder die Zahlung des behaupteten Wiederbeschaffungswertes im Umfange von € 7.900,00 noch einer Versicherungsleistung in geringerer Höhe wegen eines Fahrzeugschadens, der – von der Anspruchsgegnerin bestritten – in der Nacht vom … zum … 09.2017 (Mo./Di.) durch Einbruch in den Wagen sowie Beschädigung und Entwendung von Teilen entstanden sein soll. Die Klage ist schon partiell unschlüssig. Da der Berufungsführer selbst – zumindest in der Klageschrift (GA I 4 f.) und seiner Replik (GA I 107, 108) – erforderliche Reparaturkosten i.H.v. € 7.051,13 behauptet und den Eintritt eines (wirtschaftlichen) Totalschaden i.S.d. Abschn. A 2.6.1 lit. e) AKB sogar explizit bestritten hat, steht ihm kein Anspruch auf den – nach seinem Vortrag höheren – Wiederbeschaffungswert zu (Abschn. A 2.6.2 lit. a] AKB). Unabhängig davon wäre letzterer jedenfalls um den vorhandenen Restwert zu reduzieren (Abschn. A 2.6.1 lit. a] und A 2.6.2 lit. a] AKB); dabei sind die € 2.800,00 in Ansatz zu bringen, die der Kläger durch den Verkauf des beschädigten Automobiles erlösen konnte, selbst wenn er es später zurückerworben hat (vgl. dazu Meinecke in Stiefel/Maier, KraftfahrtVers, 19. Aufl., AKB 2015 A.2 Rdn. 473). Abzuziehen ist von der Versicherungsleistung außerdem die vereinbarte Selbstbeteiligung i.H.v. € 150,00 je Schadensereignis (Abschn. A 2.6.8 AKB). Im Übrigen lässt sich – wie noch auszuführen sein wird – auch der Eintritt des Versicherungsfalls i.S.v. § 1 Satz 1 VVG nicht feststellen. Die miteingeklagten Nebenansprüche teilen das rechtliche Schicksal der Hauptforderung; hinsichtlich der Kosten für den Privatsachverständigen R… N… ist die Klage indes – mangels Rechtsschutzbedürfnisses – bereits unzulässig, weil es sich insoweit um im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machende Aufwendungen für den laufenden Prozess handelt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30.01.2007 – X ZB 7/06, Rdn. 6 m.w.N., juris = BeckRS 2007, 52 13; ferner BeckOK-KostR/Schindler, 37. Ed., GKG § 43 Rdn. 10). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Als Anspruchsteller obliegt es dem klagenden Versicherungsnehmer laut der – ungeschriebenen – Grundregel, wonach in einem Zivilprozess generell jede Partei die Beweislast für das Vorhandensein sämtlicher (positiven wie negativen) tatbestandlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Normen (und Abreden) trägt (so Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivProzR, 18. Aufl., § 116 Rdn. 7 und 37; vgl. ferner Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., Vorbem. zu § 284 Rdn. 17a f. m.w.N.), nicht zuletzt den Eintritt des versicherten Ereignisses darzulegen und im Bestreitensfalle auch nachzuweisen (vgl. OLG Brandenburg a.d.H., Urt. v. 13.03.2019 – 11 U 64/18, juris Rdn. 16 = BeckRS 2019, 4952 Rdn. 14; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 1 Rdn. 192; Baumann/Koch in Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 1 Rdn. 337 f.; Laumen, MDR 2016, 560, Neuhaus/Effelsberg, MDR 2005, 1211, 1212; jeweils m.w.N.). Um der hieraus speziell bei Entwendungen in der Sachversicherung typischerweise resultierenden Beweisnot zu begegnen, wurden in der Judikatur – ausgehend von der einem solchen Versicherungsgeschäft selbst innewohnenden Verschiebung des Eintrittsrisikos im Wege der materiellen-rechtlichen Risikozuweisung – hinsichtlich des notwendigen Beweismaßes im Rahmen eines sogenannten Drei-Stufen-Modells Grundsätze zur Beweiserleichterung für klagende Versicherungsnehmer herausgearbeitet; danach müssen diese zunächst – auf der ersten Stufe – nicht den vollen Nachweis des Diebstahls führen, sondern nur das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweisen, welches sich aus einem Mindestmaß an Tatsachen ergibt, die entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Diebstahl der versicherten Gegenstände zulassen (so insb. BGH, Urt. v. 14.07.1993 – IV ZR 179/92, Rdn. 13 f., juris = BeckRS 9998, 166 114; Urt. v. 22.09.1999 – IV ZR 172/98, juris Rdn. 6 ff. = BeckRS 1999, 30074068; OLG Brandenburg a.d.H. aaO; vgl. ferner eingehend Brockmöller, ZfSch 2017, 184 ff.; Geipel, Handbuch der Beweiswürdigung, 3. Aufl., § 29 Rdn. 186 ff.; Laumen aaO, 560 ff.; Saueressig, Darlegen und Beweisen im Zivilprozess, 4. Aufl., § 2 Rdn. 95 ff.; jeweils m.w.N.). Dazu gehört in der Kfz-Kaskoversicherung bei der Entwendung von Fahrzeugteilen und -zubehör, dass eine (zum Gebrauch) befugte Person das Automobil unbeschädigt und verschlossen zu einer konkreten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem es später unerwartet beschädigt und ohne die als entwendet gemeldeten Sachen aufgefunden wurde (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 08. 02.2012 – 20 U 172/11, LS, juris Rdn. 12 = BeckRS 2012, 7608; Beschl. v. 20.07.2015 – 20 U 114/15, juris Rdn. 11; Brockmöller aaO, 185 und 194). Für diesen Minimalsachverhalt hat der klagende Versicherungsnehmer stets den Vollbeweis gemäß § 286 Abs. 1 ZPO zu erbringen, was insbesondere durch glaubhafte Aussagen von glaubwürdigen Zeugen geschehen kann (vgl. BGH [IV ZR 172/98] aaO Rdn. 8; Brockmöller aaO, 185; Laumen aaO). Insoweit findet keine Reduktion des allgemeinen Beweismaßes statt. Dementsprechend ist zur Sachverhaltsfeststellung weder unumstößliche Gewissheit erforderlich, die sich in der Realität nur selten erreichen lässt, noch kommt es darauf an, ob ein an Sicherheit grenzendes Maß an Wahrscheinlichkeit erzielt wird; vielmehr bedarf es eines für das praktische Leben brauchbaren Grades an persönlicher Überzeugung des Gerichts, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne solche völlig auszuschließen (vgl. insb. BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, Rdn. 72, juris = BGHZ 53, 245, 256; Urt. v. 01.10.2019 – VI ZR 164/18, Rdn. 8 f., juris = BeckRS 2019, 29147; ferner Ahrens, Beweis im Zivilprozess, Kap. 15 Rdn. 44 f.; Zöller/Greger aaO, § 286 Rdn. 18 f.).

2. Dass die Zivilkammer den Eintritt des Versicherungsfalls als nicht erwiesen angesehen hat, ist unter Berücksichtigung der Tatsachen, die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen hat, nicht zu beanstanden.

a) Zeugen stehen dem Kläger weder für den behaupteten Einbruchdiebstahl an sich noch für das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung von mitversicherten Fahrzeugteilen oder -zubehör zur Verfügung. Weil eine Kfz-Kaskoversicherung der vorliegenden Art keinen sogenannten All-Risk-Schutz bietet, sondern dem Prinzip der Einzelgefahrendeckung folgt, wird die versprochene Versicherungsleistung lediglich dann geschuldet, wenn – worüber sich die Prozessparteien hier uneins sind – die Beschädigung des Wagens oder dessen (wirtschaftlicher) Totalschaden auf ein versichertes Ereignis zurückzuführen ist. Deswegen genügt es insbesondere nicht, wenn die Sachsubstanz des betreffenden Fahrzeuges verletzt wurde und dieses Einbruchspuren aufweist (vgl. dazu OLG Hamm, Urt. v. 08.02.2012 – 20 U 172/11, LS, juris Rdn. 12 m.w.N. = BeckRS 2012, 7608; Brockmöller, ZfSch 2017, 184, 194). Eine Gesamtwürdigung, die die Berufung vermisst (GA II 493, 496), vermag daran nichts zu ändern. Wie sich in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz ergeben hat, lässt sich das äußere Bild eines Diebstahles – entgegen den Rügen der Berufung (GA II 493, 497 [i.V.m. GA I 144] und 519, 520) – durch Aussagen der Zeugen T… (richtig offenbar T… [GA II 557 f.]) B… und K… Bu… nicht beweisen. Auf die Vernehmung des ersteren haben beide Seiten verzichtet, nachdem der Rechtsmittelführer im Rahmen seiner persönlichen Anhörung selbst bekundete, beim Abstellen des Wagens in B…, wobei es sich gerichtsbekannt um einem Ortsteil der Gemeinde X (…) handelt, am Abend des ersten Tags allein gewesen und von niemandem beobachtet worden zu sein (GA II 544, 546 f.). Der Zeuge K… Bu… konnte seinerseits nicht bestätigen, gesehen zu haben, wie der Kläger den versicherten … unerwartet beschädigt und ohne die als entwendet gemeldeten Sachen aufgefunden hat; er kam nach seiner Aussage vielmehr erst hinzu, als der Anspruchsteller den Schaden schon entdeckt hatte, sah sich diesen aufforderungsgemäß an, wobei er Beschädigungen an der Tür, das Fehlen des Navigationgeräts sowie herausragende Kabelbäume bemerkte und bereits nach einem Gespräch von insgesamt rund fünf Minuten Dauer mit seinem eigenen, neuen Automobil weiterfuhr, über das sich beide ebenfalls noch unterhalten hatten (GA II 544, 547 f.).

b) Zwar kann das in der Tatsacheninstanz erkennende Gericht den Behauptungen eines klagenden Versicherungsnehmers, soweit sich dieser in akuter Beweisnot befindet, im Zuge der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO selbst dann glauben, wenn er ihre Richtigkeit – mit den gemäß der Zivilprozessordnung im Rahmen des sogenannten Strengbeweises zulässigen Beweismitteln (vgl. dazu BeckOK-ZPO/Bacher, 44. Ed., § 284 Rdn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., Vor § 355 Rdn. 2) – förmlich nachzuweisen nicht in der Lage ist (so BGH, Urt. v. 21.02.1996 – IV ZR 300/94, juris Rdn. 10 = BeckRS 9998, 2599; vgl. ferner Brockmöller, ZfSch 2017, 184, 185 f.; Laumen, MDR 2016, 560, 563). Dies setzt aber voraus, dass seine Redlichkeit, die prinzipiell zu vermuten ist, nicht durch konkrete, feststehende und über bloße Verdachtsmomente hinausgehende Tatsachen erschüttert wurde, die ihn als unglaubwürdig erscheinen lassen oder aufgrund derer sich schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Entwendungsbehauptung aufdrängen; in diesem Kontext geht es keineswegs darum, ob der Versicherer den ihm obliegenden (erleichterten) Gegenbeweis geführt hat, dass der behauptete Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht wurde, sondern nur um die Frage, ob es sich bei dem Versicherungsnehmer um eine redliche Persönlichkeit handelt, der ihre Sachdarstellung zu glauben ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1991 – IV ZR 172/90, juris Rdn. 18 f. = BeckRS 2009, 20378; BGH [IV ZR 300/94] aaO; ferner Brockmöller aaO, 185). Letzteres kann etwa dann nicht zutreffen, wenn in seinem Vortrag Ungereimtheiten festzustellen sind, die dem entgegenstehen (vgl. BGH [IV ZR 172/90] aaO Rdn. 18). Auch Unredlichkeiten, die keinen Bezug zum aktuellen Versicherungsfall haben, können insoweit eine Rolle spielen (vgl. BGH [IV ZR 300/94] aaO a.E.). Für eine Parteivernehmung ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen gemäß § 448 ZPO ist in der Diebstahlsversicherung kein Raum (st. Rspr., vgl. u.a. BGH [IV ZR 172/90] aaO Rdn. 29).

Die eigene, von der Zivilkammer abweichende und dem Kläger günstige Würdigung der Tatsachen, die die Berufung im Streitfall vornimmt, vermag ihr nicht zum Erfolg zu verhelfen. Ohne Rechtsverstoß durfte das Landgericht die Umstände betreffend den sturmbedingten Schaden, der vor dem hier in Rede stehenden an dem Wagen eingetreten ist, bei seiner Entscheidungsfindung im Rahmen der Redlichkeitsbeurteilung berücksichtigen. Dass wegen des Vorschadens zwischen den Parteien beim Amtsgericht Fürstenwalde/Spree unter dem Aktenzeichen 12 C 103/19 ein – auf Antrag beider Seiten derzeit ruhender (BeiA I 77R) – Rechtsstreit anhängig ist, ändert daran nichts. Denn dort wird ein gänzlich anderer prozessualer Anspruch erhoben als hier. Nur insoweit, als das Gericht darüber entscheidet, sind Urteile gemäß § 322 Abs. 1 ZPO der materiellen Rechtskraft fähig; diese beschränkt sich daher auf das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten Rechtsfolge – basierend auf dem zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhalt – und erfasst weder zugrunde liegende tatsächliche Feststellungen an sich noch dabei vertretene Rechtsmeinungen oder vorgreifliche Rechtsverhältnisse, es sei denn, letztere sind – anders als im Streitfalle – selbst Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 08.02.1996 – IX ZR 215/94, juris Rdn. 19 = BeckRS 1996, 1838; Kern in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 322 Rdn. 8 f.). Das Landgericht hält den Kläger für unredlich, weil er Vorschäden am Fahrzeug nicht ordnungsgemäß mitgeteilt hat; es ist im Rahmen seiner Beweisaufnahme – gestützt auf die Expertise des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. D… K… – zu dem Ergebnis gelangt, dass die im Jahre 2013 und 2017 privatgutachterlich festgestellten Streifschäden am Dach des Wagens angesichts der Spurenlage (mehrere tief in den Lack eingebrachte Kratzspuren) identisch sind und selbst für einen Laien nicht zu übersehen waren, wobei es berücksichtigt, dass der Anspruchsteller selbst gewerblich mit Fahrzeugen handelt (LGU 6).

Dagegen ist – anders als die Berufung meint – nichts zu erinnern. Der gerichtliche Sachverständige hat bei seiner Anhörung im erstinstanzlichen Termin am 10.03.2021 (GA II 386 f.) seine Methodik plausibel erläutert und seine Schlussfolgerung bestätigt, dass der Sturmschaden von 2013 nicht beseitigt worden sei, selbst wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass im Jahre 2017 weitere Kratzer hinzugekommen sind; die Beschädigungen ließen sich aufgrund eines deutlichen Kontrastes zur Fahrzeugfarbe auch dann erkennen, wenn sich Regentropfen auf dem Dach befinden. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar und lassen sich allein durch gegenteilige Bekundungen des Klägers nicht infrage stellen. Hierbei kann sogar zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass der Wagen bei seiner Abholung nach dem Kauf im Großraum von B… nicht fahrbereit gewesen ist und sich zunächst für längere Zeit nicht in seiner täglichen Nutzung befand. Der Berufungsführer ist – nach den landgerichtlichen Feststellungen (LGU 2 und 6) – im Bereich der Gebrauchtwagen kein fachlicher Laie, sondern dort selbst unternehmerisch tätig. Seine (ergänzende) persönliche Anhörung, die der Senat im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 23.02.2022 durchgeführt hat (GA II 544, 545 f.), rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Anspruchsteller konnte das Geschehen nur mit großer Mühe grob zeitlich einordnen. Dagegen schilderte er auf mehrfache Nachfrage relativ konkret, dass es zu dem Sturmschaden durch einen heruntergewehten Ast gekommen sei, als er sich – von einem Besuch aus P… an seinen Wohnort zurückkehrend – auf der Landstraße zwischen den Autobahn-Anschlussstellen N… und „vor St…“ befunden habe. Die Divergenz zu seinem Vorbringen im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht, wonach es zu dem Sturmschaden auf der Landstraße zwischen P… Stadt und der Autobahn gekommen sei (BeiA I 31), konnte er nicht erklären und vermutete ein anwaltliches Missverständnis, wofür indes konkrete Anhaltspunkte fehlen.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels dem Kläger zur Last, weil er es eingelegt hat.

C. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils und der angefochtenen Entscheidung gründet sich auf § 708 Nr. 10 ZPO. Weil die Voraussetzungen, unter denen laut § 543 und § 544 ZPO i.d.F. v. 12.12.2019 ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des erkennenden Senats stattfindet, unzweifelhaft nicht gegeben sind, ist nach § 713 ZPO von Schutzanordnungen zugunsten der unterliegenden Partei abzusehen.

D. Die Revision wird vom Senat – in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG – nicht zugelassen. Weder hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche – über den konkreten Streitfall hinausgehende – Bedeutung (für eine unbestimmte Vielzahl zu erwartender Streitigkeiten, in denen sich die nämlichen Rechtsfragen als klärungsbedürftig erweisen) noch erfordert die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Judikatur eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfange beiden Parteien in einem Zivilrechtsstreit über die Versicherungsleistung bei Entwendungsfällen in der privaten Sachversicherung Beweiserleichterungen zukommen, ist mit der Entwicklung des Rechtsinstituts betreffend den Beweis des äußeren Bildes in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die der Senat seiner Entscheidung im Berufungsverfahren zugrunde gelegt hat, seit langem geklärt. Letztere beruht daher im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Divergenzen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder zu Judikaten anderer Oberlandesgerichte, die höchstrichterlich bisher noch ungeklärte Fragen mit Relevanz für den Ausgang des hiesigen Streitfalles betreffen, sind nicht ersichtlich.

E. Der Gebührenstreitwert beträgt für beide Instanzen (lediglich) € 7.900,00 (§ 3 1. Halbs. ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 40 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG), weshalb die Wertfestsetzung durch das Landgericht gemäß Beschluss vom 04.05.2021 (GA II 444 f.) nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen entsprechend abzuändern ist. Als maßgeblich erweist sich – laut dem sogenannten Angreiferinteresseprinzip (vgl. dazu BeckOK-KostR/Schindler, 37. Ed., GKG § 47 Rdn. 1; MüKoZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 3 Rdn. 4, 5 und 10; Roth, MDR 2017, 1153, 1154; Schumann, NJW 1982, 1257, 1260; Toussaint/Elzer, KostR, 51. Aufl., ZPO § 3 Rdn. 11; ferner OLG Brandenburg a.d.H., Beschl. v. 15.10.2019 – 11 W 24/ 19, Rdn. 3, juris = BeckRS 2019, 28478; OLG Dresden, Beschl. v. 18.12.2019 – 4 W 896/19, Rdn. 3, juris = BeckRS 2019, 34226; jeweils m. w.N.) – in vermögensrechtlichen Streitigkeiten wie vorliegend generell das mit dem Petitum derjenigen Partei, die das Verfahren des jeweiligen Rechtszuges beantragt hat, offenbarte und entsprechend ihrem Rechtsschutzziel in der Hauptsache zu bewertende wirtschaftliche Interesse an der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu Beginn der Instanz. Jedoch sind Klageerhöhungen, die im Prozessverlauf vorgenommen werden, ebenso wie sonstige Ausweitungen des Streitgegenstandes, wertsteigernd zu berücksichtigen (arg. § 12 Abs. 1 Satz 2 GKG; so BDZ/Dörndorfer, GKG/FamGKG/JVEG, 5. Aufl., GKG § 40 Rdn. 1 und 3; Toussaint/Elzer aaO, GKG § 40 Rdn. 15 unter Hinweis auf Begr. zum Entw. der BReg für ein KostRÄndG 1994, BT-Drs. 12/6962, 51, 62). Im ersten und zweiten Rechtszug hat der Kläger letztlich jeweils € 7.900,00 verlangt. Dabei handelt es sich um eine bezifferte Geldforderung, die zur Erfüllung einer Schuld eingeklagt wird und deshalb mit ihrem Nennwert in Ansatz zu bringen ist (arg. § 6 Satz 1 ZPO; vgl. BeckOK-KostR/Toussaint aaO, § 48 Rdn. 84; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl., § 3 Rdn. 72 und § 6 Rdn. 5; Toussaint/Elzer aaO, ZPO § 3 Rdn. 23 Stichwort Geldforderung; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 6 Rdn. 7). Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten bleiben – ebenso wie die geforderten Zinsen – nach § 43 Abs. 1 GKG als bloße Nebenforderungen streitwertneutral (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 25.09.2007 – VI ZB 22/07, Rdn. 4 ff., juris = BeckRS 2007, 17108; ferner BDZ/Dörndorfer aaO, § 43 Rdn. 2; BeckOK-KostR/Schindler aaO § 43 Rdn. 11; NK-GK/Schneider, 3. Aufl., GKG § 43 Rdn. 16; Zöller/ Herget aaO, § 4 Rdn. 13, m.w.N.). Gleiches gilt hinsichtlich der Kosten des laufenden Rechtsstreit in Gestalt der Aufwendungen für Privatsachverständige (vgl. dazu BeckOK-KostR/Schindler aaO, Rdn. 10 f.).

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